27 W (pat) 541/16  - 27. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:260318B27Wpat541.16.0


BUNDESPATENTGERICHT




27 W (pat) 541/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die international registrierte Marke 1 178 130

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
26. März 2018 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und
die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

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beschlossen:

Die Beschwerde des Inhabers der Schutz suchenden Marke wird
zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die am 8. August 2013 unter der Nummer IR 1 178 130 international registrierte
Wort-/Bildmarke



(Darstellung gemäß Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts)

beansprucht Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die nachfolgend
genannten Waren und Dienstleistungen

Klasse 16: Printed matter, especially posters, prospectuses, postcards and
magazines; photographs; stationery, not included in other classes;
Klasse 35: Advertising; organization of exhibitions for commercial or advertising
purposes;
Klasse 43: Services for providing food and drink and temporary accommodation,
in particular accommodation bureau (hotels, boarding houses) and
booking of rooms.
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Mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 43
Internationale Markenregistrierung, dieser international registrierten Marke den
Schutz in der Bundesrepublik Deutschland verweigert.

Zur Begründung des Beschlusses ist ausgeführt, der Schutz suchenden IR-Marke
fehle für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterschei-
dungskraft.
Bei dem Wortbestandteil "ÖTZTAL" handele es sich um eine geographische Her-
kunftsangabe, nämlich um die Bezeichnung eines Seitentals des Inns im öster-
reichischen Bundesland Tirol, das in der Hauptsache vom Tourismus lebe und ins-
besondere durch die Gletschermumie „Ötzi“ bekannt geworden sei. Die weiteren
Angaben „Der Höhepunkt Tirols“ sowie „The peak of Tirol würden werbemäßig
darauf hinweisen, dass sich die Örtlichkeit „Ötztal“ im Bundesland Tirol befinde.
Dieser Sinngehalt werde vom angesprochenen breiten Verkehr als werbliche
Anpreisung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesehen. Die An-
gabe bezeichne zwar nicht unmittelbar Merkmale und Eigenschaften der bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen, sie weise jedoch auf die Bestimmung und
den Einsatzbereich bzw. auf Bestimmung, Inhalt, Thema und Gegenstand dieser
Waren und Dienstleistungen hin.
Die graphische Gestaltung der Schutz suchenden IR-Marke sei nicht derart, dass
diese den schutzunfähigen Charakter der Wortbestandteile aufhebe, vielmehr ver-
stärke die bildliche Darstellung die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrs-
kreise hinsichtlich des werbemäßigen Charakters des Gesamtzeichens.
Aufgrund der Art der graphischen Gestaltung ohne phantasievollen „Überschuss“
könne nicht angenommen werden, der Verkehr erkenne in der bildlichen Ausge-
staltung allein oder in dem von ihr mitbestimmten Gesamteindruck der Marke eine
betriebliche Herkunftskennzeichnung

