26 W (pat) 566/16  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 566/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2013 069 261

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. Februar 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der
Richter Reker und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Wortmarke
MFO Liegeleicht

ist am 19. Dezember 2013 unter der Nummer 30 2013 069 261 angemeldet und
am 30. Januar 2014 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ge-
führte Register eingetragen worden für Waren der

Klasse 6: Gitter- und Lattenroste aus Metall;

Klasse 20: Matratzen; Matratzenrahmen; Bettrahmen; Lattenroste für Bet-
ten; Möbel; Polstermöbel; Betten [Möbel]; Liegen; Bettzeug
[ausgenommen Bettwäsche], insbesondere Kissen, Auflagen,
soweit in Klasse 20 enthalten;

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Klasse 24: Schonerdecken; Bettzeug [Bettwäsche], insbesondere Bettde-
cken, Steppdecken, Tagesdecken, Bettwäsche, Auflagen, so-
weit in Klassen 24 enthalten.

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 7. März 2014 veröffentlicht worden ist,
hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der Wortmarke

Liegelind

die am 7. Dezember 2012 in das Register unter der Nummer 30 2012 007 888
eingetragen worden ist für Waren der

Klasse 12: Kinderwagen, Kinderwagenverdecke, Planen für Kinderwa-
gen, Sicherheitskindersitze für Fahrzeuge;

Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit sie nicht in
anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen,
Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bern-
stein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder
aus Kunststoffen; Accessoires, nämlich Mobiles [Dekorations-
gegenstände] soweit sie in Klasse 20 enthalten sind aus vor-
genannten Materialien, insbesondere für Kinder und Babys;
Kinderhochstühle; Kinderlauflerngeräte; Laufställe für Klein-
kinder; Nester für Kinderbetten oder Kinderwagen; Bettzeug
[ausgenommen Bettwäsche]; Schlafsäcke für Campingzwe-
cke; Wickelauflagen; alle genannten Waren, insbesondere für
Kinder und Babys;

Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klas-
sen enthalten sind; Bettdecken; Tischdecken; Bettwäsche;
Tischwäsche; Textilhandtücher; Badewäsche [ausgenommen
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Bekleidungsstücke]; Schlafsäcke [zu Hüllen genähte Leintü-
cher]; alle genannten Waren insbesondere für Kinder und Ba-
bys;

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;
Kinderbekleidung; Babybekleidung; Kinderwäsche; Babywä-
sche; Kinderstrumpfwaren; Babystrumpfwaren; Kinderschuh-
waren; Babyschuhwaren; Kinderkopfbe-deckungen; Baby-
kopfbedeckungen;

