27 W (pat) 566/16  - 27. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:141217B27Wpat566.16.0


BUNDESPATENTGERICHT




27 W (pat) 566/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2015 064 667.9

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 14. Dezember 2017 durch die Richterin Lachenmayr-Nikolaou als
Vorsitzende und die Richter Paetzold und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e

I.

Die Anmelderin hat am 19. August 2015 das Zeichen



unter der Nr. 30 2015 050 249.9 zur Eintragung in das Register als Wort-/Bildmar-
ke angemeldet. Nach Teilungserklärungen vom 21. Januar 2016 (im Deutschen
Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangen am 22. Januar 2016) und vom
12. Februar 2016 wurde der abgetrennte Teil unter der Nr. 30 2015 064 667.9
fortgeführt. Die Anmelderin begehrt unter der Nr. 30 2015 064 667.9 die Eintra-
gung des Zeichens



als Wort-/Bildmarke für folgende Waren und Dienstleistungen:

Klasse 09: Datenträger und Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wie-
dergabe von Ton und Bild; Software; CDs, CD-ROMs, DVDs; Com-
putersoftware [gespeichert]; Anwendungssoftware, insbesondere
Apps
Klasse 38: Telekommunikation; Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehpro-
grammen; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunika-
tion; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Ton- und
Bildübertragung durch Satelliten
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Klasse 41: Unterhaltung; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Nachrichtenpro-
gramme für die Übertragung über das Internet
Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computern und Computerprogram-
men; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung.

Die Markenstelle für Klasse 41 des DPMA hat durch einen Beamten des gehobe-
nen Dienstes nach vorangegangenen Beanstandungen vom 18. November 2015
und vom 28. Januar 2016 mit Beschluss vom 10. Juni 2016 die Markenanmeldung
für die genannten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen, weil dem Zeichen
hinsichtlich dieser jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
fehle.

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, das Zeichen sei nicht geeignet,
die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als solche eines bestimmten Un-
ternehmens zu individualisieren und damit die Funktion einer Marke zu erfüllen.
Für den überwiegenden Teil des angesprochenen Verkehrs stelle das Zeichen le-
diglich eine allgemeine beschreibende Sachaussage dar, die stets nur als solche
und nicht als Unterscheidungsmittel aufgefasst werde. Die angesprochenen Ver-
kehrskreise, die mit Datenträgern, Computerprogrammen, Computern (beispiels-
weise auch solche speziell zur Musikbearbeitung), Rundfunkübertragungen und
Unterhaltungssendungen etc. konfrontiert würden, die mit dem angemeldeten Zei-
chen gekennzeichnet seien, würden aufgrund der unmissverständlichen
Bedeutung, die auch durch die minimalistische grafische Gestaltung nicht ent-
scheidend überlagert werde, unweigerlich davon ausgehen, dass diese entweder
in der Lage seien, stereofone Musik, Töne, Klänge usw. zu speichern, wiederzu-
geben, zu erstellen, zu übertragen, zu bearbeiten etc. oder aber in dieser Tonqua-
lität übertragen, ausgestrahlt oder produziert würden. Da die angesprochenen Ver-
kehrskreise das Zeichen ohne gedankliche Ergänzungen oder Zwi-
schenschritte oder eine analysierende Betrachtung immer nur für eine allgemein
verständliche beschreibende Angabe im Hinblick auf die Tonqualität der bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen halten würden, hätten sie keine Veranlas-
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sung, in dieser beschreibenden Sachaussage ein Unterscheidungsmittel für die
Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unterneh-
men zu sehen. Dem Zeichen fehle deshalb für die angemeldeten Waren und
Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.

Gegen den der Anmelderin am 15. Juni 2016 zugestellten Beschluss der Marken-
stelle für Klasse 41 des DPMA vom 10. Juni 2016 hat die Anmelderin am
7. Juli 2016 schriftlich Beschwerde beim DPMA eingelegt. Mit Beschwerdebegrün-
dung vom 12. August 2016 (die im Bundespatentgericht (BPatG) am
16. August 2016 eingegangen ist) hat die Anmelderin vorgetragen, die Marken-
stelle habe die Vielschichtigkeit des einzutragenden Zeichens verkannt, das zu-
dem nicht konkret beschreibend auf die einzutragenden Waren und Dienstleistun-
gen hinweise. So habe das DPMA dem Zeichen bei seiner Beurteilung
des Markentextes rechtsfehlerhaft den Begriff „STEREO“ zugrunde gelegt. Zudem
komme dem Zeichen jedenfalls aufgrund seiner grafischen Ausgestaltung
Unterscheidungskraft zu. Das Zeichen sei für die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen deshalb nicht mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der
Eintragung ausgeschlossen. Zudem sei eine nahezu identische Voreintragung zu-
gunsten der Anmelderin beachtlich, jedenfalls fehle es an einer Begründung dafür,
weshalb vorliegend eine Abweichung von der Voreintragung erfolgt sei.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß

den Beschluss Markenstelle für Klasse 41 des DPMA vom
10. Juni 2016 aufzuheben.

Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 10. Juli 2017 den mit Schriftsatz vom
7. Juli 2016 gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu-
rückgenommen und um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.

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Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
Amtsakte des DPMA Bezug genommen.


II.

Die nach § 66 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 i. V. m. § 64 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6
Satz 1 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil dem angemeldeten
Zeichen für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.

§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus,
denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegli-
che Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zu-
kommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistun-
gen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so
diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unter-
scheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung
durch Technik]; BGH GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH GRUR 2014, 569,
Rn. 10 – HOT; BGH GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido; BGH GRUR 2012, 1143,
Rn. 7 – Starsat; BGH GRUR 2012, 270, Rn. 8 – Link economy).

Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der ge-
kennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR
2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 – Bio-ID; BGH
GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH GRUR 2014, 565, Rn. 12 – smart-book). Da-
bei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des All-
gemeininteresses auszulegen, welches darin besteht, die Allgemeinheit vor unge-
rechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 60
– Libertel; BGH GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH GRUR 2014, 565, Rn. 17
– smart-book).
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Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschrei-
benden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder
Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird.
Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhalts-
punkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben,
die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht
unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein
enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen
hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den
beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten
erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft
der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2014, 569,
Rn. 10 – HOT; BGH GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH GRUR 2009, 952,
Rn. 10 – DeutschlandCard). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen
Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Be-
griffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um Angaben, die
aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekann-
ten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entspre-
chenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür,
dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft
fehlt (BGH GRUR 2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH GRUR 2013, 731, Rn. 13
– Kaleido; BGH GRUR 2012, 270, Rn. 11 – Link economy; BGH GRUR 2012,
1143, Rn. 9 – Starsat).

Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und
Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des Handels und/oder
des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durch-
schnittsverbrauchers (EuGH GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen
Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; Ströbele in:
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42). Dieser wird die Marke
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so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrach-
tung zu unterziehen (BGH GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).

Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft
kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jewei-
ligen Zeichens an (BGH GRUR 2013, 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).

Nach diesen Grundsätzen muss der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der
beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungs-
kraft abgesprochen werden.

Die Anmelderin hat vorgetragen, das DPMA habe dem Zeichen bei seiner
Beurteilung des Markentextes rechtsfehlerhaft den Begriff „STEREO“ zugrunde
gelegt. Der tatsächliche Markentext „STEREOO“ mit einem Doppel-O am Ende sei
maßgebend. Die Wiedergabe des Markentextes durch das DPMA sei – jedenfalls
als Indiz – geeignet für die Beurteilung des Verkehrsverständnisses für den Mar-
kentext des angemeldeten Zeichens. Hierbei manifestiere sich das Verkehrsver-
ständnis auf Seiten des DPMA dadurch, dass bei der neuerlichen Eintragung des
Markentextes, wie bereits bei dem ursprünglichen Teil der angemeldeten Marke,
die Schreibweise mit Doppel-O verwendet worden sei.

Dieser Argumentation kann sich der Senat nicht anschließen. Das Zeichen
enthält neben einer grafischen Komponente einen Wortbestandteil. Bei
der Beurteilung dieses Wortbestandteils ist das Zeichen in seiner angemeldeten
Form maßgeblich, ohne dass in beliebiger Weise weitere Wort- oder Bildelemente
hinzu gedacht oder weggelassen werden dürfen (BGH GRUR 1997, 627, 628 à la
Carte; BGH GRUR 2002, 64, 65 INDIVIDUELLE; Ströbele, in: Ströbele/Hacker,
MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 114). Bei der Beurteilung der Unterscheidungs-
kraft ist davon auszugehen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen
so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Be-
trachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR Int. 2004, 635, Rn. 44 – Drei-
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dimensionale Tablettenform II; GRUR Int. 2005, 135, Rn. 20 – Maglite; BGH
GRUR 2014, 483, Rn. 11 – test; Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 135 m. w. N. in
Fn. 337).