Der Beschluss ist dem im europäischen Ausland ansässigen Verfahrensbevoll-
mächtigten des Inhabers der Schutz suchenden Marke mittels am 21. Dezem-
ber 2015 zur Post gegebenen Übergabeeinschreibens zugestellt worden mit dem
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Hinweis, dass die Zustellung nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 184 Abs. 2
Satz 1 ZPO erfolge.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Inhaber der Schutz suchenden Marke
mit seiner Beschwerde vom 26. Januar 2016.
Er führt zur Begründung aus, dass sowohl der kreative Slogan als auch die
graphische Ausgestaltung der Schutz suchenden Wort-/Bildmarke die notwendige
Unterscheidungskraft verleihen würden. Die Gestaltung der Marke zeichne sich
durch die Verwendung von vier Farben (Rot, Hellgrau, Dunkelgrau und Weiß),
unterschiedliche Schriftarten (für den geographischen Namen einerseits und den
Slogan andererseits), die Zweiteilung des in dem markanten roten Viereck mittig
angeordneten geographischen Namens sowie die Versetzung des englischen
Slogans nach rechts aus. Diese Verwendung mehrere graphischer Elemente ver-
deutliche, dass sich die Ausgestaltung des beanspruchten Zeichens keinesfalls im
Naheliegenden erschöpfe.
Neben den unterscheidungskräftigen Graphikelementen der Marke verleihe ihr der
enthaltende kreative Wortwitz bezüglich des Gegensatzes zwischen einem Tal
und einem Höhepunkt im räumlichen Sinne zusätzliche Originalität. Nach der Defi-
nition des Begriffs „Höhepunkt“ sei dieser nicht geeignet, um anpreisend auf die
Besonderheit eines Ortes hinzuweisen, da er nur den wichtigsten, bedeutendsten
Teil einer Entwicklung oder eines Ablaufs – wie beispielsweise einer Reise – be-
zeichnen könne. Damit liege der Widerspruch, ein Tal als den Höhepunkt des
Bundeslands Tirols im räumlichen Sinne zu bezeichnen, auf der Hand. Dieser
Wortwitz werde noch deutlicher im Hinblick auf den zusätzlich auf Englisch enthal-
tenen Slogan „The Peak of Tirol“, da das Substantiv „peak“ die Spitze eines Ber-
ges bezeichne und nicht verwendet werde, um anpreisend auf einen besonders
schönen Ort hinzuweisen.
Das Schutz suchende Zeichen vermittle dem Durchschnittsverbraucher keine
klare Vorstellung von den Waren und Dienstleistungen, auf die es sich beziehe.
Ein ausschließlich beschreibender Charakter sei zu verneinen, weil die angespro-
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chenen Verkehrskreise durch die Marke nicht sofort und ohne jegliche Hilfsmittel
gedanklich auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen „kommen“ würden.
Schließlich sei Unterscheidungskraft aufgrund „branchenüblicher Verwendung“
anzunehmen. Die Verwendung derartiger Zeichen sei in der Branche der Touris-
musverbände üblich. Der angesprochene Verkehr würde in dem Schutz suchen-
den Zeichen einen branchenüblichen Hinweis auf einen Tourismusverband sehen.
Der Schutz könne dem Zeichen auch nicht deswegen verweigert werden, weil
geographische Herkunftsangaben freihaltebedürftig seien. Ein Freihaltebedürfnis
sei zu verneinen, wenn nur der Markeninhaber selber als Hersteller oder Lieferant
von Waren und Dienstleistungen aus dem fraglichen Ort in Betracht komme. Dies
sei vorliegend gegeben. An dem gegenständlichen Zeichen hätten Mitbewerber,
also andere Tourismusverbände anderer alpiner Tourismusregionen, kein Interes-
se, da diese andere Regionen repräsentieren würden und daher für das Zeichen
keine gewerbliche Verwendung hätten. Andere Regionen würden ihrerseits durch
registrierte Zeichen vermarktet, in denen die jeweilige Region erwähnt wird, ohne
dass dabei eine geographische Herkunftsangabe monopolisiert werde.
Für die Unterscheidungskraft und Eintragungsfähigkeit des beschwerdegegen-
ständlichen Zeichens spreche schließlich, dass eine Eintragung der Marke bereits
in den Registern anderer Staaten, insbesondere auch im deutschsprachigen
Raum (Österreich, Schweiz, Liechtenstein), sowie für den Europäischen Raum als
Gemeinschaftsmarke durch das EUIPO erfolgt sei.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 43 Internatio-
nale Markenregistrierung, vom 18. Dezember 2015 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die
Schriftsätze des Inhabers der Schutz suchenden Marke und den übrigen Aktenin-
halt Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG
i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthaft. Der Beschwerdeführer hat sie zudem gem.
§§ 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegt. Der angegriffene Beschluss wurde
dem im europäischen Ausland ansässigen Vertreter des ebenfalls im europä-
ischen Ausland ansässigen Beschwerdeführers mittels eingeschriebenen Briefs
durch Aufgabe zur Post (am 21. Dezember 2015) zugesandt, so dass er gem.
§ 94 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 184 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Wochen nach der
Aufgabe zur Post als zugestellt gilt. Die Beschwerde vom 26. Januar 2016 ist
somit innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat eingegangen.
Bei dem Inhaber der Schutz suchenden Marke und Beschwerdeführer handelt es
sich um einen Tourismusverband, der als (österreichische) Körperschaft des
öffentlichen Rechts gem. §§ 50, 52 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 S. 1 MarkenG betei-
ligten- und prozessfähig ist.

Der Schutz suchenden Marke IR 1 178 130 fehlt im Zusammenhang mit sämtli-
chen beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft, so
dass das DPMA dieser den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu Recht
verweigert hat gem. §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1, 113, 119, 124 MarkenG.

