26 W (pat) 550/14  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



26 W (pat) 550/14
_______________
(Aktenzeichen)



An Verkündungs Statt
zugestellt am
13. Februar 2017






B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache
















- 2 -








betreffend die Marke 30 2009 068 273

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 21. September 2016 unter Mitwirkung der
Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Reker und Schödel

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke
werden der Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. August 2014
aufgehoben und die Widersprüche aus der
Unionsmarke 002 169 027 und der international registrierten
Marke IR 357 073 zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerden werden zurückgewiesen.

- 3 -
G r ü n d e

I.

Die Wort-/Bildmarke (blau, weiß, schwarz)



ist am 15. Dezember 2009 angemeldet und am 24. Februar 2010 unter der
Nummer 30 2009 068 273 als Marke in das beim Deutschen Patent- und
Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für folgende Waren der

Klasse 3: Ätherische Öle; Duftstoffe für die Wäsche; Duftöle;
Duftwasser; Raumduft (Duftstoffe); Seifen; Parfümeriewaren;
Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;

Klasse 4: Kerzen für Beleuchtungszwecke;

Klasse 8: Essbestecke; Dosenöffner (nicht elektrisch),
Schneidwerkzeuge;

Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von
Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Laptops
(Computer), Computerbildschirme, LCD-Bildschirme,
Computerperipheriegeräte, Computertastaturen,
Computerprogramme (herunterladbar), Computersoftware
(gespeichert); Fernsehapparate; Fernsprech-apparate,
Mobiltelefone; Kopfhörer, Lautsprecher, Lautsprecher-boxen;
- 4 -
Brillenfassungen, Brillengestelle, Brillengläser, Kontaktlinsen,
Kontaktlinsenetuis, Sonnenbrillen, Sportbrillen; Waagen;

Klasse 11: Beleuchtungsgeräte; Leuchten; LED-Leuchten; Lampen
(elektrisch); Leuchtmittel; Teile und Ersatzteile der
vorgenannten Waren, soweit in Klasse 11 enthalten;
Windlichter;

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte
oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten;
Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeit-
Messinstrumente;

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in
Klasse 18 enthalten; Taschen mit Rollen, Handtaschen,
Brieftaschen, Einkaufstaschen, Schultaschen, Sporttaschen
(soweit in Klasse 18 enthalten), Geldbörsen; Mappen, soweit
in Klasse 18 enthalten; Reisekoffer, Handkoffer,
Kosmetikkoffer, Rucksäcke, Kleidersäcke für die Reise;
Regenschirme, Sonnenschirme; Spazierstöcke;
Hundehalsbänder, Hundeleinen;

Klasse 20: Möbel; Spiegel; Bilderrahmen;

Klasse 21: Glaswaren, Kristallglaswaren, Porzellan, Steingut, soweit in
Klasse 21 enthalten; rohes und teilweise bearbeitetes Glas
(mit Ausnahme von Bauglas); Trinkgefäße, Krüge, Karaffen,
Trinkgläser; Tischgeschirr; Teeservice, Kaffeeservice und
Tafelservice; Schalen; Teller; Vasen; Tabletts; Untersetzer
(Tischutensilien); Butterdosen; Eierbecher; Kerzenleuchter;
Sektkühler, Eiseimer; Seifenspender; Seifenhalter,
- 5 -
Seifenschalen, Seifendosen; Zahnputzgläser,
Zahnputzgläserhalter, Zahnbürstenhalter; Klosettpapierhalter,
Klosettbürsten, Klosettbürstenhalter; Handtuchhalter,
Badetuchhalter, Handtuchhaken (nicht aus Metall),
Badetuchhaken (nicht aus Metall);

Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten;
Bettwäsche; Bettdecken; Tischdecken; Bezüge für Kissen;
Gardinen aus Textilien; Platzdeckchen [Sets], nicht aus
Papier; Rollos [aufrollbare Vorhänge] aus Textilien;
Textilservietten; Textiltapeten;

Klasse 26: Künstliche Pflanzen, künstliche Blumen;

Klasse 27: Teppiche; Fußbodenbeläge [Oberböden]; Matten; Fußmatten;
Badematten; Tapeten (nicht aus Textilien); Wandbekleidungen
(nicht aus Textilien);

Klasse 34: Aschenbecher (nicht aus Edelmetall).

