26 W (pat) 25/15  - 26. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:220318B26Wpat25.15.0


BUNDESPATENTGERICHT




26 W (pat) 25/15
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2012 027 928 – S 110-111/13 Lösch

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
22. März 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der
Richter Jacobi und Schödel

beschlossen:

1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 21. Oktober 2014 wird
aufgehoben, soweit der Markeninhaberin die Kosten der
Antragstellerin zu 1.) im patentamtlichen
Löschungsverfahren S 110/13 Lösch auferlegt worden sind.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Antragstellers zu 2.) im
Beschwerdeverfahren werden der Markeninhaberin
auferlegt.

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G r ü n d e

I.

Die am 2. Mai 2012 angemeldete Wortmarke 30 2012 027 928

CE4 Plus

ist am 22. Mai 2012 als Marke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 11, 34
und 35 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register
eingetragen worden.

Die Antragstellerin zu 1.) hat im Verfahren S 110/13 Lösch am 5. April 2013 beim
DPMA die Löschung dieser Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß
§§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG beantragt, weil sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
eingetragen worden sei.

Der Antragsteller zu 2.) hat im Verfahren S 111/13 Lösch am 12. April 2013 beim
DPMA ebenfalls einen Löschungsantrag wegen absoluter Schutzhindernisse ge-
stellt, weil die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 10 MarkenG
registriert worden sei. Er hat ferner beantragt, der Markeninhaberin die Kosten des
Löschungsverfahrens aufzuerlegen.

Die Antragstellerin zu 1.) hat die Ansicht vertreten, die Wortmarke sei freihaltebe-
dürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil sie Teil der schon seit Jahren von
sämtlichen Herstellern verwendeten allgemein üblichen Bezeichnung „Clearomizer
CE4 Plus“ für sog. Verdampfer der elektronischen Zigarette sei, die seit mindes-
tens 2011 von den Firmen H…, V… und C… in den Verkehr gebracht
würden. „CE“ sei das Kürzel für „Clearomizer“, die Ziffer „4“ kennzeichne das je-
weilige Modell und „Plus“ stehe für die Verwendung langer Dochte. Zum Nachweis
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hat sie sich auf ein Angebot von Amazon vom 18. Mai 2011 bezogen, das nicht
von der Markeninhaberin stamme.

Der Antragsteller zu 2.) hat zur Frage der Freihaltebedürftigkeit vorgetragen, „CE4
Plus“ sei die Modell- bzw. Typenbezeichnung für einen Verdampfer kombiniert mit
einem durchsichtigen Tank für das Liquid einer elektronischen Zigarette. Es exis-
tierten inzwischen mehrere Entwicklungsstufen von Clearomizern, die je nach Ge-
neration als „CE“, CE2“, CE3“, „CE4“, „CE4+“, „CE5“ und „CE5+“ bezeichnet wür-
den. Die Clearomizer der 4. Entwicklungsstufe, also die „CE4“ und „CE4+“, seien
erstmals im Jahr 2011 produziert worden. Die Clearomizer „CE4+“ seien unter
dieser Bezeichnung seit Oktober 2011 von China nach Deutschland verschifft und
deutschen Händlern angeboten worden. Zum Nachweis hat der Antragsteller zu
2.) zahlreiche Offerten chinesischer Firmen aus den Monaten März und April 2012
sowie zahlreiche Rechnungen über den Weiterverkauf der Verdampfer, u. a. aus
dem Monat Februar 2012, vorgelegt. E-Zigaretten und deren Zubehör würden fast
ausschließlich in China von einer Vielzahl von Herstellern unter der gleichen
Typenbezeichnung gefertigt, der zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft
der Name oder eine Marke des Herstellers hinzugefügt werde. Deshalb fehle der
angegriffenen Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Ferner handele
es sich bei ihr um eine im Verkehr übliche Gattungsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG). Der Antragsteller zu 2.) hat mit Nichtwissen den Vortrag der Markenin-
haberin bestritten, dass sie das Zeichen „CE4+“ kreiert habe und chinesische Her-
steller und Händler weltweit die Bezeichnung von ihr übernommen hätten. Die An-
tragsgegnerin sei zudem bei Anmeldung der Marke bösgläubig im Sinne des § 8
Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gewesen. Zum einen habe sie den schutzwürdigen Besitz-
stand der anderen Hersteller und Händler gestört, die das Zeichen „CE4+“ als Mo-
dell- bzw. Typenbezeichnung verwendet hätten, weil sie gewusst habe oder zu-
mindest hätte wissen müssen, dass das Markenwort zur technischen Bezeichnung
der Verdampfer im In- und Ausland benutzt werde. Denn der Markt sei sehr eng
und die Händler seien untereinander gut bekannt und vernetzt. Auch sie habe An-
gebote und Werbe-E-Mails von chinesischen Herstellern und Großhändlern be-
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kommen. Zum anderen sei ein zweckfremder Einsatz der Marke im Wettbewerbs-
kampf gegeben, weil die Markeninhaberin einen Gattungsbegriff monopolisiert
habe, was regelmäßig als bösgläubig anzusehen sei. Für ihre Behinderungsab-
sicht spreche auch, dass sie seit dem Ablauf der Widerspruchsfrist massiv gegen
eine Vielzahl von Händlern wegen angeblicher Markenverletzung vorgegangen
sei. Dazu hat der Antragsteller zu 2.) zahlreiche Internetauszüge mit Berichten von
Abmahnungen und Foreneinträgen entrüsteter Händler vorgelegt.