1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen
aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Diese Vorschrift ist gem. §§ 113
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Abs. 1, 124 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG entsprechend auf
Schutzersuchen international registrierter Marken anzuwenden.
Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von
der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem
bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren
und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterschei-
den (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung
durch Technik]; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014,
569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido; BGH, GRUR
2012, 1143, Rn. 7 – Starsat; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 8 – Link eco-
nomy). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungs-
identität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleis-
ten (EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006,
229, Rn. 27 – Bio-ID; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR
2014, 565, Rn. 12 – smartbook).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen be-
schreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Wa-
ren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher
erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tat-
sächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel
versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware
oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unter-
scheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug
zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und
deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreiben-
den Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst
und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der
angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, GRUR 2014, 569,
Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR
2009, 952, Rn. 10 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 19
– FUSSBALL WM 2006). Kann dagegen einem Wortzeichen für die frag-
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lichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender be-
schreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch
nicht um Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der
deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr
– etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung –
stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wer-
den, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterschei-
dungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR
2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2014, 872, Rn. 21 – Gute Laune
Drops; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 13 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 1143,
Rn. 9 – Starsat).
Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen
Waren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des
Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411,
Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering,
Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 8 Rn. 47). Dieser wird die Marke so wahr-
nehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrach-
tung zu unterziehen (BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterschei-
dungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der
Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15
– Aus Akten werden Fakten).

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Unterscheidungskraft der
Schutz suchenden Marke in Verbindung mit den beanspruchten Waren und
Dienstleistungen zu verneinen.

a) Von den beanspruchten Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der
Klasse 43 werden die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen; die in Klasse 35
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beanspruchten Dienstleistungen richten sich in erster Linie an Geschäftskunden,
die Werbung oder die Organisation von Ausstellungen beauftragen.
b) Der Wortbestandteil der Schutz suchenden Marke
setzt sich aus der mit einem roten Quadrat hinterlegten, in zwei Zeilen geschrie-
benen Angabe „ÖTZTAL“ sowie den weiteren, in kleinerer Schrift und anderer
Schriftart gehaltenen Wortfolgen „Der Höhepunkt Tirols“ und – versetzt hierzu aus-
gerichtet – „The Peak of Tirol“ in verschiedenen Grautönen zusammen.
Auch wenn bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens maßgeb-
lich auf dessen Gesamteindruck abzustellen ist, so ist es bei derartigen, aus meh-
reren Bestandteilen kombinierten Zeichen doch zulässig, zunächst die Bestand-
teile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf
einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl.
EuGH, GRUR 2006, 229 Rn. 29 – BioID).

aa) Bei dem Wort „ÖTZTAL“, das trotz der Trennung in jeweils drei Buchstaben,
nämlich „ÖTZ“ und „TAL“, und der Anordnung dieser Bestandteile übereinander
von den angesprochenen Verkehrskreisen auf Anhieb erfasst wird, handelt es sich
um eine geographische Angabe. Das Ötztal ist ein Seitental des Inntals im
österreichischen Bundesland Tirol, wie bereits im Beanstandungsbescheid sowie
im angegriffenen Beschluss von der Markenstelle ausgeführt.

bb) Die weiteren Wortbestandteile des Schutz suchenden Zeichens, die Wortfol-
gen „Der Höhepunkt Tirols“ sowie „The Peak of Tirol“, werden von den angespro-
chenen Verkehrskreisen als erläuternde werbliche Angabe dahingehend aufge-
fasst, dass es sich bei dem Ötztal um den „Höhepunkt Tirols“ handele.