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 26. März 2010 veröffentlicht worden ist,
hat die Widersprechende und Beschwerdegegnerin zu 1.) aus ihrer
Unionswortmarke (Widerspruchsmarke zu 1.)

LEONARD

die am 20. August 2004 in das beim Amt der Europäischen Union für geistiges
Eigentum (EUIPO) geführte Register eingetragen worden ist unter der
Nummer 002 169 027 für Waren der

- 6 -
Klasse 18: Leder und Lederimitationen, Reise- und Handkoffer,
Dokumentenkoffer, Reisetaschen, Koffer, Handtaschen,
Strandtaschen, Schultaschen, Rucksäcke, Kleidersäcke für
die Reise, Reisenecessaires, Aktenkoffer, Aktentaschen,
Brieftaschen, Kartentaschen, Geldbörsen, Regenschirme,
Sonnenschirme, Spazierstöcke;

Klasse 25: Bekleidungsstücke aller Art für Herren, Damen und Kinder,
unter anderem: Sweater, Westen, Strickwaren, Pullover,
Sweatshirts, T-Shirts, Hemden, Jacken, Anzüge, Hosen,
Kasackblusen, Kleider, Röcke, Wäscheartikel, Unterhosen,
Shorts, Pelze, Windjacken, Überzieher, Abendkleidung,
Sportbekleidung, Freizeitkleidung, Strandbekleidung, Gürtel,
Krawatten, Fliegen (Querbinder), Stolen, Vierecktücher,
Halstücher, Schals, Handschuhe, Badeanzüge,
Morgenmäntel; Kopfbedeckungen, insbesondere:
Strickmützen, Mützen, Kappen, Hüte, Baretts; Schuhwaren,
unter anderem: Schuhe (Halbschuhe), Pantoffeln,
Hausschuhe, Stiefel, Sandalen, Sportschuhe

Widerspruch erhoben.

Die Widersprechende und Beschwerdegegnerin zu 2.) hat ebenfalls Widerspruch
erhoben aus ihrer international registrierten Marke IR 357 073
(Widerspruchsmarke zu 2.)

LEONARD

die seit dem 2. Juni 1969 in der Bundesrepublik Deutschland Schutz genießt für
Waren der

- 7 -
Klasse 3: Parfums, eaux de toilette, produits de beauté et de toilette,
cosmétiques, crèmes et lotions, savons, dentifrices.

Am 24. Juli 2010 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke gegen beide
Widerspruchsmarken die Einrede mangelnder Benutzung erhoben und die
Widersprechenden haben jeweils Glaubhaftmachungsunterlagen vorgelegt.

