27 W (pat) 551/16  - 27. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



27 W (pat) 551/16
_______________
(Aktenzeichen)


Verkündet am
3. Mai 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2015 059 764.3

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante,
den Richter Paetzold und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
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G r ü n d e

I.

Am 17. November 2015 ist das Zeichen

#darferdas?

für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 14, 18, 21, 24, 25 und 27 zur
Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA)
geführte Markenregister angemeldet worden:

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder
damit plattierte Waren, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Ju-
welierwaren; Schmuckwaren; Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstru-
mente; Schlüsselanhänger [Fantasie- und Schmuckwaren]; Ansteck-
nadeln; Pins und Medaillen [alles Schmuckwaren];
Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in
anderen Klassen enthalten sind; Taschen, Reise- und Handkoffer; Re-
genschirme; Sonnenschirme;
Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Glaswaren, Porzellan
und Steingut [soweit in Klasse 21 enthalten]; Gläser (Trinkgefäße);
Becher; Tassen; Kämme; Schwämme; Bürsten und Pinsel [ausge-
nommen für Malzwecke]; Sparbüchsen, nicht aus Metall;
Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und
Tischdecken; Bett- und Tischwäsche [nicht aus Papier]; Hand- und
Badetücher aus textilem Material; Textilstoffetiketten;
Klasse 25: Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwaren; Kopfbede-
ckungen;
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Klasse 27: Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und andere Bodenbeläge;
Tapeten [ausgenommen aus textilem Material].

