26 W (pat) 577/16  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 577/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

Lars Großkurth, Wieckstraße 22, 22527 Hamburg,

Anmelder und Beschwerdeführer,

Verfahrensbevollmächtigte: FECHNER Rechtsanwälte PartmbB, Poststraße 37,
20354 Hamburg,


betreffend die Markenanmeldung 30 2015 010 334.9

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
15. Mai 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Rich-
ter Reker und Schödel

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beschlossen:

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom
14. September 2016 wird aufgehoben.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr
wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Das Wortzeichen

Hopper

ist am 26. Januar 2015 unter der Nummer 30 2015 010 334.9 zur Eintragung in
das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemel-
det worden für Waren und Dienstleistungen der

Klasse 32: Bier und Brauereiprodukte; nichtalkoholische Getränke;
Präparate für die Zubereitung von Getränken;

Klasse 33: Alkoholische Präparate für die Zubereitung von Getränken;
alkoholische Getränke, ausgenommen Bier;

Klasse 43: Vorübergehende Beherbergung von Gästen; Verleih, Vermie-
tung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienst-
leistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und
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Information in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen,
soweit in dieser Klasse enthalten.

Mit Beschluss vom 14. September 2016 hat die Markenstelle für Klasse 32 des
DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37
Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausge-
führt, bei dem Anmeldezeichen handele es sich um die gebräuchliche Kurzbe-
zeichnung für „Hip-Hopper“. Hierunter verstehe man Personen, die nicht nur Hip-
Hop hörten, sondern den damit verbundenen Lifestyle von der Musik über Klei-
dung bis hin zur Sprache auch lebten. Das Anmeldezeichen weise in Verbindung
mit den so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen daher lediglich werbe-
üblich darauf hin, dass diese speziell für die Zielgruppe der (Hip-)Hopper bestimmt
seien bzw. deren Lifestyle, Zeitgeist und Kultur entsprächen und damit auf ihre
Bedürfnisse ausgerichtet seien. Daher stelle es nur eine schutzunfähige zielgrup-
penorientierte Bestimmungsangabe dar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er ist der Ansicht, „Hop-
per“ sei ein bekannter Nachname, den berühmte amerikanische Künstler wie der
Schauspieler Dennis Hopper oder der Maler Edward Hopper trügen. Das engli-
sche Wort „hopper“ werde mit „Hüpfer“ oder „jüngere Heuschrecke“ sowie im
technischen Bereich auch mit „Laderaum“, „Bunker“, „Trichter“ oder „Behälter“
übersetzt. Zudem spiele das Anmeldezeichen mit dem englischen Wort „hop(s)“
für „Hopfen“. Es sei auch nicht belegbar, dass „Hopper“ eine gebräuchliche Kurz-
bezeichnung für „Hip-Hopper“ sei. Weder enthalte das Online-Lexikon „Wikipedia“
in seinem Artikel über Hip-Hop-Jargon darauf einen Hinweis, noch ergäben sich
entsprechende Treffer bei einer Google-Suche.

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Er beantragt sinngemäß,

1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom
14. September 2016 aufzuheben;

2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und
begründet. Der Eintragung des Wortzeichens „Hopper“ für die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen stehen keine Schutzhindernisse entgegen, insbeson-
dere fehlt es dem Zeichen nicht an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen
als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Wa-
ren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-
scheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH,
GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015, 173 Rdnr. 15 – for you). Denn die
Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeich-
neten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228
Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI;
a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintra-
gungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
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ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unter-
scheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. –
OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als
Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen
so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrach-
tungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH
a. a. O. Rdnr. 10 – OUI; a. a. O. Rdnr. 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmel-
dezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143, 1144 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten)
sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits
die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahr-
nehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerk-
samen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder
Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen
Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehen-
den beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 86 –
Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese
aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer
bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR
2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unter-
scheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche
die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen,
durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die
sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204
Rdnr. 12 – DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen,
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selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht
beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöp-
fung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren
und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 –
DOUBLEMINT).

2. Diesen Anforderungen genügt das Wortzeichen „Hopper“, weil es weder
einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt noch einen engen
beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf-
weist.

a) Bei den hier angesprochenen breiten Verkehrskreisen handelt es sich um
die Endverbraucher und den Getränkefachhandel.

b) Das Anmeldezeichen besteht aus der substantivischen Ableitung „Hopper“
des englischen Verbs „to hop“ mit der Bedeutung „hüpfen“. Das englische Sub-
stantiv „hopper“ wird daher mit „Hüpfer, junge Heuschrecke“ übersetzt. Im techni-
schen Bereich hat das Wort auch die Bedeutung „Laderaum, Bunker, Trichter, Be-
hälter“ (www.leo.org). Ferner ist es auch ein Familienname wie z. B. bei den inter-
national bekannten Künstlern „Dennis Hopper“ und „Edward Hopper“
(https://de.wikipedia.org/wiki/Hopper; www.duden.de). Es hat Bekanntheit im
Inland durch die Musikrichtung „Hip Hop“ erlangt, deren Akteure häufig als „Hip-
Hopper“ bezeichnet werden (BPatG 26 W (pat) 118/04 - Hopper/SWOPPER). In
der Verbindung „Hip-Hopper“ bzw. „Hiphopper“ für jemanden, „der die Musik des
Hip-Hops singt, spielt“, aber auch in der Kombination „Jobhopper“ bzw. „Jop-
Hopper“ für jemanden, der häufig seine Stelle wechselt [mit dem Ziel des
Karrieremachens], ist es bereits in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen
(www.duden.de).

