26 W (pat) 59/16  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152 08.05 BUNDESPATENTGERICHT 26 W (pat) 59/16 _______________________ (Aktenzeichen) B E S C H L U S S In der Beschwerdesache … betreffend die international registrierte Marke IR 1 104 884 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. November 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Reker und Schödel - 2 - beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 Internationale Mar-kenregistrierung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. März 2014 und 25. Februar 2016 werden aufgehoben. G r ü n d e I. Die am 10. Oktober 2011 unter der Nummer 1 104 884 international registrierte Wortmarke COLOR HOTEL beansprucht Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für Dienstleistungen der Klassen 39, 41 und 43. Mit Beschlüssen vom 20. März 2014 und 25. Februar 2016, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 39 Internatio-nale Markenregistrierung des DPMA dieser international registrierten Marke den Schutz in Deutschland wegen Freihaltebedürftigkeit und fehlender Unterschei-dungskraft teilweise verweigert, nämlich für die Dienstleistungen der Klasse 41: Education; providing of training; Klasse 43: Services for providing food and drink; temporary accommodation; provision of temporary accommodation; café, cafeteria and restau-rant services. - 3 - Zur Begründung hat sie ausgeführt, die IR-Marke setze sich aus dem Wort „Color“, das aus dem amerikanischen Englisch stamme und mit „Farbe“ übersetzt werde, und dem ursprünglich französischen, inzwischen eingedeutschten und allgemein verständlichen Substantiv „Hotel“ zusammen. In ihrer Gesamtheit werde die Marke vom angesprochenen Verkehr als „Farbhotel“ verstanden. Solche Hotels würben mit besonderer farblicher Ausgestaltung ihrer Räume sowie mit der Veranstaltung von Farbseminaren. Farben hätten einen sehr großen Einfluss auf das menschli-che Wohlbefinden, so dass viele Hotels Farben bewusst einsetzten, um positive Stimmungen zu erzeugen. Zumindest der Fachverkehr werde diesen neuen Trend kennen und damit den beschreibenden Gehalt der Marke wahrnehmen, zumal sie analog zu Bezeichnungen wie „Music and Lifestyle Hotel“, „Design- und Themen-hotel“, „Tagungshotel“ oder „Wellnesshotel“ gebildet sei, wobei das jeweilige Präfix die schwerpunktmäßige Ausrichtung des Hotels bezeichne. Die zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 43 könnten in einem „COLOR HOTEL“ angeboten und erbracht werden. Ferner könnten Schulungen und Seminare zum neuen Trend der Farbhotels abgehalten werden, weshalb die Marke auch für die ver-sagten Dienstleistungen der Klasse 41 beschreibend sei. Die Markeninhaberin könne sich auch nicht auf die Schutzbewilligung in Schweden berufen, weil diese für das Inland nicht maßgebend sei und nicht einmal eine Indizwirkung entfalte. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der um Schutz im Inland su-chenden Marke, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 Internationale Mar-kenregistrierung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. März 2014 und 25. Februar 2016 aufzuheben. Sie ist der Ansicht, die Marke habe keine lexikalisch nachweisbare Bedeutung, sondern stelle eine phantasievolle Wortzusammenstellung dar. Der inländische Verkehr sei zwar an merkmals- und zielgruppenorientierte Substantivierungen unter Verwendung des Begriff „Hotel“ gewöhnt, wie z. B. Landhotel, Luxushotel, - 4 - Tagungshotel, Wellnesshotel, Urlaubshotel, Autobahnhotel oder Touristenhotel. In diese Reihe füge sich die Marke mit der Bedeutung „Farbhotel“ aber nicht ein. Die Inhaberin der Schutz suchenden Marke verfüge über weitere mit Schutz für Deutschland eingetragene, international registrierte Marken wie „COLOR LINE“ (IR 888811) oder „COLOR CRUISES“ (IR 901056). Deren Schutzfähigkeit entfalte wenigstens indizielle Wirkung hinsichtlich der Marke „COLOR HOTEL“, die sich in diese Markenserie mit dem Stammbestandteil „COLOR“ einfüge. Insbesondere die Marke „COLOR LINE“ sei den inländischen Verkehrskreisen infolge ihrer umfang-reichen Benutzung und intensiven Bewerbung in den Jahren 2002 bis 2010 geläu-fig. Eine Befragung in Nordrhein-Westfalen habe für diese 2016 eine kumulierte Bekanntheit von 44 % erreicht. Internetveröffentlichungen belegten eine marken-mäßige Verwendung der Wortfolge „COLOR LINE“ durch die Markeninhaberin, was für die Unterscheidungskraft der streitgegenständlichen Marke relevant sei. Ferner bestehe kein Freihaltebedürfnis, da der Wettbewerb nicht darauf angewie-sen sei, die Wortfolge „COLOR HOTEL“ für die versagten Dienstleistungen frei verwenden zu können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der verfahrensgegenständlichen IR-Marke kann der Schutz für die beschwerde-gegenständlichen Dienstleistungen nicht nach §§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6quinquies B Nr. 2 PVÜ ver-sagt werden. Insoweit kann der Wortfolge „COLOR HOTEL“ entgegen der Auffas-sung der Markenstelle weder jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen wer-den, noch steht ein Freihaltebedürfnis der Schutzerstreckung entgegen. - 5 - 1. a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Wa-ren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-scheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekenn-zeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintra-gungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unter-scheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrach-tungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 10 – OUI; a. a. O. Rdnr. 16 – for you). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmel-dezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrneh-mung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienst-leistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Con-cord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister). Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehen-- 6 - den beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unter-scheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöp-fung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus meh-reren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzun-fähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung be-schreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. - CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 - DüsseldorfCongress). 2. Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die IR-Marke „COLOR HOTEL“, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt der internationalen Registrierung am 10. Oktober 2011 weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen be-schreibenden Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 aufgewiesen hat. - 7 - a) Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise sind sowohl die Endver-braucher als auch Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene. b) Die Marke setzt sich aus den beiden Wörtern „COLOR“ und „HOTEL“ zusammen. aa) Das Substantiv „COLOR“, das ursprünglich aus der lateinischen Sprache stammt, findet sich in der spanischen Sprache und im amerikanischen Englisch wieder und wird mit „Farbe“ übersetzt (www.leo.org). Es hat als Präfix mit der Be-deutung „Farb-“ in zusammengesetzten Wörtern auch Eingang in die deutsche Sprache gefunden, wie z. B. „Colorfilm“, „Colornegativfilm“ oder „Colorvergröße-rung“ (www.duden.de). bb) Das Nomen „HOTEL“ bezeichnet ein „(als Gewerbebetrieb geführtes) Haus mit bestimmtem Komfort, in dem Gäste übernachten bzw. für eine bestimmte Zeit [des Urlaubs] wohnen können und verpflegt werden“ (www.duden.de). c) Der Wortfolge „COLOR HOTEL“ kommt daher die Gesamtbedeutung „Farb-hotel“, „Hotel für Farben“ oder „Farbhaus für die Übernachtung und zur Verpfle-gung von Gästen“ zu. aa) Dabei handelt es sich nicht um eine, dem Verkehr geläufige merkmals- und zielgruppenorientierte Substantivierung unter Verwendung des Begriffs „Hotel“, wie z. B. „Music and Lifestyle Hotel“, „Design- und Themenhotel“, „Tagungshotel“, „Wellnesshotel“; „Landhotel“, „Luxushotel“, „Urlaubshotel“, „Autobahnhotel“ oder „Touristenhotel“, sondern vielmehr um eine lexikalisch nicht nachweisbare, man-gels Zusammenschreibung sprachunübliche und somit eher ungewöhnliche Be-zeichnung, die grammatikalisch korrekt amerikanisch „COLORFUL HOTEL“ oder englisch „COLOURFUL HOTEL“ mit der Bedeutung „buntes Hotel“, „farbenfrohes Gästehaus“ lauten müsste. - 8 - bb) Es mag zwar zutreffen, dass sich inzwischen ein Trend entwickelt hat, wo-nach Hotels mit der besonderen farblichen Ausgestaltung ihrer Räume und deren positiver Wirkung auf die Stimmung ihrer Gäste oder mit der Veranstaltung von Farbseminaren werben. Abgesehen davon, dass damit noch keine beschreibende Verwendung dieses Gesamtbegriffs verbunden sein muss, konnte die Marken-stelle erst seit dem Jahr 2015 und nicht schon für den hier maßgeblichen Zeit-punkt der internationalen Registrierung am 10. Oktober 2011 einen derartigen Trend feststellen. Zudem hat es sich bei den Recherchebelegen des Amtes ab dem Jahr 2015 durchgehend um eine markenmäßige, nicht aber um eine be-schreibende Verwendung der Wortfolge „COLOR HOTEL“ gehandelt. Die Senats-recherche ist insoweit ebenfalls ergebnislos verlaufen. cc) Dem Zeitpunkt der Anmeldung entspricht bei der Prüfung der inländischen Schutzerstreckung international registrierter Marken der Zeitpunkt der Registrie-rung gemäß Art. 3 Abs. 4, Art. 4 Abs. 1 a) PMMA. Denn dies ist der dem Anmel-detag entsprechende maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Schutzerstre-ckung im Inland, wie sich aus §§ 124, 112 Abs. 1 MarkenG ergibt. d) Der IR-Marke „COLOR HOTEL“ kann daher zum maßgeblichen Zeitpunkt im Oktober 2011 in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen kein sinnvoller Begriffsinhalt entnommen werden. Weder konnte ein „Farbhotel“ Gegenstand der in Klasse 41 versagten Dienstleis-tungen „Education; providing of training“ (übersetzt: Erziehung; Ausbildung“) sein, noch konnten die zurückgewiesenen Dienstleistungen in Klasse 43 „Services for providing food and drink; temporary accommodation; provision of temporary ac-commodation; café, cafeteria and restaurant services“ (übersetzt: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; vo-rübergehende Beherbergung von Gästen; Verpflegung von Gästen in Cafés, Ca-feterias und Restaurants) in einem Farbhotel angeboten oder erbracht werden, - 9 - weil ein solcher Begriff im Inland im hier maßgeblichen Zeitpunkt weder existiert hat noch mit einer beschreibenden Bedeutung verbunden gewesen ist. 3. Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer inländischen Schutzerstreckung der IR-Marke für die beschwerdegegenständli-chen Dienstleistungen nicht entgegen. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für die sie eingetragen werden sollen. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (EuGH GRUR 2004, 680 Rdnr. 35 f. - BIOMILD; GRUR 2004, 674 Rdnr. 54 u. 95 - Postkantoor; GRUR 2004, 146 Rdnr. 31 - DOUBLEMINT). Da die konkrete Wortkombination „COLOR HOTEL“ zum maßgeblichen Zeitpunkt keine unmittelbar beschreibende Angabe für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen enthalten hat und auch ein Trend zur beschreibenden Verwendung nicht absehbar war, ist auch ein Freihaltebedürfnis zu verneinen. Kortge Reker Schödel prö

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