Klasse 28: Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in
anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck; Kinder-
spielwaren; alle genannten Waren insbesondere für Kinder
und Babys.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2016 hat die Markenstelle für Klasse 20 des DPMA
den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat sie ausgeführt, die Vergleichsmarken könnten sich im Bereich identi-
scher und hochgradig ähnlicher Waren im Bereich der Möbel, Betten, Bettrahmen,
des Bettzeugs und der Bettwäsche begegnen. Die Widerspruchsmarke verfüge
originär über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zwar könne der Be-
standteil „Liege...“ mit der Bedeutung „eine waagerechte Lage einnehmen“, und
dem Bezug zum Liegen einen Sinngehalt und damit einen beschreibenden Bezug
zu zumindest einem Teil der geschützten Waren haben. Die Verbindung mit dem
Element „...lind“, das in Bezug auf Luft „angenehm mild, nicht rau oder kalt“ und
bezüglich Wind „sanft, zart“ bedeute, sei aber für die geschützten Waren sprach-
unüblich und hinreichend phantasievoll. Der erforderliche Markenabstand werde
eingehalten. Die angegriffene Marke werde von der Buchstabenfolge „MFO“ ge-
prägt. Hierbei handele es sich zwar um den erkennbaren Firmennamen der Mar-
keninhaberin, der im Regelfall nicht präge, es sei denn, der andere Markenteil sei
wie hier kennzeichnungsschwach. Das Element „Liegeleicht“ setze sich aus den
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gebräuchlichen Wörtern „Liege“ und „leicht“ zusammen und informiere den Ver-
braucher darüber, dass die so gekennzeichneten Waren ein leichtes bzw. ange-
nehmes und entspanntes Liegen ermöglichten. Hinsichtlich Betten und Bettwaren
stelle dies eine verkehrswesentliche und zur Bewerbung geeignete Eigenschaft
dar. Somit stünden sich beim Zeichenvergleich die prägenden Elemente „MFO“
und „Liegelind“ gegenüber, bei denen eine phonetische, schriftbildliche und be-
griffliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne. Dies gelte selbst
dann, wenn man zugunsten der Widersprechenden unterstelle, dass das gering
kennzeichnungskräftige Element „Liegeleicht“ vom Verkehr nicht gänzlich ver-
nachlässigt werde und zum Gesamteindruck der Widerspruchsmarke beitrage.
Auch dann ergäben sich deutliche Unterschiede in Wortlänge, Sprechrhythmus,
Silbengliederung und -anzahl sowie Schriftbild. Besonders deutlich sei der Unter-
schied am Beginn der Marken, dem regelmäßig erhöhte Aufmerksamkeit zu-
komme. Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der selbständig
kennzeichnenden Stellung komme aus Rechtsgründen nicht in Betracht, weil der
angeblich in ähnlicher Weise in die jüngere Marke übernommene Bestandteil „Lie-
gelind“ auf einen bloß beschreibenden Sinngehalt zurückzuführen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht,
der Widerspruchsmarke komme eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu, da mit
ihr gekennzeichnete Waren von der Firma NKD, einer der größten Textileinzel-
händler, in 1.800 Filialen in Deutschland vertrieben würden. Die angegriffene
Marke werde von dem Bestandteil „Liegeleicht“ geprägt, zumindest habe er eine
selbständig kennzeichnende Stellung, da der Verkehr in dem Bestandteil „MFO“
unschwer das Firmenschlagwort der Markeninhaberin erkenne. Die Wider-
spruchsmarke ähnele dem Bestandteil „Liegeleicht“ in der jüngeren Marke in be-
grifflicher und schriftbildlicher Hinsicht. Die Adjektive „leicht“ und „lind“ könnten
synonym verwendet werden und der Bestandteil „Liege...“ am stärker beachteten
Wortanfang sei in beiden Marken identisch vorhanden.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des DPMA vom
30. Mai 2016 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Lö-
schung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der
Marke 30 2012 007 888 anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht
geäußert. Im Amtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, eine Ähnlichkeit be-
stehe allenfalls im Hinblick auf die Waren der Klasse 20 „Möbel; Polstermöbel;
Bettzeug [ausgenommen Bettwäsche]“ und der Klasse 24 „Bettwäsche“. Die Mar-
ken stimmten allein in dem beschreibenden Bestandteil „Liege...“ überein und un-
terschieden sich erheblich in Länge, Sprachrhythmus und Betonung sowie am be-
sonders relevanten Zeichenanfang. Prägend sei das Element „MFO“. Der Be-
standteil „Liegeleicht“ sei für die geschützten Waren der Klassen 6, 20 und 24 un-
mittelbar beschreibend, weil er zum Ausdruck bringe, dass der Verbraucher hie-
rauf „leicht liegen“ könne und daher nur auf deren Komfort hinweise. Deshalb
könne er auch keine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb des Gesamt-
zeichens einnehmen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 23. Dezember 2016 sind die Verfahrensbeteilig-
ten unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 2, Bl. 34 – 39 GA) auf
die Rechtsauffassung des Senats hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig,
aber unbegründet.
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Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht keine
Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist
unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Da-
bei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der
Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der
Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass
ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen
höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeich-
nungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.;
EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. - Éditions Albert René/HABM
[OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2016, 382 Rdnr. 19 – BioGourmet m. w. N.).

Auszugehen ist dabei von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle
Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren
und Dienste Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH
GRUR 2004, 428 Rdnr. 65 - Henkel). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger,
sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger
Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Con-
cord/Hukla; GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 - Chiemsee). Dabei kann der Aufmerksam-
keitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein.

