26 W (pat) 522/14  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 522/14
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache










betreffend die Markenanmeldung 30 2013 003 681.6

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
27. März 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der
Richter Reker und Dr. von Hartz

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beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamtes vom 13. November 2013 wird aufgehoben.


G r ü n d e

I.

Das Wortzeichen

FAVORIT

ist am 29. Mai 2013 unter der Nummer 30 2013 003 681.6 zur Eintragung als
Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register
für die nachfolgenden Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 35: Energiemanagement, nämlich Betriebsführung von Energieer-
zeugungs- und Verteilungsanlagen; Vermittlung von Verträgen
mit Stromlieferanten;

Klasse 37: Energiemanagement, nämlich Errichtung und Instandhaltung
von Energieerzeugungs- und Verteilungsanlagen; Erstellung
und Installation von Verteilnetzen und Transportnetzen; In-
standhaltung von Abwasser- und Frischwasseranlagen;

Klasse 39: Überlassung von Transportnetzen zur Durchleitung von Ener-
gie, Verteilung von Energie, Elektrizität, Gas, Wasser Wärme
(Nah- und Fernwärme) sowie Versorgung von Dritten mit
Strom, Gas, Wasser und Wärme (Nah- und Fernwärme); Be-
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trieb von Verteilnetzen und Transportnetzen; Wasserversor-
gung (Transport);

Klasse 40: Erzeugung von Energie, Heizwärme, Strom; Wasserbehand-
lung.

Mit Beschluss vom 13. November 2013 hat die Markenstelle für Klasse 39 die
Markenanmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur
Begründung hat sie ausgeführt, der allgemein bekannte Begriff „FAVORIT“ be-
zeichne eine Sache, die man vorziehe bzw. begünstige. Die Bezeichnung
„FAVORIT“ weise lediglich werbetypisch und glatt beschreibend darauf hin, dass
die beanspruchten Dienstleistungen beim Kunden „Favoriten“ in Bezug auf die
Angebote anderer Anbieter seien. Im Energie- und Stromsektor werde der Begriff
„FAVORIT“ oft beschreibend verwendet, wie eine überblicksartige Internetrecher-
che gezeigt habe, z. B. Energie-Effizienz-Favoriten, Stromfavoriten, der
Strompreisrechner www.stromfavorit.de und Favorit als Tarif für ein Stromprodukt.
Das Fehlen einer Information, weshalb die so gekennzeichneten Dienstleistungen
geeignet seien, beim Kunden eine bevorzugte „favorisierte“ Stellung einzuneh-
men, führe nicht zur Schutzfähigkeit. Die angemeldete Bezeichnung „FAVORIT“
erschöpfe sich somit in der Sachangabe über ein „bevorzugtes Produkt“ und
werde aufgrund der Gewöhnung des Verkehrs an verkürzte, plakative
Ausdrucksweisen in der Werbesprache trotz einer gewissen immanenten begriffli-
chen Unschärfe nicht als individualisierendes Betriebskennzeichen aufgefasst. Im
Übrigen seien in letzter Zeit vom DPMA auch die Anmeldezeichen „Favorit“
(30 2011 062 851.3), „FAVORIT“ (30 2009 061 481.4) und „FAVORITS“
(304 15 114.9) wegen fehlender Unterscheidungskraft und/oder Freihaltebedürftig-
keit zurückgewiesen worden. Die angeführten Voreintragungen aus den Jahren
1900, 1935, 1937, 1954, 1961, 1995, 2003 und 2006 seien wegen des Alters,
anderer Waren und Dienstleistungen und anders zu bewertender
Kennzeichnungsgepflogenheiten mit der vorliegenden Markenanmeldung nicht
vergleichbar.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, der von
den beanspruchten Dienstleistungen angesprochene Verkehrskreis seien ihre
Kunden im Gebiet Ludwigsburg-Kornwestheim, so dass der angesprochene Ver-
kehrskreis regional zu bestimmen sei. Für diesen weise das Anmeldezeichen auf
das Wahrzeichen der Region, nämlich das Schloss Favorite in Ludwigsburg, hin,
so dass ein eindeutiger Herkunftshinweis vorliege. Es sei lexikalisch nicht
nachweisbar, dass mit „FAVORIT“ eine Sache bezeichnet werde, welche man
vorziehe bzw. begünstige. Ferner habe die Markenstelle nicht nachgewiesen, dass
das Zeichen bei Dienstleistungen die Bedeutung habe, diese seien beim Kunden
„Favoriten“. In seiner primären Bedeutung „Günstling, Schützling, Liebling“ be-
stehe zu den angemeldeten – unkörperlichen – Dienstleistungen ein
Spannungsverhältnis, das nur durch einen gedanklichen Zwischenschritt aufgelöst
werden könne. Insoweit habe die Markenstelle daher eine unzulässige analysie-
rende Betrachtung vorgenommen. Es reiche sogar ein Minimum an Unterschei-
dungskraft aus. Bei der Eingabe der Suchworte „FAVORIT“ und „Strom“ im Inter-
net werde nur das Angebot der Anmelderin angezeigt, was für einen betrieblichen
Herkunftshinweis spreche. Die von der Markenstelle angeführte Entscheidung des
BPatG zu „myfavorite“ (25 W (pat) 97/06) sei nicht vergleichbar, weil sie sich auf
Waren und andere Dienstleistungen beziehe. Die Markenstelle habe sich zudem
nicht mit den einzelnen angemeldeten Dienstleistungen auseinandergesetzt. Man-
gels einer verifizierbaren Eigenschaft des Anmeldezeichens für die in Rede
stehenden Dienstleistungen sei auch keine Freihaltebedürftigkeit gegeben. Ferner
seien 10 Marken mit dem Wort „Favorit“ ins DPMA-Register eingetragen worden.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 6 und 7 des Schriftsatzes vom
28. Oktober 2013 (Bl. 53, 54 VA) nebst Anlagen (Bl. 57 – 77 VA) sowie die Sei-
ten 15 bis 17 der Beschwerdebegründung (Bl. 43 - 45 GA) Bezug genommen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 13. November 2013 aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig und be-
gründet.

