27 W (pat) 32/16  - 27. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




27 W (pat) 32/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2012 048 623

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
31. Januar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Hermann und
die Richterin Seyfarth

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens
aufzuerlegen, wird zurückgewiesen


G r ü n d e

I.


Die Wort-/Bildmarke



wurde am 13. September 2012 angemeldet und am 19. November 2012 unter der
Nummer 30 2012 048 623 für die Waren
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Klasse 29:
Fleisch; Seegurken (nicht lebend); Fleischkonserven; Konfitüren; Sauerkraut;
Milchprodukte; Speisefette; Fruchtgelees; Nüsse (verarbeitet); Eiweiß (Albumin)
für Speisezwecke

Klasse 32:
Bier; Kwass (alkoholfreie Getränke); Mineralwässer (Getränke); Sorbets (Geträn-
ke); kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtnektare (alkoholfrei); Erdnussmilch (alko-
holfrei); Molkegetränke; alkoholfreie Honiggetränke; Präparate für die Zubereitung
von Getränken)

Klasse 33:
Arrak; Weine; Liköre; Spirituosen; Schnaps; Whisky; alkoholische Getränke, aus-
genommen Bier; Wodka; Cocktails; alkoholische Fruchtgetränke

als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Re-
gister eingetragen.

Die Veröffentlichung erfolgte am 21. Dezember 2012.

Gegen diese Marke hat die Widersprechende aus der am 2. Februar 1971 für die
Ware „Bier“ (Klasse 32) eingetragenen Wortmarke 877 528

Kaiserdom

und aus der am 4. September 1969 für die Ware „Bier“ (Klasse 32) eingetragenen
Wortmarke 860 773

Kaiserdom Bier
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jeweils am 14. März 2013 Widerspruch erhoben. Die Widersprüche richten sich
gegen die Ware „Bier“ (Klasse 32) der angegriffenen Marke.

Mit Beschlüssen vom 10. Dezember 2013 und vom 5. Juni 2014, letzterer ergan-
gen im Erinnerungsverfahren, hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 29, die Wi-
dersprüche gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.
Der Erinnerungsbeschluss wurde der Widersprechenden und Beschwerdeführerin
am 16. Juni 2014 zugestellt.

Zur Begründung ist ausgeführt, in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Ware
„Bier“ komme der Widerspruchsmarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft
zu. Die Angaben der Widersprechenden zur Bekanntheit der Marke seien nicht
ausreichend, um eine gesteigerte Kennzeichnungskraft annehmen zu können.
Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und der Identität der
sich gegenüber stehenden Waren seien überdurchschnittliche Anforderungen an
den Markenabstand zu stellen, die in jeder Hinsicht eingehalten würden. Auch
wenn es sich bei „Bier“ um eine alltägliche Ware handele, könne nicht von einer
nur geringen Aufmerksamkeit der Verbraucher ausgegangen werden. Es sei dem
Verbraucher nicht gleichgültig, welches Bier er trinke, daher sei er beim Kauf ent-
sprechend aufmerksam. Da der Bestandteil „Bier“ für die Waren glatt beschrei-
bend sei, sei bei beiden Widerspruchsmarken von einer Benennung als „Kai-
serdom“ auszugehen. Trotz desselben Wortanfangs „Kaiser“ in den sich gegen-
über stehenden Zeichen seien die Abweichungen in den Endungen „win“ und
„dom“ ausreichend, um ein sicheres Auseinanderhalten zu gewährleisten. Der
Verbraucher sei in dem einschlägigen Warensektor an Begriffsbildungen mit „Kai-
ser“ gewöhnt und achte daher verstärkt auf die weiteren Bestandteile, hier also auf
die Wortendungen, die sich durch die unterschiedlichen Vokale (hellklingendes „i“
und dunkles „o“) ausreichend voneinander unterscheiden würden. Eine klangliche
Verwechslungsgefahr sei daher auszuschließen. Auch in schriftbildlicher Hinsicht
gelte, dass der Verbraucher den Wortendungen mehr Beachtung schenke als dem
bei Bierprodukten häufig anzutreffenden Begriff „Kaiser“. Zudem trage bei der vi-
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suellen Wahrnehmung der ungewöhnliche Abstand zwischen den einzelnen Buch-
staben der angegriffenen Marke dazu bei, ein sicheres Auseinanderhalten zu ge-
währleisten. Für eine begriffliche Verwechslungsgefahr oder eine Verwechslungs-
gefahr aus anderen markenrechtlich relevanten Gründen gebe es keinen Anhalt.

