27 W (pat) 579/16  - 27. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




27 W (pat) 579/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2015 060 031.8

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
30. Januar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin
Lachenmayr-Nikolaou sowie die Richterin Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e

I.

Am 19. November 2015 ist das Zeichen

INDUSTRIEPARK HÖCHST

für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44 und 45 zur
Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)
geführte Markenregister angemeldet worden. Mit Schriftsatz vom
22. Februar 2016 hat die Anmelderin ein geändertes Verzeichnis eingereicht. Das
angemeldete Zeichen beansprucht derzeit noch Schutz für die nachfolgend ge-
nannten Dienstleistungen:

Klasse 35: Personalmanagement für Dritte; Personalmanagementberatung; Be-
ratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Buchfüh-
rung; Vermietung von Büromaschinen und -geräten; Vervielfältigungs-
arbeiten; Vervielfältigung von Dokumenten; wirtschaftliche und organi-
satorische Beratung beim Kauf von Werbemitteln und Drucksachen;
Verwaltung von Fuhrparks und Fahrzeugen für Dritte [Fleetmanage-
ment], nämlich Vermittlung von Verträgen über die Nutzung von Kraft-
fahrzeugen sowie Abwicklung der Vertragsmodalitäten; Vermittlung
von Verträgen über die technische Instandhaltung der Kraftfahrzeuge;
Erstellen von geschäftlichen Dokumenten im Bereich der Abfallwirt-
schaft; Erstellung betriebswirtschaftlicher Abfallbilanzen; Durchführung
und Planung von Veranstaltungen für wirtschaftliche und Werbezwe-
cke für Dritte; Ermittlung des günstigsten Preises für EDV-Kompeten-
ten und -systemen durch Marktforschung und Analyse des Marktange-
bots; Organisation des gebündelten Einkaufs von Roh-, Hilfs- und Be-
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triebsstoffen, technischen Artikeln, Ersatz- und Reserveteilen für Dritte
mit dem Ziel der Kosteneinsparung; betriebswirtschaftliche und organi-
satorische Beratung beim Kauf und Betrieb von Telefonanlagen;
Klasse 36: Immobilien-Management, insbesondere Immobilien- und Grundstücks-
verwaltung und Vermietung von Immobilien; Überwachung, Koordina-
tion und Dokumentation der Abfallentsorgung im Rahmen der Verwal-
tung von Liegenschaften;
Klasse 37: Errichtung und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen, Behältern für
die Industrie, Rohrleitungen, Eisenbahnanlagen, Straßen und Wegen;
Dienstleistungen eines Gebäudeausrüsters für Dritte, nämlich Aus-
stattung und Instandhaltung von Gebäuden; Reparatur und Wartung
von Elektromotoren, Pumpen und Maschinen, Staplern, Eisenbahnwa-
gen, Lokomotiven, Pkw's und Lkw's; Waschen von Fahrzeugen; Stra-
ßenreinigung; Schneeräumen; Gebäudereinigung; Wartung und In-
stallation von Alarmanlagen und Brandmeldern; Installation, Wartung
und Reparatur von Warnsystemen für Dritte; Installation von EDV-
Komponenten und -systemen;
Klasse 38: [Elektronische] Nachrichtenübermittlung; Telefondienst, nämlich Ver-
mittlung von Gesprächen; Vermietung von Geräten zur Nachrichten-
übertragung; Übermittlung von Notfallmeldungen (auf elektronischem
Wege) für Industriebetriebe; Kommunikationsdienste zur Übertragung
von Notrufmeldungen;
Klasse 39: Verteilung von Energie in Gebäuden und Anlagen; Brief- und Pakett-
ransport und -zustellung; Lagerung, Verpackung, Versand und Trans-
port von Waren und Beratung Dritter in diesem Zusammenhang; Ver-
mietung von Fahrzeugen, Parkplätzen, Lagern; Sammeln, Lagern und
Abtransport von Abfall;
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Klasse 40: spanende Bearbeitung von Waren; Kunststoffverarbeitung; Abwasser-
reinigung; Recycling von Müll und Abfall; Verbrennung von Abfall; Er-
zeugung von Energie für Gebäude und Anlagen;
Klasse 41: Ausbildung in kaufmännischen, labortechnischen und produktionstech-
nischen Berufen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und
Kursen zur persönlichen und beruflichen Aus- und Weiterbildung aller
Art; Bibliotheksdienstleistungen für private und wissenschaftliche Zwe-
cke; Durchführung und Planung von Veranstaltungen für kulturelle
oder Unterrichtszwecke; Durchführung von Schulungsmaßnahmen auf
dem Gebiet des Notfallmanagements;
Klasse 42: Beratung bei der Einführung und Planung von EDV-Systemen; chemi-
sche und physikalische Analysen für Dritte; Werkstoffprüfung und
-entwicklung für Dritte; Entwicklung, technische Planung des Einsatzes
und technische Beratung beim Einsatz von Elektrotechnik, Automati-
sierungstechnik, Messtechnik, Feinmechanik und Antriebssystemen;
technische Beratung beim Kauf und Betrieb von Telefonanlagen;
Emissions- und Lärmüberwachung; Durchführung von technischen
Messungen aller Art für Dritte; Dienstleistungen eines Umweltbeauf-
tragten für Dritte, nämlich Umweltprüfungen und -kontrollen; Erstellung
technischer Abfallwirtschaftskonzepte;
Klasse 43: Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in
Imbissstuben; Verpflegung von Gästen in Cafés;
Klasse 44: medizinische Versorgung; Beratung, soweit in Klasse 44 enthalten und
medizinische Betreuung auf den Gebieten Gesundheitsschutz und
Umweltmedizin; Dienstleistungen im Gartenbau, nämlich Gestaltung,
Erstellung und Unterhaltung von Grünanlagen und lnnenbegrünungen;
Klasse 45: Controlling, nämlich rechtliche Kontrolle und Überprüfung der internen
Geschäftsvorgänge und -abläufe; Werkschutz; Überwachung von Si-
cherheitssystemen; Dienstleistungen im Bereich der Sicherheit, näm-
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lich Beratung bei und Durchführung von Konzepten zur Anlagen- und
Arbeitssicherheit, soweit in Klasse 45 enthalten; Brandschutzberatung;
Brandbekämpfung; Dienstleistungen einer Feuerwehr.