Das DPMA, Markenstelle für Klasse 25, hat die Anmeldung mit Beschluss vom
3. Februar 2016, zugestellt am 11. Februar 2016, wegen fehlender Unterschei-
dungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurück-
gewiesen.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die angemeldete Wortfolge
„#darferdas?“ werde vom angesprochenen allgemeinen Publikum im Zusammen-
hang mit den beanspruchten Waren allein als „typischer Fun-Spruch“, der als cha-
rakteristisches Ausstattungselement integraler Bestandteil dieser Waren sei, auf-
gefasst. An der ohne Leerzeichen, im Übrigen grammatikalisch aber korrekt ge-
stalteten Frage, der ein Rautezeichen vorangestellt sei, sei „Ungewöhnliches“
nicht erkennbar. Das Rautezeichen werde heutzutage vielfach verwendet, um ein
Schlüsselwort (einen sog. „Hashtag“) zu markieren. Auch die Zusammenschrei-
bung ändere nichts daran, dass die Frage in ihrem Bedeutungsgehalt von den
angesprochenen Verkehrskreisen sofort erfasst werde.
Eine herkunftshinweisende Funktion komme der Frage nicht zu. Sämtliche bean-
spruchten Waren würden auch als Kommunikationsmittel, vor allem als Werbeflä-
che, als Erkennungszeichen, als Medium politischer oder sonstiger Äußerung die-
nen. Die angemeldete Wortfolge erschöpfe sich in einem auf originelle Selbstdar-
stellung angelegten „Fun-Spruch“. Mit derartigen Funsprüchen oder bekenntnis-
haften Aussagen seien die angesprochenen Verkehrskreise bereits deutlich vor
dem Anmeldezeitpunkt vertraut gewesen.
Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens sei nicht auf jede
praktisch bedeutsame und naheliegende, sondern allein auf die wahrscheinlichste
Form der Benutzung abzustellen. Vorliegend bestehe die wahrscheinlichste Ver-
wendung des angemeldeten Zeichens in einer mehr oder minder exponierten Dar-
stellung des Schriftzugs an der Außenseite der Waren, z. B. eines Bekleidungs-
stücks, einer Tasche, einer Fußmatte oder eines Schlüsselanhängers. Dies er-
gebe sich aus der Natur des spezifischen Zeichens, das als Fun-Spruch auf
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Kommunikation nach außen abziele. Dem Vortrag der Anmelderin, das angemel-
dete Zeichen auf einem Etikett anbringen zu wollen, komme im Rahmen der Prü-
fung der Schutzfähigkeit keine Bedeutung zu, da diese Absicht der beschränkten
Verwendung in der Anmeldung nicht zum Ausdruck komme. Die schutzsuchende
Wortfolge beinhalte eine ohne Weiteres verständliche Frage, die in der zwischen-
menschlichen Kommunikation als Ausdruck persönlicher Gefühle und Empfindun-
gen gebräuchlich sei. Die Frage sei lediglich geeignet, die Gefühle des Käufers
abzufragen oder zum Ausdruck zu bringen, wobei davon auszugehen sei, dass
der Erwerb der mit diesem Wortzeichen versehenen Waren allein aufgrund des
Spruchs „#darferdas?“ erfolgen werde. Die Wortfolge vermittle jedoch keine Vor-
stellung über die Herkunft dieser Waren aus einem bestimmten Unternehmen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 11. März 2016.
Sie führt zur Begründung ihrer Beschwerde aus, die angemeldete Wortfolge
„#darferdas?“ sei sehr wohl schutzfähig.
Die Anmelderin sei von dem von ihr vertretenen bekannten Künstler Chris Tall be-
auftragt worden, die von diesem komponierte und durch den vorangestellten
Hashtag sowie die Zusammenschreibung in Kleinbuchstaben als ungewöhnlich
anzusehende Zeichenfolge für die labelmäßige Verwendung umfassend zu schüt-
zen. Dabei solle die Bezeichnung „#darferdas?“ auf Hinweisschildern bzw. Etiket-
ten an Produkten – wie beispielsweise Schmuck- und Juwelierwaren, Kleidungs-,
Heimtextilien-, Taschen- und Gepäck-, Haushaltswaren- und Innenausstattungs-
Linien – bzw. als Aufdruck auf den jeweiligen Verpackungen angebracht werden
und so auf die Herkunft der Produkte hinweisen. Die Art der Verwendung ergebe
sich beispielhaft aus dem in der mündlichen Verhandlung übergebenen T-Shirt mit
der Wortfolge „#DARFERDAS?“ im eingenähten Etikett an der Innenseite.
Die Bezeichnung werde bereits erfolgreich als Werktitel eines Comedy-Pro-
gramms des Künstlers Chris Tall verwendet, eine entsprechende Anzeige im Titel-
schutzjournal sei erfolgt.
Die angemeldete Wortfolge „#darferdas?“ stelle keinen typischen sog. „Fun-
Spruch“ dar. Um typische Fun-Sprüche handele es sich vielmehr bei geläufigen
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oder witzigen Redewendungen bzw. bei persönlichen Meinungsäußerungen sowie
Äußerungen von in der ersten Person („Ich-Form) kommunizierten, bekenntnishaft
formulierten persönlichen Gefühlen. Demgegenüber sei die angemeldete Wort-
folge als Frage in der dritten Person formuliert.
Sie sei zudem markenmäßig modern und griffig und präsentiere sich durch den
Zusatz eines Hashtags und die ungewöhnliche Klein- und Zusammenschreibung
der Wortzusammensetzung als nicht allgemein gebräuchlich, zudem weise sie
auch schriftbildlich eine individuelle Anmutung auf.
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die rein dekorative Nutzung der
Wortzusammensetzung die wahrscheinlichste Form der Benutzung darstelle. Dies
sei allenfalls für die nicht modifizierte Frage „DARF ER DAS?“ denkbar, nicht je-
doch für die konkret angemeldete Wortfolge „#darferdas?“. Das angemeldete Zei-
chen sei aufgrund der Zusammenschreibung in kleinen Lettern nicht auf Anhieb
lesbar. Zudem stehe die Voranstellung eines Rautezeichens (Hashtags) nach den
eigenen Recherchen des DPMA für die „Beschleunigung des Internets“ sowie für
eine Verankerung in der Jugend- und Internetkultur. Mangels sofortiger Erkenn-
und Lesbarkeit und aufgrund der Voranstellung eines Zeichens mit einer eigenen
Bedeutung (#) sei die angemeldete Zeichenfolge daher nicht zur flüchtigen Kom-
munikation geeignet, was eine dekorative Verwendung als bekenntnishafte Aus-
sage ausschließe.

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Marken-
stelle für Klasse 25, vom 3. Februar aufzuheben.

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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat sie mit Schriftsatz vom
29. Mai 2017 zudem erklärt, dass sie beantrage,

1. das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldung unter Zurück-
nahme der nachstehenden Klassen 14, 18, 21, 24 und 27 auf die Klasse 25
zu beschränken, und
2. unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle vom 3. Februar 2016
die Eintragung der Marke „#darferdas?“ für die Waren der Klasse 25 zu be-
schließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die
Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die zulässige, insbesondere gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1
MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Be-
schwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