Hiergegen richtet sich die am 1. Juli 2014 erhobene Beschwerde der Widerspre-
chenden, mit der sie sinngemäß beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 29 aufzuheben und
die Marke 30 2012 048 623 „KAISERWIN“ zu löschen.

Zur Begründung führt sie aus, aufgrund ihrer etablierten Marktstellung verfügten
die Widerspruchsmarken über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Die Wider-
sprechende werde regelmäßig im Rahmen der jährlichen DLG-Qualitätsprüfung
mit hohen Preisen dotiert. Im Jahr 2014 sei die 16. Auszeichnung durch die DLG
erfolgt. Dadurch sei die Widersprechende im Verkehr in größerem Umfang her-
vorgetreten. Mit einem Ausstoß von 320.000 hl pro Jahr gehöre sie zu den großen
mittelständischen Brauereien, die von ca. 1.350 Brauereien in Deutschland die
Rangstelle 70 einnehme. Die Widerspruchsmarken seien seit 1968 ständig in Be-
nutzung. Davon ausgehend und unter Berücksichtigung der Warenidentität halte
die jüngere Marke den erforderlichen Abstand nicht ein. Biere seien eine alltägli-
che Ware, bei deren Kauf der Grad der Aufmerksamkeit des größten Teils der
Durchschnittsverbraucher äußerst gering sei. Der Durchschnittsverbraucher be-
trachte die angegriffene Marke als reine Wortmarke und nehme die vermeintlichen
Lücken zwischen den Buchstaben nicht wahr. Bei einem entsprechenden Buch-
stabentyp könne es sein, dass die Zwischenräume gar nicht aufträten. Von den
2013 gezählten Brauereien in Deutschland gebe es nur vier, die den Begriff „Kai-
ser“ in ihrem Namen trügen. Die Behauptung der Erinnerungsprüferin, es gebe bei
Bierprodukten zahlreiche Kennzeichnungen mit dem Begriff „Kaiser“, entspreche
daher nicht den Tatsachen. Der gemeinsame Bestandteil „Kaiser“ könne somit
auch nicht als kennzeichnungsschwach im markenrechtlichen Sinne bewertet
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werden. Die sich gegenüber stehenden Marken seien schriftbildlich und klanglich
ähnlich. Der gemeinsame identische Wortanfang werde nach markenrechtlichen
Grundsätzen stärker beachtet als die übrigen Markenteile, zumal dann, wenn sie
nicht markant in Erscheinung träten oder wenig einprägsam gebildet seien. „Kai-
ser“ nehme in beiden sich jeweils gegenüberstehenden Zeichen eine selbständig
kollisionsbegründende Stellung ein und weise eine prägende Funktion auf, so
dass die Teile „dom“ und „win“ vernachlässigt würden. Klanglich bestehe bei glei-
cher Buchstabenzahl und Wortlänge eine Übereinstimmung in der Silbenzahl, der
Silbengliederung sowie im Betonungs- und Sprechrhythmus. Außerdem würden
die Endsilben bei fonetischer Wiedergabe häufig verschluckt bzw. undeutlich wie-
dergegeben.

