26 W (pat) 514/17  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:191218B26Wpat14.17.0

BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 514/17
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache






betreffend die Markenanmeldung 30 2016 024 469.7

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 19. Dezember 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin
Kortge sowie der Richter Jacobi und Schödel

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beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Das Wortzeichen
goFit

ist am 26. August 2016 unter der Nummer 30 2016 024 469.7 zur Eintragung in
das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemel-
det worden für Waren der

Klasse 27: Matten.

Mit Beschluss vom 9. Januar 2017 hat die Markenstelle für Klasse 27 des DPMA
die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit
gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat sie ausgeführt, das angemeldete Wortzeichen bestehe aus der sprach-
üblichen Kombination der einfachen und leicht verständlichen englischen Begriffe
„go“ für „wende dich zu“ oder „werde“ und „fit“, das mit „gesund“, „gut in Form“
oder „fähig zu Höchstleistungen“ übersetzt werde. Das Anmeldezeichen werde
daher von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen als sloganartige
Aufforderung im Sinne von „fit (leistungsfähig) werden“ oder „werde fit (leistungs-
fähig)“ verstanden. Wortkombinationen dieser Art würden im Alltag und in der
Werbung vielfach als Aufforderung verwendet, sich mit etwas zu befassen, etwas
zu tun oder zu werden, wie z. B. „go green“, „go digital!“, „go independent“, „go
east“, „go feminin“ oder „go pro“. Die Binnengroßschreibung sei heutzutage wer-
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beüblich. Die angemeldete Wortverbindung vermittle daher eine anpreisende
Werbeaussage über den Bestimmungszweck der beanspruchten Waren mit dem
Inhalt, dass man mit Hilfe dieser „Matten“ „fit werde“ oder diese das Erlangen einer
gewissen Fitness unterstützten oder erleichterten. Die Anmelderin könne sich
auch nicht auf die vermeintlich vergleichbaren Voreintragungen „GOFIT“
(39985338) und „GOFIT“ (30142041) berufen, da beide gelöscht seien.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 27 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 9. Januar 2017 aufzuheben.

Sie ist der Ansicht, von den niedrigpreisigen Produkten „Matten“ werde nur der
Durchschnittsverbraucher, nicht auch der Fachhandel angesprochen, zumal Mat-
ten je nach ihrem Zweck von unterschiedlichen Fachhändlern geführt würden. Es
gebe eine Vielzahl unterschiedlicher Mattenarten wie Fußmatten, Automatten,
Hängematten, Unterlegematten, Yoga-Matten oder im Bauwesen Matten zur
Wärmedämmung oder Betonstahlmatten. Das Anmeldezeichen mit der Binnen-
großschreibung sei in seiner Gesamtheit eine kreative Wortschöpfung, die ledig-
lich eine gewisse Suggestivwirkung entfalte, wie das bei der geschützten Marke
„CompuNet“ (2001382) der Fall sei, die unmittelbar auf die registrierten Computer
hinweise. „goFit“ beschreibe nicht die Ware „Matte“ als solche, sondern allenfalls
eine Tätigkeit, die man mittels einer bestimmten Matte ausführen könne. Der
bloße Kauf einer Matte verbessere noch nicht die Fitness des Käufers. Die Frage
nach dem Einsatzzweck von Matten ergebe sich erst nach einem unzulässigen
gedanklichen Zwischenschritt. Zudem sei „fit werden“ korrekt mit „to get fit“ ins
Englische zu übersetzen. Soweit der gleichlautende Ausdruck im Zusammenhang
mit Fitness- und Trainingsprogrammen, Körperstatik oder Kongressen und damit
für Dienstleistungen der Klasse 41, 42 und 44 verwendet werde, lasse sich daraus
nichts im Hinblick auf die beanspruchten „Matten“ ableiten. Selbst als Werbeslo-
gan könne dem angemeldeten Wortzeichen eine betriebliche Herkunftsfunktion
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zukommen. Im Übrigen seien die Marken „GO DIGITAL (30 2010 007 442), „Go
East“ (30 2010 002 105), „GOFEMININ“ (IR 759655) eingetragen worden. Sogar
das Zeichen „GoFit“ (30 2011 064 233) sei für die Dienstleistungen „sportliche und
kulturelle Aktivitäten“ der Klasse 41 in das deutsche Markenregister aufgenommen
worden. Auch die gleich lautende Unionsmarke (002 329 589) sei registriert wor-
den.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 16. April 2018 ist die Anmelderin unter Beifügung
von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 3, Bl. 12 – 30 GA) darauf hingewiesen wor-
den, dass die beanspruchte Wortkombination nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig,
aber unbegründet.

