26 W (pat) 511/14  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 511/14
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Markenanmeldung 30 2012 009 294.2

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. Februar 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der
Richter Reker und Schödel

- 2 -
beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Das Wort-/Bildzeichen (schwarz/weiß)



ist am 27. November 2012 unter der Nummer 30 2012 009 294.2 zur Eintragung
als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte
Register für Waren der Klassen 12 und 20 sowie Dienstleistungen der Klasse 35
angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 4. Februar 2014 hat die Markenstelle für Klasse 20 des DPMA
die Anmeldung teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37
Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen, nämlich für die Waren und
Dienstleistungen der

Klasse 20: Schränke aus Metall, wie Flügeltürschränke,
Schiebetürenschränke, Kleider-Schließfachschränke, Garde-
robenschränke, Kleiderspinde, Schließfachschränke, Schwer-
lastschränke, Umwelt-Schutzschränke, Hängeschränke,
Beistellschränke, Flügeltürschränke mit Aufsatzpult,
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Schubladenschränke 200, Schubladenschränke 75,
Einteilungsmaterial für Schubladenschränke, Werkzeug-
schränke, Rollschränke; Schränke aus Holz, wie
Flügeltürschränke, Schiebetürenschränke, Kleider-
Schließfachschränke, Garderobenschränke, Kleiderspinde,
Schließfachschränke, Schwerlastschränke, Umwelt-
Schutzschränke, Hängeschränke, Beistellschränke,
Flügeltürschränke mit Aufsatzpult, Schubladenschränke 200,
Schubladenschränke 75, Einteilungsmaterial für Schubladen-
schränke, Werkzeugschränke, Rollschränke; Regale aus
Metall, wie Wandregale, Hängeregale, Regalsysteme; Regale
aus Holz, wie Wandregale, Hängeregale, Regalsysteme;
Sitzbänke; Werkbänke; Offene Garderoben, Garderoben-
systeme; Kleiderständer; Werkstattwagen;

Klasse 35: Dienstleistungen des Einzelhandels auch über das Internet in
den Bereichen: Möbel wie Schränke und Regale, Leitern;
Beratung für Schranksysteme, Regalsysteme, Leitern.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen enthalte den sachlichen
Hinweis, die zurückgewiesenen Waren, insbesondere Schränke und
Schranksysteme, seien in einem Meisterbetrieb gefertigt worden bzw. zeichneten
sich durch meisterliche Qualität aus. Zwar sei der Begriff „Meisterschrank“
lexikalisch nicht nachweisbar, jedoch reihe er sich nahtlos in die Reihe gängiger
Begriffe wie „Meisterbrief“, „Meisterelf“, „Meisterbauer“, „Meisterklasse“,
„Meisterleistung“, „Meisterstück“, „Meisterwerk“ oder „Meistertitel“ ein. Der Verkehr
sei daran gewöhnt, ständig mit neuen Begriffen und Wortkombinationen
konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene oder ausschließlich
werbemäßige Hinweise lediglich in einprägsamer Form übermittelt würden. Der
Sachhinweis auf Art und Qualität der versagten Waren werde durch die Graphik
unterstützt, die sich an ein auf „Facebook“ verwendetes Zeichen für „Prima“,
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„Super“ oder „Gut so!“ anlehne. Bei dem schwarzen Rechteck, auf dem der weiße
Schriftzug angebracht sei, handele es sich nur um ein einfaches graphisches
Gestaltungselement in Etikettenform ohne kennzeichnende Eigenart. Der
Bildbestandteil einer Faust mit erhobenem Daumen, der lediglich bekräftige, dass
„alles in Ordnung“ sei, stelle eine werbeübliche Graphik dar, die standardmäßig in
Textverarbeitungsprogrammen und im Internet zum Download angeboten werde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, den
Begriff „Meisterschrank“ als solchen gebe es nicht. Die von der Markenstelle
angenommene beschreibende Bedeutung ergebe sich erst nach mehreren
Gedankenschritten. Aufgrund des Bildbestandteils könne dem Anmeldezeichen in
seiner Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Es
entspreche gängiger Praxis, Zeichen mit dem Wortbestandteil „Meister“ und
einfachen graphischen Bildbestandteilen ins Markenregister einzutragen. Wegen
der Einzelheiten der acht genannten Voreintragungen wird auf Seite 2 der
Beschwerdebegründung verwiesen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 4. Februar 2014 aufzuheben.

Ferner regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 13. Januar 2017 ist die Anmelderin unter
Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 4, Bl. 21 – 43 GA) darauf
hingewiesen worden, dass das Anmeldezeichen nicht für schutzfähig erachtet
werde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber
unbegründet.