Der Markeninhaber und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die
Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründung trägt er vor, aufgrund der Endungen „win“ und „dom“ sei ein si-
cheres Auseinanderhalten der sich gegenüber stehenden Marken gewährleistet.
Die angegriffene Wort-/Bildmarke habe aufgrund der Abstände zwischen den ein-
zelnen Buchstaben ein vollkommen anderes Erscheinungsbild als die reinen
Wortmarken „Kaiserdom“ bzw. „Kaiserdom Bier“. Im Übrigen verweist der Be-
schwerdegegner auf die Begründung in dem Beschluss des DPMA vom
5. Juni 2014. Da bereits eine ausführliche Begründung der Ablehnung einer Ver-
wechslungsgefahr vorliege, seien der Beschwerdeführerin die Kosten der Verfah-
rens aufzuerlegen.


Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der
Amtsakte des DPMA Bezug genommen.
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II.

Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der
Sache keinen Erfolg, da zwischen den sich gegenüber stehenden Marken keine
Verwechslungsgefahr im Sinne der §§ 9 Abs.1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
besteht.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger
Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesge-
richtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2013, 923 (Nr. 34) - Specsavers-Gruppe/Asda;
GRUR 2010, 1098 (Nr. 44) - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, (Nr. 32) -
BARBARA BECKER; BGH, GRUR 2017, 75 (Nr. 16) - Wunderbaum II; GRUR
2015, 176, (Nr. 9) - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488 (Nr. 9) - DESPERA-
DOS/DESPERADO; GRUR 2013, 833 (Nr. 3) - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR
2012, 64 (Nr. 9) - Maalox/Melox-GRY). Dabei besteht eine Wechselwirkung
zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem
Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren
Marke in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder
Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch
eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden
kann und umgekehrt (st. Rspr., z. B. BGH a. a. O. - Wunderbaum II; GRUR 2015,
176 (Nr. 9) - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488 (Nr. 9) - DESPERADOS/DESPERA-
DO; GRUR 2014, 382 (Nr. 14) - REAL-Chips).

Die Widersprüche richten sich jeweils nur gegen die Ware „Bier“ auf Seiten der
angegriffenen Marke. Die Vergleichsmarken werden somit zur Kennzeichnung
identischer Waren verwendet.

Auszugehen ist von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle Kreise
umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren und
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Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. BGH
GRUR 2009, 411 (Nr. 12) - STREETBALL). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchti-
ger, sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger
Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) - Matratzen Con-
cord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) - Chiemsee). Dabei kann der Auf-
merksamkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich
hoch sein. Mit der Ware „Bier“ werden über den Getränkefachhandel hinaus die
breiten Verkehrskreise angesprochen. Auch wenn man „Bier“ zu den Produkten
des täglichen Lebens zählt, handelt es sich doch nicht um ein Massenprodukt,
dem generell nur geringe Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Vielmehr stellt
Bier ein äußerst traditionsreiches Getränk dar, dessen Qualität in der Öffentlichkeit
eine hohe Aufmerksamkeit genießt. Abhängig von Qualitätsniveau und Preis-
klasse wird der Aufmerksamkeitsgrad gering bis erhöht sein, so dass insgesamt
von einem normalen Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen werden kann.

Trotz Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechs-
lungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand noch ein.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Ge-
samteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B.
BGH GRUR 2014, 382, Nr. 14 - REAL-Chips; GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culi-
naria/Villa Culinaria). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszuge-
hen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne
sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähn-
lichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang,
(Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen ange-
sprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht
wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042,
Nr. 28 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem;
GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU). Dabei genügt für die Annahme einer
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Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in
einer Wahrnehmungsrichtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24
- BMW-Emblem; GRUR 2014, 382, Nr. 25 - REAL-Chips; GRUR 2010, 235,
Nr. 18 - AIDA/AIDU; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 254
m. w. N.).
Es stehen sich die Wort-/Bildmarke
auf der einen Seite und die Wortmarken „Kaiserdom“ und „Kaiserdom Bier“ auf der
anderen Seite gegenüber. Sie unterscheiden sich in ihrer Gesamtheit sowohl in
klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht ausreichend voneinander durch die
unterschiedlichen Wortbestandteile „WIN“ in der jüngeren Marke und „dom“ bzw.
„dom Bier“ in den Widerspruchsmarken.