1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „goFit“ als Marke steht in
Bezug auf die beanspruchten Waren „Matten“ der Klasse 27 das absolute Schutz-
hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht die Eintra-
gung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen
als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Wa-
ren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unter-
scheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH
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GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-
Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der
Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi
AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. –
OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshinder-
nis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so
geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden
(BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass
der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen
seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analy-
sierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 –
Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmel-
dezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind
einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die
Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrneh-
mung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienst-
leistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen
Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehen-
den beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 –
Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 –
Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der
deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Ver-
kehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung –
stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH
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a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute
Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem
auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder
Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger
beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme ge-
rechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres
erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft
sieht (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür
reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten
Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar
um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutun-
gen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH
GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 –
HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Be-
griffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind.
Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreiben-
der Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombina-
tion eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachan-
gabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR
2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind
keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH
GRUR Int. 2012, 914 Rdnr. 25 – Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE
EINFACH]; a. a. O. Rdnr. 36 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; GRUR
2004, 1027, Rdnr. 33 und 34 - Erpo Möbelwerk [Das Prinzip der Bequemlichkeit];
BGH GRUR 2015, 173 Rdnr. 17 – for you; GRUR 2014, 872 Rdnr. 14 – Gute
Laune Drops; GRUR 2014, 565 Rdnr. 14 – smartbook). Vielmehr ist in jedem Fall
zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat
oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungs-
kraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH GRUR
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2009, 949 Rdnr. 10 – My World; GRUR 2009, 778 Rdnr. 11 – Willkommen im Le-
ben; GRUR 2010, 935 Rdnr. 8 – Die Vision). Selbst wenn aber Marken, die aus
Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise
oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleis-
tungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Um-
fang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch ge-
eignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genom-
menen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 56 –
Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]). Dies kann insbesondere dann der Fall
sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung beste-
hen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß
an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskrei-
sen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Rdnr. 57 – Audi/HABM [Vor-
sprung durch Technik]; BGH a. a. O. Rdnr. 17 – for you; GRUR 2013, 552 Rdnr. 9
– Deutschlands schönste Seiten; a. a. O. – My World). Der anpreisende Sinn einer
angemeldeten Wortfolge schließt deren Eignung als Herkunftshinweis nur dann
aus, wenn der Verkehr sie ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht (BGH
a. a. O. Rdnr. 23 – OUI).

b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG genügt das angemeldete Wortzeichen „goFit“ nicht.

Es ist zwar prägnant, einfach gehalten und eingängig. Aber in Bezug auf die be-
anspruchten Waren der Klasse 27 ist es weder interpretationsbedürftig, noch löst
es einen Denkprozess aus. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise ha-
ben es vielmehr schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 26. August 2016, ohne be-
sonderen gedanklichen Aufwand nur und ausschließlich als werblich anpreisende
Angabe des Bestimmungszwecks der verfahrensgegenständlichen Produkte
„Matten“ verstanden, so dass es sich nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem
bestimmten Unternehmen eignet.

