26 W (pat) 54/13  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:251017B26Wpat54.13.0


BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 54/13
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache




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betreffend die Marke 30 2010 066 933 (S 308/11 Lösch)
(hier: Beschwerde gegen Kostenentscheidung)

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
25. Oktober 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der
Richter Jacobi und Dr. von Hartz

beschlossen:

1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamtes vom 19. Februar 2013 wird aufgehoben,
soweit dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt
worden sind. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen die Kosten-
entscheidung zurückgewiesen.

2. Die wechselseitigen Kostenanträge werden zurückgewiesen.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zu-
rückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Für die Beschwerdegegnerin war am 2. März 2011 die Wort-/Bildmarke
(30 2010 066 933) für Waren der Klasse 33 eingetragen.

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Den am 5. November 2011 eingegangenen Löschungsantrag des Beschwerdefüh-
rers hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA)
mit Beschluss vom 19. Februar 2013 zurückgewiesen und dem Antragsteller die
Kosten des Verfahrens wegen mangelhafter Verfahrensführung sowie verfahrens-
fremder Argumente zur Begründung des Löschungsantrages auferlegt. Seine
Verfahrensbevollmächtigte habe für Verwirrung gesorgt, weil sie in das vorlie-
gende Löschungsverfahren drei weitere Löschungsantragsteller eingeführt und in
deren Namen Schriftsätze eingereicht habe. In einem Schriftsatz habe sie sogar
insgesamt sieben Antragsteller aufgeführt. Dies habe bei der Antragsgegnerin un-
nötige Zeit und Kosten verursacht. Ferner habe seine Bevollmächtigte den Lö-
schungsantrag auf Gründe gestützt, für die es weder in der Rechtsprechung noch
in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung gebe. So habe sie sich auf
die Verletzung von Namens- und namensähnlichen Rechten berufen, obwohl ihr in
einem bereits anhängigen Widerspruchsverfahren mitgeteilt worden sei, dass da-
für die ordentlichen Gerichte zuständig seien. Ferner habe sie auf aufgehobene
Gesetze und veraltete Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bür-
gerlichen Rechts Bezug genommen.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller allein gegen die Kostenent-
scheidung, die er für unbillig hält. Er ist der Ansicht, dass er die Kosten des Lö-
schungsverfahrens nicht zu tragen habe. Die Rechtsfindung sei Aufgabe des
DPMA. Seine Rechtsausführungen hätten nur der Unterstützung des Amtes ge-
dient. Soweit in seinen Schriftsätzen unzutreffende Aktenzeichen oder Verfah-
rensbeteiligte aufgeführt gewesen seien, könne ein etwaiges Versehen seiner
Verfahrensbevollmächtigten ihm nicht zur Last gelegt werden. Vielmehr seien die
Kosten des Löschungsverfahrens der Inhaberin der angegriffenen Marke aufzuer-
legen, weil sie trotz einer ersichtlich begründeten Löschungsaufforderung an einer
schutzunfähigen Marke festgehalten und somit den Löschungsantrag provoziert
habe. Ferner begehrt er die Rückzahlung der Amtsgebühren für das Löschungs-
und das Beschwerdeverfahren.

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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

1. den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamtes vom 19. Februar 2013 aufzuheben,
soweit ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind,
und die patentamtlichen Verfahrenskosten der Antragsgeg-
nerin aufzuerlegen;

2. der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens
aufzuerlegen;

3. die Rückzahlung der Löschungsgebühr und der Beschwerde-
gebühr anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

2. die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsteller
aufzuerlegen.

Sie verteidigt die angefochtene Kostenentscheidung des DPMA und vertritt die
Auffassung, dass der Antragsteller in einer nach anerkannten Beurteilungsmaß-
stäben aussichtslosen Situation sein Löschungsbegehren durchzusetzen versucht
und das Verfahren in einer Art und Weise geführt habe, die bei ihr erhebliche und
unnötige Kosten verursacht habe. Er habe wahllos und wirr Argumente vorge-
bracht, sich nicht auf die gesetzlich vorgesehenen Löschungsgründe beschränkt
und rechtliche Hinweise des DPMA ignoriert. Die eingereichten Schriftsätze hätten
zu einem Chaos geführt, welches nur durch mühevolle Recherchen und Rückfra-
gen beim DPMA aufzulösen gewesen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die isolierte Anfechtung der
Kostenentscheidung des DPMA nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Die
Vorschrift des § 99 Abs. 1 ZPO, die ein Verbot der isolierten Anfechtung der
Kostenentscheidung vorsieht und aufgrund der Verweisungsnorm in § 82 Abs. 1
Satz 1 Halbsatz 1 MarkenG grundsätzlich Anwendung finden könnte, ist wegen
der Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens vor dem Patentgericht nach § 82
Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MarkenG nicht anwendbar. Da das Bundespatentgericht
die erste gerichtliche Instanz ist, die einen Verwaltungsakt des DPMA überprüft,
handelt es sich beim markenrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht um ein
Rechtsmittel im Sinne von § 99 ZPO (vgl. BPatG 33 W (pat) 9/09 – IGEL PLUS/
PLUS; 24 W (pat) 47/13 – Macon Relax Vital).

