28 W (pat) 36/16  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 36/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



- 2 -
betreffend die Marke 30 2013 062 824

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
4. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des
Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

beschlossen:


Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Das am 14. November 2013 angemeldete Wortzeichen

Theraflex

ist am 19. Dezember 2013 unter der Registernummer 30 2013 062 824 für nach-
folgende Waren in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Marken-
register eingetragen worden:

Klasse 10:
Geräte für physikalische Therapie; medizinische Therapieapparate;

Klasse 20:
Massagetische.

- 3 -
Der Beschwerdeführer hat gegen die Eintragung dieser Marke die drei nachge-
nannten Widersprüche aus seinen Marken erhoben:

1. Widerspruch aus seiner am 10. Mai 1996 angemeldeten und am
12. November 1996 für

Klasse 20:
Behandlungsliegen (soweit in Klasse 20 enthalten)

eingetragenen Wortmarke 396 21 631

THERA,

2. Widerspruch aus seiner am 21. September 2000 angemeldeten und am
12. Juli 2001 für

Klasse 10:
Behandlungsliegen, soweit in Klasse 10 und 20 enthalten

eingetragenen Wortmarke 300 70 591

THERAWELL

und

3. Widerspruch aus seiner am 3. Januar 1997 angemeldeten und am
6. Februar 1997 für

Klasse 20:
Behandlungsliegen (soweit in Klasse 20 enthalten)

- 4 -
eingetragenen Wortmarke 397 00 083

THERAGYM.


Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 10, hat die Wider-
sprüche durch Beschlüsse vom 25. Juni 2015 und - im Erinnerungsverfahren -
vom 22. Februar 2016 zurückgewiesen, da zwischen der angegriffenen Marke und
den Widerspruchsmarken keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Mar-
kenG bestehe. Bei der gebotenen Gesamtabwägung der relevanten Umstände sei
zwar im Verhältnis der für die angegriffene Marke eingetragenen Waren „Massa-
getische“ und den für die Widerspruchsmarken geschützten Waren „Behandlungs-
liegen“ von Warenidentität auszugehen. Ferner komme den W iderspruchsmarken
originär jeweils durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, während Anhaltspunkte
für das Vorliegen einer gesteigerten Kennzeichnungskraft fehlten. Die angegrif-
fene Marke „Theraflex“ halte jedoch den danach gebotenen deutlichen Abstand zu
den Widerspruchsmarken jeweils ein. Die Widerspruchsmarke „THERA“ und die
angegriffene Marke „Theraflex“ wiesen auf Grund der zusätzlichen Wortsilbe „-
flex“ bei letztgenannter im klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck er-
hebliche Unterschiede auf. Die Wortsilbe „-flex“ erfahre besondere Beachtung,
nachdem die Anfangssilbe „Thera-“ der angegriffenen Marke als Anlehnung an die
beschreibende Angabe „Therapie, therapeutisch“ verstanden werde. Demzufolge
komme „Thera-“ keine prägende oder selbständig kennzeichnende Stellung zu.
Vielmehr werde die angegriffene Marke „Theraflex“ als zusammengehörige Be-
zeichnung von therapeutischen Produkten, die flexibel einsetzbar oder bieg-
sam/beweglich seien, verstanden. Ferner bestehe keine mittelbare Verwechs-
lungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienzeichenbildung. Denn die ge-
meinsame Buchstabenfolge „Thera“ weise auf ein therapeutisches Produkt hin
und werde daher nicht als Hinweis auf den Widersprechenden aufgefasst. Zudem
werde sie auch von zahlreichen anderen Unternehmen als Markenbestandteil
verwendet.
- 5 -
Zwischen der angegriffenen Marek „Theraflex“ und der Widerspruchsmarke
„THERAWELL“ bestehe im Hinblick auf die unterschiedlichen Wortsilben „-flex“
und „-WELL“ ebenfalls keine verwechslungsbegründende Zeichenähnlichkeit. Bei
mündlicher Wiedergabe liege die Betonung auf diesen Silben. Die Klangunter-
schiede, insbesondere im Bereich der auffälligen Endkonsonanten „x“ bzw. „LL“,
träten daher ausreichend hervor. Zudem gewährleiste der abweichende Bedeu-
tungsgehalt der Wortbestandteile „-flex“ bzw. „-WELL“ eine zuverlässige Abgren-
zung der Zeichen. In schriftbildlicher Hinsicht unterschiede sich die Zeichenge-
staltung bei Wiedergabe in Hand- und Normalschrift angesichts abweichender An-
ordnung der mit Oberlängen versehenen Buchstaben „fl“ bzw. „ll“. Eine selbstän-
dig kollisionsbegründende Stellung der Wortsilben „Thera-“ bzw. „THERA-“ sei in
Bezug auf beide Marken zu verneinen.

