26 W (pat) 559/16  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 559/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache










g e g e n






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betreffend die Marke 30 2014 027 271

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
10. April 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der
Richter Reker und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Wortmarke
AngelDurst

ist am 14. März 2014 angemeldet und am 29. April 2014 unter der Nummer
30 2014 027 271 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte
Register eingetragen worden für Waren der

Klasse 32: alkoholfreie Getränke; Bier; kohlensäurehaltige Getränke;

Klasse 33: Weine; Spirituosen; Weisweincuvée, trocken; Spirituosen.

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 30. Mai 2015 veröffentlicht worden ist,
hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der Wortmarke

ANGEL D’OR

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die am 11. März 2005 in das Register unter der Nummer 304 72 642 eingetragen
worden ist für Waren der

Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).

Mit Beschluss vom 13. Mai 2016 hat die Markenstelle für Klasse 33 des DPMA
den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat sie ausgeführt, die Vergleichsmarken könnten sich im Bereich identi-
scher und mittelgradig ähnlicher Waren begegnen. Die Widerspruchsmarke ver-
füge originär über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Im schriftbildlichen
Vergleich unterschieden sich die Marken durch ihre Endungen „urst“ bzw. „or“ hin-
reichend voneinander. Ein ausreichender Unterschied bestehe auch in klanglicher
Hinsicht durch die dritte Silbe „Durst“ der angegriffenen Marke mit ihrer prägnan-
ten, hart gesprochenen Endung „st“ als bekanntem Wort der deutschen Alltags-
sprache im Vergleich zur Endsilbe „D'OR“ der Widerspruchsmarke. Eine Prägung
der beiden Marken durch den Bestandteil „Angel“, dem englischen Wort für „En-
gel“, komme nicht in Betracht, da der Verkehr keine Veranlassung habe, sich nur
hieran zu orientieren. Beide Zeichen stellten sich als Gesamtbegriffe in Form einer
Kombination der englischen mit der deutschen bzw. französischen Sprache mit
der Bedeutung „Engelsdurst“ bzw. „goldener Engel“ dar. Daher könne auch eine
begriffliche Verwechslungsgefahr verneint werden. Anhaltspunkte für eine mittel-
bare Verwechslungsgefahr seien nicht ersichtlich. Insbesondere habe die Wider-
sprechende nicht substantiiert vorgetragen, dass sie über eine Zeichenserie mit
dem Stammbestandteil „Angel“ verfüge.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht,
die Marken stimmten in sechs Buchstaben am Zeichenbeginn überein, nämlich im
Element „Angel“, das die angegriffene Marke präge, weil der Bestandteil „Durst“
für die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibend sei. Aus dieser Überein-
stimmung der stärker beachteten Anfangselemente ergebe sich eine hohe visuelle
Zeichenähnlichkeit. Die Marken seien sich auch klanglich ähnlich, weil sie jeweils
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aus drei Silben bestünden, wovon die beiden ersten identisch ausgesprochen
würden. Dass der Verkehr im ersten Element der jüngeren Marke das deutsche
Wort „Angel“ erkenne, sei unwahrscheinlich, weil eine Angel in keinerlei Zusam-
menhang mit den beanspruchten Waren stehe und die Markeninhaberin selbst auf
einem Weinetikett ihre Marke von dem Familiennamen „Engel“ ableite. Auch die
jeweils letzte Silbe sei mit den Klanglauten „D'OR“ und „Dur“ nahezu identisch.
Der einzige Unterschied liege in der Endung „st“ der angegriffenen Marke, die in
der Widerspruchsmarke keine Entsprechung finde. Durch den identischen Be-
standteil „Angel“, der mit „Engel“ übersetzt werde, seien sich die Marken auch be-
grifflich ähnlich. Das Europäische Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) habe in
vergleichbaren Fällen, in denen auch auf den Verkehr in Deutschland abgestellt
worden sei, eine Verwechslungsgefahr bejaht: ANGEL D'OR/DON ANGEL
(B 1 752 545), ANGELLI/ANGELILLO (B 1 691 487), BLUE ANGEL/BLU ANGEL
(B 1 635 542), Dawn angel/Angel (B 1 026 311), Sweet Angel/Angel
(B 1 025 313), ANGEL D'OR/Angèle (B 2 440 900) und ANGEL/Superfit Angel
(B 1 404 401). Im Sinne eines harmonisierten Markensystems müsse eine einheit-
liche Rechtsprechung angestrebt werden.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des DPMA vom
13. Mai 2016 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Lö-
schung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der
Marke 304 72 642 anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich weder im Amtsverfahren noch im
Beschwerdeverfahren geäußert.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 13. Januar 2017 sind die Verfahrensbeteiligten
unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 4, Bl. 68 – 75 GA) auf die
Rechtsauffassung des Senats hingewiesen worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig,
aber unbegründet.

Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht keine
Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist
unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Da-
bei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der
Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der
Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass
ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen
höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeich-
nungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.;
EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. – Éditions Albert René/HABM
[OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2016, 382 Rdnr. 19 – BioGourmet m. w. N.).

Auszugehen ist dabei von dem angesprochenen inländischen Verkehr, der alle
Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren
und Dienste Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH
GRUR 2004, 428 Rdnr. 65 – Henkel). Maßgeblich ist dabei nicht ein flüchtiger,
sondern ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger
Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Con-
cord/Hukla; GRUR 1999, 723 Rdnr. 29 – Chiemsee). Dabei kann der Aufmerk-
samkeitsgrad je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich hoch
sein.
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1. Ausgehend von der Registerlage sind die beiderseitigen Waren in
Klasse 33 identisch, denn die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren
„Weine; Spirituosen; Weisweincuvée, trocken; Spirituosen“ werden von dem für
die Widerspruchsmarke geschützten Oberbegriff „alkoholische Getränke (ausge-
nommen Biere)“ umfasst. Eine durchschnittliche Ähnlichkeit besteht zwischen den
angegriffenen Waren in Klasse 32 „alkoholfreie Getränke; Bier; kohlensäurehaltige
Getränke“ und den für die Widerspruchsmarke geschützten alkoholischen Geträn-
ken in Klasse 33. Auch Bier kann Alkohol enthalten. Zudem können die Ver-
gleichswaren gemeinsame Produktions- und Vertriebsstätten haben und bei
Fruchtgrundlage in der stofflichen Beschaffenheit übereinstimmen. Sie dienen
dem gleichen Verwendungszweck, ergänzen sich durch Vermischung, werden
gemeinsam konsumiert und sind in der Darreichungsform ähnlich (BGH GRUR
2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN; BPatG 26 W (pat) 520/14 – Finca del Toro).

2. Die sich gegenüberstehenden identischen und durchschnittlich ähnlichen
Waren der Vergleichsmarken in den Klassen 32 und 33 richten sich an breite Ver-
kehrskreise, nämlich sowohl an den Durchschnittsverbraucher als auch an den
Getränkefachhandel. Die Aufmerksamkeit des Publikums bei der Auswahl alkoho-
lischer und alkoholfreier Getränke wird abhängig von der Preisklasse und dem
Qualitätsniveau entweder bei alltäglichen Massenartikeln gering oder bei Luxusar-
tikeln erhöht sein. Es kann daher insgesamt von keinem höheren als einem nor-
malen Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen werden.