In Ziff. 1. des von der Anmelderin zuletzt gestellten Antrags ist ein Verzicht auf die
Waren der Klassen 14, 18, 21, 24 und 27 zu sehen, so dass der Senat über die
Schutzfähigkeit der beanspruchten Wortfolge lediglich in Bezug auf die in
Klasse 25 weiterhin beanspruchten Waren zu entscheiden hat.
Dass die Anmelderin diesen „Antrag“ erst nach Schluss der mündlichen Verhand-
lung gestellt hat, ist unbedenklich, da eine (teilweise) Einschränkung des in der
Anmeldung enthaltenen Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen gem.
§ 39 Abs. 1 MarkenG zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens möglich ist und somit
auch zu einem Zeitpunkt nach Schluss der mündlichen Verhandlung und vor Zu-
stellung des Beschlusses an Verkündungs Statt.
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Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „#darferdas?“ steht in Bezug auf
die in Klasse 25 beanspruchten Waren das Schutzhindernis der fehlenden Unter-
scheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Marken-
stelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen hat.

1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen
aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die
einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten
Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen
stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von
denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH,
GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; EuGH,
GRUR 2004, 428, Rn. 30, 31 – Henkel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 –
OUI; BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731,
Rn. 11 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 7 – Starsat; BGH, GRUR
2012, 270, Rn. 8 – Link economy; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 –
DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006).
Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität
der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten
(EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006, 229,
Rn. 27 – BioID; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014,
565, Rn. 12 – smartbook; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 – Deutschland-
Card). Dabei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft
im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht,
die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren
(EuGH, GRUR 2003, 604, Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9
– OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 17 – smartbook).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen be-
schreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Wa-
ren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher
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erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tat-
sächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel
versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware
oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unter-
scheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug
zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und
deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreiben-
den Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst
und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der
angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, GRUR 2014, 569,
Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR
2009, 952, Rn. 10 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 19 –
FUSSBALL WM 2006). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen
Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreiben-
der Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um
Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen
oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa
auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur
als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt
es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung
und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR 2016, 934,
Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 13 – Kaleido; BGH, GRUR
2012, 270, Rn. 11 – Link economy; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Star-
sat).
Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Wa-
ren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des
Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411,
Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 29 –
Chiemsee; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42).
Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie
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einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, GRUR 2012, 270,
Rn. 12 – Link economy).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterschei-
dungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der An-
meldung des jeweiligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15 –
Aus Akten werden Fakten).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten
Bezeichnung in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren zu vernei-
nen.

a) Zu den angesprochenen Verkehrskreisen der beanspruchten Waren
gehören sowohl der Handel als auch der Endverbraucher. Aufmerksam-
keit und Sorgfalt des Endverbrauchers sind beim Kauf preislich gehobe-
ner Produkte der Warenklasse 25, bei denen oftmals ein besonderes
Markenbewusstsein an den Tag gelegt wird, etwas erhöht, bei sonsti-
gen, häufig niedrigpreisigen Waren dieser Klasse ist demgegenüber von
einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen (vgl. auch
BPatG, Beschluss vom 1.6.2016 – 29 W (pat) 64/14 – Inselkind).