Eine Verwechslungsgefahr käme allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Prägung
in Betracht, wenn die sich gegenüber stehenden Marken durch den gemeinsamen
Bestandteil „Kaiser“ geprägt würden. Zunächst ist festzustellen, dass der Be-
standteil „Bier“ in der Widerspruchsmarke 860 773 als ein die beanspruchte Ware
unmittelbar beschreibender Markenteil für den Gesamteindruck zu vernachlässi-
gen ist, so dass auf Seiten beider Widerspruchsmarken nur das Wort „Kaiserdom“
zu berücksichtigen ist.

Die Prägung des Gesamteindrucks einer Marke durch einen einzelnen Bestandteil
darf nur angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass die übrigen
Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten,
dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR
2004, 778 - URLAUB DIREKT; GRUR 2011, 824, 825 (Nr. 23-24) - Kappa).

Diese in der Rechtsprechung entstandenen Grundsätze der Prägetheorie sind für
mehrgliedrige Kombinationsmarken entwickelt worden und können nicht ohne
weiteres auf eingliedrige, zusammengeschriebene Markenwörter übertragen wer-
den. Wenn allerdings der angesprochene Verkehr aufgrund besonderer Umstände
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Veranlassung hat, das zu einem Wort zusammengesetzte Zeichen zergliedernd
und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen, wird die Prägetheorie aus-
nahmsweise auch auf Einwortmarken angewendet (vgl. EuGH, a. a. O. -
THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 905 Rdn. 38 - Pantohexal; GRUR 2012, 635
Rdn. 27 ff. - METRO/ROLLER´s Metro). Solche besonderen Umstände, die Ver-
anlassung geben, von einem Zurücktreten des Markenbestandteils "win" bzw.
„dom“ in einer Weise auszugehen, dass diese für den Gesamteindruck der jünge-
ren Marke vernachlässigt werden könnten, liegen indes nicht vor.

In schriftbildlicher Hinsicht gibt es keine Veranlassung, den Bestandteil „Win“ der
angegriffenen Marke wegzulassen. Dies ergibt sich schon aus der Anordnung der
Buchstaben, die so gestaltet ist, dass die Buchstaben „W-I-N“ kein von dem Wort
„Kaiser“ abgesetztes eigenes Wort zeigen.

Auch in klanglicher Hinsicht gibt es keine Hinweise darauf, dass der Verkehr die
Endungen „WIN“ und „dom“ völlig unberücksichtigt lassen würde. Wie sich der von
der Beschwerdeführerin vorgelegten Liste der Brauereien entnehmen lässt, gibt es
in Deutschland fünf Brauereien, die das Wort „Kaiser“ in ihrem Namen tragen
(Kaiserbrauerei Geislingen, Kaiserbrauerei Neuhaus, Kaiserbrauerei Burgbrach-
Grasmannsdorf, Kaiser Napoleon Bier Leipzig, Brauerei Kaiserhof Kronach). Auch
der Discounter Norma vertreibt ein Bier mit der Bezeichnung „Kaiserkrone“. Selbst
wenn es sich dabei gemessen an der Gesamtzahl der Brauereien in Deutschland
nur um einen geringen Prozentsatz handelt, kann man hieraus auf eine gewisse
Bekanntheit des Wortes „Kaiser“ im Zusammenhang mit „Bier“ schließen. Hierfür
spricht auch die Tatsache, dass der Name „Kaiserhof“ häufig für Hotels und Res-
taurantbetriebe, die auch Bier anbieten, verwendet wird. Allein wegen dieser Um-
stände wird man den Markenbestandteil „Kaiser“ nicht unbedingt als kennzeich-
nungsschwach bewerten können. Diese Umstände sprechen jedoch zumindest
dafür, dass man den Begriff „Kaiser“ im Verhältnis zu den weiteren Bestandteilen
nicht als allein prägenden Bestandteil wahrnimmt. Entscheidend kommt aber
hinzu, dass der Begriff „Kaiserdom“ einen einheitlichen Gesamtbegriff darstellt.
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Dies spricht eindeutig gegen eine Veranlassung des Verkehrs, den Begriff auf
Kaiser zu verkürzen.