Mit Beschluss vom 5. August 2014 hat die Markenstelle für Klasse 21 des DPMA
die Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der
Unionsmarke für die Klassen 18 und 24 und wegen des Widerspruchs aus der
international registrierten Marke für die Klasse 3 angeordnet und die Widersprüche
im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die
Widersprechende habe die Benutzung der Widerspruchsmarken nach Art, Dauer
und Umfang hinreichend glaubhaft gemacht für „Parfüms“, für die Waren der
Klasse 18 „Reisetaschen, Handtaschen, Strandtaschen, Schultaschen,
Rucksäcke, Kleidersäcke für die Reise, Reisenecessaires, Aktenkoffer,
Aktentaschen, Brieftaschen, Kartentaschen, Geldbörsen, Regenschirme“ und für
die Waren der Klasse 25 „Bekleidungsstücke für Herren und Damen“. Aus der
eidesstattlichen Versicherung der geschäftsführenden Direktorin Tribouillard vom
22. November 2012 (Anlage W 1, Bl. 75 f. VA) ergebe sich, dass die
Widersprechende zu 2.) unter der IR-Marke „LEONARD“ von 2005 bis 2012 mit
Parfüms einen Umsatz zwischen 2.227,20 € bis 22.427,54 € pro Jahr in der
Schweiz und in Deutschland getätigt habe. Ausweislich einer weiteren
eidesstattlichen Versicherung von ihr ohne Datum (Anlage W 1, Bl. 85 f. VA) habe
die Widersprechende zu 1.) unter ihrer gleichlautenden Unionsmarke mit den
vorgenannten Waren der Klasse 18 im gleichen Zeitraum in Frankreich und
Deutschland einen jährlichen Umsatz zwischen 1.230 € und 38.982 € erzielt. Für
die Waren „Bekleidungsstücke für Herren und Damen“ sei im gleichen Zeitraum in
Frankreich und Deutschland ein Umsatz zwischen 107.160 € und 1.835.456 €
erzielt worden. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sei von Haus
aus durchschnittlich. Für eine Erhöhung seien keine Nachweise erbracht worden.
- 8 -
Da der Bildbestandteil in der jüngeren Marke nicht klar und eindeutig zu erkennen
sei – es könne sich um eine stilisierte Wolke, einen stilisierten Fahrradsattel oder
eine Sprechblase handeln –, werde der Verkehr sich ausschließlich an dem
Wortbestandteil „LEONARDO“ orientieren. Dieser stimme mit den
Widerspruchsmarken in sieben von acht Buchstaben überein. Der einzige
Unterschied durch das zusätzliche „O“ am Wortende habe keinen Einfluss auf den
Gesamtklangcharakter. Die Vergleichswaren der Klassen 3 und 18 seien
größtenteils identisch und lägen ansonsten im maßgeblichen Ähnlichkeitsbereich.
Die Waren der Klassen 24 und 25 seien einander mittelgradig ähnlich. Hinsichtlich
der übrigen Vergleichswaren bestehe mangels Produktähnlichkeit keine
Verwechslungsgefahr. Auch zwischen Bekleidung und Schmuckwaren in
Klasse 14 sei eine Ähnlichkeit zu verneinen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie bestreitet eine
Benutzung der Widerspruchsunionsmarke für die Waren der Klasse 18
„Schultaschen, Rucksäcke, Kleidersäcke für die Reise, Aktenkoffer, Aktentaschen,
Regenschirme“ und ist der Ansicht, weder aus den Benutzungsunterlagen noch
dem Internetauftritt der Widersprechenden zu 1.) ergebe sich ein entsprechendes
Betätigungsfeld. Im Übrigen seien nur geschätzte Umsätze angegeben. Diese
seien zudem stark rückläufig und betrügen zuletzt weniger als 5.000 €, so dass
von dem Verkauf nur weniger Einzelstücke ausgegangen werden müsse. Ferner
sei beispielsweise unbestimmt, in welchem Umfang die Marke im Jahr 2007 für
Aktenkoffer oder für Regenschirme benutzt worden sei. Bei den
„Bekleidungsstücken für Herren und Damen“ fehle die Angabe, für welche
konkreten Bekleidungsstücke die Marke benutzt worden sei. Zudem habe die
Widersprechende zu 1.) außer Krawatten keinen weiteren Nachweis für die
Verwendung der Marke bei Herrenbekleidung vorgelegt. Da die dafür eingereichte
eidesstattliche Versicherung kein Datum enthalte, sei die Bestimmung des
Zeitraums „von 2005 bis heute“ nicht möglich. Für den Benutzungszeitraum 2005
bis 2010 lägen nur vier Rechnungen an deutsche Abnehmer vor, die nicht für
Waren der Klasse 18 ausgestellt seien. Eine Rechnung belege auch noch nicht
- 9 -
die Lieferung der Ware. Die beiden Auszüge aus Frauenzeitschriften (W 5, W 6)
könnten keine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1.)
belegen. In gleicher Weise beanstandet die Beschwerdeführerin die eingereichten
Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der international registrierten
Widerspruchsmarke zu 2.) für Parfüms. Auch die eidesstattliche Versicherung vom
22. November 2012 enthalte nur Schätzzahlen und zeige stark rückläufige und
schwankende Umsätze, die ab 2012 in Deutschland völlig fehlten. Es sei nicht
erkennbar, in welchem Gebiet die vorgelegten Parfümverpackungen (W 2)
verwendet worden seien. Ferner werde die Widerspruchsmarke zu 2.) dort nicht
als Produkt-, sondern nur als Unternehmenskennzeichen verwendet. Im Übrigen
seien sich die Vergleichsmarken nicht ähnlich, weil sie dem Vornamen zahlreicher
englischer Prominenter entsprächen und daher englisch ausgesprochen würden,
während die jüngere Marke eine deutsche Aussprache nahe lege. Somit stünden
sich vier weich ausgesprochene Silben (LE-O-NAR-DO) und zwei hart
ausgesprochene Silben (LE-NARD) gegenüber.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 5. August 2014 aufzuheben und die
Widersprüche aus der Unionsmarke 002 169 027 und der
international registrierten Marke IR 357 073 zurückzuweisen.