2. Die Beschwerde ist auch begründet, soweit die Markenabteilung 3.4 des
DPMA dem Antragsteller die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens
auferlegt hat. Im Übrigen hat die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung kei-
nen Erfolg. Dies gilt auch für die wechselseitig gestellten Kostenanträge. Die An-
ordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt ebenfalls nicht in Be-
tracht.

a) Entgegen der Ansicht der Markenabteilung des DPMA waren die der
Antragsgegnerin im patentamtlichen Löschungsverfahren entstandenen Kosten
nicht dem Antragsteller aufzuerlegen. Die angefochtene Kostenentscheidung war
daher aufzuheben, mit der Folge, dass jeder Beteiligte die ihm im Löschungsver-
fahren erwachsenen Kosten gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst zu tragen
hat, was keines ausdrücklichen Ausspruches bedarf (BPatG 25 W (pat) 517/11).

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aa) Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung im patentamtli-
chen Verfahren ist § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, wonach das DPMA die Kosten
des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies
der Billigkeit entspricht. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG geht im Grundsatz davon
aus, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von die-
sem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände (BGH GRUR 1972, 600,
601 – Lewapur). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Um-
stand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur aus-
nahmsweise in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der
Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerle-
gen (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur).

bb) Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn der Schluss
nahe liegt, dass ein Beteiligter unter Verstoß gegen seine prozessualen Sorgfalts-
pflichten allein verfahrensfremde Ziele wie die Verzögerung einer Entscheidung
oder die Behinderung der Gegenseite verfolgt, etwa in dem er in einer nach allge-
mein anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen Situation sein Inte-
resse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen ver-
sucht und dadurch dem Verfahrensgegner vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl.
27 W (pat) 40/12 – mcpeople/McDonald′s; BPatGE 12, 238, 240 – Val-
sette/Garsette).

cc) Keiner der vorgenannten besonderen Umstände kann hier festgestellt wer-
den.

aaa) Soweit der Antragsteller zur Begründung seines Löschungsantrages auf
veraltete Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts und auf eine aufgehobene EU-Verordnung gestützt hat, ist es in erster Li-
nie Aufgabe des DPMA gewesen, die richtige rechtliche Beurteilung des zu ent-
scheidenden Sachverhaltes vorzunehmen. Auch wenn der Antragsteller aufgrund
des Schreibens des DPMA vom 23. September 2011 gewusst hat, dass die Ver-
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letzung von Namens- und namensähnlichen Rechten vor den ordentlichen Ge-
richten geltend zu machen sind, blieb es ihm zumindest unbenommen, die Mar-
keneintragung auch noch unter anderen Gesichtspunkten, insbesondere ob die
Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 4, 5, 9 und 10 MarkenG vorliegen, über-
prüfen zu lassen. Die Prüfung eines Löschungsantrages obliegt umfassend in
rechtlicher Hinsicht und aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes auch in tat-
sächlicher Hinsicht allein dem DPMA, auch wenn den Löschungsantragsteller eine
Mitwirkungspflicht trifft (vgl. BPatG GRUR 1997, 833, 835 – digital; Kirschneck in:
Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 54 Rdnr. 20). Rechtsausführungen der
Verfahrensbeteiligten können nur Anregungen sein. Der Grundsatz „iura novit
curia“ (das Gericht kennt das anzuwendende Recht) gilt entsprechend im justiz-
förmig ausgestalteten Patentamtsverfahren.

Soweit unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BPatG (MarkenR 2006, 172,
175 – Pinocchio) die Auffassung vertreten wird, dass im Löschungsverfahren be-
sondere Umstände dann vorliegen, wenn der Antragsteller sein Löschungsbegeh-
ren ausschließlich auf Löschungsgründe stützt, für die er weder in der Rechtspre-
chung noch in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung hat finden
können, handelt es sich zum einen um eine Einzelfallentscheidung, zum anderen
darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass eine Kostenauferlegung dort letztlich nur
erfolgt ist, weil das BPatG die alleinige Absicht der Verfolgung zweckfremder Ziele
bei der Stellung des Löschungsantrages festgestellt hat.