Das DPMA, Markenstelle für Klasse 41, hat die Anmeldung mit Beschluss vom
14. September 2016 wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber gem. § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowie wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das angemeldete Zeichen setze sich aus
dem Begriff „INDUSTRIEPARK“ als einer Bezeichnung für eine räumlich zusam-
mengefasste Ansiedlung kleiner oder mittlerer Industriebetriebe, die in der Regel
mit öffentlichen Mitteln geplant, angelegt und verwaltet würden, und der geogra-
phischen Angabe „HÖCHST“, einem Stadtteil von Frankfurt am Main, zusammen,
so dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen als Hinweis auf einen
Industriepark im Stadtteil Höchst auffassen würden. Tatsächlich existiere auf ei-
nem ca. vier Quadratkilometer großen Werksgelände der ehemaligen Farbwerke
H… AG einer der größten Industrieparks in Deutschland, der Standort von
mehr als 90 Unternehmen aus verschiedenen Branchen sei, unter denen sich
auch internationale Konzerne befinden würden. Dementsprechend würden die
angesprochenen Verkehrskreise das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die
beanspruchten Dienstleistungen lediglich als Erbringungsort aller dieser Dienst-
leistungen auffassen, nämlich dass diese vom Industriegebiet Höchst aus ange-
boten und erbracht würden bzw. für diesen Industriepark Höchst bestimmt seien.
Darüber hinaus stehe der Eintragung des Zeichens „INDUSTRIEPARK HÖCHST“
auch ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die ange-
meldete Bezeichnung müsse als Bezeichnung eines der größten Industrieparks in
Deutschland im Stadtteil Frankfurt Höchst und damit als Sachhinweis auf den Ge-
genstand oder den Erbringungsort der beanspruchten Dienstleistungen den Mit-
bewerbern zum freien Gebrauch erhalten bleiben.
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Dass die Bezeichnung „Industriepark Höchst“ am Markt etabliert sei, begründe
nicht die Schutzfähigkeit dieser aus rein beschreibenden Begriffen zusammenge-
setzten und bereits verwendeten Wortfolge. Die Bezeichnung werde gerade auch
im Hinblick auf die Tatsache, dass der Industriepark Höchst Standort von mehr als
90 Unternehmen sei, nicht als Marke wahrgenommen, sondern lediglich als Hin-
weis auf eine Herstellungs- und/oder Vertriebsstätte der beanspruchten Dienst-
leistungen, die den dort ansässigen Unternehmen zur freien Verwendbarkeit er-
halten bleiben müsse.
Für die Beurteilung der Schutzhindernisse, die einer Eintragung entgegenstehen
können, spiele es keine Rolle, dass es sich bei der Anmelderin um die derzeitige
Betreiberin des „Industrieparks Höchst“ handele. Bei den derzeitigen Eigentums-
und Nutzungsverhältnissen am „Industriepark Höchst“ sowie der Vermarktung und
Nutzung des „Industriegebiets Höchst“ handele es sich um außerhalb des Regis-
terrechts liegende Umstände, die sich jederzeit ändern könnten.
Der Hinweis der Anmelderin auf diverse Voreintragungen vermeintlich vergleich-
barer Marken führe nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Soweit insbeson-
dere auf die Eintragung der Marke „GUT SEEBERG AM CHAMPAGNERBERG“
Bezug genommen worden sei, so sei die Eintragung dieser Marke darauf zurück-
zuführen, dass das in Frage kommende geographische Areal Seeburg am Cham-
pagnerberg derart eingegrenzt sei, dass es im Hinblick auf die extrem begrenzte
Anzahl möglicher weiterer Betriebe an diesem Ort und die Größe des Betriebs des
dortigen Anmelders nicht mehr als rein ortsbeschreibende Angabe in Betracht ge-