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aa) Von den „Matten“ werden breite Verkehrskreise, nämlich sowohl der normal
informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher
als auch der Fachhandel der Sport-, Freizeit-, Einrichtungs- oder Baubranche an-
gesprochen.

bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden ursprünglich aus dem
Englischen stammenden Wörtern „go“ und „Fit“ zusammen.

aaa) Das Verb „go“ entstammt dem englischen Grundwortschatz und wird als
Infinitiv mit „gehen, fahren, werden“ (Grund- und Aufbauwortschatz Englisch,
2. Aufl. 1977, Verlag Ernst Klett, Stuttgart, S. 49) oder als Imperativ „geh!“, „wende
dich […] zu!, „Werde!“ übersetzt. Es ist den angesprochenen Verkehrskreisen
auch aus den Komposita „No-Go“, „Stop-and-Go“ oder „to go“ im Sinne „für unter-
wegs/zum Mitnehmen“ bekannt, die Aufnahme in den Duden gefunden haben (s.
Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis; BPatG 25 W (pat) 6/18 – goRecht,
26 W (pat) 516/18 – Drink2Go; BPatG 29 W (pat) 89/97 – go first).

bbb) Als deutsches und englisches Adjektiv bedeutet „fit“ „in guter körperlicher
Verfassung, sportlich durchtrainiert; leistungsfähig, tüchtig, qualifiziert, befähigt“
(www.duden.de; s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis, www.leo.org), als engli-
sches Verb „passen, anbauen, anliegen“ und als englisches Substantiv „Sitz,
Passform, Anfall, Anpassung“ (www.leo.org).

cc) In seiner Gesamtheit kommt dem Anmeldezeichen die Bedeutung zu
„werde sportlich durchtrainiert/leistungsfähig/fit“. Aufgrund der Großschreibung
und der Nachstellung des Wortes „Fit“ kommt letzteres weder als Verb noch als
Substantiv der englischen Sprache in Betracht. Zudem würde den Gesamtbedeu-
tungen die Sinnhaftigkeit fehlen. Auch wenn die korrekte englische Übersetzung
„get fit“ lauten müsste, ist die Kombination von „go“ im Sinne von „werden“ mit ei-
nem Adjektiv, wie schon die Markenstelle ausgeführt hat, dem Verkehr schon vor
dem Anmeldezeitpunkt aufgrund des weit verbreiteten Slogans „Go Green“ be-
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kannt gewesen, der dazu auffordert, umweltfreundlich/umweltbewusst/nachhaltig
zu werden. In diesem Sinne ist die angemeldete Wortkombination auch schon
zum Anmeldezeitpunkt, dem 26. August 2016, benutzt worden, z. B. hat der SV
Rot Weiß Harste von 1920 e.V. mitgeteilt, dass es „seit dem 30. August 2016“ „die
Gruppe „Gesundheitsorientiert-Fit-Regelmäßig Sport mit Abwechslung“, kurz „GO-
FIT“, gebe, in der „Ausdauer und Muskelkraft mit Step-Intervall“ trainiert werde,
oder die Gothaer Krankenversicherung hat berichtet, dass am 24. April 2007 der
GoFit-Kongresstag für betriebliche Gesundheitsförderung stattgefunden habe (vgl.
Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis).

dd) Die beanspruchte Wortverbindung „goFit“ ist damit schon zum Anmeldezeit-
punkt von den breiten angesprochenen Verkehrskreisen nur als sloganartiger
Hinweis dahingehend verstanden worden, dass die beanspruchten Waren
„Matten“ der Klasse 27 dazu bestimmt sind, dem Fitwerden zu dienen. Denn Mat-
ten werden regelmäßig als Unterlage für sportliche oder gymnastische Übungen
zur Körperertüchtigung verwendet, um Knie, Wirbel und Gelenke zu schonen und
Sportverletzungen vorzubeugen. Dem Kunden werden die so gekennzeichneten
„Matten“ daher mit dem Kaufappell angeboten, „werde fit“. Damit erschöpft sich
die angemeldete Wortkombination in einer werblich anpreisenden Angabe des
Verwendungs- und Einsatzzwecks der beanspruchten Produkte und eignet sich
nicht als betrieblicher Herkunftshinweis.