Die angegriffene Marke sei ferner ausreichend gegenüber der Widerspruchsmarke
„THERAGYM“ abgegrenzt. Das Laut- wie auch das Schriftbild dieser Vergleichs-
zeichen unterscheide sich wegen der auch einen abweichenden Bedeutungsge-
halt aufweisenden Wortsilben „-flex“ und „-GYM“ deutlich.

Der Widersprechende beantragt mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde
sinngemäß,

die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom
25. Juni 2015 und vom 22. Februar 2016 aufzuheben und die Ein-
tragung der Marke 30 2013 062 824 aufgrund der Widersprüche
aus den Marken 396 21 631 „THERA“, 300 70 591 „THERAWELL“
und 397 00 083 „THERAGYM“ zu löschen.

Nach seiner Auffassung besteht zwischen der angegriffenen Marke und jeder der
Widerspruchsmarken Verwechslungsgefahr. Eine Lizenznehmerin benutze letzt-
genannte bereits seit vielen Jahren für Behandlungsliegen, die mit einem Design-
preis prämiert worden seien. Die Widerspruchsmarken verfügten daher über eine
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gesteigerte Kennzeichnungskraft. Die angegriffene Marke halte den wegen der
Warenidentität gebotenen deutlichen Zeichenabstand gegenüber den Wider-
spruchsmarken nicht ein. Zwischen den Vergleichszeichen bestehe jeweils eine
ausgeprägte Ähnlichkeit, zumal der Bestandteil „Thera-“ den Gesamteindruck der
jüngeren Marke „Theraflex“ präge, darin zumindest aber eine selbständig kenn-
zeichnende Stellung einnehme. Ferner sei auf Grund der Serie benutzter Zeichen
des Widersprechenden bzw. seiner Lizenznehmerin, in denen das Wort „THERA“
als Stammbestandteil wahrgenommen werde, eine mittelbare Verwechslungsge-
fahr zu bejahen.

Die Markeninhaberin hat sich weder im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und
Markenamt noch im Beschwerdeverfahren geäußert.

Ergänzend wird auf die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und
Markenamts und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken ist eine Ver-
wechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG jeweils zu verneinen. Das
Deutsche Patent- und Markenamt hat die Widersprüche aus den Marken
396 21 631 „THERA“, 300 70 591 „THERAWELL“ und 397 00 083 „THERAGYM“
daher jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

1. Widerspruch aus der Marke 396 21 631 „THERA“

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des
Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksich-
tigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR
- 7 -
Int. 2000, 899, Rdnr. 40 - Marca Mode; GRUR 2010, 933, Rdnr. 32 - BARBARA
BECKER; BGH GRUR 2012, 64, Rdnr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2016, 382,
Rdnr. 22 - BioGourmet). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere
die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken
sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Wi-
derspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen vonei-
nander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff
der Verwechslungsgefahr. Nach diesen Grundsätzen besteht vorliegend für das
angesprochene Publikum keine Gefahr von Verwechslungen.

a) Benutzungsfragen sind vorliegend nicht aufgeworfen. Nach der maßgebli-
chen Registerlage können die Vergleichszeichen zur Kennzeichnung identischer
Waren verwendet werden. Die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren
„Massagetische“ sind nämlich von der weiter gefassten Warenangabe „Behand-
lungsliegen (soweit in Klasse 20 enthalten)“, für die die Widerspruchsmarke
„THERA“ eingetragen ist, umfasst. Ob und inwieweit zwischen den weiter für die
angegriffene Marke registrierten Waren „Geräte für physikalische Therapie; medi-
zinische Therapieapparate“ und den auf Seiten der Widerspruchsmarke stehen-
den „Behandlungsliegen (soweit in Klasse 20 enthalten)“ eine Warenähnlichkeit
besteht, kann dahingestellt bleiben, da im Streitfall selbst bei unterstellter Wa-
renidentität keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben
ist.