b) Wie die Markenstelle bereits in ihrem Beschluss vom 3. Februar 2016
ausgeführt hat, handelt es sich zunächst beim reinen Wortbestandteil
des angemeldeten Zeichens, „darferdas“, um eine in deutscher Sprache
gehaltene unmittelbar verständliche Frage. Diese ist zudem mit dem
entsprechenden Satzzeichen, dem Fragezeichen, als solche kenntlich
gemacht.
Die Syntax dieser Frage ist grammatikalisch zutreffend, die einzelnen
Wörter („darf“, „er“ und „das“) sind orthographisch korrekt. Nicht regelge-
recht sind demgegenüber die Zusammenschreibung dieser Wörter so-
wie die Kleinschreibung des ersten Buchstabens „d“ zu Beginn der
Frage. Sowohl bei der Kleinschreibung als auch bei der Zusammen-
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schreibung von Wörtern handelt es sich jedoch um in der Werbung nicht
unübliche stilistische Mittel, die der Verständlichkeit der konkreten
Wortfolge keinen Abbruch tun. Vielmehr kann die nach dem Rautezei-
chen stehende Wortfolge „darferdas?“ von den angesprochenen Ver-
kehrskreisen auf einen Blick als die Frage „Darf er das?“ erfasst werden,
zumal es sich um eine kurze, ihrerseits aus nur drei ebenfalls kurzen
Wörtern bestehende Zeichenfolge handelt. Schließlich ist zu berück-
sichtigen, dass – wie auch in der mündlichen Verhandlung angespro-
chen – Klein- und Zusammenschreibungen von Wortfolgen gerade nach
einem Rautezeichen bzw. Doppelkreuz bei der Formulierung als Hash-
tag weit verbreitet sind.
Bei der maßgeblichen Beurteilung des angegriffenen Zeichens in seiner
Gesamtheit – also unter Einbeziehung des der Wortfolge vorausgehen-
den Rautezeichens – wird der angesprochene Verkehr das vorange-
stellte Zeichen „#“ als Hinweis dahingehend verstehen, dass es um die
schlagwortartige Bezeichnung eines Diskussionsthemas zu der Frage
„Darf er das?“ handelt. Wie das DPMA im Beschluss 3. Februar 2016
ausgeführt und durch den dem Beschluss beigefügten Ausdruck eines
Artikels vom 26. November 2015 auf www.deutschlandfunk.de belegt
hat, wird das Rautezeichen bzw. Doppelkreuz vielfach verwendet, um
ein Schlüsselwort zu markieren. Bei einem sog. Hashtag handelt es sich
um mit dem Rautezeichen bzw. dem Doppelkreuz gekennzeichnete Be-
griffe oder Wortfolgen, die als Schlagworte bzw. zur Benennung von
Diskussionsthemen beispielsweise in sozialen Medien wie Twitter die-
nen. Auch Kampagnen werden und wurden bereits zum Zeitpunkt der
Anmeldung des beschwerdegegenständlichen Zeichens durch einen
Hashtag gekennzeichnet wie beispielsweise #aufschrei, #blacklives-
matter oder #jesuischarlie (vgl. den vom DPMA mit seinem Beschluss
vom 3. Februar 2016 versandten Beleg vom 26. November 2015). Auf
Nachrichtenseiten werden Hashtags ebenfalls genutzt.
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Der vorliegende Hashtag „#darferdas?“ bezeichnet dementsprechend
ein Diskussionsthema, nämlich ob ein nicht näher bezeichnetes Ver-
halten einer ebenfalls nicht näher bezeichneten männlichen Person
(„er“) beispielsweise rechtlich erlaubt oder auch sozial billigenswert sei.

Unter Zugrundlegung dieses Verständnisses der angesprochenen Ver-
kehrskreise kann dem angemeldeten Zeichen insgesamt zwar ein be-
schreibender Gehalt in Bezug auf die beanspruchten Waren nicht ent-
nommen werden. Auch ein enger beschreibender Bezug zu den ange-
meldeten Waren ist nicht ersichtlich.
Es handelt sich bei dem angemeldeten Wortzeichen jedoch um eine aus
gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache zusammengesetzte
Zeichenfolge, die vom angesprochenen Verkehr stets nur als solche und
nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.

c) Dies gilt auch und gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten
Waren „Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwaren; Kopf-
bedeckungen“.

Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist die Art
und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren
und Dienstleistungen üblicherweise verwendet werden, und insbeson-
dere die Stelle, an der sie angebracht werden, zu berücksichtigen (BGH
GRUR 2012, 1044, Rn. 20 – Neuschwanstein).
Die Markenstelle hat zutreffend ausgeführt, dass die beanspruchten
Waren, beispielsweise Bekleidungsstücke, u. a. als Kommunikations-
mittel dienen würden und oftmals mit „Fun-Sprüchen“ oder bekenntnis-
haften Aussagen versehen seien. Um eine derartige Aussage oder
„Botschaft nach außen“ handelt es sich auch bei der angemeldeten Be-
zeichnung. Auch wenn der genaue Bedeutungsgehalt des angemelde-
ten Zeichens – beispielsweise welches bzw. wessen Verhalten in Frage
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gestellt wird – nicht aus sich heraus verständlich ist, so handelt es sich
doch von der Art der Darstellung des Zeichens her, nämlich der Kenn-
zeichnung mit dem Rautezeichen und der Formulierung als Frage, um
die Bezeichnung eines Diskussionsthemas, ggf. auch einer (Medi-
en-)Kampagne. Tatsächlich ist die Frage „Darf er das?“ Werktitel eines
Comedy-Programms des Künstlers Chris Tall.
Im Hinblick auf den dargelegten Sinngehalt der angemeldeten Bezeich-
nung, die schlagwortartige Bezeichnung einer Frage als Diskussions-
thema, ist in Bezug auf die zuletzt noch in Klasse 25 beanspruchten
Waren „Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts; Schuhwaren; Kopf-
bedeckungen“ die Verwendung der Zeichenfolge „#darferdas?“ als deut-
lich sichtbarer Schriftzug auf der Vorder- oder auch der Rückseite der
Bekleidungsstücke wie T-Shirts bzw. als erkennbarer Schriftzug auf
Kopfbedeckungen oder Schuhwaren und somit als Motiv als die wahr-
scheinlichste und zugleich die praktisch bedeutsame Verwendungsform
der angegriffenen Wortfolge anzusehen, die auch für die markenrechtli-
che Beurteilung maßgeblich ist.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die prü-
fende Stelle – in der dortigen Entscheidung das Harmonisierungsamt für
den Binnenmarkt (HABM, nunmehr EUIPO) – nicht verpflichtet, im
Rahmen der Prüfung des Schutzhindernisses der fehlenden Unter-
scheidungskraft die Prüfung auf andere Verwendungen der angemel-
deten Marke zu erstrecken als diejenige, die sie mit Hilfe ihrer Sach-
kunde auf diesem Gebiet als die wahrscheinlichste erkennt (EuGH,
GRUR 2013, 519 Rn. 54-56 – Deichmann/HABM [umsäumter Winkel];
anders wohl noch BGH in der Entscheidung GRUR 2010, 825 –
Marlene-Dietrich-Bildnis II, nach der es für die Annahme der Unter-
scheidungskraft ausreichend sei, wenn es praktisch bedeutsame und
naheliegende Möglichkeiten gebe, das Zeichen bei den Waren und
Dienstleistungen, für die es Schutz beansprucht, so zu verwenden, dass
es vom Verkehr ohne Weiteres als Marke verstanden werde).
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Im Hinblick auf die Art und den Sinngehalt der angemeldeten Wortfolge
ist im Zusammenhang mit den in Klasse 25 beanspruchten Waren von
einer dekorativen Verwendung bzw. von einer „nach außen gerichteten“
Anbringung der Zeichenfolge an exponierter Stelle der Waren in Form
eines gut sichtbaren Schriftzugs als wahrscheinlichster Verwendung
auszugehen. Hingegen ist nicht auf ebenfalls denkbare – aber weniger
wahrscheinliche und auch praktisch nicht so bedeutsame – anderweitige
Verwendungen des angemeldeten Zeichens, beispielsweise in einem
Etikett eines Kleidungsstücks, abzustellen. Hieran ändert auch die tat-
sächliche Verwendung der Zeichenfolge durch die Antragstellerin im
Etikett von Kleidungsstücken nichts, wie sie aus dem in der mündlichen
Verhandlung übergebenen und in Augenschein genommenen T-Shirt
ersichtlich ist. Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit der angemeldeten
Zeichenfolge kann nicht lediglich die vorgetragene konkrete Verwen-
dungsabsicht der Anmelderin, die in der Anmeldung als solcher – an-
ders als bei der Anmeldung einer Positionsmarke – nicht zum Ausdruck
kommt, zugrunde gelegt werden; vielmehr ist die Unterscheidungskraft
des jeweiligen Zeichens in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren
und unter Berücksichtigung der nach der Sachkunde und den Recher-
chen des Senats auf dem jeweiligen Warengebiet wahrscheinlichsten
Verwendungsform zu beurteilen.
Bei der vorstehend dargelegten Benutzung der Zeichenfolge als „Bot-
schaft nach außen“ handelt es sich um die im Vordergrund stehende
Verwendungsform (vgl. auch die Entscheidung BGH, GRUR 2014,
1204, Rn. 21 – DüsseldorfCongress, die sich mit einer Anmeldung für
Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 43 befasst).
Bei einer derartigen Verwendung werden die angesprochenen Ver-
kehrskreise das angemeldete Zeichen „#darferdas?“ dahingehend ver-
stehen, dass dieses die Personen, denen der Träger des Kleidungs-
stücks begegnet, zu Überlegungen oder Diskussionen zum Thema „Darf
er das?“ anregen möchte, oder dass der Träger des Kleidungsstücks
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seinerseits das Verhalten einer anderen Person in Frage stellt, auch
wenn das Diskussionsthema nicht genauer bezeichnet wird.
Dem steht nicht entgegen, dass Hashtags ursprünglich aus dem Bereich
der sozialen Medien stammen. Denn Hashtags werden – und wurden
auch bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung des beschwer-
degegenständlichen Zeichens – im analogen Bereich ebenfalls verwen-
det, und zwar auch in dekorativer Form auf Bekleidungsstücken. So
wurden bereits im März 2015 beispielsweise T-Shirts mit sog. Hashtags
(z. B. #offline) als großflächigem Aufdruck vertrieben, wie sich aus dem
in der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2017 übergebenen Beleg
ergibt.
Auch die Tatsache, dass die Wortfolge „#darferdas?“ nicht als Ich-Aus-
sage formuliert ist, steht der Annahme einer nach außen gerichteten
Kommunikation nicht entgegen. Zwar handelt es sich bei deutlich sicht-
bar auf Bekleidungsstücken angebrachten Fun-Sprüchen oftmals um in
der ersten Person formulierte Botschaften. Dies ist aber nicht zwingend
der Fall wie beispielsweise der vorgenannte T-Shirt-Aufdruck „#offline“
zeigt (vgl. wiederum den in der mündlichen Verhandlung vom
3. Mai 2017 übergebenen Beleg).

