27 W (pat) 71/16  - 27. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:071217B27Wpat71.16.0


BUNDESPATENTGERICHT




27 W (pat) 71/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2013 032 564.8

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2017 durch die
Richterin Lachenmayr-Nikolaou als Vorsitzende, den Richter Paetzold und den
Richter Dr. Himmelmann
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beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des Deutschen
Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 41, vom 3. Juli 2014 und
vom 3. Dezember 2015 aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf
die nachfolgend genannten Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:

Klasse 35: Werbung, insbesondere Veröffentlichung von Anzeigen Dritter;
Erfassung, Zusammenstellung, Systematisierung, Aktualisie-
rung und Pflege von Daten in Datenbanken; Vermittlung von
Verträgen für Dritte.
Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; lmmobilien-
wesen;
Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software ein-
schließlich Entwurf und Entwicklung von Datenbanken; Zurver-
fügungstellung der zeitweiligen Nutzung von nicht herunterlad-
barer Software und nicht herunterladbaren Datenbanken; Soft-
ware as a Service (SaaS);
Klasse 45: Juristische Dienstleistungen, insbesondere Verwaltung und Ver-
wertung von Urheber- und gewerblichen Schutzrechten.


G r ü n d e

I.

Am 22. Mai 2013 ist das Zeichen

WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT
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von der Anmelderin – vor ihrer Umfirmierung noch unter der Firma G…
AG & Co KG – für diverse Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 18, 21,
24, 25, 27, 28, 35, 36, 38, 39, 41, 42 und 45 zur Eintragung als Wortmarke in das
vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister ange-
meldet worden.

Mit Beschluss vom 3. Juli 2014, der Anmelderin und Beschwerdeführerin zuge-
stellt am 8. Juli 2014, hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 41, die Anmeldung
teilweise, und zwar unter anderem in Bezug auf die nachfolgend genannten
Dienstleistungen, wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen:
Klasse 35: Werbung, insbesondere Veröffentlichung von Anzeigen Dritter; Erfas-
sung, Zusammenstellung, Systematisierung, Aktualisierung und Pflege
von Daten in Datenbanken; Vermittlung von Verträgen für Dritte;
Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; lmmobilienwesen;
Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software einschließ-
lich Entwurf und Entwicklung von Datenbanken; Zurverfügungstellung
der zeitweiligen Nutzung von nicht herunterladbarer Software und
nicht herunterladbaren Datenbanken; Software as a Service (SaaS);
Klasse 45: Juristische Dienstleistungen, insbesondere Verwaltung und Verwertung
von Urheber- und gewerblichen Schutzrechten.
Darüber hinaus waren noch andere Waren und Dienstleistungen Gegenstand der
Zurückweisung durch das DPMA. Insoweit hat die Anmelderin und Beschwerde-
führerin die Markenanmeldung im Laufe des Beschwerdeverfahrens auf Hinweis
des Senats zurückgenommen.

