28 W (pat) 21/16  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 21/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache










betreffend die Marke 30 2015 105 811.8

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
21. Februar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein
und der Richter Schmid und Dr. Söchtig

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beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des
Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7,
vom 28. Januar 2016 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurück-
gewiesen worden ist.


Gr ü n d e :

I.

Die Anmelderin hat am 4. September 2015 beim Deutschen Patent- und Marken-
amt (DPMA) beantragt, die Bezeichnung

OptiLine

als Wortmarke für die nachstehenden Waren und Dienstleistungen in das beim
DPMA geführte Markenregister einzutragen:

Klasse 7:

Landwirtschaftliche Maschinen und maschinell angetriebene oder
bewegte Geräte für die Landwirtschaft, insbesondere für die
Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung oder Pflanzenschutz,
insbesondere Ausbringgeräte, Behälter [Maschinenteile], Dosier-,
Einbring- und Verteileinrichtungen, Pflüge, Beetpflüge, Drehpflüge,
Anbaupflüge, Aufsattelpflüge, Scharpflüge, Scheibenpfüge, Pflug-
einstellsysteme, Untergrundpacker, Walzen, Sämaschinen, Drill-
maschinen, Einzelkornsämaschinen, Säkombinationen, Saatbeet-
kombinationen, Eggen, Kreiseleggen, Fräsen, Rotoren, Grubber
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und Lockerer, Striptillgeräte, Feldspritzen, Düngerstreuer, Reihen-
düngerstreuer; Geräte zur Düngerablage; Zugpunkt- und Breiten-
einstellvorrichtungen als Teile von vorgenannten Waren; vorge-
nannte Waren als selbstfahrende, gezogene oder getragene
Maschinen für die Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung oder
Pflanzenschutz; Kombinationen, Teile, Zubehör der vorgenannten
Waren, soweit in Klasse 7 enthalten;

Klasse 9:

Elektronische Steuerungs-, Regelungs- und Überwachungsein-
heiten, Standortbestimmungs- und Speichergeräte, Kraftmessein-
richtungen, Positionsmesseinrichtungen, Bedien- und Anzeige-
geräte; Mobilrechner für Iandwirtschaftliche Zwecke oder als Teil
und/oder Zubehör für land-wirtschaftliche Maschinen und Geräte,
soweit in Klasse 9 enthalten;

Klasse 42:

Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und
Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen;
industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und
Entwicklung von Computerhardware und -software; Erstellen von
technischen Analysen; Aufbau einer Datenbank; technische
Auskünfte und Beratung sowie EDV-Beratung, auch online, im
Zusammenhang mit der Verteilung von flüssigem, körnigem und
pulverförmigem Material auf Iandwirtschaftlichen Flächen sowie
der lnbetriebnahme, Einstellung, Servicebetreuung aller
vorgenannten Geräte und Maschinen und bezüglich Updaten und
Upgraden von Steuerungen und Hardware und deren Geräte-
software.
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Das DPMA, Markenstelle für Klasse 7, hat die Anmeldung nach vorheriger Bean-
standung mit Beschluss 28. Januar 2016 mit Ausnahme der Dienstleistungen
„industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Erstellen von technischen
Analysen; Aufbau einer Datenbank“ teilweise zurückgewiesen. Zur Begründung
hat es ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung „OptiLine“ werde von den ange-
sprochenen Verkehrskreisen unmittelbar im Sinne von „OptimalLine“ und damit als
Hinweis auf eine optimal abgestimmte Produktlinie verstanden. Sie sei daher nicht
geeignet, auf die betriebliche Herkunft der von der Zurückweisung betroffenen
Waren und Dienstleistungen hinzuweisen, und unterliege mithin dem Schutz-
hindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Selbst wenn die Bezeichnung eine
Wortneuschöpfung sei, werde sie vom Publikum ohne Weiteres als Sachangabe
verstanden. Im Übrigen sei die Verwendung der Angabe „OptiLine“ bzw. „Optiline“
bereits nachweisbar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie geltend macht,
dass das Schutzhindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft vorliegend nicht
gegeben sei. Der Wortbestandteil „Opti“ sei ein für sich schutzfähiges Wort. Erst
recht müsse daher die angemeldete Wortkombination „OptiLine“ eintragungsfähig
sein. Dementsprechend habe das DPMA die Angabe „OptiLine“ bereits vielfach
als schutzfähig erachtet und in das Markenregister eingetragen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Marken-
stelle für Klasse 7, vom 28. Januar 2016 aufzuheben.

Ergänzend wird auf den angefochtenen Beschluss des DPMA, die Schriftsätze der
Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

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II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des DPMA kann nicht festgestellt werden, dass die
angemeldete Wortmarke in Verbindung mit den von der Zurückweisung be-
troffenen Waren und Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt.