Da die sich gegenüber stehenden Marken nicht durch den Bestandteil „Kaiser“
geprägt werden, scheidet eine unmittelbare Verwechslungsgefahr mangels hinrei-
chender Zeichenähnlichkeit aus.

Auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen In-
verbindungbringens ist aus den genannten Gründen ausgeschlossen. Das Vor-
handensein eines übereinstimmenden Bestandteils in beiden Marken reicht hierfür
nicht aus. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass diesem Bestandteil ein Hin-
weischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt, z. B. dadurch, dass
der Markeninhaber im Verkehr bereits mit dem entsprechenden Wortstamm als
Bestandteil mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken aufgetreten
ist (vgl. BGH GRUR 2013, 1239, 1242 (Nr. 40) - VOLKSWAGEN/Volkswagenin-
spektion; GRUR 2008, 905, Nr. 33 - Pantohexal; BPatG). Hierfür ist vorliegend
weder etwas vorgetragen noch sind Anhaltspunkte ersichtlich.

Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn unter dem Gesichtspunkt einer
selbständig kennzeichnenden Stellung des übernommenen Wortbestandteils „Kai-
ser“ in dem jüngeren Zeichen kommt nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesgerichtshofes ist es zwar mög-
lich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder
eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeich-
nende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammenge-
setzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität
oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einem
Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil
dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen
werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus
wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR
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2005, 1042, Nr. 37 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 258, Nr. 33 - INTER-
CONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 903, Nr. 33 - SIERRA ANTIGUO; GRUR
2008, 905, Nr. 37 - Pantohexal; GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culina-
ria). Insoweit bedarf es aber der Feststellung besonderer Umstände, die es recht-
fertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestand-
teile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH GRUR 2013, 833, Nr. 50
Culinaria/Villa Culinaria). Solche Umstände lassen sich vorliegend nicht feststel-
len. So handelt es sich bei dem weiteren Bestandteil „WIN“ der angegriffenen
Marke weder um ein Firmenkennzeichen noch um eine bekannte Marke oder
einen bekannten Serienbestandteil der Inhaberin der angegriffenen Marke, welche
dem Verkehr eine selbständig kennzeichnende Stellung von „Kaiser“ nahe legen
könnte (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 905, Nr. 38 - Pantohexal; Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 463 m. w. N.).


Für eine Auferlegung von Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1
Satz 1 MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.
Aus § 71 Abs. 1 MarkenG folgt der Grundsatz, dass - unabhängig vom Ausgang
des Verfahrens - jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst trägt. Zu ei-
ner Abweichung von diesem Grundsatz der eigenen Kostentragung bedarf es
stets besonderer Umstände. Der Verfahrensausgang allein, also insbesondere die
Tatsache des Unterliegens, genügt hierfür nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass
darüber hinausgehende Umstände vorliegen, die eine Kostenauferlegung nach
billigem Ermessen angebracht erscheinen lassen (Knoll in Ströbele/Hacker,
a. a. O., § 71 Rn. 5, 11, 14 m. w. N.), insbesondere dann, wenn ein Verhalten vor-
liegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht vereinbar ist. Solche besonderen
Umstände sind entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu erken-
nen. Trotz der Zurückweisung des Widerspruchs durch das DPMA musste die Be-
schwerdeführerin nicht davon ausgehen, dass die Widersprüche eindeutig nicht
erfolgversprechend seien. Vielmehr durfte sie von der gesetzlich vorgesehenen
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Möglichkeit, die Entscheidung des DPMA gerichtlich überprüfen zu lassen, Ge-
brauch machen.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Klante Hermann Seyfarth

Hu


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