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „THERA“ ist als
unterdurchschnittlich anzusehen. Sie ist dem Ausdruck „Therapie“ und damit einer
beschreibenden Angabe angenähert, da die von ihr umfassten „Behandlungslie-
gen (soweit in Klasse 20 enthalten)“ Therapiezwecken dienen können. Diesen
Eindruck unterstützt die Lizenznehmerin des Widersprechenden durch die Ver-
wendung der Widerspruchsmarke in Verbindung mit dem Ausdruck „Therapielie-
gen“ in einem Katalog (vgl. Anlage W 2 zum Schriftsatz vom 24. April 2014).

- 8 -
Eine durch umfangreiche Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke kann nicht festgestellt werden. Aus dem Tatsachenvortrag des Wi-
dersprechenden, den die Markeninhaberin nicht bestritten hat und von dem daher
mit Rücksicht auf den insoweit geltenden Beibringungsgrundsatz (vgl. BPatG
GRUR-RR 2015, 468, Rdnr. 43 - Balkendarstellung) vorliegend auszugehen ist,
ergibt sich nicht der Umfang der Markenbenutzung und damit nicht das Vorliegen
einer Marktdurchsetzung der Widerspruchsmarke, die die Anerkennung ihrer
durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft begründen
könnte (vgl. zur Abstufung nach fünf Graden BGH GRUR 2013, 833, Rdnr. 55 -
Culinaria/Villa Culinaria). Das Vorbringen des Widersprechenden zur Dauer der
Benutzung seiner Marke „THERA“ über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren trägt
ohne konkrete Angaben zur Intensität der Benutzung (etwa in Form von Umsatz-
zahlen) während dieses Zeitraums nicht die Annahme einer erheblichen Ver-
kehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke zum maßgeblichen Anmeldetag der
angegriffenen Marke. Auch der weitere Vortrag des Widersprechenden in seinem
Schriftsatz vom 24. April 2014, dass die mit der Marke „THERA“ gekennzeichnete
Behandlungsliege im Jahr 2002 mit dem „reddot - Design Award“ ausgezeichnet
worden sei, lässt - zumal für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der
angegriffenen Marke im November 2013 - keine zuverlässigen Aussagen über
eine ausgeprägte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke zu.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Markeninhaberin der Be-
hauptung des Widersprechenden über das Vorliegen einer gesteigerten Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht entgegengetreten ist. Die Regelung
gemäß § 138 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 MarkenG zu den Folgen des Nicht-
bestreitens bezieht sich nicht auf die die Rechtsbehauptung stützenden Tatsachen
(vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 9, Rdnr. 169).

c) Die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erforderliche
Gesamtabwägung ergibt, dass die angegriffene Marke „Theraflex“ trotz einer mög-
lichen Begegnung der Vergleichszeichen auf identischen Waren den gebotenen
- 9 -
deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke „THERA“ in jeder Hinsicht einhält. Die
in Rede stehenden Waren, insbesondere Massage- und Behandlungsliegen, sind
zentrale Arbeitsmittel für Physiotherapeuten (vgl. auch die Anlage W 5 zum
Schriftsatz des Widersprechenden vom 12. Oktober 2015: „Eine Neuentwicklung
für alle Therapeuten“). Dieser Adressatenkreis wird einschlägige betriebliche Her-
kunftshinweise daher regelmäßig mit ausgeprägter Aufmerksamkeit wahrnehmen.
Soweit Endverbraucher derartige Waren im Einzelfall auch beziehen sollten, ist
wegen ihrer Bedeutung für die Gesundheit des Kunden von einer zumindest
durchschnittlichen Aufmerksamkeit bei der Wahrnehmung darauf befindlicher
Kennzeichen auszugehen.

(1) Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach
deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-) Bild und im Bedeutungsgehalt zu beurtei-
len, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher,
bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. EuGH GRUR Int. 2010,
129, Rdnr. 60 - La Espagnola/Carbonelle; BGH GRUR 2009, 1055, Rdnr. 26 - air-
dsl; GRUR 2011, 824, Rdnr. 26 - Kappa).