Die Markeninhaberin, die beiden Löschungsanträgen fristgerecht widersprochen
hat, hat vorgetragen, sie habe das Markenwort „CE4 Plus“ am 19. Dezember 2012
in ihrem Amazon-Shop für Verdampfer als erste Händlerin in Deutschland ange-
boten sowie seit Januar 2012 im direkten Verkauf verwendet. Nach erfolgreicher
Markteinführung habe sie sich entschlossen, die Bezeichnung als Marke schützen
zu lassen. Da zahlreiche Händler ihr Verdampfer ebenfalls unter den Zeichen
„CE4+“ bzw. „CE4 Plus“ verkauft hätten, habe sie über das Amazon Portal Schritte
eingeleitet, die dazu geführt hätten, dass Mitbewerber diese Bezeichnungen nicht
mehr ohne ihre Zustimmung hätten benutzen können. Zur Glaubhaftmachung hat
sie die Vorlage eines Angebots vom 19. November 2011, einer Rechnung vom
4. Januar 2012 und des Schriftverkehrs mit Amazon angekündigt. Diese Doku-
mente hat sie trotz Aufforderung der Markenabteilung vom 2. Dezember 2013 und
Erinnerung vom 10. Januar 2014 nicht vorgelegt.

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2014 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen
Patent- und Markenamtes die beiden Löschungsverfahren S 110/13 Lösch und
S 111/13 Lösch verbunden und die angegriffene Marke teilweise gelöscht, nämlich
für die Waren und Dienstleistungen der

Klasse 11: Verdampfer;

Klasse 34: Elektronische Zigaretten, nicht für medizinische Zwecke;
Mundstücke für Zigarettenspitzen; Raucherartikel; Zigaretten
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aus Tabakersatzstoffe, nicht für medizinische Zwecke; Ziga-
rettenetuis, Dosen; Zigarettenfilter; Zigarettenmundstücke;

Klasse 35: Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels über das Inter-
net in den Bereichen: Chemische Erzeugnisse, Drogeriewa-
ren, Elektrowaren und Elektronikwaren, Tabakwaren und
sonstige Genussmittel.