c) Der Senat konnte dagegen nicht feststellen, dass der Begriff „Hopper“ in
Alleinstellung eine gebräuchliche Abkürzung für „Hip-Hopper“ ist. Die Online-
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Ausgabe des „Duden“ enthält hierzu keinen Hinweis (www.duden.de) und auch die
Einträge im Online-Lexikon „Wikipedia“ rund um Hip-Hop-Musik und –Kultur
erwähnen den Begriff nicht (www.wikipedia.de). Eine Recherche mit der Internet-
Suchmaschine „Google“ ergab auch keine Hinweise darauf, dass das Wort in
Foren oder Blogs als Kurzform für „Hip-Hopper“ verwendet wird. Vielmehr wird in
Foren mehrfach nach der Bedeutung dieses Begriffs gefragt, worauf teilweise mit
ganz anderen Erklärungsansätzen geantwortet wird (www.gutefrage.net). Eine
einzige entsprechende Eintragung in einem Wörterbuch der Szenesprachen
(Munzinger Online/Duden – Das neue Wörterbuch der Szenesprachen, 2009) ist
aber noch kein Beleg dafür, dass es sich bei „Hopper“ um eine in den
angesprochenen Verkehrskreisen gebräuchliche Kurzbezeichnung für „Hip-
Hopper“ handelt. Zudem ist selbst der Kreis der aktiven Hip-Hop-Anhänger, die
das Wort „Hopper“ aber offensichtlich selbst nicht verwenden, mit geschätzt
mehreren hunderttausend relativ gering (Gallina, Jugendmedienkultur Hip-Hop,
2012, S. 31).

d) Als beschreibende Angabe eines Inhaltsstoffes der beanspruchten
alkoholfreien und alkoholischen Getränke sowie der angemeldeten Präparate für
deren Zubereitung in den Klassen 32 und 33 käme nur das englische Substantiv
„hop“ mit der Bedeutung „Hopfen“ in Betracht. Dazu müsste aber die angemeldete
Bezeichnung „hopper“ um die Endung „per“ reduziert werden. Solche
Verkürzungen sind jedoch unzulässig. Sie verändern wie Ergänzungen das
Anmeldezeichen, das ausschließlich in seiner angemeldeten Gesamtheit
Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren ist (vgl. BGH GRUR 2011, 65
Rdnr. 10 - Buchstabe T mit Strich).

e) Für die in den Klassen 32 und 33 angemeldeten Getränke nebst Präparaten
für deren Zubereitung sowie die in Klasse 43 beanspruchten Dienstleistungen
„vorübergehende Beherbergung von Gästen“ nebst den damit
zusammenhängenden Verleih-, Vermietungs-, Verpachtungs-, Beratungs- und
Informationsdienstleistungen vermittelt das um Schutz nachsuchende Zeichen den
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angesprochenen Verkehrskreisen daher weder eine Sach- noch eine
Werbeaussage zielgruppenbezogener Art, und es stellt auch keinen engen
beschreibenden Bezug zu ihnen her.

Unabhängig von der fehlenden inländischen Gebräuchlichkeit des Begriffs
„Hopper“ in Alleinstellung konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Lifestyle
von Hip-Hoppern bestimmte Ernährungs- oder Beherbergungsgewohnheiten
umfasst, auf die mit der Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen Bezug
genommen und die Zielgruppe von Hip-Hop-Anhängern angesprochen werden
könnte.

3. Wegen der fehlenden Eignung des Wortzeichens zur unmittelbaren
Beschreibung der beanspruchten Produkte und Dienstleistungen kann auch ein
Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.

4. Vor einer Eintragung des Anmeldezeichens wird die Markenstelle jedoch
noch Unklarheiten des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses zu klären haben,
welche sie im angefochtenen Beschluss vorläufig zurückgestellt hat.

5. Der Antrag auf Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß
§ 71 Abs. 3 MarkenG hat keinen Erfolg.

a) Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist anzuordnen, wenn die
Einbehaltung der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles
und bei Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers einerseits und der
Staatskasse andererseits unbillig wäre. Der Erfolg der Beschwerde als solcher ist
kein Rückzahlungsgrund. Es müssen besondere Umstände hinzu kommen, die
dazu führen, dass der Beschwerdeführer durch ein verfahrensfehlerhaftes und
unzweckmäßiges Verhalten oder durch eine völlig unvertretbare
Rechtsanwendung des DPMA (BPatGE 50, 54, 60 – Markenumschreibung) zu
einer Beschwerde veranlasst wurde, die bei sachgerechter Verfahrensweise mit
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gewisser Wahrscheinlichkeit hätte vermieden werden können. Solche
Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Da es sich um einen Ausnahmetatbestand handelt, rechtfertigt eine fehlerhafte
Anwendung materiellen Rechts die Rückzahlung nur dann, wenn die
Rechtsanwendung völlig unvertretbar erscheint, z. B. weil eindeutige gesetzliche
Vorschriften, eine gefestigte Amtspraxis oder eine ständige Rechtsprechung
unbeachtet geblieben sind (BPatGE a. a. O. – Markenumschreibung). Eine
derartige mit den gesetzlichen Vorschriften oder mit der Amtspraxis oder der
ständigen Rechtsprechung völlig unvereinbare Entscheidung ist von der
Markenstelle nicht getroffen worden, weil sie ihre Rechtsauffassung auf einen
lexikalischen Nachweis und die langjährige Bekanntheit der Hip-Hop-Bewegung
gestützt hat und man der Entscheidung BPatG 26 W (pat) 118/04 -
Hopper/SWOPPER eine Gleichsetzung von „Hip-Hopper“ mit „Hopper“
möglicherweise hätte entnehmen können.



prö
Kortge Reker Schödel



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