Der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens
als Marke steht in Bezug auf die zurückgewiesenen
Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden
Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so
dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen
als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese
Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen
unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat];
BGH GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI; GRUR 2015, 173, 174 Rdnr. 15 – for you).
Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der
gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR
2010, 228 Rdnr. 33 - Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. –
OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein
Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch
so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden
(BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der
Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen
Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden
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Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 - Henkel;
BGH a. a. O. Rdnr. 10 – OUI; a. a. O. Rdnr. 16 – for you).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten
Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten)
sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits
die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die
Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren
oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 -
Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund
stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674,
Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 - Link economy) oder
wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache
oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche
und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. Rdnr. 12 –
OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen
keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände
beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht
unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen
hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen
(BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress). Hierfür reicht es aus,
dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine
sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein
Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR
2004, 146 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes
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Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich
genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der
Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die
beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung
erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR
2007, 204 Rdnr. 77 f. - CELLTECH; BGH a. a. O. Rdnr. 16 - DüsseldorfCongress).

2. Diesen Anforderungen genügt das Anmeldezeichen nicht, weil sein
Wortelement für die versagten Waren der Klasse 20 und die Dienstleistungen der
Klasse 35 einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt
aufweist.

a) Die angesprochenen Verkehrskreise sind normal informierte, angemessen
aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher sowie der
Möbelfachhandel, aber auch Unternehmensinhaber oder Angehörige der
unternehmerischen Führungsebene, die mit der Beschaffung von Schrankmöbeln,
Regalsystemen, Werkstattwagen und Leitern befasst sind und entsprechende
Beratung in Anspruch nehmen wollen.

b) Der allgemein verständliche Wortbestandteil setzt sich aus den beiden
gewöhnlichen und geläufigen Substantiven „MEISTER“ und „SCHRANK“
zusammen.

aa) Das hier verwendete Präfix „Meister-“ drückt in Bildungen mit Substantiven
aus, dass jemand als Meister seines Fachs oder als großer Könner angesehen
wird, wie z. B. Meisterköchin, Meisterspion, bzw. dass etwas meisterhaft oder
großartig ist, wie z. B. Meisterleistung, Meisterschuss (www.duden.de, Anlage 1
zum gerichtlichen Hinweis). Damit weist der vorangestellte Begriff „Meister“, der
u. a. einen Handwerker bezeichnet, der seine Ausbildung mit der Meisterprüfung
abgeschlossen hat, nicht nur auf „von Meisterhand“ hergestellte/gefertigte
handwerkliche Produkte, sondern auch auf eine besonders hochstehende Qualität
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bzw. eine Spitzenqualität hin. Er enthält damit ein allgemeines
Qualitätsversprechen (BGH a. a. O. Rdnrn. 12 u. 16 - grill meister; BPatG
30 W (pat) 19/14 – MEISTERÖL Ihrem Auto zuliebe; 24 W (pat) 519/13 –
ÖldruckMaster; 29 W (pat) 93/03 – AuditMaster; 29 W (pat) 36/12 – Meistertricks;
26 W (pat) 511/12 – MEISTERKOCH; 27 W (pat) 138/08 – MEISTER WERK; vgl.
auch HABM R 1367/2005-1 - Meisterdach).

bb) Das Wort „Schrank“ bezeichnet ein „höheres, kastenartiges, mit Türen
versehenes, oft verschließbares Möbelstück zur Aufbewahrung von Kleidung,
Geschirr, Büchern, Nahrungsmitteln u. a.“ (www.duden.de, Anlage 1 zum
gerichtlichen Hinweis).

cc) In seiner Gesamtheit bedeutet die Wortverbindung daher
„großartiges/qualitativ hochwertiges/meisterhaftes/von einem Handwerksmeister
gefertigtes Möbelstück“ oder „großartiger/qualitativ hochwertiger Schrank aus
meisterlicher Hand“. Sie reiht sich, wie schon die Markenstelle zutreffend
festgestellt hat, nahtlos in die Reihe gängiger Begriffe wie „Meisterbrief“,
„Meisterelf“, „Meisterbauer“, „Meisterklasse“, „Meisterleistung“, „Meisterstück“,
„Meisterwerk“ oder „Meistertitel“ ein. Die angesprochenen Verkehrskreise werden
die neue, sprachüblich gebildete Wortkombination daher im vorgenannten Sinne
ohne weiteres verstehen.

c) Auch wenn die Wortzusammensetzung „MEISTERSCHRANK“ lexikalisch
nicht nachweisbar ist, ist sie sprach- und werbeüblich gebildet und vermittelt dem
inländischen Verkehr eine klare, werbemäßige Aussage. Aufgrund der
grammatikalisch korrekten Wortbildung erscheint sie in der Alltags- und
Fachsprache weder ungewöhnlich noch auffallend oder systemwidrig. Nach der
Internetrecherche des Senats wird die Wortverbindung „Meisterschrank“ in der
Möbelbranche als anpreisende Qualitätsberühmung bereits zahlreich verwendet
(Anlagenkonvolut 2 zum gerichtlichen Hinweis).