Vor diesem Hintergrund versteht der angesprochene Verkehr das angemeldete
Zeichen in seiner tatsächlichen Ausprägung so, dass dessen Wortbestandteil
„STEREO“ und nicht „STEREOO“ lautet. Ein anderes Verständnis ließe sich nur
aufgrund einer näheren analysierenden Betrachtungsweise erzielen, die insbeson-
dere durch ein Weglassen oder Hinzudenken von Zeichenbestandteilen gekenn-
zeichnet wäre. Eine nähere analysierende Betrachtungsweise wäre insbesondere
erforderlich, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in dem sich an das „O“ von
„STEREO“ anschließenden Bogenelement einen zweiten Buchstaben „O“ sehen
würden. Dann nämlich wäre es nötig, mindestens einen weiteren Bogenabschnitt
zu dem Bogenelement hinzuzudenken oder von einem zweiten Buchstaben „O“
wegzudenken. Eine orthografische Abweichung von dem Wort „STEREO“ ist des-
halb vorliegend nicht gegeben, weshalb die seitens der Anmelderin angeführte
Rechtsprechung zu Abwandlungen beschreibender Angaben nicht einschlägig ist.
Insoweit hat die Markenstelle für Klasse 41 des DPMA in ihrem angegriffenen
Beschluss vom 10. Juni 2016 zutreffend ausgeführt, Gegenstand des begehrten
Markenschutzes und damit auch der Prüfung auf Eintragbarkeit sei die Marke in
ihrer angemeldeten Gestalt, was aus den genannten Gründen vorliegend der
Wortbestandteil „STEREO“ und nicht der Wortbestandteil „STEREOO“ ist.

Dieser Wortbestandteil verfügt nicht über die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erfor-
derliche Unterscheidungskraft.

Er stellt mit Blick auf die hier relevanten Waren und Dienstleistungen eine rein
sachbezogene und beschreibende Angabe dar. Den angesprochenen Verkehrs-
kreisen, zu denen insbesondere die Endverbraucher zählen, ist das Wort
„STEREO“ als Kurzform von „Stereofonie“ allgemein geläufig (vgl.
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https://www.duden.de/rechtschreibung/Stereo). Hinsichtlich der beanspruchten
Waren

Datenträger und Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe
von Ton und Bild; Software; CDs, CD-ROMs, DVDs; Computersoftware
[gespeichert]; Anwendungssoftware, insbesondere Apps

ist das Wort „STEREO“ eine plausible Inhalts-, Eigenschafts- oder Zweckbestim-
mungsangabe dahingehend, dass sie der Aufzeichnung, Übertragung, Bearbei-
tung, Speicherung oder Wiedergabe von stereofonen Inhalten, wie Musik, Tönen
oder Klängen dienen können. Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen

Telekommunikation; Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogram-
men; Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Nachrich-
ten- und Bildübermittlung mittels Computer; Ton- und Bildübertragung
durch Satelliten
Unterhaltung; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Nachrichtenprogram-
me für die Übertragung über das Internet

ist das Wort „STEREO“ eine Beschaffenheitsangabe für die Art und Qualität der
jeweiligen Dienstleistung. Für die beanspruchten Dienstleistungen

Entwurf und Entwicklung von Computern und Computerprogrammen;
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung

qualifiziert das Wort „STEREO“ eine Inhalts-, Eigenschafts- oder Zweckbestim-
mungsangabe, Computer und/oder Programme bereitzustellen, die Inhalte, wie
Musik, Töne oder Klänge in bestimmter, nämlich stereofoner Art und Qualität ver-
arbeiten können.

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Die Anmelderin hat weiterhin vorgetragen, dem Zeichen komme jedenfalls
aufgrund seiner grafischen Ausgestaltung Unterscheidungskraft zu.