Im Übrigen hat sie die beiden Löschungsanträge zurückgewiesen und die Kosten
des Verfahrens der Markeninhaberin auferlegt. Zur Begründung hat sie ausge-
führt, die angegriffene Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 10 MarkenG
eingetragen worden. Wie der Antragsteller zu 2.) umfangreich und überzeugend
belegt habe, sei die Bezeichnung „CE4+“, eine andere Schreibweise der ange-
griffenen Marke, seit Ende 2011 als Modell-/Typbezeichnung eines Verdampfers
für E-Zigaretten verwendet worden und geeignet, die beanspruchten Waren „Ver-
dampfer; Raucherartikel“ unmittelbar ihrer Art nach zu beschreiben. „Elektronische
Zigaretten, nicht für medizinische Zwecke; Zigaretten aus Tabakersatzstoffe, nicht
für medizinische Zwecke“ könnten die mit dem Markenwort bezeichneten Ver-
dampfer enthalten und somit ein Warenmerkmal angeben. „Mundstücke für Ziga-
rettenspitzen; Zigarettenetuis, „Dosen; Zigarettenfilter; Zigarettenmundstücke“
könnten speziell an diesen Verdampfertyp einer E-Zigarette angepasst sein. In
diesem Umfang sei die angegriffene Marke auch nicht unterscheidungskräftig (§ 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Der Bezeichnung „CE4+“ werde im Verkehr und in Foren-
beiträgen oft ein Herstellerkennzeichen in Form einer Marke oder eines Unter-
nehmenskennzeichens hinzugefügt, wie die vom Antragsteller zu 2.) eingereichten
Belege zeigten. Hinsichtlich der „Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels
über das Internet in den Bereichen: Chemische Erzeugnisse, Drogeriewaren,
Elektrowaren und Elektronikwaren, Tabakwaren und sonstige Genussmittel“ stelle
die angegriffene Marke wegen der funktionellen Nähe dieser Dienstleistungen zu
den gehandelten Waren einen engen beschreibenden Bezug her. Ob auch das
Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliege, könne dahinstehen. Die
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Markeninhaberin sei bei der Anmeldung der angegriffenen Marke auch bösgläubig
gewesen. Zwar habe sie nicht in einen schutzwürdigen Besitzstand eingegriffen,
weil durch die beschreibende Verwendung des Zeichens „CE4+“ als Modell- bzw.
Typenbezeichnung durch die Hersteller und Händler kein markenmäßiger Besitz-
stand entstanden sei. Aber sie habe die Absicht gehabt, die mit der Eintragung der
Marke verbundene - an sich unbedenkliche - Sperrwirkung zweckfremd als Mittel
des Wettbewerbskampfes einzusetzen. Als Händlerin in dem engen Marktsegment
der E-Zigaretten seien ihr die Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem Markt und
die Verwendung der beschreibenden Bezeichnung „CE4+“ geläufig gewesen. Ihr
müssten die Vorgängerbezeichnungen bekannt gewesen sein und über Herstel-
lerangebote, Forenbeiträge oder Kontakt mit anderen Händlern müsse sie frühzei-
tig über Neuerungen auf dem Markt informiert gewesen sein. Es könne nicht sein,
dass die Markeninhaberin bis Mai 2012 nichts von der breiten, beschreibenden
Verwendung mitbekommen habe, wenn Wettbewerber bereits im Februar 2012
ihren Kunden im Internet mitgeteilt hätten, dass der „CE4+“ nun zum Verkauf bei
ihnen eingetroffen sei. Dennoch habe sie versucht, diese Typbezeichnung zu mo-
nopolisieren. Für eine Behinderungsabsicht spreche auch, dass sie kurz nach
Ablauf der Widerspruchsfrist massiv begonnen habe, anderen Händlern zu ver-
bieten, die Verdampfer unter der Bezeichnung „CE4+“ zu verkaufen. Auch wenn
sie unbestritten die angegriffene Marke beim Verkauf ihrer Waren benutze, habe
sie mit der Markenanmeldung kein berechtigtes Ziel verfolgt, Denn trotz Bestrei-
tens seitens des Antragstellers zu 2.) und trotz Aufforderung des Amtes habe sie
ihre Behauptung nicht belegt, sie sei die Erste gewesen, die das Zeichen erfunden
und benutzt habe. Der vom Antragsteller zu 2.) dargelegte und nachgewiesene
Zeitablauf lasse ihren Vortrag unglaubhaft erscheinen. Nach objektiver Würdigung
aller Umstände sei daher davon auszugehen, dass die Markeninhaberin die ange-
griffene Marke für die der Löschung unterliegenden Waren und Dienstleistungen in
erster Linie zum Zwecke der Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der
Mitbewerber angemeldet habe und nicht zur Förderung des eigenen Wettbewerbs.
Da die Markeninhaberin die Marke im Umfang der Teillöschung bösgläubig ange-
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meldet habe, entspreche es der Billigkeit, ihr die Kosten des Löschungsverfahrens
aufzuerlegen.

Nachdem die angegriffene Marke auf den Antrag der Markeninhaberin mit Wir-
kung vom 11. April 2017 gemäß § 48 MarkenG im Register vollständig gelöscht
worden ist, richtet sich ihre Beschwerde nur noch gegen den Kostenausspruch im
angefochtenen Beschluss. Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag im pa-
tentamtlichen Löschungsverfahren.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom
21. Oktober 2014 aufzuheben, soweit ihr die Kosten des Verfah-
rens auferlegt worden sind.