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Der Verkehr ist zudem daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen
Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen
vermittelt werden sollen. Er wird daher auch bisher noch nicht verwendete, ihm
aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und damit nicht als
betriebliche Herkunftshinweise auffassen. Die angemeldete Wortkombination
weist keine ungewöhnliche Struktur auf, die von einem rein sachbezogenen
Aussagegehalt wegführen könnte, sondern kombiniert lediglich die
beschreibenden Angaben zu einer waren- und dienstleistungsbezogenen
sinnvollen Gesamtaussage.

d) Die angesprochenen Verkehrskreise werden dem Wortbestandteil
„MEISTERSCHRANK“ daher ohne jede gedankliche Analyse einen
werbeüblichen, schlagwortartigen Sachhinweis auf Art, Bestimmung und
Beschaffenheit der beanspruchten Waren der Klasse 20 und auf den Gegenstand
der Dienstleistungen der Klasse 35 entnehmen, der ausschließlich der
anpreisenden und lobenden Herausstellung ihrer Qualität dient und keine
betriebliche Herkunft angibt.

aa) Bei den beanspruchten Schränken aller Art der Klasse 20

„Schränke aus Metall, wie Flügeltürschränke, Schiebetürenschränke,
Kleider-Schließfachschränke, Garderobenschränke, Kleiderspinde,
Schließfachschränke, Schwerlastschränke, Umwelt-Schutzschränke,
Hängeschränke, Beistellschränke, Flügeltürschränke mit Aufsatzpult,
Schubladenschränke 200, Schubladenschränke 75, Werkzeugschränke,
Rollschränke; Schränke aus Holz, wie Flügeltürschränke,
Schiebetürenschränke, Kleider-Schließfachschränke, Garderobenschränke,
Kleiderspinde, Schließfachschränke, Schwerlastschränke, Umwelt-
Schutzschränke, Hängeschränke, Beistellschränke, Flügeltürschränke mit
Aufsatzpult, Schubladenschränke 200, Schubladenschränke 75,
Werkzeugschränke, Rollschränke“
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erschöpft sich das Anmeldezeichen in der werblich-anpreisenden, unmittelbar
beschreibenden Angabe, dass es sich um „großartige Möbelstücke/Schränke“
oder „Möbelstücke/Schränke aus Meisterhand“ handelt.

bb) Bei dem Produkt „Einteilungsmaterial für Schubladenschränke“ der
Klasse 20 gibt es an, dass dieses für meisterhaft gefertigte Schränke bestimmt ist.

cc) Auch bei den in Klasse 20 zurückgewiesenen Waren

„Regale aus Metall, wie Wandregale, Hängeregale, Regalsysteme; Regale
aus Holz, wie Wandregale, Hängeregale, Regalsysteme“

weist die Wortverbindung auf deren Bestimmungszweck hin, denn Regale können
in „Meisterschränke“, z. B. Bücherschränke, eingebaut werden oder sie können bei
einem sog. „begehbaren Kleiderschrank aus Meisterhand“ zum Einsatz kommen.

dd) Für die Waren „Sitzbänke; Werkbänke; offene Garderoben,
Garderobensysteme; Kleiderständer; Werkstattwagen“ hat die Wortkombination
ebenfalls beschreibenden und anpreisenden Charakter, weil diese häufig in
Schrankform ausgeführt oder mit einem Schrank kombiniert werden, wie die
Internetrecherche des Senats ergeben hat (Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen
Hinweis).

ee) Da Schränke, insbesondere hohe Bücherschränke, nach der Recherche
des Senats (Anlagenkonvolut 4 zum gerichtlichen Hinweis) auch mit „Leitern“
versehen werden, dient die Bezeichnung „MEISTERSCHRANK“ in anpreisender
und beschreibender Weise als Sortimentsangabe und damit der unmittelbaren
Beschreibung der Gegenstände der in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen

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„Dienstleistungen des Einzelhandels auch über das Internet in den
Bereichen: Möbel, wie Schränke und Regale, Leitern; Beratung für
Schranksysteme, Regalsysteme, Leitern“.

e) Die graphische Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens
reicht nicht aus, um ihm die notwendige
Unterscheidungskraft zu verleihen.