1. Ausgehend von der Registerlage werden die Vergleichsmarken zur Kenn-
zeichnung identischer Waren in Klasse 24 verwendet.

a) Die Produkte „Bettdecken“ und „Bettwäsche“ sind in beiden Verzeichnissen
identisch enthalten. Die übrigen von der jüngeren Marke beanspruchten „Scho-
nerdecken; Bettzeug [Bettwäsche], insbesondere Steppdecken, Tagesdecken,
Auflagen, soweit in Klassen 24 enthalten“ werden von dem für die Widerspruchs-
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marke geschützten Warenoberbegriff „Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht
in anderen Klassen enthalten sind“ umfasst.

b) Der Grad der Warenähnlichkeit im Übrigen kann dahingestellt bleiben, weil
selbst bei identischen Waren mangels Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsge-
fahr zu verneinen ist.

2. Die identischen Waren der Vergleichsmarken in Klasse 24 richten sich an
breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den Durchschnittsverbraucher als auch
an den Textilfachhandel, die den für das Bett bestimmten Textilwaren, die auch zu
verhältnismäßig niedrigen Preisen erworben werden können, mit maximal durch-
schnittlicher Aufmerksamkeit begegnen werden.

3. Der Widerspruchsmarke „Liegelind“ kommt eine durchschnittliche originäre
Kennzeichnungskraft zu.

a) Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke be-
stimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterschei-
dungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den be-
teiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit
von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010,
1096 Rdnr. 31 - BORCO/HABM [Buchst. a]; BGH a. a. O. Rdnr. 31 - BioGourmet).
Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Wider-
spruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreiben-
den Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder
Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH WRP 2015, 1358 Rdnr. 10
- ISET/ISETsolar; GRUR 2008, 905, 907 Rdnr. 16 - Pantohexal).

b) Die Widerspruchsmarke setzt sich aus den beiden deutschen Wörtern
„Liege“ und „lind“ zusammen.

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aa) Neben vielen anderen Bedeutungen hat das Verb „liegen“ den Sinngehalt
„eine waagerechte Lage einnehmen“ (www.duden.de, Anlage 1 zum gerichtlichen
Hinweis). Die Widerspruchsmarke verwendet es in der Form des Imperativs.

bb) Das Adjektiv „lind“ bedeutet „angenehm mild, nicht rau oder kalt“, selten
auch „sanft, zart“ (www.duden.de, Anlage zur Beschwerdebegründung). Es findet
nur in gehobener oder dichterischer Sprache Verwendung und ist entsprechend
selten (vgl. http://wortschatz.uni-leipzig.de, Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis).

cc) In der Gesamtheit enthält die Widerspruchsmarke die Aufforderung „Nimm
eine angenehm milde/sanfte waagerechte Lage ein!“. Dabei ist schon die Verwen-
dung des Adjektivs „lind“ als Adverb sprachregelwidrig. Aber auch die Kombination
des Verbs „liegen“ mit dem selten gebrauchten Adjektiv „lind“ bzw. mit „angenehm
mild oder sanft“ ist sprachunüblich und ungewöhnlich. Denn „mild“ wird nur im Zu-
sammenhang mit Temperaturen, Licht, Speisen, Chemikalien und zur Beschrei-
bung des Wesens eines Menschen benutzt. Auch „sanft“ oder „zart“ können nur
Nahrungsmittel sein oder eine Charaktereigenschaft angeben (www.duden.de).
Web- und Textilwaren werden weder mit „angenehm mild“ noch mit „sanft“ be-
schrieben. Es bedarf daher schon mehrerer analysierender Gedankenschritte, um
dieser Bezeichnung den Sachhinweis zu entnehmen, dass die Produkte der
Klasse 24 dazu bestimmt sind, das angenehme Liegen im Bett zu ermöglichen
oder zu fördern. Selbst diese Bedeutung enthält für „Tischdecken; Tischwäsche;
Textilhandtücher“ und „Badewäsche“ keinen beschreibenden Sinngehalt.

c) Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann nicht
festgestellt werden.

Für die Annahme einer gesteigerten Verkehrsbekanntheit bedarf es hinreichend
konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geographischer Verbreitung und
Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive
Investitionsumfangs zur Förderung der Marke und zur dadurch erreichten Be-
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kanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen. Im Allgemeinen lassen am ehesten
objektive Statistiken oder demoskopische Befragungen zuverlässige Schlüsse auf
die Verkehrsbekanntheit einer Marke zu (vgl. BGH, GRUR 2008, 903,
Rdnr. 13 - SIERRA ANTIGUO).