(1) Auch in Bezug auf Wortfolgen sind die vorstehend unter Ziff. 1. genannten
Grundsätze zur Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens anzuwen-
den.
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Schlagwortartige Wortfolgen unterliegen weder strengeren noch geringeren, son-
dern den gleichen Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken (BGH, GRUR
2014, 565, Rn. 14 – smartbook; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 11 – Link economy).
Daher ist die Tatsache allein, dass ein Zeichen von den angesprochenen Ver-
kehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, nicht genügend zur Vernei-
nung der für die Schutzfähigkeit erforderlichen Unterscheidungskraft (vgl. EuGH,
GRUR 2010, 228, Rn. 44 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]). Denn der an-
preisende Sinn einer Bezeichnung schließt deren Eignung, als Herkunftshinweis
zu wirken, nicht von vorneherein aus (BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 23 – OUI;
BGH, GRUR 2014, 872, Rn. 23 – Gute Laune Drops). Entscheidend ist, ob der
Verkehr die Bezeichnung ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht oder
ob die Marke zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen wird (EuGH, GRUR 2010,
228, Rn. 45 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, GRUR 2016, 934,
Rn. 23 – OUI).
Von mangelnder Unterscheidungskraft ist daher bei einer kürzeren Wortfolge
lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen
allgemeiner Art auszugehen. Weist die Wortfolge einen unterscheidungskräftigen
Bestandteil auf, wird dies im Regelfall dazu führen, dass auch der Wortfolge in
ihrer Gesamtheit die Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht
fehlt (BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 14 – smartbook; BGH, GRUR 2014, 872,
Rn. 14 – Gute Laune Drops). Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden
des Weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein (BGH, GRUR 2014, 565,
Rn. 14 – smartbook). Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen ei-
nes bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen
Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein (BGH,
GRUR 2014, 565, Rn. 14 – smartbook). Auch die Mehrdeutigkeit und Interpreta-
tionsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinreichende
Unterscheidungskraft bieten (EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 57 – Audi/HABM [Vor-
sprung durch Technik]). Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rah-
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men der Bewertung nicht überspannt werden (BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 14
– smartbook).

(2) Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Wortfolgen „Der Höhepunkt
Tirols“ sowie „The Peak of Tirol“ als werbende Erläuterung der geographischen
Angabe „ÖTZTAL“ dahingehend auffassen, dass das Ötztal den „Höhepunkt“
Tirols darstelle. Einem derartigen Verständnis steht nicht entgegen, dass laut
Duden ein Höhepunkt der wichtigste, bedeutendste (und schönste) Teil einer Ent-
wicklung oder eines Ablaufs ist (https://www.duden.de/rechtschreibung/Hoehe-
punkt). Dies führt nicht dazu, dass die Bezeichnung aus diesem Grunde nicht
geeignet ist, anpreisend auf die Besonderheit eines Ortes hinzuweisen. Denn zum
einen wird der angesprochene Verkehr den Ausdruck „Der Höhepunkt Tirols“ ohne
Weiteres und ohne längeres Nachdenken unmittelbar dahingehend verstehen,
dass das Ötztal, bei dem es sich um eine touristische Region handelt (s. Anlage 2
zum Hinweis des Senats vom 2. Februar 2018), der Höhepunkt einer Reise nach
bzw. eines Urlaubs in Tirol sein kann. Zum anderen findet der Begriff „Höhepunkt“
auch für eine Region als solche bzw. deren Sehenswürdigkeiten bereits Verwen-
dung (s. Anlage 3 mit dem Titel „Höhepunkte der Tiroler Bergwelt“, die Beschrei-
bung der Unterhaltungs- und Freizeitaktivitäten des Pillerseetals in Tirol mit der
Überschrift „Höhepunkte und Ausflugsziele“ in Anlage 4 oder die Google-Treffer-
liste zu interessanten Orten, Sehenswürdigkeiten etc. bei der Suche nach
„Höhepunkte Deutschland“ in Anlage 5 jeweils zum Hinweis des Senats vom
2. Februar 2018). Die dargestellten Verständnismöglichkeiten – also die Bezeich-
nung des Ötztals selber als Höhepunkt Tirols oder aber des Aufenthalts dort als
Höhepunkt einer Tirolreise – führen nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeu-
tigkeit der Wortfolge, da beide Verständnismöglichkeiten letztlich dieselbe werben-
de Anpreisung des Ötztals enthalten; ein differenzierendes Verständnis der ange-
sprochenen Verkehrskreise und insbesondere auch des Durchschnittsverbrau-
chers ist unter diesen Umständen nicht zu erwarten.
Die Schutzfähigkeit der Bezeichnung ergibt sich entgegen der Auffassung des Be-
schwerdeführers des Weiteren auch nicht aus dem Wortspiel, welches das ange-
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meldete Zeichen im Hinblick auf den Gegensatz im räumlichen Sinne zwischen
einem Tal (dem Ötztal) einerseits und einem Höhepunkt andererseits aufweist.
Denn zum einen ist die Formulierung nicht ungewöhnlich, da auch andernorts die
Höhepunkte eines Tals aufgezeigt werden (s. wiederum Anlage 3 zum Hinweis
des Senats vom 2. Februar 2018 mit den Angaben zu den „Höhepunkten“ des
Pillerseetals in Tirol). Zum anderen lautet die Bezeichnung der an das Tal angren-
zenden Berge „Ötztaler Alpen“ (vgl. Anlage 6 zum Hinweis des Senats), so dass
auch die Berge, also die „Höhepunkte“ im geographischen Sinne, mit dem Zei-
chenbestandteil „Ötztal“ näher bezeichnet werden können bzw. von diesem Begriff
umfasst werden.
Die angesprochenen Verkehrskreise werden den englischsprachigen Satz „The
peak of Tirol“ ebenfalls im vorgenannten Sinne („Der Höhepunkt Tirols“) verste-
hen. Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass „peak“ im Englischen
üblicherweise nicht gebraucht werde, um anpreisend auf einen besonders schö-
nen Ort hinzuweisen, sondern dass vielmehr die Bedeutung als Spitze eines Ber-
ges im Mittelpunkt stehe, so kann er damit nicht durchdringen. Denn derartige
Feinheiten der englischen Sprache gehen über die Kenntnisse hinaus, die den
inländischen Interessenten an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen
abverlangt werden können; vielmehr ist bei der Beurteilung des Verständnisses
der angesprochenen Verkehrskreise zu berücksichtigen, dass der Satz „The Peak
of Tirol“ aufgrund der graphischen Gestaltung und seiner Stellung innerhalb des
Wort-/Bildzeichens als „Übersetzung“ der Wortfolge „Der Höhepunkt Tirols“ – mit
der zuvor dargelegten Bedeutung – aufgefasst werden wird.