3. Der Widerspruchsmarke „ANGEL D'OR“ kommt eine normale originäre
Kennzeichnungskraft zu.

a) Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke be-
stimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterschei-
dungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den be-
teiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit
von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010,
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1096 Rdnr. 31 – BORCO/HABM [Buchst. a]; BGH a. a. O. Rdnr. 31 – BioGour-
met). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die
Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen be-
schreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren
und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH WRP 2015, 1358
Rdnr. 10 – ISET/ISETsolar; GRUR 2008, 905, 907 Rdnr. 16 – Pantohexal).

b) Das Substantiv „ANGEL“ gehört dem englischen Grundwortschatz an, der
dem inländischen Verkehr geläufig ist, und wird mit „Engel“ übersetzt
(www.leo.org, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis). Der Zeichenbestandteil
„D'OR“ stammt aus dem Französischen und hat die Bedeutung „golden, aus Gold“
(www.leo.org, s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis). Obwohl er dem französi-
schen Grundwortschatz entstammt und die Verständnisfähigkeit des deutschen
Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf eine Welthandelssprache wie Franzö-
sisch nicht als zu gering angesetzt werden darf (BPatG 24 W (pat) 510/16 –
CHOCOLAT PLAISIR), erscheint es dennoch fraglich, ob der Durchschnittsver-
braucher die Bedeutung kennt, weil der Begriff in Deutschland nur selten und ganz
überwiegend kennzeichenmäßig verwendet wird (s. Anlage 3 zum gerichtlichen
Hinweis). Jedenfalls aber dem am internationalen Handel beteiligten inländischen
Fachverkehr kann unterstellt werden, dass er die Gesamtbedeutung der Wider-
spruchsmarke „Engel aus Gold, Goldengel, goldener Engel“ versteht. Soweit der
Durchschnittsverbraucher den Bestandteil „D'OR“ nicht übersetzen kann, wird er
hierunter jedenfalls die nähere Spezifizierung eines „Engels“ verstehen. In keiner
dieser Bedeutungen enthält die ältere Marke einen die Widerspruchswaren be-
schreibenden Anklang.

c) Für eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft ist nichts vorgetragen und
auch nichts ersichtlich.

4. Unter Berücksichtigung identischer und durchschnittlich ähnlicher Waren
der Klassen 32 und 33, normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
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und eines durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrades der angesprochenen Ver-
kehrskreise hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungs-
gefahr erforderlichen deutlichen Abstand noch ein.

a) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamtein-
druck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen
und dominierenden Elemente (BGH GRUR 2013, 833 Rdnr. 30 – Culinaria/Villa
Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass
der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer
analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004,
428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt
nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen
Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrs-
kreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR
2005, 1042 Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rdnr. 14 -
Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile
weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht
mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach
deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt
zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in
bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für
die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem
der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 Rdnr. 19 –
ZIRH/SIR; BGH a. a. O. Rdnr. 37 – BioGourmet).

b) Eine Zeichenähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht ist zu verneinen.

Die angegriffene Marke setzt sich aus den beiden alltäglichen und dem Durch-
schnittsverbraucher verständlichen deutschen Wörtern „Angel“ und „Durst“ zu-
sammen, die lediglich unter Beibehaltung der Großschreibung des Buchstabens
„D“ zusammengeschrieben sind.
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aa) Das deutsche Substantiv „Angel“ bedeutet

 Gerät zum Fischfang, das aus einer Rute besteht, an deren Ende eine
Schnur mit einem Haken befestigt ist;
 Zapfen, an dem eine Tür, ein Fenster o. Ä. drehbar befestigt ist;
 im Griff eines Messers befestigte [spitz zulaufende] Verlängerung der
Klinge.

bb) Das Substantiv „Durst“ hat die Bedeutung

 [stärkeres] Bedürfnis zu trinken;
 (dichterisch) heftiges, drängendes Verlangen (www.duden.de, s.
Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis).

cc) Die Kombination der beiden Substantive könnte im Hinblick auf die bean-
spruchten Produkte der Klassen 32 und 33 als anpreisender Hinweis auf Ge-
tränke, die speziell zum Löschen des Durstes während des Angelns von Fischen
gedacht sind, verstanden werden. Der Senat hat aber weder feststellen können,
dass sich hierfür bestimmte Getränke besonders eignen oder speziell für einen
entsprechenden Genuss beworben werden, noch dass dieser Begriff mit der Be-
deutung „Durst des Anglers“ tatsächlich benutzt wird, so dass auch hier ein be-
schreibender Anklang ausscheidet.