Einem Wortzeichen fehlt dann die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn die angesprochenen Verkehrskreise ihm lediglich
einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen
(EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270,
Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn es aus gebräuchlichen Wörtern oder
Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache besteht,
die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der
Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden
werden (BGH GRUR 2016, 934, Rdnr. 12 - OUI; GRUR 2014, 872,
Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterschei-
dungskraft auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die
aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich
damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204,
Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress).

a) Das angemeldete Wortzeichen „OptiLine“ weist keine für das inländische
Publikum verständliche sachbeschreibende oder anpreisende Bedeutung auf.
Insbesondere stellt der Zeichenbestandteil „Opti-“ keine gebräuchliche oder
naheliegende Abkürzung des deutschen, englischen oder französischen Adjektivs
„optimal“ im Sinne von „bestmöglich“ dar. Auch als geläufige Abkürzung für die
Worte „Optik“ bzw. „optisch“, „optics“ bzw. „optical“ (Englisch) oder „optique“
(Französisch) ist er nicht nachweisbar.
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b) Entgegen der Auffassung des DPMA kann dem Anmeldezeichen auch nicht
unter dem Gesichtspunkt einer Abwandlung der englischsprachigen Wortbildung
„OptimalLine“ die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Eine
Abwandlung einer beschreibenden oder sonst schutzunfähigen Angabe kann
unterscheidungskräftig sein, auch wenn das Publikum eine inhaltliche Bezug-
nahme auf die zugrunde liegende schutzunfähige Angabe erkennt. Dies setzt
voraus, dass der Abwandlung selbst ein individualisierender Charakter zukommt,
wovon insbesondere bei Zeichen, die sich deutlich von der zugrunde liegenden
Angabe abheben, auszugehen ist (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99,
Rdnr. 99 - Postkantoor; BGH GRUR 2013, 731, Rdnrn. 19 ff. - Kaleido; BPatG
GRUR 2004, 873 - FRISH; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 8,
Rdnr. 176 m. w. N.).

Vorliegend kann dahin gestellt bleiben, ob die Wortkombination „OptimalLine“
tatsächlich als eine schutzunfähige sachbeschreibende oder anpreisende Angabe
einzuordnen wäre. Denn jedenfalls verfügt die angemeldete Bezeichnung
„OptiLine“ gegenüber der Angabe „OptimalLine“ über eine zur Überwindung des
Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft ausreichende semantische
Verfremdung.

Der Zeichenbestandteil „Opti“ unterscheidet sich in der Wortlänge, in der Aus-
sprache und im Schriftbild ausreichend deutlich von dem Adjektiv „optimal“.
Dessen Wortstamm „optim…“ findet sich nicht in der angemeldeten Marke. Zudem
ist die Buchstabenfolge „Opti“ in verschiedenen weiteren Wörtern enthalten, etwa
„optical“ bzw. „optisch“ oder „optieren“. Auch kann „Opti“ wegen der Endung „i“ als
Verkleinerungsform und damit als Kunstwort aufgefasst werden, so dass sich
gedankliche Verbindungen zu der Wortkombination „OptimalLine“ oder
„OptimumLine“ nicht aufdrängen. Bei dieser Sachlage ist vorliegend eine hin-
reichend enge Anlehnung an den Begriff „Optimal“ zu verneinen, zumal das
inländische Publikum bei einer fremdsprachigen Angabe, von der hier im Hinblick
auf den englischsprachigen Wortbestandteil „-Line“ auszugehen ist, mangels
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umfassender Sprachkenntnisse regelmäßig davon absieht, über den Wortlaut
hinaus begriffliche Bezüge herzustellen.

Auch die dem angegriffenen Beschluss vom 28. Januar 2016 beigefügten
Internetauszüge können die Sichtweise des DPMA nicht stützen, da sie Beispiele
für den kennzeichenmäßigen Gebrauch des Ausdrucks „OptiLine“ enthalten.

c) Für die Annahme, das angemeldete Zeichen werde vom Verkehr als Anlehnung
an andere nicht unterscheidungskräftige Wortkombinationen wie „OpticalLine“
angesehen, fehlen hinreichende Anhaltspunkte.

Andere Schutzhindernisse stehen der Eintragung des angemeldeten Zeichens
ebenfalls nicht entgegen. Insbesondere sind Abwandlungen, die - wie vorliegend -

2. Sonstige Eintragungshindernisse, insbesondere das Vorliegen eines Freihalte-
bedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, sind nicht ersichtlich.

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben, soweit die Anmeldung
zurückgewiesen worden ist.


Dr. Kortbein Dr. Söchtig Schmid


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