kommen sei. Hierfür könne bei einer Größe und Bekanntheit des Industrieparks
Höchst nicht die Rede sein.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.
Sie ist der Ansicht, das Amt habe zu hohe Anforderungen an die Eintragungsfä-
higkeit der Marke gestellt.
Wie bei Festspielen sei der inländische Verkehr auch bei Industrieparks daran
gewöhnt, dass diese mit mehr oder weniger beschreibenden Namen versehen
würden, die Ortsangaben enthalten würden, so dass der angesprochene Verkehr
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derartige Bezeichnungen dennoch als betrieblichen Herkunftshinweis auffasse.
Zudem werde das angemeldete Zeichen bereits seit vielen Jahren als Herkunfts-
hinweis verwendet. Die relevanten Verkehrskreise würden die Bezeichnung
„INDUSTRIEPARK HÖCHST“ daher nicht als Hinweis auf irgendeinen Industrie-
park in Höchst ansehen, sondern als Bezeichnung des seit ca. zwanzig Jahren
unter dieser Marke existierenden Industrieparks Höchst, einen der größten Indus-
trieparks Deutschlands. Die Verbraucher würden die mit dieser Bezeichnung ge-
kennzeichneten Dienstleistungen daher der Betreibergesellschaft des konkreten
Parks zuordnen.
Ein Freihaltebedürfnis sei ebenfalls nicht ersichtlich. Da die angesprochenen Ver-
kehrskreise die Bezeichnung als Hinweis auf den Industriepark Höchst auffassen
würden, sei eine Monopolisierung des Zeichens zugunsten der Anmelderin ge-
rechtfertigt. Den im Industriepark Höchst ansässigen Unternehmen sei die Ver-
wendung des angemeldeten Zeichens als Hinweis auf den Standort ihres Unter-
nehmens möglich, so dass auch unter diesem Aspekt ein Freihaltebedürfnis nicht
begründet werden könne. Insoweit sei zwischen der zulässigen beschreibenden
Verwendung des Zeichens durch die Unternehmen als Mieter der Betreibergesell-
schaft und Adressaten der unter der Marke „INDUSTRIEPARK HÖCHST“ ange-
botenen Dienstleistungen einerseits und der markenmäßigen Verwendung durch
die Anmelderin als Betreiberin des Industrieparks Höchst, die die beanspruchten
Dienstleistungen wie beispielsweise Infrastrukturdienstleistungen gegenüber die-
sen Unternehmen erbringe, zu differenzieren. Die Anmelderin versorge die Kun-
den am Standort u. a. mit Energie, betreibe ein Straßen- und Schienennetz, ge-
währleiste die auflagengerechte Entsorgung von Abfällen und Abwässern, küm-
mere sich um die Bereitstellung und den Betrieb geeigneter Räumlichkeiten, Labo-
ratorien oder Freiflächen für den Bau neuer Gebäude oder Anlagen etc.
Schließlich verweist die Anmelderin auf Eintragungen von ihrer Ansicht nach ver-
gleichbaren Marken (Az. DPMA 30 149 487 Wortmarke „INDUSTRIEPARK
WOLFGANG“; Az. DPMA 300 115 261 Wortmarke „GUT SEEBURG AM
CHAMPAGNERBERG“). Dabei komme dem Begriff „Industriepark“ eine vergleich-
bare Funktion wie dem Begriff „Gut“, der für den Betrieb eines größeren landwirt-
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schaftlichen Betriebes stehe, zu. Auch in Frankfurt-Höchst sei die Anzahl mögli-
cher weiterer Industrieparks offensichtlich stark begrenzt.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 41, vom
14. September 2016 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die
Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die zulässige, insbesondere gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1
MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Be-
schwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Be-
zeichnung „INDUSTRIEPARK HÖCHST“ steht in Bezug auf sämtliche bean-
spruchten Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu
Recht zurückgewiesen hat.