Abgesehen davon, dass aufgrund der vom Antragsteller behaupteten Unbefugtheit
der Antragsgegnerin zur Anmeldung der angegriffenen Marke insbesondere der
Löschungsgrund der Bösgläubigkeit nicht von Vornherein ausgeschlossen war,
fehlt es an einer eindeutigen Verfolgung verfahrensfremder Ziele. Hinzu kommt,
dass die angegriffene Marke den wesentlichen Teil des Namens des Antragstel-
lers enthält, so dass dieser sogar ein eigenes und nicht nur ein öffentliches Inte-
resse am Löschungsverfahren hatte.

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bbb) Soweit die Kostenauferlegung vom DPMA auch mit mangelhafter
Verfahrensführung begründet wird, ist, abgesehen davon, ob eine mangelhafte
Verfahrensführung allein bereits eine Kostenauferlegung rechtfertigen kann, zu
berücksichtigen, dass das DPMA an der durch die Schriftsätze des Antragstellers
gestifteten „Verwirrung“ mitgewirkt hat. Nach Eingang dieser Schriftsätze hätte es
dem Amt oblegen, darauf hinzuweisen, dass diese neuen Löschungsanträge nicht
auf diese Weise, sondern nur unter Benutzung des entsprechenden Formulars
nach § 41 MarkenV bei gleichzeitiger Einzahlung weiterer Löschungsgebühren
eingereicht werden müssen. Ferner hätte es neue Verfahren anlegen, eigene Ak-
tenzeichen vergeben und selbständig darüber entscheiden müssen. Wenn das
DPMA diese für das vorliegende Verfahren gegenstandslosen Schriftsätze den-
noch an den Gegner weiterleitet, hätte sie diesen zumindest darüber informieren
müssen, dass sich diese nicht auf das vorliegende Löschungsverfahren S 308/11
Lösch beziehen, sondern der – bisher unzulässigen – Einleitung weiterer, davon
unabhängiger Löschungsverfahren dienen, weshalb sie für das vorliegende Ver-
fahren nicht zu berücksichtigen sind. Dann hätte der Gegner sie auch nicht zur
Kenntnis genommen und Zeit gespart.

dd) Der Antragsteller hat darüber hinaus keine hinreichenden Gründe darge-
legt, warum die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens nach § 63
Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Antragsgegnerin aufzuerlegen wären. Allein der Um-
stand, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke der „Löschungsaufforderung“
des Antragstellers – wie das Löschungsverfahren gezeigt hat – zu Recht nicht
nachgekommen ist, kann eine Kostenentscheidung zu ihren Lasten nicht rechtfer-
tigen.

b) Der Antrag auf Rückzahlung der patentamtlichen Löschungsgebühr nach
§ 63 Abs. 2 MarkenG ist unzulässig. Die Entscheidung über die Rückzahlung der
Löschungsgebühr kann erstmalig nur vom DPMA im Rahmen des Löschungsver-
fahrens getroffen werden, aber nicht vom BPatG in einem Beschwerdeverfahren.

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Dieser unzulässige Antrag kann aber im Wege der Umdeutung als Beschwerde
gegen die stillschweigende Entscheidung des DPMA, die Löschungsgebühr ein-
zubehalten, gewertet werden.

aa) Nach § 63 Abs. 2 MarkenG kann das Patentamt anordnen, dass die Gebühr
für das Löschungsverfahren ganz oder teilweise zurückgezahlt wird, wenn dies der
Billigkeit entspricht. Von dieser Möglichkeit hat die Markenabteilung im angefoch-
tenen Beschluss keinen Gebrauch gemacht. Damit hat sie entschieden, dass eine
Rückzahlung der Löschungsgebühr nicht stattfinden soll. Eines Ausspruches zur
Frage der Rückzahlung der Löschungsgebühr bedarf es nur dann, wenn das
DPMA die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rückzahlung für gegeben hält,
also wenn es die Löschungsgebühr zurückzahlen will, oder wenn der Antragsteller
die Rückzahlung beantragt und das DPMA diesem Antrag nicht stattgeben will.
Keiner dieser Fälle lag hier jedoch vor. Weder wollte die Markenabteilung die Lö-
schungsgebühr zurückzahlen, noch hatte der Antragsteller im patentamtlichen
Verfahren einen förmlichen Rückzahlungsantrag gestellt. Schweigt der Beschluss
zur Frage der Rückzahlung der Löschungsgebühr, so ist damit entschieden, dass
die Löschungsgebühr – wie regelmäßig – einbehalten wird.

Im Verfahrensrecht gilt der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in
eine zulässige und wirksame umzudeuten ist (analog § 140 BGB), wenn deren
Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem maßgeblichen Parteiwil-
len entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht
(BGH NJW-RR 2001, 279; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., vor § 511 Rdnr. 37).