Einer Registrierung des angemeldeten Wortzeichens „FAVORIT“ als Marke ste-
hen keine Schutzhindernisse entgegen, insbesondere kann dem Anmeldezeichen
entgegen der Auffassung der Markenstelle weder jegliche Unterscheidungskraft
abgesprochen werden, noch besteht ein Freihaltebedürfnis.

1. Die angemeldete Bezeichnung „FAVORIT“ ist unterscheidungskräftig im
Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen
als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese
Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen
unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat];
BGH GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you).
Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der
gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR
2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. –
OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein
Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch
so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden
(BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der
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Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen
Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden
Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel;
BGH a. a. O. Rdnr. 10 – OUI; a. a. O. Rdnr. 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten
Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten)
sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits
die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die
Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren
oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 -
Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehen-
den beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 -
Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn diese
aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer
bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer
entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR
2014, 872 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine
Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen,
welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar be-
treffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird
und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR
2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus, dass ein
Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche
Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal die-
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ser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146
Rdnr. 32 - DOUBLEMINT).

b) Diesen Anforderungen genügt das Wortzeichen „FAVORIT“, weil es im
maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung am 29. Mai 2013 für die beanspruchten
Dienstleistungen der Klassen 35, 37, 39 und 40 weder einen im Vordergrund ste-
henden beschreibenden Begriffsinhalt aufgewiesen noch einen engen beschrei-
benden Bezug zu ihnen hergestellt hat.

Der Senat hat nicht feststellen können, dass das Wort „FAVORIT“ in Alleinstellung
zum Anmeldezeitpunkt im Inland für die beanspruchten Dienstleistungen be-
schreibend oder als Werbeschlagwort verwendet worden ist.

aa) Bei den hier angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich vor allem um
Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene
sowie den Fachverkehr im Bereich der Energie- und Wasserversorgung sowie der
Abwasserentsorgung. Von den Dienstleistungen der Klasse 35 „Vermittlung von
Verträgen mit Stromlieferanten“ und der Klasse 39 „Versorgung von Dritten mit
Strom, Gas, Wasser und Wärme (Nah- und Fernwärme)“ wird auch der Endver-
braucher angesprochen.