Durch einen gut sichtbaren Aufdruck der angemeldeten Zeichenfolge
„#darferdas?“ auf einem Bekleidungsstück, einer Kopfbedeckung oder
Schuhen in der Art eines Motivs sollen die Aufmerksamkeit des Endver-
brauchers geweckt und dessen Kaufanreiz gefördert werden, so dass
der angesprochene Verkehr in diesem lediglich ein Gestaltungsmittel
und keinen Herkunftshinweis erblickt (s. auch BPatG 26 W (pat) 508/15
– Bildmarke „Monna Lisa“; 28 W (pat) 523/12 – Märchenprinzen;
29 W (pat) 2/13 – positive way at work; 27 W (pat) 521/14 – MIR
REICHT’S. ICH GEH SCHAUKELN).

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3. Der Umstand, dass der Künstler Chris Tall das angemeldete Zeichen
„#darferdas?“ bereits als Werktitel eines Comedy-Programms verwendet,
ändert nichts daran, dass dem angemeldeten Zeichen die erforderliche
Unterscheidungskraft fehlt. Eine Überwindung des Schutzhindernisses
wäre allenfalls im Wege der Verkehrsdurchsetzung gem. § 8 Abs. 3 Mar-
kenG möglich. Dies wurde jedoch nicht geltend gemacht.

4. Die Rechtsbeschwerde war gem. § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zuzulassen,
da der Senat im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des EuGH von
Aussagen des Bundesgerichtshofs, nach denen einem Zeichen Unter-
scheidungskraft im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zukomme, wenn das
Publikum es in einer praktisch bedeutsamen und naheliegenden Verwen-
dungsmöglichkeit als Marke aufnehme (vgl. insbesondere BGH GRUR
2010, 825 - Marlene Dietrich II; BGH, GRUR 2012, 1044 - Neuschwan-
stein), abweicht. Der Rechtsfrage kommt zudem grundsätzliche Bedeutung
zu gem. § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da sich die Rechtsfrage, ob jede prak-
tisch bedeutsame und naheliegende Verwendungsform bei der Beurteilung
der Schutzfähigkeit einer Marke zugrunde zu legen ist, oder nur die wahr-
scheinlichste Verwendungsform, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitli-
chen Entscheidungspraxis berührt.
Soweit sich der Bundesgerichtshof zuletzt in der Entscheidung BGH, GRUR
2014, 1204, Rn. 21 – DüsseldorfCongress mit der Frage befasst hat, wel-
che Verwendungsform bei der Prüfung des Schutzhindernisses gem. § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugrunde zu legen ist, so hat diese Entscheidung
eine grundlegende Klärung noch nicht herbeigeführt. Zum einen war dort
eine Dienstleistungsmarke betroffen, während es vorliegend um die Beur-
teilung der Schutzfähigkeit eines Zeichens geht, das für Waren der
Klasse 25 angemeldet wurde; zum anderen sind Bedeutung und Reich-
weite dieser Entscheidung und hier insbesondere die Frage, wann von ei-
ner im Vordergrund stehenden Verwendungsform und nicht von mehreren
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praktisch bedeutsamen Verwendungsformen auszugehen ist, weiterhin of-
fen.
Gerade im Bekleidungssektor ist zumindest denkbar, dass durch die kon-
krete Art der Verwendung eines Zeichens beispielsweise an der Innenseite
eines Kleidungsstücks in einem Etikett eine herkunftshinweisende Bedeu-
tung eines Zeichens forciert wird.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Klante Paetzold Lachenmayr-Nikolaou

Hu


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