Danach ist die Umdeutung des Rückzahlungsantrages in eine Beschwerde des-
halb geboten, weil der als unzulässig anzusehende Antrag auf Rückzahlung der
Löschungsgebühr den Erfordernissen einer zulässigen Beschwerdeerhebung ent-
spricht, die bei entsprechender Kenntnis des Antragstellers gewollt sein würde.

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bb) Die Markenabteilung hat jedoch zu Recht die Löschungsgebühr einbehal-
ten.

Eine Rückzahlung der Löschungsgebühr kommt nur in Betracht kommt, wenn das
DPMA bei der Eintragung ersichtlich absolute Schutzhindernisse missachtet hat
und deshalb dem Löschungsantrag ohne weiteres stattzugeben ist (BPatG
30 W (pat) 20/08 – Signalblau und Silber). Das ist im vorliegenden Fall eindeutig
zu verneinen.

c) Die Anträge der Verfahrensbeteiligten, der jeweiligen Gegenseite die Kos-
ten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, haben ebenfalls keinen Erfolg.

Es bleibt bei dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt (§ 71
Abs. 1 Satz 2 MarkenG).

Zwar entspricht es in Nebenverfahren, insbesondere bei isolierten Kostenbe-
schwerden wie hier, im Regelfall der Billigkeit, das Unterliegensprinzip anzuwen-
den, weil andernfalls der durch die erfolgreiche Beschwerde erzielte Vorteil durch
die Belastung mit den eigenen im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten
aufgezehrt würde (BPatG 30 W (pat) 32/14 – ChemSeal). Aber insoweit verbietet
sich eine pauschale Betrachtungsweise. Es sind vielmehr alle Umstände des kon-
kreten Einzelfalles abzuwägen (BPatG 25 W (pat) 517/11 – Istanbul Türk kah-
vesi/TÜRK KAVEHSI). Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Antrag-
steller die fehlerhafte Kostenentscheidung der Markenstelle teilweise mitverur-
sacht hat und zum anderen, dass die Tragung der Kosten im Beschwerdeverfah-
ren für ihn nicht zu einem wirtschaftlich nur schwer akzeptablen Ergebnis führt in
der Form, dass er nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens wirtschaftlich im
Ergebnis schlechter dastünde als ohne Beschwerdeverfahren. Im Hinblick auf den
Gegenstandswert im patentamtlichen Löschungsverfahren mit einem Streitwert
von mindestens 50.000 € ist der wirtschaftliche Vorteil für den Antragsteller ange-
sichts des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren, der sich nur nach den
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zu errechnenden auferlegten Kosten richtet, bei einer erfolgreichen Beschwerde
auch dann noch gegeben, wenn er seine Kosten im Beschwerdeverfahren selbst
zu tragen hat.

d) Die vom Antragsteller begehrte Rückzahlung der Beschwerdegebühr ge-
mäß § 71 Abs. 3 MarkenG kann nicht angeordnet werden.

aa) Die Rückzahlung ist anzuordnen, wenn die Einbehaltung der Gebühr unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und bei Abwägung der Interes-
sen des Beschwerdeführers einerseits und der Staatskasse andererseits unbillig
wäre. Dabei ist der Erfolg der Beschwerde kein Rückzahlungsgrund. Es müssen
auch hier besondere Umstände hinzukommen. Billigkeitsgründe für die Rückzah-
lung können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern des DPMA wie der Verlet-
zung rechtlichen Gehörs ergeben. Die fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts
rechtfertigt die Rückzahlung nur dann, wenn die Rechtsanwendung als völlig un-
vertretbar erscheint, z. B. weil eindeutige gesetzliche Vorschriften oder eine ge-
festigte Amtspraxis bzw. eine ständige Rechtsprechung unbeachtet geblieben sind
(BPatG 30 W (pat) 20/08 – Signalblau und Silber; 26 W (pat) 20/15 - Goldkehl-
chen).

bb) Weder können schwere Verfahrensfehler des DPMA noch eine völlig unver-
tretbare Rechtsanwendung festgestellt werden.

aaa) Angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller durch seine in diesem
Verfahren eingereichten, neuen Löschungsanträge die Verwirrung im Verfahren
erst ausgelöst hat, rechtfertigt das weitere, diese Verwirrung nicht auflösende Ver-
halten des Amtes nicht die Annahme eines schweren Verfahrensfehlers.

bbb) Die Annahme besonderer Umstände durch das DPMA, wenn der
Antragsteller sein Löschungsbegehren ausschließlich auf Gründe stützt, für die es
weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise eine Be-
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stätigung gibt, war nicht völlig unvertretbar, weil diese Annahme losgelöst vom
konkreten Einzelfall in dieser Allgemeinheit auch in der Kommentarliteratur zu fin-
den ist (vgl. Knoll in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rdnr. 15).


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Kortge Jacobi Dr. von Hartz

prö


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