28 W (pat) 15/15  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 15/15
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache










betreffend die Markenanmeldung 30 2013 004 050.3

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
2. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein sowie
der Richter Schmid und Dr. Söchtig

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beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des
Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom
19. Dezember 2013 und vom 9. Januar 2015 aufgehoben, soweit die
Anmeldung in Bezug auf die beanspruchten Waren

Klasse 29: Milch, Milcherzeugnisse, nämlich Trinkmilch,
Sauermilch, Buttermilch; alkoholfreie Milchmischgetränke mit
überwiegendem Milchanteil, Kefir, Sahne; Milch- und Molkepulver
als Humannahrungsmittel;

Klasse 30: Speiseeispulver;

zurückgewiesen worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass die Beschwerde im Übrigen gegenstands-
los geworden ist.

G r ü n d e

I.

Die Anmelderin hat am 14. Juni 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) beantragt, die Wortfolge

Bierkugel

als Wortmarke für die Waren

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Klasse 29: Milch, Milcherzeugnisse, nämlich Trinkmilch, Sauermilch,
Buttermilch; Joghurt, Fruchtjoghurt, Joghurt mit Schokolade oder
Kakaozusätzen; alkoholfreie Milchmischgetränke mit überwiegendem
Milchanteil, Kefir, Sahne, Quark, Frucht- und Kräuterquarkspeisen;
Dessertspeisen, im wesentlichen bestehend aus Milch unter Beigabe
von Geschmackszusätzen mit Gelatine und/oder Stärke als Bindemittel;
Butter, Butterschmalz, Käse und Käsezubereitungen, Milch- und
Molkepulver als Humannahrungsmittel, diätetischer Joghurt für nicht
medizinische Zwecke;

Klasse 30: Pudding; Speiseeis, Speiseeispulver;

in das beim DPMA geführte Markenregister einzutragen.

Das DPMA, Markenstelle für Klasse 29, hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom
19. Dezember 2013 und vom 9. Januar 2015, von denen letzterer im Erinnerungs-
verfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass
das angemeldete Zeichen als eine im Hinblick auf die beanspruchten Waren er-
sichtlich täuschende Angabe von der Eintragung ausgeschlossen sei. Das ange-
meldete Wort „Bierkugel“ bezeichne eine kugelförmige Brühwurst. In dieser Be-
deutung sei das Zeichen geeignet, das Publikum über die Art und die Beschaffen-
heit der beanspruchten Waren zu täuschen, da die Anmeldung sich nicht auf der-
artige Wurstwaren, sondern u. a. auf Milchprodukte, Pudding und Speiseeeis be-
ziehe. Die Täuschungseignung werde nicht beseitigt, dass die beanspruchten Wa-
ren üblicher Weise nicht die Form einer „Bierkugel“ aufwiesen, da das Publikum
die Form und die Größe der Waren, sofern sie über das Internet erworben werden,
in der Regel nicht erkennen könne.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Das Vorliegen einer Täu-
schungsgefahr sei zu verneinen. Das Wort „Bierkugel“ rufe verschiedenste Asso-
ziationen hervor. Es fehle auch an der Ersichtlichkeit der Täuschung. Sofern die
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beanspruchten Produkte entsprechend den üblichen Vertriebsgewohnheiten zu-
sammen mit anderen Milchprodukten in einem Kühlregal angeboten würden, be-
stehe für das Publikum kein Anhalt, dass es sich dabei um Wurstwaren handele.
Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin das Warenverzeichnis ihrer
Anmeldung auf die nachgenannten Waren beschränkt:

Klasse 29: Milch, Milcherzeugnisse, nämlich Trinkmilch, Sauermilch,
Buttermilch; alkoholfreie Milchmischgetränke mit überwiegendem
Milchanteil, Kefir, Sahne, Milch- und Molkepulver als Humannah-
rungsmittel;

Klasse 30: Speiseeispulver.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, auf der Grundlage des eingeschränkten
Warenverzeichnisses

die Beschlüsse des DPMA vom 19. Dezember 2013 und vom
9. Januar 2015 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Eingaben der Anmelderin und den
übrigen Akteninhalt verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in Bezug auf die nach Ein-
schränkung des Warenverzeichnisses der Anmeldung noch beanspruchten Waren
begründet. Entgegen der Auffassung des DPMA steht das Schutzhindernis
ersichtlicher Täuschungseignung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3
MarkenG der Eintragung der Anmeldung in diesem Umfang nicht entgegen. Auch
sonstige Schutzhindernisse sind in Bezug auf das eingeschränkte Waren-
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verzeichnis nicht ersichtlich. Die angefochtenen Beschlüsse des DPMA waren
daher insoweit aufzuheben.

Soweit die Anmelderin ihre Anmeldung auf der Grundlage der Beschränkung des
Warenverzeichnisses nicht mehr weiter verfolgt, sind die Beschlüsse des DPMA
und damit ihre Beschwerde gegenstandslos (Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl.,
§ 66 Rdnr. 81).

1. Der angemeldeten Bezeichnung „Bierkugel“ steht in Bezug auf die nach Be-
schränkung der Anmeldung noch beanspruchten Waren nicht das Eintra-
gungshindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Hiernach sind Marken
von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder An-
gaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der
Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der
Herstellung der beanspruchten Waren oder der Erbringung der beanspruchten
Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen dienen können.