dd) Aufgrund des zweifellos deutschen Wortes „Durst“ als zweitem Bestandteil
der jüngeren Marke hat der Verkehr keine Veranlassung, in deren ersten Be-
standteil das englische Wort „angel“ für „Engel“ zu erkennen.

ee) Eine Prägung der Widerspruchsmarke durch den Bestandteil „ANGEL“
kommt wegen des einheitlichen, aus gleichgewichtig kennzeichnungskräftigen
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Einzelelementen bestehenden Gesamtbegriffs „Engel aus Gold, Goldengel, gol-
dener Engel“ nicht in Betracht.

ff) Auch die jüngere Marke erfährt keine Prägung durch das Element „Angel“,
weil der Bestandteil „Durst“ in gleichem Maße kennzeichnungskräftig ist, so dass
er vom Verkehr nicht vernachlässigt wird.

gg) Da sich somit die angegriffene Marke mit der Bedeutung „Angeldurst, Durst
des Anglers“ und die ältere Marke mit der Übersetzung „Engel aus Gold, Golden-
gel, goldener Engel“ gegenüberstehen, unterscheiden sich die Vergleichsmarken
in ihrem Sinngehalt. An diesem Unterscheid würde sich selbst dann nichts ändern,
wenn die jüngere Marke im Sinne von „Engelsdurst“ aufgefasst würde. Dabei ist
aber entgegen der Auffassung der Widersprechenden der Umstand, dass die In-
haberin der angegriffenen Marke auf ihrem Weinetikett den ersten Teil ihres Mar-
kenworts von dem Familiennamen „Engel“ ableitet, unbehelflich, weil die tatsächli-
che Verwendung der jüngeren Marke keine Rolle spielt.

c) In schriftbildlicher Hinsicht kann nur eine geringe Ähnlichkeit festgestellt wer-
den.

aa) Dabei ist im Rahmen der visuellen Wahrnehmung zu berücksichtigen, dass
das Schriftbild von Marken eine genauere und in der Regel sogar wiederholte
Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende Wort
(BPatGE 43, 108, 114 – Ostex/OSTARIX; BPatG GRUR 2004, 950, 954 –
ACELAT/Acesal).

bb) Die beiden Marken sind zwar in ihren Anfangsbestandteilen „ANGEL“ und
damit am stärker beachteten Wortanfang identisch, aber sie unterscheiden sich
aufgrund der divergierenden letzten vier bzw. drei Schriftzeichen „urst“ und „‘OR“
hinreichend deutlich. Denn auch Schlusselemente bestimmen den bildlichen Ge-
samteindruck stärker als die Wortmitte (BPatGE 17, 158, 159 f. – Procta-
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venon/Pentavenon; BPatG 25 W (pat) 85/99 – LEMOCAIN/LEMOCIN). Hinzu
kommt, dass die Widerspruchsmarke in dem Bestandteil „D’OR“ einen Apostroph
enthält, der in der deutschen Sprache nur selten vorkommt. Zum anderen führt der
nur in der deutschen Sprache vorkommende Bestandteil „Durst“ der jüngeren
Marke von dem erkennbar fremdsprachigen Element „D’OR“ der Widerspruchs-
marke weg.

d) Auch in klanglicher Hinsicht besteht nur geringe Ähnlichkeit.

aa) Der Verkehr wird das erste Element der Widerspruchsmarke, auch veranlasst
durch den offensichtlich fremdsprachigen Zeichenbestandteil „D'OR“, englisch als
['-d'] aussprechen. Für eine entsprechende englische Aussprache der
angegriffenen Marke wird er dagegen keine Veranlassung sehen, da der zweite
Bestandteil „Durst“ der deutschen Sprache entstammt und weder in der
englischen noch in einer anderen Fremdsprache existiert.