Mit weiterem Beschluss vom 3. Dezember 2015, der Beschwerdeführerin zuge-
stellt am 8. Dezember 2015, hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 41, die gegen
den Erstbeschluss gerichtete Erinnerung der Beschwerdeführerin vom
8. August 2014 zurückgewiesen.
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Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Wortfolge
„WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ keine Unterscheidungskraft zukomme. Ob
auch ein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe, könne offen
bleiben. Diese sprachüblich aus Wörtern der deutschen Alltagssprache gebildete
und ohne Weiteres verständliche Wortfolge werde vom angesprochenen Verkehr
dahingehend verstanden, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handele,
die sich thematisch mit dem Zusammenhang zwischen der Wirtschaft und der Ge-
sellschaft bzw. mit dem Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigen.
Dies gelte für sämtliche von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleis-
tungen. Sie alle könnten sich mit der Frage befassen, wie Wirtschaft und Ge-
sellschaft in Wechselwirkung stehen. Dies sei auch für juristische Dienstleistungen
zutreffend, die sich mit dem Wirtschaftsrecht beschäftigten, das Finanzwesen, das
erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft habe etc. Dabei müsse nicht genau
definiert werden, worin der Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Gesellschaft
bestehe. Eine gewisse Unschärfe der angemeldeten Wortfolge führe nicht zu
deren Schutzfähigkeit.
Die Wortfolge „WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ benenne dementsprechend
Thema und Zweck der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen. Ver-
gleichbar gebildete Bezeichnungen wie „Frau und Wirtschaft“, „Erfahrung ist Zu-
kunft“, „Technik und Wirtschaft“ oder „Recycling ist Zukunft“ würden bereits be-
schreibend verwendet.
Die angemeldete Wortfolge erschöpfe sich somit in einer rein sachbezogenen
Aussage, dass die betreffenden Waren und Dienstleistungen mit dem Zusammen-
wirken von Wirtschaft und Gesellschaft zu tun hätten.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 8. Januar 2016.
Sie führt zur Begründung ihrer Beschwerde aus, dass dem angemeldeten Zeichen
die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne.
Die Wortfolge „WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ enthalte bereits keine be-
schreibende Sachangabe. Ihr sei insbesondere nicht zu entnehmen, dass es sich
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bei den betreffenden Waren und Dienstleistungen um solche handele, die sich mit
dem „Zusammenhang“ zwischen Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigen.
Selbst wenn der Verkehr der Wortfolge einen beschreibenden Gehalt entnehmen
sollte, so erschöpfe sie sich nicht in einer beschreibenden Sachangabe. Der Mar-
kenbegriff sei mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Bereits den Begriffen „Wirt-
schaft“ und „Gesellschaft“ für sich genommen kämen jeweils verschiedene Bedeu-
tungen zu, so dass es einer Interpretation des angesprochenen Verkehrs bedürfe,
der sich für eine der denkbaren Alternativen entscheiden müsse. Diese Interpreta-
tionsbedürftigkeit des Markenbegriffs werde dadurch verstärkt, dass die beiden
unterschiedlichen Begriffe „Wirtschaft“ und „Gesellschaft“ durch ihre Verbindung
mit dem Verb „ist“ gleichgestellt würden. Nach dem Wortsinn seien Wirtschaft und
Gesellschaft also „ein und dasselbe“, was erkennbar keinen Sinn mache. Diese
originelle Verknüpfung der Begriffe mit dem Verb „ist“ zwinge den Verkehr dazu
darüber nachzudenken, was mit der Aussage gemeint sein könne. Bereits aus
dem angegriffenen Beschluss ergebe sich, dass der Aussagegehalt der angemel-
deten Bezeichnung unklar sei, da das DPMA selber unterschiedliche Bedeutungen
nenne, indem es an einer Stelle vom „Zusammenhang“ zwischen Wirtschaft und
Gesellschaft, an anderer Stelle vom „Verhältnis“ von Wirtschaft und Gesellschaft
und an dritter Stelle von der „Wechselwirkung“ zwischen Wirtschaft und Gesell-
schaft schreibe. Dies zeige, dass es aufgrund der Vieldeutigkeit der Begriffe „meh-
rerer Gedankengänge“ bedürfe, um der Wortfolge überhaupt einen eventuellen
beschreibenden Gehalt zu entnehmen.
Bei der Begriffskombination „WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ handele es
sich des Weiteren nicht um gebräuchliche Werbeworte. Die vom DPMA genannten
Beispiele wie „Frau und Wirtschaft“ etc. wiesen keine vergleichbaren Interpreta-
tionsmöglichkeiten auf.
Der Markenbegriff sei zudem kurz und prägnant. Dies sei ein weiteres Indiz für
seine Eignung als Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen.
Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass sich die Begriffskombination
„WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ in einer beschreibenden Sachangabe er-
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schöpfe, so fehle es schließlich an einem engen beschreibenden Bezug zu den
beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die meisten der beanstandeten Wa-
ren und Dienstleistungen würden überhaupt keinen gedanklichen Inhalt aufweisen,
der beschrieben werden könne, bzw. würden üblicherweise mit einem Firmen-
namen oder einem abstrakten Schlagwort bezeichnet.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse des DPMA, Markenstelle für Klasse 41, vom
3. Juli 2014 und 3. Dezember 2015 aufzuheben, soweit die Anmel-
dung hinsichtlich der noch beschwerdegegenständlichen Dienst-
leistungen zurückgewiesen wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse, die
Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die zulässige, insbesondere gem. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66
Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat nach Beschränkung des
Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses hinsichtlich der beschwerdegegen-
ständlichen Dienstleistungen in der Sache Erfolg. Da der Anmeldung insoweit kei-
ne Schutzhindernisse gem. § 8 Abs. 2 MarkenG entgegenstehen, waren die
angegriffenen Beschlüsse des DPMA, Markenstelle für Klasse 41, vom
3. Juli 2014 und 3. Dezember 2015 aufzuheben. Insbesondere steht der
Anmeldung der Bezeichnung „WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ hinsichtlich
der im Tenor genannten Dienstleistungen nicht das Schutzhindernis der fehlenden
Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

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§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus,
denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegli-
che Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zu-
kommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleis-
tungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und
so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu
unterscheiden (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vor-
sprung durch Technik]; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014,
569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido; BGH, GRUR 2012,
1143, Rn. 7 – Starsat; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 8 – Link economy).
Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der ge-
kennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH,
GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006, 229, Rn. 27
– Bio-ID; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 12
– smart-book). Dabei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft
im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die All-
gemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (EuGH, GRUR
2003, 604, Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR
2014, 565, Rn. 17 – smart-book).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschrei-
benden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder
Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird.
Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhalts-
punkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben,
die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht
unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein
enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen
hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den
beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten
erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft
der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, GRUR 2014, 569,
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Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR 2009, 952,
Rn. 10 – DeutschlandCard). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen
Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Be-
griffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um Angaben, die
aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekann-
ten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entspre-
chenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür,
dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft
fehlt (BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 13
– Kaleido; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 11 – Link economy; BGH, GRUR 2012,
1143, Rn. 9 – Starsat).