cc) Nach alledem werden die angesprochenen Verkehrskreise den Wortbestand-
teil des Schutz suchenden Zeichens in seiner Gesamtheit im Zusammenhang mit
den beanspruchten Waren und Dienstleistungen als werbenden Sachhinweis auf
den Gegenstand bzw. den Erbringungsort derselben auffassen. Sämtliche bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen können sich nämlich inhaltlich auf das so
beschriebene und werblich angepriesene Ötztal beziehen oder dort angeboten
werden. So können sowohl die in Klasse 16 beanspruchten Waren wie beispiels-
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weise Poster, Magazine oder Photographien das Ötztal abbilden oder sich inhalt-
lich mit diesem befassen, als auch die in Klasse 43 beanspruchten Dienstleistun-
gen speziell in der touristischen Region Ötztal angeboten werden. Schließlich wer-
den auch Werbedienstleistungen regional angeboten und so bezeichnet (s. z. B.
das Impressum der Internetseite www.tirol.at der „Tirol Werbung GmbH“, dem
Inhaber der Schutz suchenden Marke als Anlage 1 zum Hinweis des Senats vom
2. Februar 2018 zugesandt). Nicht erforderlich für die Annahme einer beschrei-
benden Bedeutung bzw. fehlender Unterscheidungskraft ist demgegenüber, dass
die angesprochenen Verkehrskreise von dem Zeichen selber auf die Waren und
Dienstleistungen schließen können.
Der Wortbestandteil mit der geographischen Angabe „ÖTZTAL“ und den werbe-
üblichen anpreisenden Wortfolgen „Der Höhepunkt Tirols“/„The Peak of Tirol“
erschöpft sich somit in einer (werbenden) Sachangabe zu Gegenstand bzw.
Erbringungsort der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, dem die ange-
sprochenen Verkehrskreise keinen Herkunftshinweis entnehmen werden.

c) Die graphische Gestaltung der Schutz suchenden Marke ist nicht geeignet, das
Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft zu überwinden.

aa) Zwar kann auch im Falle einer nicht unterscheidungskräftigen Wortfolge die
besondere bildliche und graphische Ausgestaltung einen eigenständigen betrieb-
lichen Herkunftshinweis begründen. Geringe Veränderungen vermögen jedoch
umso weniger die Unterscheidungskraft zu begründen, je deutlicher ein sachlicher
Bezug des dargestellten Wortbestandteils zu den beanspruchen Waren und
Dienstleistungen erkennbar ist (s. Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG,
12. Aufl. 2018, § 8 Rn. 209). Dementsprechend können einfache graphische Ge-
staltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch
häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungs-
kraft des Wortbestandteils nicht aufwiegen (vgl. BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 20
– VISAGE; BGH, GRUR 2001, 1153 – anti KALK).
- 14 -
Zur Begründung einer eigenständigen betrieblichen Herkunftsfunktion muss die
Ausgestaltung vielmehr eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamt-
eindrucks der Marke bewirken, die den schutzunfähigen Charakter der übrigen
Markenteile bedeutungslos macht (vgl. BGH, GRUR 2008, 710 Rn. 20 – VISAGE;
Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 8 Rn. 209).

