27 W (pat) 64/17  - 27. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:260318B27Wpat64.17.0


BUNDESPATENTGERICHT




27 W (pat) 64/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache















betreffend die Marke 30 2015 211 845

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hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
26. März 2018 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und
die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

I. Der Antrag der Widersprechenden auf Wiedereinsetzung in die
Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde gegen Beschluss des Deutschen Patent- und
Markenamts, Markenstelle für Klasse 41, vom 7. Juli 2017 gilt als
nicht eingelegt.
III. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.


G r ü n d e

I.

Die am 28. Juni 2015 angemeldete Wort-/Bildmarke

ist am 12. Oktober 2015 unter der Nummer 30 2015 211 845 für diverse Waren
der Klassen 9 und 10 sowie Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 in das beim
Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen
worden.

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Mit Beschluss vom 7. Juli 2017 hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 41, den
gegen die Eintragung dieser Marke gerichteten Widerspruch aus der geschäftli-
chen Bezeichnung brain4kids zurückgewiesen.

Gegen den ihr am 17. Juli 2017 zugestellten Beschluss hat die Widersprechende
am 17. August 2017 Beschwerde eingelegt.
Ebenfalls am 17. August 2017, und zwar um 17.33 Uhr, hat der Verfahrensbevoll-
mächtigte der Widersprechenden die Beschwerdegebühr i. H. v. 200.- Euro online
überwiesen. Ausweislich des sich bei der Akte befindlichen Kontoauszugs des
DPMA erfolgte die Gutschrift dieser Zahlung i. H. v. 200.- Euro am Folgetag, also
am 18. August 2017.

Hierauf und auf die Vorschrift des § 6 Abs. 2 PatKostG hingewiesen, hat die
Widersprechende und Antragstellerin mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters
vom 1. Februar 2018, bei Gericht eingegangen am 2. Februar 2018, „vorsorglich“
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Überweisung der Beschwerdegebühr
am Tag des Fristablaufs, also am 17. August 2017, rechtzeitig sei, da nicht damit
gerechnet werden könne, dass die Bundeskasse bzw. die Bundesbank den Betrag
erst einen Tag später und damit verspätet dem Amt gutschreibe.
Eine frühere Überweisung sei schon denkgesetzlich nicht möglich, weil die Ent-
scheidung, Beschwerde einzulegen, erst am letzten Tag der Beschwerdefrist ge-
fallen sei. Von einem Bürger könne nicht verlangt werden, dass er „in vorauseilen-
dem Gehorsam“ Gebühren überweise, nur weil möglicherwiese die empfangende
Behörde zu langsam arbeite.

Die Antragstellerin beantragt,

ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdege-
bühr zu gewähren.
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Der Antragsgegner hat sich zum Wiedereinsetzungsantrag nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des DPMA, die Schrift-
sätze der Beteiligten, die Hinweise des Gerichts und den übrigen Akteninhalt Be-
zug genommen.


II.

Der Antrag der Widersprechenden auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einzah-
lung der Beschwerdegebühr ist zulässig, aber nicht begründet. Mangels rechtzeiti-
ger Zahlung der Beschwerdegebühr ist daher festzustellen, dass die Beschwerde
gem. §§ 66 Abs. 2, 82 Abs. 1 S. 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
PatKostG als nicht eingelegt gilt.

1. Gem. § 66 Abs. 2 MarkenG ist eine Beschwerde gegen einen Beschluss des
DPMA innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses schriftlich
beim Patentamt einzulegen. Binnen dieser Frist ist gem. § 82 Abs. 1 S. 3 MarkenG
i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 PatKostG auch die dafür vorgesehene Gebühr zu
zahlen (BGH, GRUR 2017, 1286, Rn. 12 – Mehrschichtlager; BGH, GRUR 2015,
1255 Rn. 10 – Mauersteinsatz). Für die vorliegende Beschwerde ist nach
Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zum Patentkostengesetz eine Gebühr
i. H. v. 200.- Euro zu entrichten. Gem. § 82 Abs. 1 S. 3 MarkenG i. V. m. § 6
Abs. 2 PatKostG gilt die Handlung – also die Einlegung der Beschwerde – als
nicht vorgenommen, wenn eine Gebühr nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzei-
tig gezahlt wird.

Vorliegend ist die Zahlung nicht rechtzeitig erfolgt. Der Beschluss des DPMA, Mar-
kenstelle für Klasse 41, vom 7. Juli 2017 ist der Antragstellerin am 17. Juli 2017
zugestellt worden.
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Der angegriffene Beschluss war mit der erforderlichen Belehrung versehen, so
dass die Beschwerdefrist mit Zustellung des Beschlusses zu laufen begann (vgl.
Miosga in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 61 Rn. 19).
Nach § 61 Abs. 2 MarkenG ist Beschlüssen des DPMA eine Erklärung beizufügen,
mit der die Beteiligten über das Rechtsmittel, das gegen den Beschluss gegeben
ist, über die Stelle, bei der das Rechtsmittel einzulegen ist, über die Rechtsmittel-
frist und, sofern für das Rechtsmittel eine Gebühr nach dem Patentkostengesetz
zu zahlen ist, über die Gebühr unterrichtet werden. Eine solche schriftliche Beleh-
rung ist vorliegend erfolgt.
Die Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr endete gem. § 82 Abs. 1 S. 1
MarkenG, § 222 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am Donnerstag, den
17. August 2017.
Gem. § 2 Nr. 2 PatKostZV i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG gilt bei Überweisun-
gen als Zahlungstag der Tag, an dem der Betrag dem Konto der zuständigen Bun-
deskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben wird. Dies war
vorliegend der 18. August 2017, also nach Ablauf der Zahlungsfrist gem. § 82
Abs. 1 S. 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 PatKostG.