Die Widersprechenden beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragen sie,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des DPMA vom
5. August 2014 aufzuheben, soweit die Widersprüche aus der
- 10 -
Unionsmarke 002 169 027 und aus der international registrierten
Marke IR 357 073 zurückgewiesen worden sind, und das DPMA
anzuweisen, die vollständige Löschung der angegriffenen Marke
wegen dieser beiden Widersprüche anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Anschlussbeschwerden zurückzuweisen.

Die Widersprechenden vertreten die Auffassung, sie hätten die kontinuierliche
Benutzung der beiden Widerspruchsmarken hinreichend glaubhaft gemacht. Die
Umsätze seien nicht bloß geschätzt, sondern es handele sich um „Circa-
Angaben“, also ungefähre Berechnungen. Bei den mit der Widerspruchsmarke zu
1.) gekennzeichneten Produkten der Klasse 18 handele es sich um Waren aus
dem Luxussegment, weshalb geringere Stückzahlen für eine rechtserhaltende
Benutzung ausreichten. Die Marke sei für zwei Länder der EU über jeweils acht
Jahre benutzt worden. Die Lederwaren seien mit dem beigefügten Etikett
versehen gewesen. Die überreichten Abbildungen zeigten eine Vielzahl
unterschiedlicher Taschen. Die Umsätze für Bekleidung hätten in Frankreich in
sechs Jahren deutlich über 1 Mio. € betragen, in Deutschland um die 400.000 €
bis 500.000 € jährlich. Sämtliche Waren der Klasse 24 wiesen eine Ähnlichkeit mit
Bekleidung auf, weil sie an denselben Vertriebsorten zu finden seien. Webstoffe
seien zudem deren Ausgangsmaterialien. Die Waren der Klasse 14 und
Bekleidungsstücke seien im Modesektor ergänzende Waren, weil beide einem
ästhetischen Zweck dienten. Uhren, Armbänder etc. würden passend zur Kleidung
gewählt, in derselben Kaufhausabteilung angeboten und in Modekatalogen oder
an Schaufensterpuppen zusammen präsentiert. Die Widerspruchsmarke zu 2.) sei
für Parfüm in Deutschland und in der Schweiz über sieben Jahre lang verwendet
worden, zudem seien die Umsätze seit 2009 kontinuierlich gestiegen. Es
entspreche den Gepflogenheiten des Marktes, ein Parfüm sowohl mit der
Herstellerbezeichnung als auch mit einer weiteren produktspezifizierenden Marke
- 11 -
zu versehen. Dem Widerspruch aus der IR-Marke hätte daher auch in Bezug auf
die zu Parfüm mindestens durchschnittlich ähnlichen Waren der Klasse 21
stattgegeben werden müssen. Zum Verkauf von Parfüm würden Flakons benötigt,
die oberbegrifflich von den „Glas- und Kristallglaswaren“ der Klasse 21 umfasst
seien. Parfüm und Flakon bildeten eine funktionale Einheit, bei der das Flakon
einen wesentlichen Wert der Gesamtware ausmache und mit dem gleichen hohen
Aufwand wie das Parfüm selbst gestaltet werde. Durch langjährige intensive
Benutzung sei die Kennzeichnungskraft der beiden Widerspruchsmarken auf ein
überdurchschnittliches Maß gesteigert worden. Eine hochgradige
Zeichenähnlichkeit sei zu bejahen, weil der Verkehr in den Widerspruchsmarken
kein englisches Wort erkenne, so dass sie deutsch ausgesprochen würden. Der
einzige sprachliche Unterschied bestehe in dem „O“ am Ende der angegriffenen
Marke.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

A. Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist
zulässig, hat aber in der Sache mangels hinreichender Glaubhaftmachung der
Benutzung der beiden Widerspruchsmarken keinen Erfolg.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung der
beiden Widerspruchsmarken am 24. Juli 2010 bestritten. Da sie die Einrede der
Nichtbenutzung undifferenziert erhoben hat, ist in ständiger Rechtsprechung
davon auszugehen, dass die Einrede beide Zeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und
2 MarkenG i. V. m. § 125b Nr. 4 bzw. §§ 124, 116 Abs. 1 MarkenG umfassen soll
(BGH GRUR 1998, 938 – DRAGON; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 43
Rdnr. 12; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 43 Rdnr. 26;
Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., Rdnr. 560).
- 12 -
I. Widerspruch aus der Unionswortmarke „LEONARD“ (002 169 027)

Die Einrede ist zulässig, weil die Widerspruchsunionsmarke am 20. August 2004,
mithin mehr als fünf Jahre vor der am 26. März 2010 erfolgten Veröffentlichung
der Eintragung der angegriffenen Marke registriert worden ist.

