28 W (pat) 26/15  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 26/15
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache











betreffend die Markenanmeldung 30 2014 071 839.1


hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein und der Richter Schmid
und Dr. Söchtig am 25. April 2017
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beschlossen:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts,
Markenstelle für Klasse 7, vom 20. April 2015 wird aufgehoben,
soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.


G r ü n d e :

I.

Die Anmelderin hat am 20. November 2014 beim Deutschen Patent- und
Markenamt (DPMA) beantragt, die Bezeichnung

AUMA

als Wortmarke in das dort geführte Markenregister einzutragen. Die Anmeldung
bezieht sich auf die nachgenannten Waren und Dienstleistungen:

Klasse 7: Mechanische, pneumatische, hydraulische Steuerungsgeräte für Ma-
schinen oder Motoren; Stellantriebe [Motoren] mit elektronischer
Steuerung zur Steuerung und Regelung des Betriebs von beweg-
lichen Ausrüstungen und Mechanismen, einschließlich der Steuerung
und Regelung des Betriebs von Ventilen, motorangetriebenen Ab-
sperrvorrichtungen und ähnlichen Mechanismen zur Verwendung in
Rohrleitungen und Kanälen; alle vorgenannten Waren insbesondere
für die Industrie der Bereiche Kraft- und Fernheizkraftwerke, Was-
serversorgung und Abwasser, der Chemie und Petrochemie, Phar-
mazie, Lebensmittel, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, Papier
und Zement, Schiff- und U-Bootbau sowie in der Energieerzeugung;
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Teile und Zubehör für alle genannten Waren, soweit in dieser Klasse
vorhanden;

Klasse 9: Elektrische Steuerungsgeräte zur Regelung und Steuerung von
Geräten und Anlagen der Industrie; elektronische Baugruppen,
Computerhardware und Computersoftware zur Steuerung und Rege-
lung von Industrieverfahren; elektrische/elektronische Steuerungs-
geräte und -anlagen zur Steuerung und Regelung des Betriebs von
beweglichen Ausrüstungen und Mechaniken, einschließlich der
Steuerung und Regelung des Betriebs von Ventilen, Absperr-
vorrichtungen und ähnlichen Mechanismen zur Verwendung in Rohr-
leitungen und Kanälen; Analysegeräte [nicht für medizinische
Zwecke] zur Messung von physikalischen Eigenschaften und
chemischen Zusammensetzungen von festen, flüssigen und gas-
förmigen Stoffen; alle vorgenannten Waren zur Verwendung in
Industrieverfahren insbesondere in der chemischen, pharmazeu-
tischen, petrochemischen Industrie und Verfahrenstechnik bei der
Herstellung von Lebensmitteln, Papier und Zement; Analysegeräte
[nicht für medizinische Zwecke] zur Emissionsüberwachung insbe-
sondere zur Ansteuerung von Stellantrieben; Teile und Zubehör für
alle genannten Waren, soweit in dieser Klasse vorhanden;

Klasse 37: Wartung und Instandhaltung für Geräte und Anlagen zur Steuerung
und Regelung in der Industrie soweit sie in den Klassen 7 und 9
enthalten sind.

Das DPMA, Markenstelle für Klasse 7, hat die Anmeldung nach vorheriger
Beanstandung durch Beschluss vom 20. April 2015 für alle Waren der Klassen 7
und 9 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die angemeldete
Angabe „AUMA“ der Name einer in Thüringen gelegenen Stadt sei, die nach den
örtlichen Gegebenheiten als Herstellungsort der gegenständlichen Waren in
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Betracht komme. Das Anmeldezeichen könne daher der Bezeichnung ihrer geo-
graphischen Herkunft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen. In diesem Sinne
werde die Angabe auch von örtlichen Herstellern als Sachhinweis verwendet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt sinngemäß
die Aufhebung des Beschlusses des DPMA vom 20. April 2015 im Umfang der
Zurückweisung der Anmeldung.

Von der Einreichung einer Beschwerdebegründung hat sie abgesehen. Im Ver-
fahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat sie im Wesentlichen
geltend gemacht, dass eine Verwendung der Bezeichnung „AUMA“ als geo-
graphische Herkunftsangabe in Bezug auf die gegenständlichen Waren ange-
sichts der geringen Größe und Bekanntheit der Stadt nicht zu erwarten sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, das
Vorbringen der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss war
aufzuheben, da der Eintragung des Anmeldezeichens in Bezug auf die beschwer-
degegenständlichen Waren kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2
MarkenG entgegensteht.

1. Die Bezeichnung „AUMA“ stellt insoweit keine freihaltebedürftige beschreibende
Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Nach dieser Vorschrift sind Zeichen
von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Angaben be-
stehen, die im Verkehr zur Bezeichnung insbesondere der Art, der Beschaffenheit,
der geographischen Herkunft oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck der
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Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht vor allem darin, beschreibende
Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre
Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer unge-
hinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beein-
trächtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl.
Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 337). Entscheidendes Krite-
rium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung
zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rdnr. 25, 30,
32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rdnr. 31 f. - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012,
272, Rdnr. 9, 17 - Rheinpark-Center Neuss).