Die grafische Ausgestaltung einer rein sachbezogenen Angabe vermag zwar ei-
nen über die sachliche Aussage hinausgehenden schutzfähigen Gesamteindruck
zu bewirken, soweit sie entsprechende herkunftshinweisende Merkmale aufweist
(BGH GRUR 1991, 136, 137 – NEW MAN). Die Schutzfähigkeit von Kombina-
tionsmarken kann nämlich durch bildliche Ausgestaltungen und Zusätze begründet
werden. Das setzt allerdings voraus, dass sie charakteristische Gestaltungsele-
mente aufweisen, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Her-
kunft sehen kann (BGH GRUR 2008, 710, Rn. 20 – VISAGE). Diese Vorausset-
zung können einfache und gebräuchliche Gestaltungen oder Verzierungen des
Schriftbilds in der Regel aber nicht erfüllen (BGH GRUR 2014, 483, Rn. 19 – test;
Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 191 m. w. N. in Fn. 496). Sie fehlt insbesondere in den
Fällen, in denen die bildliche Gestaltung sich in rein dekorativen Hervorhebungen
erschöpft oder ausschließlich die – sachbezogenen – Aussagen der anderen Zei-
chenteile illustriert (BGH MarkenR 2014, 128, Rn. 18 – grill meister; Ströbele,
a. a. O., § 8 Rn. 194, m. w. N. in Fn. 517-519).

Die grafische Ausgestaltung der rein sachbezogenen und beschreibenden Angabe
„STEREO“ vermag keinen über die sachliche Aussage hinausgehenden schutzfä-
higen Gesamteindruck zu bewirken. Sie erschöpft sich in einer gängigen Schriftart
für das grau eingefärbte Wort „STEREO“ in Verbindung mit einem an das „O“ von
„STEREO“ anschließenden, schwarz abgesetzten Bogenelement. Hierbei handelt
es sich um rein dekorative Hervorhebungen. Hinzu kommt, dass die Kombination
des Buchstabens „O“ mit dem sich daran anschließenden Bogenelement das
einem nicht vernachlässigbaren Teil des angesprochenen Verkehrs gebräuchli-
che, nachstehend eingeblendete Symbol für Stereofonie

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(wenn auch in leicht abgewandelter Form) illustriert, sodass die bildliche Gestal-
tung des Zeichens ausschließlich die sachbezogenen Aussagen der an-
deren Zeichenteile, nämlich die des eine Kurzform von Stereofonie darstellenden
Wortbestandteils „STEREO“, unterstreicht. In diesem Zusammenhang ist auch
eine weitere, leicht abgewandelte und nachstehend eingeblendete Form des Zei-
chens für Stereofonie



beachtlich, die dem angesprochenen Verkehr ebenfalls bekannt ist (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Stereo2.png).

Soweit der Verkehr diese Piktogramme nicht kennen sollte, wird er die grafische
Gestaltung allenfalls als Schattenfall des letzten Buchstabens „O“ oder als holo-
grammähnliche Verzierung verstehen, die wie ein Schatten wirkt. Insofern weist
das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit keinen schutzbegründenden
„Überschuss“ auf (s. dazu Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 190), was die Markenstelle
für Klasse 41 des DPMA in ihrem angegriffenen Beschluss vom 10. Juni 2016 zu
Recht festgestellt hat.

Auch der Verweis der Anmelderin auf eine angeblich nahezu identische Voreintra-
gung zu ihren Gunsten kann nicht zur Eintragung des Zeichens als Marke für die
angemeldeten Waren und Dienstleistungen führen. Denn Eintragungen identischer
oder vergleichbarer deutscher und ausländischer Marken entfalten keinerlei ver-
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bindliche Bedeutung im Inland für die Prüfung nachträglich angemeldeter Marken
(Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 49, 58).

Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 17. August 2010, I ZB 59/09,
GRUR 2011, 230 – SUPERgirl) liegt dann, wenn die Markenstelle die Eintragung
des angemeldeten Zeichens als Marke wegen Fehlens der Unterscheidungskraft
versagt hat, kein wesentlicher Verfahrensmangel i. S. v. § 70 Abs. 3 Nr. 2
MarkenG vor, wenn die Markenstelle dabei zwar Vorbringen des Anmelders zur
Eintragung ähnlicher Zeichen berücksichtigt, aber nicht im Einzelnen Gründe für
eine differenzierte Beurteilung angegeben und nicht dargelegt hat, dass sie die
Voreintragungen für rechtswidrig halte.

Die Beschwerde war deshalb aus den genannten Gründen zurückzuweisen.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Lachenmayr-Nikolaou Paetzold Dr. Himmelmann

Ko



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