ee) Dass es auch Matten ganz anderer Art wie Fußmatten, Automatten, Hänge-
matten, Unterlegematten, Matten zur Wärmedämmung oder Betonstahlmatten
gibt, wie die Anmelderin ausführt, ist unbeachtlich. Denn einer Eintragung als
Marke für einen weiten Waren- oder Dienstleistungsoberbegriff stehen die Eintra-
gungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG schon dann entgegen,
wenn sie hinsichtlich einzelner unter den Oberbegriff fallender Waren und Dienst-
leistungen vorliegen (BGH GRUR 2015, 1012 Rdnr. 44 – Nivea-Blau; GRUR 2002,
262, 262 – AC).

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ff) Die der Rechtschreibung zuwiderlaufende Zusammenschreibung stellt
keine der Struktur nach ungewöhnliche Veränderung dar. Vielmehr handelt es sich
um eine Orthografieabweichung oder eine Abwandlung, die in der Werbung üblich
ist (BPatG 25 W (pat) 2/16 – findwhatyoulike; 26 W (pat) 122/09 - mykaraokeradio;
29 W (pat) 104/13 - edatasystems; 33 W (pat) 511/13 - klugeshandeln;
26 W (pat) 3/15 - dateformore). Die angesprochenen Verkehrskreise sind mit der
zäsurlosen Aneinanderreihung von Wörtern schon aufgrund der Domainnamen im
Internet vertraut, bei denen Leerzeichen unzulässig sind.

gg) Auch die regelwidrige Binnengroßschreibung des Buchstabens „F“ vermag
nicht zur Schutzfähigkeit verhelfen, weil diese ebenfalls seit langem werbeüblich
ist (BGH GRUR 2003, 963, 965 – AntiVir/AntiVirus; BPatG
29 W (pat) 576/17 - SmartGrill; 26 W (pat) 47/05 - SmartCan). Sie führt im
Gegenteil dazu, dass der angesprochene Verkehr problemlos erkennt, dass das
Zeichen aus den zwei Begriffen „go“ und „Fit“ zusammengesetzt ist.

2. Der Eintragung der angemeldeten Wortkombination „goFit“ als Marke für
die beanspruchten Waren „Matten“ der Klasse 27 steht auch das absolute Schutz-
hindernis der Freihaltebedürftigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung
ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im
Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestim-
mung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Wa-
ren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger
Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutz-
hindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass beschrei-
bende Zeichen oder Angaben von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet
werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unterneh-
men vorbehalten werden (EuGH GRUR 2011, 1035 Rdnr. 37 – 1000; BGH GRUR
2017, 186 Rdnr. 38 - Stadtwerke Bremen). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2
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Nr. 2 MarkenG erfordert nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits
tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der an-
gemeldeten Art verwendet werden (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 56 – Postkan-
toor; BGH GRUR a. a. O. Rdnr. 42 – Stadtwerke Bremen). Vielmehr genügt es,
dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können (EuGH GRUR 2004, 146,
147 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; GRUR 2010, 534 Rdnr. 52 – PRANAHAUS). Für
die Beurteilung der Eignung eines Zeichens als beschreibende Angabe ist auf die
Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen auf-
merksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren
oder Dienstleistungen zum maßgeblichen Anmeldezeitpunkt abzustellen.

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die angemeldete Wortfolge
„goFit“ für die angemeldeten Waren bereits zum Anmeldezeitpunkt auch freihalte-
bedürftig gewesen.

Denn sie ist aus Sicht der angesprochenen breiten Verkehrskreise als allgemeine
Werbeaussage im Sinne von „werde fit“ schon vor dem 26. August 2016 ohne
weiteres geeignet gewesen, die beanspruchten „Matten“ durch Angabe ihres Be-
stimmungszwecks unmittelbar zu beschreiben, wie es bereits beim Schutzhinder-
nis der fehlenden Unterscheidungskraft ausführlich dargestellt worden ist (vgl.
auch BPatG 29 W (pat) 89/97 – go first).

3. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Markeneintragungen
rechtfertigen keine andere Beurteilung.

a) Die drei deutschen Wortmarken „GO FIT“ (399 53 355; 399 85 338;
301 42 041) sind gelöscht.

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b) Bei der für die Dienstleistungen „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ der
Klasse 41 eingetragenen Wort-/Bildmarke (30 2011 064 233)
dürfte die grafische Ausgestaltung schutzbegründend sein.

c) Die im Jahre 2010 für andere Waren und Dienstleistungen registrierten
Wortmarken „GO DIGITAL“ (30 2010 007 442) und „Go east“ (30 2010 002 105)
sind auch deshalb nicht vergleichbar, weil sie in Bezug auf die für sie geschützten
Waren und Dienstleistungen keinen beschreibenden Charakter haben.

d) Die inländische Schutzbewilligung für die IR-Marke „GOFEMININ“ (759655)
liegt schon mehr als 15 Jahre zurück. In dieser Zeit hat sich das Verkehrsver-
ständnis erheblich verändert.

e) Dies gilt erst recht für die Wortmarke „CompuNet“ (2001382), die bereits am
13. Mai 1991, also vor mehr als 25 Jahren, ins Markenregister aufgenommen wor-
den ist.

f) Aber selbst wenn die Voreintragungen unter b) bis e) vergleichbar wären,
könnte es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen handeln. Niemand
kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen
berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667,
668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und
SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht
das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden
kann.

g) Die Eintragung von „GoFit“ als Unionswortmarke (002 329 589) reicht
ebenfalls nicht aus, um Schutzhindernisse im Inland auszuräumen. Die im
Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der
Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Amt der Europäischen
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Union für geistiges Eigentum (EUIPO) aufgrund der Unionsmarkenverordnung
getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für
Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428
Rdnr. 63 – Henkel; GRUR 2004, 674 Rdnr. 43 f. – Postkantoor). Sie vermögen
nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten (BGH GRUR 2014, 569
Rdnr. 30 - HOT; GRUR 2009, 778 Rdnr. 18 – Willkommen im Leben).

4. Diese Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BGH
im Verfahren wegen Verletzung der geschäftlichen Bezeichnung „goFit“ (GRUR
2018, 935), die als geeignet angesehen worden ist, sich im Verkehr als Firmen-
schlagwort im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen durchzusetzen. In-
soweit fehlt es schon an einer tatsächlichen und rechtlichen Vergleichbarkeit der
Fallgestaltungen. Abgesehen davon, dass die Anforderungen an die Unterschei-
dungskraft eines Firmenschlagwortes wesentlich geringer sind als bei einer Marke,
ist auch der Firmenbestandteil „goFit“ infolge beschreibenden Anklangs als kenn-
zeichnungsschwach angesehen worden. Allerdings dürfte er in Bezug auf die dort
in Rede stehende Fußreflexzonenmassagematte auch keinen vergleichbar be-
schreibenden Charakter haben. Denn die Reflexzonenmassage ist eine alternative
therapeutische Behandlungsform, die in der Schmerztherapie und bei Durchblu-
tungsstörungen übliche medizinische Verfahren und physiotherapeutische An-
wendungen ergänzen sowie eine Verbesserung des Wohlgefühls unterstützen
kann (https://de.wikipedia.org/wiki/Reflexzonenmassage). Sie dient aber nicht in
erster Linie dem sportlichen Training oder der Steigerung der Fitness, wie dies
beispielsweise bei Gymnastikmatten der Fall ist und wie es das Anmeldezeichen
„goFit“ mit der Bedeutung „werde fit“ unmissverständlich zum Ausdruck bringt.


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III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
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schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Kortge Jacobi Richter Schödel ist
urlaubsbedingt an der
Unterzeichnung
gehindert.

Kortge

prö


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