Die jüngere Marke „Theraflex“ weist gegenüber der Widerspruchsmarke „THERA“
nahezu die doppelte Wortlänge und damit deutlich erkennbar ein anderes Klang-
bild auf. Die Silbe „-flex“ ist sehr markant, da sie nicht nur die auffällige Konso-
nantenfolge „fl“, sondern auch den klangstarken Schlusslaut „x“ enthält, der unge-
achtet der Stellung am Zeichenende deutlich hervortritt. Dabei ist davon auszuge-
hen, dass das Wort „Theraflex“ - entsprechend der Aussprache des Wortes „The-
rapie“ (vgl. zur Betonung von Therapie, Langenscheidt Muret Sanders, Großwör-
terbuch Englisch-Deutsch, Teil I, 2001, Seite 1135) - regelmäßig auf der dritten
Wortsilbe betont wird.

Die Vergleichszeichen unterscheiden sich auch in schriftbildlicher Hinsicht ausrei-
chend voneinander. Ihre Länge als auch die Konturen der zusätzlichen Buchsta-
ben in der angegriffenen Marke rufen in allen üblichen Wiedergabeformen andere
- 10 -
optische Gesamteindrücke hervor. Insbesondere bleibt die in jeder Schreibweise
charakteristische Gestaltung des am Ende des Wortes „Theraflex“ exponiert her-
vortretenden Buchstabens „x“ dem Publikum nicht verborgen.

Die Abgrenzung der sich gegenüber stehenden Marken in klanglicher und schrift-
bildlicher Hinsicht wird ferner dadurch unterstützt, dass das Wortelement „-flex“ in
Bezug auf „Geräte für physikalische Therapie“, „medizinische Therapieapparate“
und „Massagetische“ ohne Weiteres als sprechender Hinweis auf flexible, also an
die Bedürfnisse eines Patienten anpassbare Produkte begriffen wird. Der damit
verbundene verständliche Sinngehalt der jüngeren Marke vermindert die Ver-
wechslungsgefahr weiter (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 294).

Eine relevante begriffliche Annäherung der Zeichen ist ebenfalls zu verneinen. Der
übereinstimmende Wortbestandteil „Thera“ kann - wie oben ausgeführt - zwar als
Kurzform des Wortes „Therapie“ verstanden werden. Ein derartiger Bedeutungs-
gehalt wäre in Bezug auf die betroffenen Waren aber als Angabe über ihren
Zweck lediglich beschreibender Natur und bietet daher keine zeichenrechtlich er-
hebliche Grundlage für eine Herkunftsverwechslung (vgl. Ströbele/Hacker,
a. a. O., § 9, Rdnr. 288). Im Übrigen findet der Wortteil „-flex“ der angegriffenen
Marke ersichtlich keine Entsprechung in der Widerspruchsmarke.

(2) Entgegen der Auffassung des Widersprechenden bestehen auch keine
Anzeichen dafür, dass dem Bestandteil „Thera-“ als solchem eine kollisionsbe-
gründende Stellung innerhalb der angegriffenen Marke zukommt. Bei der Beurtei-
lung der Zeichenähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen je-
weils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu ver-
gleichen (BGH GRUR 2012, 635, Rdnr. 23 - METRO/ROLLER's Metro). Das
schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines
komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der ange-
sprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein kön-
nen (vgl.EuGH GRUR 2005, 1042, Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; GRUR 2013,
- 11 -
862 Rdnr. 45- Culinaria/Villa Culinaria). Weiter ist es möglich, dass ein Zeichen,
das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kenn-
zeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält,
ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komple-
xen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl.EuGH GRUR 2005, 1042, Rdnr. 30 -
THOMSON LIFE;BGH GRUR 2013, 862, Rdnr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria).