bb) Eine derartige Ausgestaltung kann vorliegend nicht festgestellt werden; viel-
mehr reichen die Gestaltungselemente nicht über die gängige Gebrauchsgraphik
hinaus. Sowohl die Anordnung des Wortbestandteils „ÖTZTAL“ über zwei Zeilen
und dessen rechteckige farbige Unterlegung als auch die Anordnung der Slogans
sowie die Verwendung einer abweichenden Schriftart und verschiedener Grautöne
bei diesen stellen einfache und werbeübliche Gestaltungsmittel dar (zur quadra-
tischen Umrahmung in roter Farbe und Trennung eines Wortes über zwei Zeilen
ohne Bindestrich vgl. auch BGH, GRUR 2014, 376 – grillmeister). Für die Ent-
scheidung nicht von Bedeutung ist insoweit, ob die Slogans zusätzlich durch ein
graues Rechteck hinterlegt sind, wie dies aus der Abbildung im Romarin-Register
– anders als bei derjenigen im DPMA-Register – ersichtlich ist, da es sich auch
insoweit um ein einfaches und gängiges Gestaltungsmittel handelt. In Bezug auf
die farbliche Gestaltung des Quadrates mit der Angabe „ÖTZTAL“ in den Farben
rot und weiß kommt hinzu, dass diese Farbwahl die geographische Herkunftsan-
gabe unterstreicht, da es sich um die Nationalfarben Österreichs handelt, die auch
im Landeswappen Tirols enthalten sind (vgl. BPatG 30 W (pat) 508/16 zur Ver-
wendung der Schweizer Nationalfarben in einer Wort-/Bildmarke mit dem Wortbe-
standteil „suisse-print …so druckt die Schweiz heute“).

Die graphische Ausgestaltung ist daher nicht ausreichend, um in Kombination mit
den nicht schutzfähigen Wortbestandteilen einen betrieblichen Herkunftshinweis
zu begründen und dem Schutz suchenden Zeichen in seiner Gesamtheit Unter-
scheidungskraft zu verleihen.
c) Eine Schutzfähigkeit des Gesamtzeichens kann schließlich nicht im Hinblick auf
eine vom Beschwerdeführer dargelegte branchenübliche Bezeichnungsgewohn-
- 15 -
heit angenommen werden. Zwar sind tatsächlich diverse Wortbildmarken zuguns-
ten von Tourismusverbänden im Markenregister des DPMA eingetragen, die in
ihrem Wortbestandteil die Bezeichnung einer Region oder eines Ortes, teilweise
ergänzt durch einen Slogan, enthalten sowie daneben graphische Ausgestaltun-
gen aufweisen. Es ist aber bereits nicht ersichtlich, bei welcher Art der Ausgestal-
tung der angesprochene Verkehr aufgrund der behaupteten Branchenüblichkeit in
der Bezeichnung einen Hinweis auf den jeweiligen Tourismusverband sehen soll.
Die Bezeichnung der Region oder des Ortes beschränkt sich auf eine geographi-
sche Angabe und enthält gerade keinen Hinweis auf einen Tourismusverband. Es
ist auch weder vorgetragen worden noch ersichtlich, weshalb ein derartiger Hin-
weis üblichen graphischen Ausgestaltungen oder werbenden Anpreisungen des
Ortes oder der Region entnommen werden soll. Da der Senat eine eindeutig
erkennbare Branchenübung zur Bezeichnung von Tourismusverbänden nicht fest-
stellen konnte, die sich auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise
auswirken würde, sind die oben dargelegten allgemeinen Grundsätze anzuwen-
den, nach denen ein Herkunftshinweis vorliegend gerade nicht festgestellt werden
kann.

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Klante Paetzold Lachenmayr-Nikolaou

Ko



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