1. Maßgebend für die Beurteilung der Schutzfähigkeit ist dabei das Dienstleis-
tungsverzeichnis in der mit der Erwiderung auf den Beanstandungsbe-
scheid eingereichten Fassung vom 22. Februar 2016.
Die teilweise Neufassung des Dienstleistungsverzeichnisses stellt sich we-
der als Aufnahme neuer Dienstleistungen in das ursprüngliche Verzeichnis,
noch als Austausch von Dienstleistungen oder als Wegfall einschränkender
Zusätze dar, so dass keine unzulässige Erweiterung des Waren- und
Dienstleistungsverzeichnisses vorliegt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz,
11. Aufl. 2015, § 39 Rn. 3). Vielmehr handelt es sich bei sämtlichen Ände-
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rungen um gem. § 39 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschränkungen (vgl. zur
Zulässigkeit von Beschränkungen BGH, GRUR 2009, 778, Rn. 9 – Will-
kommen im Leben) oder Konkretisierungen der ursprünglich beantragten
Dienstleistungen bzw. um deren Umklassifizierung, die jeweils keine Er-
weiterung des Schutzbereichs des angemeldeten Zeichens darstellen.

2. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind u. a. solche Zeichen
von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben be-
stehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der
Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der
Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen
oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistun-
gen dienen können. Die Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EU-Markenrechtsrichtlinie
(RL 2008/95 EG) in nationales Recht umsetzende Regelung des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämt-
liche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren be-
schreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienst-
leistungen anbieten, frei verwendet werden können (EuGH, GRUR 2011,
1035, Rn. 37 – 1000; EuGH, GRUR 2004, 674, Rn. 56 – Postkantoor;
EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 25 – Chiemsee; BGH, GRUR 2012, 272,
Rn. 9 – Rheinpark-Center Neuss; BGH, BeckRS 2016, 21093, Rn. 38 –
Stadtwerke Bremen). Diese Vorschrift gebietet die Versagung der Eintra-
gung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht
zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfol-
gen kann (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGH, BeckRS
2016, 21093, Rn. 42 – Stadtwerke Bremen; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 28
– smartbook; BGH, GRUR 2012, 276, Rn. 8 – Institut der Norddeutschen
Wirtschaft e. V.). Für die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als be-
schreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des
normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen
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(vgl. EuGH, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord; EuGH, GRUR
1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee).

3. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist ein Freihaltebedürfnis zu beja-
hen und der angemeldeten Wortkombination die Eintragung zu versagen.
Die angemeldete Bezeichnung „INDUSTRIEPARK HÖCHST“ erschöpft
sich in einer beschreibenden Angabe des Erbringungsorts sämtlicher an-
gemeldeter Dienstleistungen.

a) Zu den angesprochenen Verkehrskreisen der beanspruchten Dienstleis-
tungen gehören gewerbliche Kunden, insbesondere Unternehmen, die als
Mieter eines Standortes in einem Industriepark in Betracht kommen. Dies
gilt in Bezug auf alle Dienstleistungen, die Gegenstand der Anmeldung
sind.
Daneben können sich die beanspruchten Dienstleistungen teilweise zu-
gleich an den Endverbraucher wenden, so beispielsweise Dienstleistungen
der Klasse 37 wie „Reparatur und Wartung von Pkw´s; Waschen von Fahr-
zeugen“, der Klasse 38 (z. B. „Elektronische Nachrichtenübermittlung“),
oder der Klassen 39 (z. B. „Vermietung von Parkplätzen“), 41 (z. B. „Veran-
staltung und Durchführung von Seminaren und Kursen zur persönlichen
und beruflichen Aus- und Weiterbildung aller Art“), 43 (z. B. „Verpflegung
von Gästen in Restaurants“) und 44 (z. B. „medizinische Versorgung“).

b) Wie die Markenstelle für Klasse 41 zutreffend ausgeführt hat, setzt sich
die angemeldete Wortkombination aus dem Begriff „Industriepark“ als der
Bezeichnung eines Areals zur Ansiedlung von Industriebetrieben und der
geographischen Angabe „Höchst“, einem Stadtteil von Frankfurt am Main,
zusammen. Entsprechende Belege hat sie der Anmelderin bereits mit Be-
anstandungsbescheid vom 18. Januar 2016 zukommen lassen.
Die angesprochenen Verkehrskreise, und zwar sowohl die gewerblichen
Kunden als auch die Endverbraucher, werden die Bezeichnung „INDUS-
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TRIEPARK HÖCHST“ daher im Sinne eines unmittelbar beschreibenden
Sachhinweises auf den Erbringungsort der angemeldeten Dienstleistungen
auffassen.
Dem stehen die Ausführungen der Anmelderin, dass es sich bei dem In-
dustriepark Höchst um einen der größten Industrieparks in Deutschland
handele, nicht entgegen. Vielmehr werden die angesprochenen Verkehrs-
kreise gerade vor diesem Hintergrund die angemeldete Wortkombination
als Hinweis auf den nach dem Vortrag der Anmelderin bekannten geogra-
phischen Ort – das Areal des Industrieparks Höchst – als Ort der Erbrin-
gung der angemeldeten Dienstleistungen verstehen.
Für ein Verständnis im Sinne einer rein geographischen Herkunftsangabe
spricht im Übrigen auch die Geschäftsanschrift der Anmelderin selber, die
im Rahmen der Markenanmeldung „Industriepark Höchst, 65929 Frankfurt“
als Adresse angegeben hat und dort ihren Sitz hat.