Von diesen Grundsätzen ist auch in Bezug auf die Beurteilung der Unterschei-
dungskraft von Wortfolgen insbesondere Slogans auszugehen, an deren Unter-
scheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere
Wortmarken zu stellen sind (vgl. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 44 – Audi/HABM
[Vorsprung durch Technik]); BGH, GRUR 2014, 872, Rn. 14 – Gute Laune Drops;
BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 14 – smartbook; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 11
– Link economy).
Von mangelnder Unterscheidungskraft ist daher bei einer kürzeren Wortfolge
lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen
allgemeiner Art auszugehen. Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleis-
tungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können
dagegen Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein
(BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 14 – smartbook). Auch die Mehrdeutigkeit und Inter-
pretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinrei-
chende Unterscheidungskraft bieten (EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 57
– Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]).
Weist die Wortfolge einen unterscheidungskräftigen Bestandteil auf, wird dies im
Regelfall dazu führen, dass auch der Wortfolge in ihrer Gesamtheit die Unterschei-
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dungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht fehlt (BGH, GRUR 2014, 565,
Rn. 14 – smartbook; BGH, GRUR 2014, 872, Rn. 14 – Gute Laune Drops).

Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und
Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des Handels und/oder
des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durch-
schnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen
Concord/Hukla; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; Ströbele in:
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42). Dieser wird die Marke
so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrach-
tung zu unterziehen (BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft
kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jewei-
ligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).

Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Bezeichnung in Verbindung mit
den noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen die erforderliche Unter-
scheidungskraft nicht abgesprochen werden.

Die angemeldete Wortfolge setzt sich aus den allgemein verständlichen deutschen
Substantiven „Wirtschaft“ und „Gesellschaft“, die mit dem Verb „ist“ verbunden
sind, zusammen. Im Zusammenhang mit den noch verfahrensgegenständlichen
Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 42 und 45 werden die angesprochenen Ver-
kehrskreise dieser Dienstleistungen, zu denen jedenfalls auch die allgemeinen
Verkehrskreise gehören, der Wortfolge „WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ je-
doch keinen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis entnehmen.
Zwar können die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35,
36, 42 und 45 wie beispielsweise Werbung, Finanzdienstleistungen oder juristi-
sche Dienstleistungen mit den Bereichen „Wirtschaft“ und „Gesellschaft“ zusam-
menhängen, sich gegebenenfalls mit dem Zusammenspiel von Wirtschaft und Ge-
sellschaft befassen oder beispielsweise speziell für den Bereich der Wirtschaft an-
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geboten werden. Die angemeldete Bezeichnung weckt daher insoweit gewisse
Assoziationen und weist beschreibende Anklänge auf. Dies ist jedoch für die An-
nahme fehlender Unterscheidungskraft nicht ausreichend.
Die Bezeichnung „Wirtschaft ist Gesellschaft“ erschöpft sich in Bezug auf die noch
beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 42 und 45
insbesondere nicht in einem bloßen Hinweis auf den Inhalt oder das Thema dieser
Dienstleistungen dahingehend, dass sich diese mit dem Zusammenhang oder
dem Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft befassen. Diese Dienstleistungen
werden nach den Feststellungen des Senats zwar teilweise branchenbezogen,
nicht jedoch typischerweise inhaltlich-thematisch bezeichnet (zur Dienstleistung
„Werbung“ vergleiche ergänzend BGH, GRUR 2009, 949, Rn. 23 f. – My World).
Der angemeldeten Bezeichnung kommt in diesem Kontext nicht lediglich eine
werktitelartige Funktion zu. Auch im Übrigen kann der Wortfolge „Wirtschaft ist Ge-
sellschaft“ im Zusammenhang mit den noch verfahrensgegenständlichen Dienst-
leistungen ein konkreter, unmittelbar verständlicher Aussagegehalt – insbeson-
dere im Hinblick auf die Gleichstellung der Substantive „Wirtschaft“ und „Gesell-
schaft“ durch das Verb „ist“ – nicht entnommen werden.

Vor diesem Hintergrund kann ebenso wenig ein enger beschreibender Bezug der
angemeldeten Wortfolge zu den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen
angenommen werden.

Die Recherchen des Senats haben schließlich nicht ergeben, dass die Wortfolge
„WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ zum Anmeldezeitpunkt bereits Verwen-
dung gefunden hat. Es handelt sich bei dieser zudem auch inhaltlich nicht um eine
werbeübliche Anpreisung, die stets als solche und nicht als Herkunftshinweis ver-
standen wird, zumal ihr eine bestimmte werbende Aussage nicht entnommen wer-
den kann.

Wegen der fehlenden Eignung zur unmittelbaren Beschreibung der noch
beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen steht der angemeldeten Wortfolge
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„WIRTSCHAFT IST GESELLSCHAFT“ insoweit auch ein Freihaltebedürfnis gem.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen.

Die angegriffenen Beschlüsse waren aus diesen Gründen im zuletzt beantragten
Umfang aufzuheben.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen.


Lachenmayr-Nikolaou Paetzold Dr. Himmelmann

Ko



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