Nach § 125b Nr. 4 MarkenG sind für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine
ältere Unionsmarke gestützt wird, die Glaubhaftmachungsregeln des § 43 Abs. 1
MarkenG entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der
Benutzung der Marke gemäß § 26 MarkenG die Benutzung der Unionsmarke
gemäß Art. 15 der Verordnung über die Unionsmarke (UMV) tritt.

Zur Glaubhaftmachung muss von der Widersprechenden konkret angegeben und
eidesstattlich versichert werden, wer die Marke auf welche Weise für welche
Waren und Dienstleistungen in welchen Jahren an welchem Ort benutzt hat und
wie viel Umsatz damit erwirtschaftet worden ist. Dabei müssen die detaillierten
Angaben zu den Umsatzzahlen entweder in Geldbeträgen oder in Stück- bzw.
Auftragszahlen konkret auf die jeweiligen Waren und Dienstleistungen bezogen
und in die jeweiligen für die Benutzung rechtserheblichen Zeiträume aufgeteilt
sein.

Die Widersprechende zu 1.) hat somit die Benutzung der Unionsmarke für die
Waren der Klassen 18 und 25 für die Zeiträume März 2005 bis März 2010 und
September 2011 bis September 2016 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG
nach Art, Ort, Dauer und Umfang glaubhaft zu machen.

Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion -
die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen ist, zu garantieren -
benutzt wird, um für diese Waren einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu
sichern (EuGH GRUR 2003, 425 Rdnr. 38 - Ansul/Ajax; BGH GRUR 2013, 725
Rdnr. 38 - Duff Beer). Eine ernsthafte Benutzung erfordert, dass die Marke
- 13 -
tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist
(EuGH GRUR 2008, 343 Rdnr. 72 – 74 - Il Ponte Finanziaria/HABM
[BAINBRIDGE]).

Die Widersprechende zu 1.) hat die Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1.) für
diese beiden Fünfjahreszeiträume nicht glaubhaft machen können.

1. Waren der Klasse 18

a) Die undatierte eidesstattliche Versicherung der Generaldirektorin der
Widersprechenden zu 1.) (Anlage W1 – Bl. 85 f. VA) enthält Umsatzzahlen in
Deutschland und Frankreich in den Jahren 2005 bis März 2012, die sich
undifferenziert auf die Waren „Reisetaschen, Handtaschen, Strandtaschen,
Schultaschen, Rucksäcke, Kleidersäcke für die Reise, Reisenecessaires,
Aktenkoffer, Aktentaschen, Brieftaschen, Kartentaschen, Geldbörsen,
Regenschirme“ beziehen sollen. Diese pauschalen Umsatzzahlen sind zur
Glaubhaftmachung nicht geeignet, weil sie nicht konkret auf die jeweiligen Waren
bezogen sind. Es hätte also angegeben werden müssen, wie sich der Umsatz auf
die einzelnen genannten Waren verteilt. Nur bei einer auf die konkrete Einzelware
bezogenen Glaubhaftmachung ist es dem Gericht möglich, die rechtserhaltende
Benutzung konkret zu prüfen (BPatG GRUR 2000, 900 Rdnr. 19 – Neuro-Vibolex).

Hinzu kommt, dass sich die weiteren meist undatierten Unterlagen wie ein Etikett
für eine Handtasche („Maroquinerie sac cuir“ [Tasche aus Leder]) ohne Angabe
des Zeitraums, Anlage W2) oder undatierte Katalogblätter mit der Abbildung von
Damenhandtaschen – teilweise ohne Markenangabe –, die zum Teil aus der
Herbst/Winterkollektion 2009 - 2010 stammen (Anlage W3), ausschließlich auf
Handtaschen beziehen, deren konkreter Umsatz in den Jahren 2005 bis 2008
nicht genannt wird. Rechnungen für Handtaschen wurden ebenfalls nicht
vorgelegt.