c) Das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt des Wei-
teren auch keine die Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Angabe
voraus. Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder
Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, können ebenfalls einem
Schutzhindernis unterfallen, sofern durch die Angabe ein enger beschrei-
bender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen herge-
stellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der Verkehr werde
den beschreibenden Inhalt des Begriffs als solchen ohne Weiteres und oh-
ne Unklarheiten erfassen (vgl. BGH, GRUR 2012, 272, Rn. 14 – Rheinpark-
Center Neuss; BGH, GRUR 2008, 900, Rn. 15 – SPA II). An einem solchen
hinreichend engen Bezug zur Ware oder Dienstleistung kann es zwar feh-
len, wenn mit der Angabe eine von der Ware oder Dienstleistung selbst ver-
schiedene Zusatzleistung und damit eine bloße Vertriebsmodalität bezeich-
net wird, jedoch ist der Ort, an dem die in Rede stehenden Dienstleistungen
erbracht oder angeboten werden, keine bloße Vertriebsmodalität, sondern
die Bezeichnung der geographischen Herkunft, die zu den in § 8 Abs. 2
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Nr. 2 MarkenG angeführten freihaltebedürftigen Angaben zählt (vgl. BGH,
GRUR 2012, 272, Rn. 14 – Rheinpark-Center Neuss; BGH, GRUR 1998,
465 – BONUS).
Wie oben dargelegt, werden die angesprochenen Verkehrskreise, insbe-
sondere auch die gewerblichen Kunden, in der Bezeichnung „INDUSTRIE-
PARK HÖCHST“ die Beschreibung eines solchen geographischen Ortes
sehen, an dem oder von dem aus die angemeldeten Dienstleistungen an-
geboten oder erbracht werden.

d) Dies gilt in Bezug auf sämtliche beanspruchten Dienstleistungen. Wie die
Anmelderin selber in ihrer Beschwerdebegründung ausführt, können die
angemeldeten Dienstleistungen allesamt in einem Industriepark gegenüber
den dort tätigen Unternehmen angeboten bzw. erbracht werden. Dies gilt
für die Dienstleistungen aus den Bereichen Personalwesen, Werbung, Bü-
roarbeiten, Buchführung und Unternehmensverwaltung (Klasse 35), Immo-
bilienwesen einschließlich Abfallentsorgung (Klasse 36), Errichtung, In-
standhaltung und Wartung von Gebäuden, Infrastrukturanlagen, Fahrzeu-
gen etc. (Klasse 37), Telekommunikation, einschließlich der Übertragung
von Notrufmeldungen (Klasse 38), Verteilung von Energie in Gebäuden,
Transportwesen, Verpackung und Lagerung von Waren etc. (Klasse 39),
Materialbearbeitung (Klasse 40), Ausbildung, kulturelle Aktivitäten (Klasse
41) ebenso wie für Dienstleistungen in den Bereichen Wissenschaftliche
Dienstleistungen, Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und
-software, industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen einschließ-
lich Umweltprüfungen (Klasse 42), Verpflegung von Gästen (Klasse 43),
medizinische Dienstleistungen, Gartenbau (Klasse 44) und Controlling und
Sicherheit (Klasse 45).
Auch soweit sich die Dienstleistungen zudem an den Endverbraucher wen-
den können, können sie von dem Areal des bereits existierenden „Indus-
trieparks Höchst“ oder von (irgend-)einem Industriepark aus, der sich in
Höchst ansiedeln kann, erbracht werden.
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In jedem Fall werden die angesprochenen Verkehrskreise, und zwar sowohl
die gewerblichen Kunden als auch die Endverbraucher, in der angemelde-
ten Bezeichnung lediglich einen Sachhinweis auf den Erbringungsort der
beanspruchten Dienstleistungen sehen.

e) Gegen die Annahme des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Mar-
kenG spricht des Weiteren auch nicht die Argumentation der Anmelderin,
dass den im Industriepark Höchst ansässigen Unternehmen auch im Falle
der Eintragung der Marke die Verwendung der Bezeichnung „Industriepark
Höchst“ als Hinweis auf den Standort ihres Unternehmens unbenommen
bleibe. Die Tatsache, dass die beschreibende Verwendung einer Bezeich-
nung auch mit Hilfe einer entsprechenden eingetragenen Marke nicht un-
terbunden werden könnte, weil eine solche Verwendung nach § 23 Nr. 2
MarkenG stets aus dem Schutzbereich einer solchen Marke herausfallen
würde, steht der Annahme eines Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG nicht entgegen. Denn dieses Eintragungsverbot dient auch
dazu, das Risiko für die Benutzer beschreibender Angaben und das von ei-
ner eingetragenen Marke ausgehende Einschüchterungspotential in Gren-
zen zu halten (BGH, GRUR 2000, 882, Rn. 19 – Bücher für eine bessere
Welt).