Das Allgemeininteresse an der Freihaltung von geographischen Angaben kann
darauf beruhen, dass sie nicht nur die Qualität und andere Eigenschaften der
betroffenen Waren oder Dienstleistungen anzeigen, sondern auch die Vorlieben
der Verbraucher in anderer Weise beeinflussen können, etwa dadurch, dass sie
eine Verbindung zwischen den Waren und einem Ort herstellen, der positiv
besetzte Vorstellungen hervorrufen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723,
Rdnr. 26 - Chiemsee; BPatG GRUR 2006, 509, Rdnr. 19 - PORTLAND).

„Auma“ war der Name einer thüringischen Stadt, die zum Zeitpunkt der Marken-
anmeldung im November 2014 ihre Eigenständigkeit bereits seit geraumer Zeit
verloren hatte, nachdem sie am 1. Dezember 2011 mit anderen Gemeinden zur
Stadt „Auma-Weidatal“ (ca. 3.600 Einwohner) vereinigt wurde (vgl. Anlage 1 zum
Beanstandungsbescheid vom 10. Februar 2015). Bei dieser Sachlage liegen keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bezeichnung „Auma“ zum Anmeldezeitpunkt als
Hinweis auf die geographische Herkunft der vorliegend in Rede stehenden Waren
der Klassen 7 und 9, insbesondere mechanische und elektrische Steuerungs-
geräte, ernsthaft in Frage gekommen ist. Es handelt sich um technisch an-
spruchsvolle Spezialwaren, die der Steuerung vor allem von Energie- und anderen
Großanlagen dienen. Sie sind einem ständigen Innovationsprozess unterworfen
und werden regelmäßig von international anbietenden Unternehmen hergestellt
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oder vertrieben. Demzufolge sind die gegenständlichen Waren häufig für einen
überregionalen Markt bestimmt. Auf diesem werden normalerweise Begriffe ver-
wendet, mit denen die Abnehmer bestimmte Vorstellungen verbinden können. Es
ist demzufolge nicht davon auszugehen, dass die Anbieter der gegenständlichen
Produkte eine veraltete Stadtbezeichnung verwenden werden, um deren geogra-
phische Herkunft deutlich zu machen.

Mit „Auma“ wird zudem ein Ortsteil der Stadt „Auma-Weidatal“ bezeichnet (vgl.
http://www.rathaus-auma.de/auma/auma.htm). In dieser Bedeutung eignet sich
das Anmeldezeichen ebenfalls nicht zur Benennung der geographischen Herkunft
der einschlägigen Waren der Klassen 7 und 9. Denn auch sie dürfte der weit
überwiegenden Zahl der angesprochenen Verkehrsteilnehmer nicht bekannt sein.
Zudem ist es unüblich, lediglich den Namen eines Stadtteils als Hinweis auf den
Ort der Herstellung oder des Vertriebs der genannten Waren zu verwenden. Ein
entsprechendes, der Eintragung als Marke entgegenstehendes Bedürfnis der
Mitbewerber der Beschwerdeführerin ist demzufolge nicht erkennbar.

Die vom DPMA herangezogenen Fundstellen bestätigen diese Annahmen. Die in
den Anlagen A5 und A6 zum Beanstandungsbescheid vom 10. Februar 2015
genannten Unternehmen verwenden die aktuelle Stadtbezeichnung „Auma-
Weidatal“. Die Anlage A7 betrifft einen sachlich anders gelagerten Fall, da die
Verwendung der Bezeichnung „Auma“ durch einen Dachdeckerbetrieb im Hinblick
auf den ortsbezogenen Zuschnitt eines derartigen Gewerbes als Hinweis auf den
Standort und den Wirkungskreis naheliegt.


2. Auch fehlt dem beanspruchten Zeichen in Bezug auf die in Rede stehenden
Waren nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dies
wäre nur dann der Fall, wenn die angesprochenen Verkehrskreise ihm lediglich
einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen
würden (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270,
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Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn es aus gebräuchlichen Wörtern oder
Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache
bestehen würde, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden
Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2016, 934, Rdnr. 12 - OUI;
GRUR 2014, 872, Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine
Unterscheidungskraft auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen,
durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die
sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204,
Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress).

Das angemeldete Wortzeichen „AUMA“ eignet sich – wie bereits unter 1.
Ausgeführt - nicht als unmittelbar beschreibende Ortsangabe in Bezug auf die
beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 7 und 9. Ebenso wird es nicht
als sonstiger Sachhinweis aufgefasst. Hierbei ist davon auszugehen, dass die
Bezeichnung „AUMA“ dem Großteil der angesprochenen inländischen Verkehrs-
kreise nicht bekannt ist, zumal es sich um eine veraltete und nicht aus sich heraus
verständliche Ortsangabe handelt.

Für das Vorliegen anderer Schutzhindernisse bestehen keine Anzeichen. Der
Beschwerde der Anmelderin war daher stattzugeben.


Dr. Kortbein Dr. Söchtig Schmid



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