Die alleinige Behauptung, mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Waren
seien in 1.800 Filialen von der Firma NKD, einer der größten Textileinzelhändler,
in Deutschland angeboten worden, genügt hierfür nicht. Die Widersprechende hat
nicht einmal vorgetragen, wann welche konkreten Waren in welchen Stückzahlen
oder mit welchem Umsatz verkauft, in welcher Art und Höhe Werbeaufwendungen
getätigt und welche Marktanteile damit erreicht worden sind.

4. Trotz identischer Waren der Klasse 24, durchschnittlicher Kennzeichnungs-
kraft der Widerspruchsmarke und eines höchstens durchschnittlichen Aufmerk-
samkeitsgrades der angesprochenen Verkehrskreise hält die angegriffene Marke
den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand
noch ein.

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamtein-
druck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen
und dominierenden Elemente (BGH, GRUR 2013, 833, Rdnr. 30 – Culinaria/Villa
Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass
der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer
analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2004,
428, Rdnr. 53 – Henkel; BGH, GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das
schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer
komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen
Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH,
GRUR 2005, 1042, Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2012, 64,
Rdnr. 14 - Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Be-
standteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der
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Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen
ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder
Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Ver-
kehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Da-
bei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähn-
lichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. EuGH, GRUR 2006,
413, Rdnr. 19 - ZIRH/SIR; BGH a. a. O. Rdnr. 37 - BioGourmet).

Einem beschreibenden Markenbestandteil kann in der Regel keine prägende Kraft
zugemessen werden, weil er von den angesprochenen Verkehrskreisen regelmä-
ßig nur als Sachhinweis zur Unterrichtung des Publikums und nicht als Hinweis
auf den Hersteller verstanden wird (BGHZ 139, 59, 65 = GRUR 1998, 930 - Flä-
minger). Markenelemente, die für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen
beschreibend sind, treten für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise
zurück, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (EuGH
GRUR 2007, 700 Rdnr. 41 – HABM/Shaker [Limoncello]; EuGH GRUR 2005,
1042 Rdnr. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2009, 772 Rdnr. 57 – Augsbur-
ger Puppenkiste; a. a. O. Rdnr. 18 – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2007, 888
Rdnr. 22 u. 31 – Euro Telekom).

b) Die angegriffene Marke besteht aus der Buchstabenfolge „MFO“ und dem
Bestandteil „Liegeleicht“.

aa) Da die Buchstabenfolge „MFO“ das Firmenschlagwort der Markeninhaberin
ist und keine geläufige Abkürzung im Bereich der Textilwaren darstellt, handelt es
sich um ein kennzeichnungskräftiges Element.

bb) Der Bestandteil „Liegeleicht“ setzt sich aus der Imperativform des Verbs
„liegen“ und dem geläufigen Adjektiv „leicht“ zusammen.

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aaa) Das Verb „liegen“ bedeutet „eine waagerechte Lage einnehmen“.

bbb) „Leicht“ hat die Bedeutungen „von geringem Gewicht“, „einfach, unkompli-
ziert“, „von geringem Ausmaß“, bei Speisen „bekömmlich gut verträglich“ und bei
Personen „heiter, unbeschwert“ (www.duden.de).

cc) Auch wenn das Adjektiv „leicht“ hier als Adverb verwendet wird, kann die
Wortzusammensetzung „Liegeleicht“ von den angesprochenen Verkehrskreisen in
Bezug auf die in Klasse 24 registrierten Waren, wie Bettdecken, Bettzeug, Bettwä-
sche und Auflagen, dahingehend verstanden werden, dass diese Produkte entwe-
der aufgrund ihres geringen Gewichts oder aus anderen Gründen ein einfaches
und unkompliziertes Liegen im Bett ermöglichen. Aufgrund dieser die Waren be-
schreibenden Aussage tritt der Bestandteil „Liegeleicht“ in den Hintergrund, so
dass die jüngere Marke von der Buchstabenfolge „MFO“ geprägt wird.