Soweit die Anmelderin die Auffassung vertritt, es sei von einem regional definier-
ten Verkehrskreis auszugehen, weil es auf das Verständnis in dem Gebiet an-
komme, in welchem die Anmelderin tätig sei, kann dem nicht gefolgt werden. Als
beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen das fragliche Zei-
chen Verwendung finden oder Auswirkungen zeitigen kann, wobei diese nach ob-
jektiven Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu bestimmen
sind und nicht nach den individuellen Vermarktungsstrategien und Werbekonzep-
tionen der Anmelderin, die jederzeit geändert werden können (vgl. BGH GRUR
2008, 710 Rdnr. 32 – VISAGE; GRUR 2009, 411 Rdnr. 12 - STREETBALL). Mit
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ihrer Anmeldung begehrt die Beschwerdeführerin bundesweiten Markenschutz, so
dass auch die Verkehrskreise keiner räumlichen Beschränkung unterliegen.

bb) Das ursprünglich von dem lateinischen Wort „favor“ für „Gunst, Begünsti-
gung, Sympathie, Anerkennung“ abstammende, aus der weiblichen Form des
französischen Adjektivs „favorite“ mit der Bedeutung „beliebt“ sowie dem italieni-
schen Wort „favorito“ für „Begünstigter“ hervorgegangene Substantiv „FAVORIT“
bezeichnet jemanden, „der bevorzugt“ bzw. „anderen vorgezogen wird“, eine „be-
günstigte Person“, einen „Liebling“. Veraltet steht es für „Günstling, Geliebter“. Im
Sport erhält der Teilnehmer an einem Wettbewerb mit den größten Aussichten auf
den Sieg diese Bezeichnung (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, Band 9, 21. Aufl.,
Stichwort: Favorit; DUDEN, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl., Stichwort: Fa-
vorit).

cc) Ohne ein zusätzliches Bestimmungswort enthält das um Schutz nachsu-
chende Zeichen weder eine beschreibende Angabe noch eine Werbeaussage
über die angemeldeten Dienstleistungen. Es lässt völlig offen, wer die Dienstleis-
tungen bevorzugt. Ferner fehlt jeglicher Bezug zu den als Favorit zu qualifizieren-
den Dienstleistungen (BPatG 29 W (pat) 203/92 – FAVOURITE). Erst ein zusätzli-
cher die Person oder Sache konkretisierender Begriff, wie z. B. „my“, verdeutlicht,
ob es sich um den Favoriten der angesprochenen Person handelt (vgl. BPatG
25 W (pat) 97/06 – myfavorite), oder welches Produkt oder welche Dienstleistung
bevorzugt wird (BPatG 32 W (pat) 75/02 – My favourite music). Solche Ergänzun-
gen verändern aber das Anmeldezeichen, das ausschließlich in seiner angemel-
deten Gesamtheit Gegenstand der Prüfung im Eintragungsverfahren ist (BGH
GRUR 2011, 65 Rdnr. 10 - Buchstabe T mit Strich).

dd) Einen beschreibenden oder werbemäßigen Gebrauch des Wortes
„FAVORIT“ in Alleinstellung für die beanspruchten Dienstleistungen hat der Senat
nicht feststellen können.

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aaa) Die wenigen von der Markenstelle angeführten Nachweise können eine be-
schreibende Verwendung nicht belegen, weil die gefundenen Beispiele „Energie-
Effizienz-Favoriten, Stromfavoriten und www.stromfavorit.de“ den Begriff „Favorit“
nicht allein, sondern mit einem konkretisierenden Zusatz zu dem darauf bezoge-
nen Produkt enthalten, und „Favorit“ als Tarif für ein Stromprodukt eine marken-
mäßige Benutzung darstellt.

bbb) Auch eine Internetrecherche des Senats hat eine beschreibende Benutzung
des Wortes „FAVORIT“ in Alleinstellung für die in Rede stehenden Dienstleistun-
gen zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt am 29. Mai 2013 nicht aufzeigen kön-
nen.

ccc) Vielmehr wird das Wort „FAVORIT entweder isoliert markenmäßig oder zu-
sammen mit weiteren Begriffen beschreibend verwendet, die zusammen eine
sinnvolle Aussage im hier betroffenen Bereich der Energie- und Wasserversor-
gung sowie Entsorgung bilden:

- Stromnetz: Städtische Werke sind Favorit - Schwalm-Eder. Die Städtischen
Werke Kassel haben im Rennen um die Partnerschaft mit der kommunalen
Netzgesellschaft Enerkom am besten abgeschnitten (06.10.12,
https://www.hna.de/lokales/fritzlar-homberg/stromnetz-staedtische-werke-
sind-favorit-2535093.html);

- Stromspeicherung
Power to Gas ist Favorit bei den Stromspeichern für erneuerbare Energien
(04.09.12, http://www.maschinenmarkt.vogel.de/power-to-gas-ist-favorit-
bei-den-stromspeichern-fuer-erneuerbare-energien-a-376797/);