- 14 -
Für alle anderen Lederwaren fehlt bis auf die pauschalen Umsatzangaben
jeglicher Beleg.

Damit reichen die Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden
Benutzung der Widerspruchsunionsmarke für Lederwaren schon für den ersten
Zeitraum von März 2005 bis März 2010 nicht aus.

b) Dies gilt erst recht für den zweiten Zeitraum von September 2011 bis
September 2016. Hinzu kommt, dass die Umsätze in beiden EU-Ländern in den
letzten Jahren rückläufig sind. Von 2009 bis 2012 wurden nur noch geringe
Umsatzzahlen für Handtaschen erzielt und für die vier letzten Jahre 2013 bis
2016, also den größten Teil des zweiten Zeitraums, fehlen jegliche Angaben.

c) Somit hat die Widersprechende zu 1.) eine Benutzung der
Widerspruchsunionsmarke für Waren der Klasse 18 nicht glaubhaft gemacht.

2. Waren der Klasse 25

a) Die undatierte eidesstattliche Versicherung der Generaldirektorin der
Widersprechenden zu 1.) (Anlage W1 – Bl. 85 f. VA) enthält Umsatzzahlen in
Deutschland und Frankreich in den Jahren 2005 bis März 2012, die sich auf
„Bekleidungsstücke für Herren und Damen“ beziehen. Ferner sind zur
Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1.) für die
vorgenannten Waren vorgelegt worden:

- ein Etikett („Robes courte“ [kurzes Damenkleid] ohne Angabe des
Zeitraums, Anlage W2),

- undatierte Katalogblätter – ohne oder mit französischem Text - mit der
Abbildung von Damenkleidern, einem Damen-Top und Damenhosen,
teilweise stammend aus der Herbst/Winterkollektion 2009 - 2010 (Anlage
- 15 -
W3), mit und ohne Markenangabe; darunter einmal Herrenkrawatten mit
aufgedruckter Marke,

- acht Rechnungen für Damenbekleidung an Abnehmer in Deutschland für
den Zeitraum Januar 2009 bis März 2012 (Anlage W4), die sehr geringe
Stückzahlen der jeweiligen Ware ausweisen (meist 1 – 2, max. 8),

- Abbildung eines Damen-Polo-Shirts mit Lederbesatz der
Widersprechenden zu 1.) im Modeheft „Maxi“, Ausgabe April 2011 (Anlage
W5) und die

- Abbildung eines Damenponchos der Widersprechenden zu 1.) in „Jolie
Fashion Guide“ Frühjahr/Sommer 2011 (Anlage W6).

Die Umsatzzahlen differenzieren nicht zwischen Damen- und Herrenbekleidung
und für den Nachweis der Benutzung für Herrenbekleidung reicht eine einzige
Krawattenabbildung nicht aus.

Für den ersten Zeitraum von März 2005 bis März 2010 könnte aufgrund der
übrigen Unterlagen höchstens die Benutzung für Damenbekleidung in Betracht
kommen, aber diesbezüglich fehlen die konkreten, auf Damenbekleidung
entfallenden Umsatzzahlen, so dass letztlich keine Glaubhaftmachung der
Benutzung für den ersten Zeitraum vorliegt.

b) Für den zweiten Zeitraum von September 2011 bis September 2016 gilt das
Gleiche. Auch hier sind die Umsätze in beiden EU-Ländern rückläufig und für die
Jahre 2013 bis 2016 – mit fast vier Jahren der größte Teil des Zeitraums – fehlen
jegliche Angaben.

c) Somit hat die Widersprechende zu 1.) auch keine Benutzung der Marke für
Waren der Klasse 25 hinreichend glaubhaft gemacht.

- 16 -
II. Widerspruch aus der international registrierten Marke IR 357 073

Nach §§ 124, 116 Abs. 1 i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 1 MarkenG tritt bei
einer international registrierten Marke für den Beginn der Benutzungsschonfrist an
die Stelle der Eintragung ins Register der Tag, an dem die Mitteilung über die
Schutzbewilligung dem Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges
Eigentum zugegangen ist. Dies war am 2. Juni 1969 der Fall. Die
Benutzungsschonfrist hat daher am 2. Juni 1974 geendet.