Die Prüfung der prägenden Eigenschaft eines Markenbestandteils ist abgesehen
von dem hier nicht gegebenen Fall des Vorliegens gesteigerter Kennzeichnungs-
kraft der Widerspruchsmarke unabhängig von der Gegenmarke lediglich anhand
der Gestaltung der betreffenden Marke selbst vorzunehmen (vgl. BGH GRUR
2000, 233, 234 f. - RAUSCH/ELFI RAUCH; m. w. N. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9,
Rdnr. 383 f.). Über eine prägende Bedeutung verfügt ein Bestandteil in einer
Kombinationsmarke nur dann, wenn die anderen Bestandteile weitgehend in den
Hintergrund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR
2012, 64, Rdnr. 15 - Maalox/Melox Gry). Dies ist hier in Bezug auf den Wortbe-
standteil „Thera“ in jeder Hinsicht, insbesondere auch für den klanglichen Ge-
samteindruck zu verneinen. Vorliegend besteht für das angesprochene Publikum
keine Veranlassung, das Einwortzeichen „Theraflex“ einer zergliedernden Be-
trachtung zu unterwerfen. Die durch den Widersprechenden angenommene Kenn-
zeichnungsschwäche des Bestandteils „-flex“ trägt diese Annahme nicht. Vielmehr
wird die angegriffene Marke als Begriffsbildung wahrgenommen, in der beide
Wortbestandteile „Thera-“ und „-flex“ produktbezogene Anlehnungen („Therapie“
bzw. „flexibel“) aufweisen und - entsprechend einem verbreiteten Markenbildungs-
prinzip - zu einem neuen, gerade in der Verbindung kennzeichnenden Phantasie-
wort zusammengeführt werden.

Der Wortteil „Thera-“ nimmt in der angegriffenen Marke auch keine selbständig
kennzeichnende Stellung ein. Zwar enthält sie das ältere Wortzeichen „THERA“
identisch. Jedoch wird es in der angegriffenen Marke nicht als selbständiger Her-
kunftshinweis verstanden. Besondere Umstände, die eine derartige Wahrnehmung
- 12 -
nahe legen können, sind hier nicht gegeben (vgl. BGH GRUR 2013, 833, Rdnr. 50
- Culinaria/Villa Culinaria; anders EuG GRUR Int. 2009, 738 - SPA THERAPY).
Insbesondere wird der Bestandteil „-flex“ der angegriffenen Marke nicht als Fir-
menname der Markeninhaberin oder des Widersprechenden aufgefasst. Ebenso
wird das Element „Thera-“ nicht aufgrund gesteigerter Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke oder aus anderen Gründen als eigenständig wahrgenommen
(vgl. zu entsprechenden Indizien Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 463 ff.). Im
Übrigen führt der Umstand, dass die jüngere Marke „Theraflex“ ein Einwortzeichen
ist, davon weg, das Element „Thera-“ als trennbaren Bestandteil mit eigener kenn-
zeichnender Funktion wahrzunehmen (vgl. BGH GRUR 2008, 909, Rdnr. 39 -
Pantogast).

(3) Im Streitfall bestehen ferner keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass
das Publikum die angegriffene Marke im Hinblick auf die Übereinstimmung im Be-
standteil „THERA“ bzw. „Thera“ irrig einer dem Widersprechenden gehörenden
Markenfamilie zuordnen wird (sog. mittelbare Verwechslungsgefahr, § 9 Abs. 1
Nr. 2, 2. Halbsatz, MarkenG). Das Vorliegen einer derartigen Fallgestaltung setzt
auf Seiten des Widersprechenden die Benutzung mehrerer Marken mit einem ge-
meinsamen Stammbestandteil voraus, aufgrund derer die angesprochenen Ver-
kehrskreise das gemeinsame Element kennen (vgl. EuGH GRUR 2008, 343,
Rdnr. 64 - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH GRUR 2013, 840,
Rdnr. 23 - PROTI II; GRUR GRUR 2013, 1239, Rdnr. 40 -
VOLKSWAGEN/VOLKS.Inspektion).