Der Umstand, dass die Buchstabenfolge „MFO“ gleichzeitig das Firmenschlagwort
und die vorangestellte Abkürzung des Unternehmenskennzeichens der Markenin-
haberin ist, steht der Prägung nicht entgegen, weil dem Bestandteil „Liegeleicht“
nur beschreibender Charakter beigemessen wird.

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass bei
zusammengesetzten Zeichen ein Bestandteil, der für den Verkehr erkennbar Un-
ternehmenskennzeichen ist, im Allgemeinen in der Bedeutung für den Gesamtein-
druck zurücktritt, weil der Verkehr die eigentliche Produktkennzeichnung in derar-
tigen Fällen im anderen Bestandteil erblickt (BGH GRUR 2001, 164, 166 – Win-
tergarten). Dieser Erfahrungssatz besagt aber nicht, dass die tatrichterliche Wür-
digung des Einzelfalls unter Heranziehung aller Umstände nicht zu einem abwei-
chenden Ergebnis führen kann (BGH GRUR 1998, 1014, 1015 – ECCO II; GRUR
2002, 167, 169 – Bit/Bud; GRUR 2008, 258 Rdnr. 27 – INTERCONNECT/T-Inter-
Connect; GRUR 2008, 905 Rdnr. 27 – Pantohexal). Ein solcher Fall liegt insbe-
sondere dann vor, wenn der weitere Markenbestandteil beschreibenden Charakter
- 13 -
hat, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade die Verwen-
dung beschreibender Wörter neben einem Stammbestandteil den Verkehr veran-
lasst, sich bezüglich der Produktherkunft in erster Linie an dem Stammbestandteil
zu orientieren (BGH, GRUR 1998, 927, 929 - COMPO-SANA; GRUR 2002, 342,
344 - ASTRA/ESTRA-PUREN; BPatG 25 W (pat) 202/09 - SOJA FIT/BERIEF
SOJA FIT). So liegt der Fall hier.

Somit steht der Widerspruchsmarke „Liegelind“ allein der Bestandteil „MFO“ der
angegriffenen Marke gegenüber, die in schriftbildlicher, klanglicher und begriffli-
cher Hinsicht unähnlich sind, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr
ausscheidet.

5. a) Aber selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellte, dass
der beschreibende Bestandteil „Liegeleicht“ vom Verkehr nicht völlig außer Acht
gelassen wird, wäre eine unmittelbare Verwechslungsgefahr wegen unterdurch-
schnittlicher Zeichenähnlichkeit zu verneinen.

Denn in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht wären die Vergleichsmarken nur
gering ähnlich, weil die Buchstabenfolge „MFO“ am stärker beachteten Markenbe-
ginn einen erheblichen Unterschied ausmachen würde.

Auch in begrifflicher Hinsicht würden sie nur im beschreibenden Element „Liege“
übereinstimmen, weil „lind“ nicht mit „leicht“ gleichgesetzt werden kann. Synonyme
für „lind“ sind nur „freundlich, lau, mild, schön“ und „warm“ (www.duden.de).

b) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne wäre ebenfalls zu verneinen.

aa) Eine solche Verwechslungsgefahr ist gegeben, wenn ein mit der älteren
Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe
Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder
Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende
- 14 -
Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit
der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck
hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus
wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH,
GRUR 2005, 1042 Rdnr. 31 - THOMSON LIFE; GRUR 2010, 933 Rdnr. 34 Bar-
bara Becker; BGH GRUR 2010, 646 Rdnr. 15 – OFFROAD; BGH GRUR 2006,
859 - Malteserkreuz).

bb) Zwar enthält die Marke „MFO Liegeleicht“ das Firmenschlagwort und die
Abkürzung des Unternehmenskennzeichens der Inhaberin der jüngeren Marke
„MFO“, aber zum einen wäre die mit normalem Schutzumfang versehene Wider-
spruchsmarke „Liegelind“ weder identisch noch hinreichend ähnlich in die
angegriffene Marke übernommen worden, zum anderen würde der Bestandteil
„Liegeleicht“ aufgrund seines beschreibenden Charakters nur als Sachangabe und
nicht als selbständig kennzeichnend wahrgenommen. Damit läge der Fall anders
als bei „THOMSON LIFE“.


III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG sind nicht gegeben.


IV.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass
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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Kortge Reker Schödel

prö


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