Die Nichtbenutzungseinrede ist zulässig, weil die Benutzungsschonfrist der
international registrierten Widerspruchsmarke zu 2.) mehr als fünf Jahre vor der
am 26. März 2010 erfolgten Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen
Marke abgelaufen ist. Es oblag der Widersprechenden zu 2.) somit, eine
rechtserhaltende Benutzung der IR-Widerspruchsmarke sowohl in den letzten fünf
Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke gemäß § 43 Abs. 1
Satz 1 MarkenG als auch in den letzten fünf Jahren vor der Entscheidung über
den Widerspruch nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, nach Art, Zeit, Ort und
Umfang glaubhaft zu machen. Die rechtserhaltende Benutzung musste daher für
den Zeitraum von März 2005 bis März 2010 und September 2011 bis September
2016 glaubhaft gemacht werden. Dies ist der Widersprechenden zu 2.) für diese
beiden Fünfjahreszeiträume nicht gelungen.

1. Für den ersten Zeitraum von März 2005 bis März 2010 hat die
Widersprechende zu 2.) eine eidesstattliche Versicherung ihrer Generaldirektorin
vom 22. November 2012 vorgelegt (Anlage W1 – Bl. 75 f. GA), woraus sich ein
Umsatz mit Parfüm in der Schweiz und in Deutschland für die Jahre 2005 bis 2010
ergibt, der überwiegend kontinuierlich gesunken ist und im Jahr 2010 nur noch
6.782 € in der Schweiz und 2.296 € in Deutschland betragen hat. Daneben hat sie
einige – undatierte – Parfümverpackungen vorgelegt sowie sechs Rechnungen
(Anlage W3) für Parfüm an Abnehmer in Deutschland für den Zeitraum Mai 2005
- 17 -
bis März 2008 und sechs Rechnungen an Schweizer Kunden für den Zeitraum Juli
2005 bis Januar 2008.

Soweit sich die Angaben nicht nur auf die Benutzung in Deutschland, sondern
auch in der Schweiz beziehen, ist das im Hinblick auf das Übereinkommen
zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-,
Muster- und Markenschutz vom 13. April 1892 unschädlich, da nach Art. 5 Abs. 1
dieses Abkommens auch Benutzungshandlungen im Gebiet des anderen
Vertragsteils die Rechtsnachteile einer Nichtbenutzung ausschließen.

Wie die überreichten Parfümpackungen zeigen, befindet sich u. a. z. B. neben den
Produktmarken „Tamango“ und „BALAHE“ die Widerspruchsmarke zu 2.) als
erkennbare Zweitkennzeichnung. Das ist im Parfümeriebereich üblich, so dass die
Marke hier nicht nur als Unternehmenskennzeichen wahrgenommen wird. Das
Publikum ist vielfach an die Verwendung von Zweitkennzeichen gewöhnt, die eine
weit verbreitete und wirtschaftlich sinnvolle Praxis darstellt.

Für den ersten Zeitraum März 2005 bis März 2010 könnte man daher von einer
rechtserhaltenden Benutzung für Parfüm ausgehen.

2. Allerdings kann das letztlich dahinstehen, weil die Benutzung für den
zweiten Zeitraum nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden ist.

Für den zweiten Zeitraum von September 2011 bis September 2016 wird in der
eidesstattlichen Versicherung für Deutschland 2011 nur noch ein Parfümumsatz
von 4.209 € und kein Umsatz mehr in 2012 angegeben, während in der Schweiz
2011 noch 9.204 € und von Januar bis Ende Oktober 2012 noch 9.245 € Umsatz
erzielt worden sind. Auch hier ist eine rückläufige Tendenz erkennbar. Für den
vierjährigen Zeitraum 2012 bis 2016 und damit für den größten Teil des zweiten
Zeitraums fehlen Umsatzzahlen völlig.

- 18 -
Damit fehlt es insgesamt ebenfalls an der hinreichenden Glaubhaftmachung der
rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke IR 357 073 für Parfüm.

B. Die Anschlussbeschwerden sind unbegründet, weil die rechtserhaltende
Benutzung der beiden Widerspruchsmarken nicht glaubhaft gemacht worden ist.
Mangels berücksichtigungsfähiger Widerspruchswaren ist somit auch keine
Verwechslungsgefahr gegeben.


III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG sind nicht gegeben.


IV.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur
gegeben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,

- 19 -
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133
Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Kortge Reker Schödel

prö


Full & Egal Universal Law Academy