Das angemeldete Wort „Bierkugel“ kann zwar eine kugelförmige Brühwurst be-
zeichnen (vgl. Anlage zum Beanstandungsbescheid vom 10. Oktober 2013, Wiki-
pedia Bierkugel). Die noch beanspruchten Waren betreffen aber keine derartigen
Produkte, so dass das Anmeldezeichen nicht die Art der beanspruchten Waren
angeben kann.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Wort „Bierkugel“ insoweit
ernsthaft als Hinweis auf den Geschmack der Waren in Betracht kommt. Die in
Rede stehenden Milchgetränke und anderen beanspruchten Erzeugnisse können
zwar vielfältige und gerade auch ungewöhnliche Geschmacksrichtungen auf-
weisen. Selbst wenn insoweit auch salzige Geschmacksrichtungen in Betracht
kommen, liegt es jedenfalls fern, dass die beanspruchten Waren mit dem
spezifischen Geschmack einer „Bierkugel“, die sich vor allem durch ihre Form von
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anderen Brühwürsten unterscheidet, angeboten werden. Auch kugelförmige
Produkte mit „Biergeschmack“ sind insoweit nicht zu erwarten.

Das Wort „Bierkugel“ benennt ferner ein gläsernes Trinkgefäß für Bier (vgl. Wiki-
pedia, Bierkugel). In dieser - schon begrifflich auf „Bier“ beschränkten - Bedeutung
besteht ebenfalls kein plausibler sachlicher Zusammenhang zu den noch bean-
spruchten Waren. Insbesondere erscheint die Annahme, die beschwerde-
gegenständlichen Waren werden zusammen mit Bier, das wiederum aus einem
speziellen Gefäß getrunken wird, verzehrt, zu fernliegend.

Ebenso bieten sich die weiteren in Betracht kommenden Bedeutungen des
Anmeldezeichens, wie ein runder durch Bier geformter Bauch, nicht als ohne
Weiteres erkennbare Sachhinweise an.

2. Nachdem ein warenbeschreibender Bezug der angemeldeten Bezeichnung
vorliegend nicht besteht, sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das
angesprochene Publikum die angemeldete Bezeichnung nicht als betrieblichen
Herkunftshinweis versteht. Das Anmeldezeichen verfügt daher im beschwerde-
gegenständlichen Umfang über die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche
Unterscheidungskraft.

3. Auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG steht der Eintra-
gung des Anmeldezeichens im beschwerdegegenständlichen Umfang nicht ent-
gegen.

Bei der Beurteilung, ob ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG be-
steht, geht es um die Irreführung durch den Zeicheninhalt selbst und nicht um die
Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäfts-
verkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu erwecken. Dabei wird
der Zeicheninhalt im Wesentlichen geprägt durch die Waren oder Dienstleistun-
gen, für welche der markenrechtliche Schutz beansprucht wird. Ist für die entspre-
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chenden Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der
keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt das absolute Schutzhindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht vor (vgl. BGH GRUR 2002, 540, 541,
Rdnr. 24 ff. - OMEPRAZOK; GRUR 2012, 272, Rdnr. 26 ff. - Rheinpark-Center
Neuss).

Die Bezeichnung „Bierkugel“ in der Bedeutung einer kugelförmigen Brühwurst
(s. o. 1.) enthält zwar für sich genommen eine objektiv unrichtige Aussage über
die Art der beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 29 und 30. Jedoch
ist nicht zu erwarten, dass das Anmeldezeichen im Zusammenhang mit den noch
beanspruchten Waren tatsächlich in diesem unzutreffenden Sinn verstanden wird.
Die beanspruchten Milch- und sonstigen Erzeugnisse, die regelmäßig in
Milchtüten oder -gläsern bzw. in Bechern (Kefir, Sahne) und/oder Tüten (Milch-
und Molkepulver als Humannahrungsmittel; Speiseeispulver) angeboten werden,
unterscheiden sich von einer derartigen Wurst mit einer charakteristischen
Kugelform durch ihre äußere Beschaffenheit so deutlich, dass verständige
Verbraucher, selbst wenn die Waren sich im Vertrieb direkt begegnen würden,
keiner Täuschung über die Art der mit dem Anmeldezeichen versehenen Waren
unterliegen. Soweit das DPMA, Markenstelle für Klasse 29, zur Begründung seiner
Auffassung darauf abgestellt hat, dass die Warenform und -größe der
beanspruchten Waren bei Online-Bestellungen nicht zwingend erkennbar sei, hat
sie ihrer Betrachtung spezifische Vertriebsgegebenheiten zugrunde gelegt. Damit
hat es nur eine Möglichkeit der Verwendung der angemeldeten Marke
angesprochen, die zudem im Hinblick auf regelmäßig strukturierte und bebilderte
Darstellungen von Lebensmitteln auch im Onlinevertrieb eher fern liegen dürfte.
Dass die angemeldete Marke auch bei einer Präsentation der Waren, in der das
Publikum die Ware oder ein Bild der Ware wahrnehmen kann, täuschend sein
kann, hat das DPMA nicht festgestellt und ist, wie ausgeführt, auch nicht
erkennbar. Damit ist für die in Rede stehenden Waren eine Verwendung der
Marke möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt.

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Der Beschwerde der Anmelderin war daher in Bezg auf die noch beanspruchten
Waren stattzugeben.

Dr. Kortbein Dr. Söchtig Richter Schmid ist wegen
Urlaubs an der Unter-
schrift verhindert.

Dr. Kortbein



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