Dafür müssten die Bildbestandteile charakteristische Gestaltungsmerkmale
aufweisen, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht.
Daran fehlt es, wenn sich das Bildelement in rein dekorativen
Hervorhebungsmitteln erschöpft oder ausschließlich die – sachbezogenen –
Aussagen der anderen Zeichenteile illustriert (BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 20 –
VISAGE; GRUR 2001, 1153 – antiKALK; a. a. O. Rdnr. 18 - grill meister). Letzteres
ist vorliegend der Fall.

aa) Das schwarze Rechteck, in dem der Wortbestandteil mittig platziert ist, wird
nur als gewöhnliche Hintergrundgestaltung für die weißen Großbuchstaben
wahrgenommen (BPatG 26 W (pat) 49/14 – matratzendirect).

bb) Eine Hand mit dem Daumen nach oben und abgewinkelten Fingern stellt
seit Jahrzehnten eine bekräftigende Geste im Sinne von „okay“, „gut so!“, „alles in
Ordnung“ dar. Abgesehen davon, dass dieses Daumen-Hoch-Zeichen in
Textverarbeitungsprogrammen wie Microsoft Word standardmäßig angeboten
wird, nämlich in der Schriftart „Wingdings“: , finden sich im Internet zahlreiche
zum Download bereitgestellte entsprechende Graphiken, wie die Markenstelle
bereits belegt hat (Anlagen zum angefochtenen Beschluss). Die Verwendung
dieses Piktogramms versteht der Verkehr sowohl allgemein als auch in jedem
Bereich des Wirtschaftslebens als Hinweis auf eine besonders gute Leistung
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(BPatG 27 W (pat) 533/11 – ; 26 W (pat) 67/96 – DER
SPIEGELPROFI). Dieses Verständnis wird hier durch den Kontext noch verstärkt,
da man von einem „Meister“ grundsätzlich eine Spitzenleistung erwartet.

cc) Die angesprochenen Verkehrskreise werden das angemeldete Wort-
/Bildzeichen daher als eine Gesamtheit wahrnehmen, in der der sachbezogene
Charakter der Wortbestandteile so im Vordergrund steht, dass der bildlichen Ge-
staltung daneben keine Besonderheit, die über das in der Werbung Übliche hin-
ausgeht, beigemessen wird. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass an die grafi-
sche Ausgestaltung umso größere Anforderungen zu stellen sind, je deutlicher der
nicht unterscheidungskräftige Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt
(BGH a. a. O. - antiKALK; GRUR 2009, 954 Rdnr. 17 – Kinder III; GRUR 2010,
640 Rdnr. 17 – hey!). Eine komplexe und hinreichend eigentümliche Gestaltung
weist das angemeldete Wort-/Bildzeichen auch in seiner Gesamtheit nicht auf.

3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt,
kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig
ist.

4. Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung der acht von
der Anmelderin genannten Voreintragungen mit dem Bestandteil „Meister“
geboten. Diese sind nicht vergleichbar und zu alt.

Die Marken (1048326), (2048463 identisch mit
der Unionsmarke 002351302), (2057244 identisch mit der
Unionsmarke 002350817) und (397601557)
- 13 -
enthalten keinen Wortbestandteil, der einen Rückschluss auf die geschützten
Waren und Dienstleistungen zulässt. Zudem ist der Bildbestandteil wesentlich
aufwändiger gestaltet als bei dem Anmeldezeichen. Die Marke
(398496021) ist nicht – wie man vermuten könnte –
für Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35, sondern für Waren und
Dienstleistungen der Klassen 6, 7, 9, 11, 20, 25, 27, 37 und 42 eingetragen.
Lediglich die Marke (300178409) ist u. a. für die
Waren „Türen“ und ähnliches eingetragen, wobei die Eintragung im Jahr 2000,
also vor mehr als 16 Jahren, erfolgte. Abgesehen davon, dass der Bildbestandteil
durch das störende Hineinragen des Großbuchstaben T in die piktogrammartige
Türdarstellung möglicherweise die Schutzfähigkeit begründet haben könnte, kann
es sich auch um eine rechtswidrig vorgenommene Eintragung oder um eine
Eintragung vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln.
Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines
anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR
2009, 667 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und
SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht
das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden
kann (BPatG 26 W (pat) 67/13 – BWnet).

5. Da der Senat bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit die hierfür von der
Rechtsprechung entwickelten Kriterien, insbesondere auch die von EuGH und
BGH zur Schutzfähigkeit von Wortneubildungen aufgestellten Maßstäbe angelegt
hat (EuGH GRUR 2004, 680 Rdnrn. 39 - 41 – BIOMILD; GRUR 2006, 229
Rdnrn. 34 - 37 – BioID; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World; GRUR 2008,
1002 Rdnr. 29 - Schuhpark), war die Zulassung der von der Anmelderin
angeregten Rechtsbeschwerde nicht geboten. Zudem war weder über eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG), noch wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des
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Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich
erachtet (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

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Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Kortge Reker Schödel

prö


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