- Nach dem Volksentscheid Kampf um die Berliner Strom-Konzession
Es gibt kein Aufatmen, keine Siegesfeier beim Energiekonzern Vattenfall -
trotz des günstigen Ausgangs beim Volksentscheid: Das Bieterverfahren
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um den Betrieb des Berliner Netzes geht weiter. Und als Favorit gilt derzeit
der holländische Betreiber Alliander. (04.11.2013,
http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/nach-dem-volksentscheid-kampf-um-
die-berliner-strom-konzession/9027396.html).

ddd) Bei der angemeldeten Bezeichnung „FAVORIT“ handelt es sich auch nicht
um ein geläufiges, alltägliches Werbeschlagwort (BPatG 29 W (pat) 203/92 –
FAVORITE; 27 W (pat) 3/03 – FAVORIT – OfficeFlow).

Zwar kommt eine werbende Anpreisung nicht nur bei aus mehreren Wörtern be-
stehenden Werbeslogans in Betracht, sondern auch bei einem prägnanten Ein-
zelwort, wenn dessen Bedeutung ohne weiteres eine anpreisende Wirkung in Be-
zug auf konkrete Waren oder Dienstleistungen beinhaltet (BGH a. a. O. Rdnr. 20 –
OUI). Allerdings kann die Annahme einer allgemeinen Werbeaussage des Mar-
kenwortes nicht auf Beispiele gestützt werden, in denen das Markenwort nicht in
Alleinstellung, sondern stets im Zusammenhang mit anderen Worten benutzt wird,
aus denen sich seine werbliche Bedeutung erschließt (BGH a. a. O. Rdnr. 24 –
OUI).

Letzteres ist aber vorliegend der Fall. In der Werbesprache wird zwar mit dem Be-
griff „Favorit“ ein Werteversprechen verbunden, allerdings nur in Verbindung mit
weiteren Begriffen, wie z. B. „Ein Favorit jagt hier den anderen!“ (vgl. Rothfuss,
Wörterbuch der Werbesprache, 1991, S. 59 – Favorit). Die Recherche des Senats
bei www.slogans.de hat bestätigt dass das Anmeldezeichen bis heute im Inland
nur innerhalb von Werbesätzen, aber nie allein verwendet wird, wie z. B.

- „Der Aufstiegsfavorit“ (Honda, 2014)
- „Milky Way ist Favorit, schadet nicht dem Appetit!“ (1967)
- „Favorit im Jet-Zeitalter“ (Whisky-Soda, 1969).

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Soweit das BPatG im Jahr 1992 (24 W (pat) 113/91 – Winner) unter Bezug auf die
Entscheidung zu „Cracks“ (28 W (pat) 230/87) in einem obiter dictum das Wort
„Favorit“ als einen mit „Winner“ vergleichbaren, schutzunfähigen Begriff bezeich-
net hat, geschah dies ohne jegliche tatsächliche Feststellungen.

ee) Die zuvor dargelegte Verwendung des Begriffs „FAVORIT“ lässt somit nicht
den Schluss zu, dass der angesprochene Verkehr das Anmeldezeichen in Allein-
stellung, also ohne einen konkretisierenden Bezug zu einer Person, einer be-
stimmten Zeit oder einer konkreten Ware oder Dienstleistung als beschreibende
Angabe oder als allgemeine Werbeaussage versteht (BPatG 29 W (pat) 203/92 –
FAVORITE). Die Prägnanz dieses Wortes an sich ist zu gering, um zu einer werb-
lich brauchbaren Sachaussage über die beanspruchten Dienstleistungen zu kom-
men.

b) Auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer
Eintragung des Anmeldezeichens „FAVORIT“ für die fraglichen Dienstleistungen
nicht entgegen.

Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der
Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben
bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der
Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen dienen können, für die sie eingetragen werden sollen. Mit diesem
Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle
Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder
Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden
können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen
vorbehalten werden (EuGH GRUR 2004, 680 Rdnr. 35 f. - BIOMILD; GRUR 2004,
674 Rdnr. 54 u. 95 - Postkantoor; GRUR 2004, 146 Rdnr. 31 - DOUBLEMINT).

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Da das Markenwort „Favorit“ zum maßgeblichen Zeitpunkt keine unmittelbar be-
schreibende Angabe für die beanspruchten Dienstleistungen enthalten hat und
auch ein Trend zur beschreibenden Verwendung nicht absehbar war, ist auch ein
Freihaltebedürfnis zu verneinen.


Kortge Reker Dr. von Hartz

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