Der Widersprechende hat hierzu zwar vorgetragen, seine Lizenznehmerin habe
das Zeichen „THERA“ und die weiteren Widerspruchsmarken „THERAWELL“ so-
wie „THERAGYM“ seit mehr als 15 Jahren erfolgreich für Behandlungs- und Un-
tersuchungsliegen benutzt (vgl. den Schriftsatz vom 24. April 2014). Allerdings
enthält der unbestrittene Vortrag des Widersprechenden keine konkreten tatsäch-
lichen Angaben zum Umfang der Verwendung dieser Marken während des eben
genannten Zeitraums, so dass der Senat nicht feststellen kann, ob von einer
- 13 -
rechtlich relevanten Benutzung dieser Zeichen ausgegangen werden kann. Die
vorgelegten Darstellungen eines Webauftritts und die Auszüge aus Katalogen der
Lizenznehmerin sind in Bezug auf den Umfang der Benutzung der genannten
Marken zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im November
2013 ohne Aussagekraft (vgl. zu den relevanten Zeitpunkten Ströbele/Hacker,
a. a. O., § 9, Rdnr. 211), weil sie entweder keine zeitliche Einordnung zulassen
(vgl. Anlagen W 2 und W 4 zum Schriftsatz vom 24. April 2014) oder sich auf ei-
nen späteren Zeitpunkt beziehen (vgl. zum Internetauftritt, Stand: 23. April 2014,
Anlagen W 1 und W 3 zum Schriftsatz vom 24. April 2014). In Bezug auf die weite-
ren, nicht eingetragenen Zeichen „THERA pro“, „THERA Vojta“ und „THERA Edi-
tion“, deren Benutzung der Widersprechende behauptet hat, fehlen ebenfalls tat-
sächliche Angaben zumindest zum Umfang der Benutzung. Der hierzu vorgelegte
Katalogauszug (Anlage W 5 zum Schriftsatz vom 12. Oktober 2015) bezieht sich
auf das Jahr 2004, das deutlich vor dem Anmeldetag der jüngeren Marke liegt.
Zudem betrifft er ausschließlich das Zeichen „THERA® EDITION“ und spricht da-
her nicht für das Vorliegen einer Serie mit mehreren Marken. Schließlich sind auch
in ihm aussagekräftige Angaben zum Umfang der Benutzung des Zeichens in
Form von Zahlen zum Umsatz oder zur Auflage des betreffenden Katalogs nicht
zu finden.

Vom Vorliegen einer benutzten Markenserie kann daher mangels schlüssigen
Vortrags zur Benutzung der genannten Marken nicht ausgegangen werden (vgl.
zur Geltung des Beibringungsgrundsatzes: BGH GRUR 2006, 859, Rdnr. 33 -
Malteserkreuz; BPatG MarkenR 2015, 454, Rdnr. 43 - Balkendarstellung). Zudem
kann angesichts der beschreibenden Anklänge des Wortes „THERA“ in Verbin-
dung mit den hier in Rede stehenden Waren nicht davon ausgegangen werden,
dass es sich als Stammbestandteil einer Zeichenserie eignet (vgl. dazu BPatG
Mitt. 1996, 171, 172 - HORTIVER/HORTIPLUS; m. w. N. Ströbele/Hacker,
a. a. O., § 9, Rdnr. 503).

- 14 -
2. Widersprüche aus den Marken 300 70 591 „THERAWELL“ und 397 00 083
„THERAGYM“

Auch die Widersprüche aus den Marken 300 70 591 und 397 00 083 haben man-
gels Vorliegens einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr keinen Erfolg.

Die sich gegenüber stehenden Waren der Widerspruchsmarken einerseits und der
angegriffenen Marke andererseits sind identisch, da es sich bei Behandlungslie-
gen auch um Massagetische handeln kann.

Die Widerspruchsmarken verfügen als Wortkombinationen über eine gewisse
sprachliche Eigenprägung und damit über eine durchschnittliche Kennzeichnungs-
kraft. Die beschreibende Anklänge aufweisenden Einzelbestandteile „THERA“ und
„WELL“ bzw. „GYM“ als solche treten durch ihre Verbindung in den Hintergrund.
Allerdings fehlen auch hier tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme einer ge-
steigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken auf Grund umfangrei-
cher Benutzung. Insbesondere lassen sich dazu - wie unter 1.b) bereits ausgeführt
- den eingereichten Unterlagen keine aussagekräftigen Angaben entnehmen.

Im Rahmen der Gesamtabwägung der Einzelfallumstände hält die angegriffene
Marke den gebotenen deutlichen Zeichenabstand ein.