f) Eine andere Beurteilung der Schutzfähigkeit ergibt sich des Weiteren
nicht aus dem Verweis der Anmelderin auf diverse Voreintragungen. Derar-
tige Voreintragungen sind für die vorliegend zu treffende Entscheidung zur
Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke nicht bindend, da zum einen aus
nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden In-
formationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung ent-
nommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den
Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben ent-
sprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (EuGH, GRUR 2009,
667, Rn. 17 – Bild.T-online.de und ZVS [Schwabenpost]; EuGH, GRUR
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2008, 229, Rn. 47-51 – BioID; BGH, GRUR 2012, 276, Rn. 18 – Institut der
Norddeutschen Wirtschaft e. V.; BGH GRUR 2011, 230, Rn. 12 – SUPER-
girl).

4. Offen bleiben kann, ob die Eintragung auch wegen des Schutzhindernisses
des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
zu versagen ist. Für die Ablehnung der Eintragung des angemeldeten Zei-
chens als Marke ist das Vorliegen eines der voneinander rechtlich unab-
hängig anwendbaren Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 Mar-
kenG ausreichend (EuGH, GRUR 2008, 608 – EUROHYPO; BGH, GRUR
2012, 272, Rn. 22 – Rheinpark-Center Neuss).
Die Anmelderin hat schließlich nicht geltend gemacht, dass sich die bean-
spruchte Wortkombination als Herkunftshinweis auf die Anmelderin im Ver-
kehr durchgesetzt habe gem. § 8 Abs. 3 MarkenG, so dass Schutzhinder-
nisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG durch Verkehrsdurchset-
zung überwunden seien.
Absehen davon, dass die Anmelderin sich nicht erkennbar auf eine Ver-
kehrsdurchsetzung gem. § 8 Abs. 3 MarkenG gestützt hat, wären die von
ihr vorgetragenen Umstände, dass das Zeichen bereits als Herkunftshin-
weis verwendet werde und dass der Industriepark Höchst als solcher be-
kannt sei, in diesem Zusammenhang auch nicht ausreichend. Soweit die
Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung in einem Nebensatz ergän-
zend auf die „Verkehrsgeltung“ der Bezeichnung verweist, so betrifft die
Frage der Verkehrsgeltung den Schutz von nicht originär unterscheidungs-
kräftigen Unternehmenskennzeichen gem. § 5 Abs. 2 MarkenG und ist von
der Frage der Verkehrsdurchsetzung eines Zeichens i. S. v. § 8 Abs. 3
MarkenG zu unterscheiden. Ob eine Bezeichnung eines Unternehmens ori-
ginär unterscheidungskräftig ist, lässt schließlich auch keinen Rückschluss
darauf zu, ob sie für die beanspruchten Dienstleistungen nicht i. S. v. § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschreibend ist (so BGH, GRUR 2012, 276, Rn. 16
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– Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.  V. – für den Namen eines Ver-
eins).
Da die Anmelderin vor diesem Hintergrund nicht erkennbar auf eine Ver-
kehrsdurchsetzung des angemeldeten Zeichens abgestellt hat, bedurfte es
auch nicht eines Hinweises des Senats zu den Voraussetzungen des § 8
Abs. 3 MarkenG.

5. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die An-
melderin die Durchführung einer solchen nicht beantragt hat (§ 69 Nr. 1
MarkenG) und der Senat eine mündliche Verhandlung auch nicht für gebo-
ten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Klante Lachenmayr-Nikolaou Seyfarth

Hu


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