bb) Da grundsätzlich Zurückhaltung bei der Annahme einer Vermischung von
deutscher und fremdsprachiger Aussprache bei entsprechend zusammengesetz-
ten Markenwörtern geboten ist (OLG Hamburg GRUR 1998, 470, 471 – i-Box),
kommt in erster Linie eine deutsche Aussprache des ersten Bestandteils der an-
gegriffenen Marke in Betracht. In diesem Fall beginnt die jüngere Marke mit einem
kurzen, dunklen Vokal [], während am Anfang der älteren Marke ein langgezoge-
ner, deutlich hellerer Diphtong [:] steht. Diesen Anfangsvokalen folgen dann die
unterschiedlichen Laute [] bzw. [] sowie abweichende Vokalfolgen. Einen
gravierenden Unterschied bilden auch die hart gesprochene Endung [] gegen-
über dem klangschwachen Schlusslaut []. Aber selbst bei englischer Aussprache
des ersten Elements der jüngeren Marke, bewirkt das ausschließlich deutsch aus-
zusprechende Schlusswort „Durst“ eine markante Abweichung von der Wider-
spruchsmarke.

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e) Trotz dieser geringen visuellen und phonetischen Ähnlichkeit wird der
inländische Verkehr die Marken jedenfalls schon wegen des unterschiedlichen
Sinngehalts auseinanderhalten können.

Bei abweichendem Begriffsgehalt werden schriftbildliche und klangliche Unter-
schiede von Markenwörtern vom Leser oder Hörer wesentlich schneller und bes-
ser erfasst, so dass es gar nicht zu einer Verwechslung kommt (EuGH GRUR Int
2009, 397, 402 Rdnr. 98 – OBELIX/MOBILIX; GRUR 2006, 413, 415 Rdnr. 35 –
SIR/Zirh; GRUR 2006, 237, 238 Rdnr. 20 – PICARO/PICASSO; BGH GRUR
2010, 235 – AIDA/AIDU). Dabei reicht es aus, wenn nur eine Marke einen geläufi-
gen Begriff verkörpert, sofern sich dessen Begriffsgehalt für den Verkehr deutlich
aufdrängt (BGH GRUR 1967, 246, 247 – Vitapur). Dies ist bei dem Begriffsgehalt
beider Marken der Fall, worauf bereits bei der begrifflichen Ähnlichkeit eingegan-
gen worden ist.

5. Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbin-
dung-Bringen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

6. Die von der Widersprechenden angeführten Entscheidungen des EUIPO
„ANGEL D'OR/DON ANGEL“ (B 1 752 545), „ANGELLI/ANGELILLO“
(B 1 691 487), „BLUE ANGEL/BLU ANGEL“ (B 1 635 542), „Dawn angel/Angel“
(B 1 026 311), „Sweet Angel/Angel“ (B 1 025 313), „ANGEL D'OR/Angèle“
(B 2 440 900) und „ANGEL/Superfit Angel“ (B 1 404 401) rechtfertigen keine an-
dere Beurteilung.

Abgesehen davon, dass es bei den dort sich gegenüberstehenden Marken an ei-
ner Vergleichbarkeit mit der vorliegenden jüngeren Marke fehlt, sind die im Aus-
land, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage
des harmonisierten Markenrechts oder vom Amt der Europäischen Union für geis-
tiges Eigentum (EUIPO) aufgrund der Unionsmarkenverordnung getroffenen Ent-
scheidungen über absolute Eintragungshindernisse für nachfolgende Verfahren in
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anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 63 – Hen-
kel; GRUR 2004, 674 Rdnr. 43 f. – Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine
Indizwirkung zu entfalten (BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 30 – HOT; GRUR 2009,
778 Rdnr. 18 – Willkommen im Leben).


III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG sind nicht gegeben.


IV.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

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4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Kortge Reker Schödel

prö


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