Die Beschwerdegebühr ist damit nicht rechtzeitig eingegangen. Es wird auch
keine Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gewährt.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der Frist zur Einzahlung der Be-
schwerdegebühr (§§ 66 Abs. 2, 82 Abs. 1 S. 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1,
Abs. 2 PatKostG) ist zwar gem. § 91 Abs. 1 MarkenG statthaft und auch im Übri-
gen zulässig. Der Antrag vom 2. Februar 2018 wurde insbesondere rechtzeitig
innerhalb der Jahresfrist des § 91 Abs. 5 MarkenG sowie innerhalb der Frist von
2 Monaten nach Wegfall des Hindernisses gem. § 91 Abs. 2 MarkenG gestellt.
Insoweit nimmt der Senat zugunsten der Antragstellerin als Fristbeginn den Zeit-
punkt an, in dem die Antragstellerin von dem verspäteten Eingang der Beschwer-
degebühr (nämlich am 18. August 2017) positive Kenntnis hatte. Dies ist der Zeit-
punkt des Zugangs des diesbezüglichen gerichtlichen Hinweises am
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17. Januar 2018. Die versäumte Handlung, die gem. §§ 82 Abs. 1 S. 3 MarkenG
i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 PatKostG erforderliche Zahlung der Beschwerdege-
bühr, war bereits veranlasst worden und wurde ebenfalls innerhalb dieser Frist mit
Gutschrift der Zahlung am 18. August 2017 „nachgeholt“ gem. § 91 Abs. 4 S. 1
MarkenG.

3. Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch nicht begründet, da ein Wiedereinset-
zungsgrund nicht vorliegt.
Eine Wiedereinsetzung wird gem. § 91 Abs. 1 S. 1 MarkenG nur demjenigen ge-
währt, der an der Einhaltung der Frist ohne Verschulden gehindert war. Eine Frist-
versäumung ist dabei ohne Verschulden erfolgt, wenn die übliche Sorgfalt aufge-
wendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall nach den subjektiven Verhält-
nissen des Betroffenen zumutbar war (vgl. Knoll in: Ströbele/Hacker/Thiering,
Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 91 Rn. 10). Gem. §§ 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG
i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO steht dabei das Verschulden des Verfahrensbevollmäch-
tigten dem Verschulden des Beteiligten gleich. An die Sorgfalt eines Anwalts wer-
den von der Rechtsprechung strenge Maßstäbe angelegt (vgl. Knoll a. a. O. § 91
Rn. 13).

Vorliegend hat die Widersprechende ihr Wiedereinsetzungsgesuch damit begrün-
det, dass die Veranlassung einer Online-Überweisung am Tage des Fristablaufs
rechtzeitig sei und nicht damit gerechnet werden könne, dass die Gutschrift des
Betrages erst einen Tag später erfolge.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Annahme fehlenden Verschuldens zu
begründen.
§ 2 Nr. 2 PatKostZV i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG regelt ausdrücklich, dass
nicht der Tag als Zahlungstag gilt, an dem eine Überweisung veranlasst wird, son-
dern erst der Tag, an dem der Betrag dem Konto der zuständigen Bundeskasse
für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben wird. Bereits aus dieser
Regelung ergibt sich, dass die Veranlassung einer Überweisung – und zwar auch
einer Online-Überweisung – zur Wahrung der Frist nicht ausreichend ist. Wie all-
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gemein bekannt ist und sich aus dem vom Senat mit Hinweis vom 1. März 2018
versandten Medienbericht ergibt, kann nicht mit einer taggleichen Gutschrift eines
überwiesenen Betrages gerechnet werden. Dies entspricht auch der Regelung in
§ 675 s. Abs. 1 BGB (a. F.), nach der der Zahlungsdienstleister des Zahlers ver-
pflichtet ist sicherzustellen, dass der Zahlungsbetrag spätestens am Ende des auf
den Zugangszeitpunkt des Zahlungsauftrags folgenden Geschäftstags beim Zah-
lungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht. Dies war vorliegend der
18. August 2017, an dem die Gutschrift auch tatsächlich erfolgt ist.
Der anwaltliche Vertreter durfte daher nicht auf eine Gutschrift noch am Tag des
Fristablaufs, also am 17. August 2017, vertrauen, zumal er die Online-Überwei-
sung erst gegen Abend dieses Tages um 17.33 Uhr veranlasst hat.
Dem steht auch nicht entgegen, dass es grundsätzlich möglich sein muss, eine
Frist wie die vorliegende Beschwerdefrist bis zum letzten Tag auszuschöpfen. In
einem solchen Fall ist jedoch durch die gewählte Zahlungsart – beispielsweise
eine Bareinzahlung gem. § 2 Nr. 1 PatKostZV i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG –
sicherzustellen, dass die Beschwerdegebühr rechtzeitig innerhalb der Beschwer-
defrist eingeht.
Vor diesem Hintergrund ist von einem der Antragstellerin gem. §§ 82 Abs. 1 S. 1
MarkenG i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihres Verfah-
rensbevollmächtigten auszugehen, so dass Wiedereinsetzung nicht zu gewähren
ist.

Im Hinblick auf die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr war gem.
§ 82 Abs. 1 S. 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 2 PatKostG festzustellen, dass die Be-
schwerde als nicht eingelegt gilt.

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Zudem war die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, da für die als
nicht eingelegt geltende Beschwerde eine Gebühr nicht geschuldet und daher die
verspätet gezahlte Gebühr ohne Rechtsgrund entrichtet worden ist (Knoll in:
Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 66 Rn. 53).

Die Entscheidung ist unanfechtbar (Knoll a. a. O., § 83 Rn. 7).


Klante Paetzold Lachenmayr-Nikolaou

Ko



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