Die angegriffene Marke „Theraflex“ ist aus Sicht der angesprochenen aufmerksa-
men Durchschnittsverbraucher sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher
Hinsicht klar von der Widerspruchsmarke „THERAWELL“ zu unterscheiden. Zwar
kommt den Zeichenanfängen eine stärkere Beachtung zu. Allerdings erfährt dieser
Grundsatz vorliegend dahingehend eine Einschränkung, als beide Marken mit den
kennzeichnungsschwachen Buchstabenfolgen „Thera-“ bzw. „THERA-“ beginnen
und demzufolge das jeweilige weitere Zeichenelement oder die Wortkombinatio-
nen als solche in den Vordergrund treten. Hierbei ist nicht zu erwarten, dass das
Publikum die unterschiedlichen Endsilben „-WELL“ bzw. „-flex“ vermengt. Ihnen
- 15 -
kommt, was den Kennzeichnungsgehalt angeht, keine nur nachgeordnete Be-
deutung zu. Vielmehr beruht die Eigenart der Vergleichsmarken gerade darauf,
dass der Wortanfang „Thera-“ bzw. „THERA-“ in ungewöhnlicher Weise mit ande-
ren Angaben, die Produkteigenschaften andeuten, verbunden wird.

In klanglicher Hinsicht unterscheiden sich die dritten Wortsilben „-WELL“ und „-
flex“ in Bezug auf die Konsonanten, insbesondere die nachklingenden Endungen
„LL“ bzw. „x“. Diese Silben werden - wie oben unter 1.c) bereits dargelegt - außer-
dem betont. Zu einer Minderung der Verwechslungsgefahr trägt des Weiteren der
Umstand bei, dass die beiden Endungen „-WELL“ und „-flex“ im vorliegenden
Sachzusammenhang über einen ohne Weiteres erkennbaren Sinngehalt verfügen,
der die Erfassung der Unterschiede zwischen den Marken unterstützt. So ruft das
Zeichenelement „-WELL“ in Verbindung mit Behandlungsliegen Assoziationen mit
dem bekannten englischen und mittlerweile vielfach im Deutschen verwendeten
Begriff „Wellness“ hervor.

Der abweichende Sinngehalt der Endungen und ihre klar voneinander abwei-
chende Buchstabengestaltung sowohl in Groß- als auch in Kleinschreibung ver-
hindert zudem, dass die Vergleichszeichen schriftbildlich miteinander verwechselt
werden. Dies gilt auch im Falle einer handschriftlichen Zeichenwiedergabe, zumal
der einer Welle ähnelnde Buchstabe „w“ eine deutlich andere Form als der durch
zwei sich kreuzende Linien gebildete Buchstabe „x“ aufweist.

Noch auffälligere klangliche und schriftbildliche Unterschiede bestehen zwischen
der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke „THERAGYM“. Ihre dritten
Wortsilben „flex“ und „GYM“ besitzen keinerlei Gemeinsamkeiten. Darüber hinaus
weist das Element „GYM“ der Widerspruchsmarke darauf hin, dass mit den für sie
geschützten Behandlungsliegen Gymnastik betrieben werden kann. Insofern trägt
auch hier der verständliche Sinngehalt beider Marken dazu bei, dass Verwechs-
lungen in rechtserheblichem Umfang vermieden werden.

- 16 -
Anzeichen dafür, dass der Bestandteil „Thera-“ bzw. „THERA-“ den Gesamtein-
druck der jüngeren Marke und der Widerspruchsmarken „THERAWELL“ bzw.
„THERAGYM“ prägt oder eine selbständig kennzeichnende Stellung in der ange-
griffenen Marke hat, sind auch hier nicht gegeben.

Eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist ebenfalls zu verneinen. Der Widerspre-
chende hat unter Zugrundelegung der Ausführungen unter Ziffer 1.c) (3) die Be-
nutzung einer Zeichenserie mit dem Stammbestandteil „THERA-“ nicht glaubhaft
gemacht.

Die Beschwerde des Widersprechenden war daher zurückzuweisen.


R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorg-
nis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,

- 17 -
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt wor-
den sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einge-
reicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristab-
lauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.

Prof. Dr. Kortbein Dr. Söchtig Schmid
Richter Schmid ist wegen
Urlaubs an der Unter-
schrift verhindert
Kortbein

prö


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