Die Löschungsantragstellerin zu 1.) beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren Vortrag im Amtsverfahren. Den zu-
nächst gestellten Antrag, der Markeninhaberin die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens aufzuerlegen, hat sie auf gerichtlichen Hinweis vom 13. November 2017 am
14. Dezember 2017 zurückgenommen.

Der Löschungsantragsteller zu 2.) beantragt sinngemäß,

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

2. der Markeninhaberin die ihm im Beschwerdeverfahren
erwachsenen Kosten aufzuerlegen.

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Zur Begründung verweist auch er auf seinen Vortrag im patentamtlichen Lö-
schungsverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, soweit die Markenabteilung 3.4 des
DPMA der Markeninhaberin auch die der Antragstellerin zu 1.) entstandenen
Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens S 110/13 auferlegt hat. Im Üb-
rigen hat die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung keinen Erfolg. Der An-
trag des Antragstellers zu 2.), der Markeninhaberin die ihm im Beschwerdeverfah-
ren entstandenen Kosten aufzuerlegen, ist begründet.

1. Infolge des Verzichts der Markeninhaberin auf die angegriffene Marke nach
§ 48 Abs. 1 MarkenG und ihrer Löschung mit Wirkung vom 11. April 2017 hat sich
die Hauptsache des Beschwerdeverfahrens erledigt.

a) Der Verzicht nach § 48 MarkenG entfaltet zwar nur eine Wirkung ex nunc,
während die Löschung wegen Nichtigkeit gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG darauf ge-
richtet ist, dass die Wirkungen der Eintragung nach § 52 Abs. 2 MarkenG als von
Anfang an nicht eingetreten gelten (ex tunc). Aber die beiden Löschungsantrag-
steller haben trotz Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 27. Juni 2017 unter
Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH GRUR 2001, 337, 339 –
EASYPRESS) kein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit der
Marke ex tunc geltend gemacht.

b) Da neben der Beschwerde in der Hauptsache von der Markeninhaberin
auch die Kostenentscheidung des DPMA angefochten worden ist, ist hierüber so-
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wie über den Kostenantrag des Antragstellers zu 2.) nach § 71 Abs. 4 MarkenG
noch zu entscheiden.

2. Zu Recht hat die Markenabteilung der Markeninhaberin die dem Antragstel-
ler zu 2.) im patentamtlichen Löschungsverfahren S 111/13 entstandenen Kosten
auferlegt.

a) Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung im patentamtli-
chen Verfahren ist § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, wonach das DPMA die Kosten
des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies
der Billigkeit entspricht. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG geht im Grundsatz davon
aus, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von die-
sem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände (BGH GRUR 1972, 600,
601 – Lewapur). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Um-
stand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur aus-
nahmsweise in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der
Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerle-
gen (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur).

b) Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten
vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist aus-
zugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungs-
gesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg ver-
sprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschut-
zes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfahrensgegner vermeidbare
Kosten aufbürdet (vgl. BPatG 27 W (pat) 40/12 - mcpeople/McDonald′s; BPatGE
12, 238, 240 – Valsette/Garsette). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen,
der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen
nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt.
Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen
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kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BGH GRUR 1972, 600, 601 –
Lewapur).

Im Löschungsverfahren sind solche besonderen Umstände gegeben, wenn der
Markeninhaber trotz einer ersichtlich begründeten Löschungsaufforderung an ei-
ner gemäß § 8 MarkenG schutzunfähigen Marke festhält und damit den Lö-
schungsantrag provoziert, oder wenn der Markeninhaber schon im Zeitpunkt der
Eintragung wusste oder bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt je-
denfalls hätte wissen müssen, dass es sich bei der angemeldeten Bezeichnung
um eine die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art und Beschaf-
fenheit beschreibende Angabe handelt (BPatGE 46, 71, 74 ff.). Da einer bösgläu-
bigen Markenanmeldung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG stets ein
rechtsmissbräuchliches oder sittenwidriges Handeln zugrunde liegt, entspricht es
auch bei Bösgläubigkeit der Billigkeit, dem Markeninhaber die Kosten des Lö-
schungsverfahrens aufzuerlegen (BPatG GRUR 2006, 1032, 1034 – E 2;
28 W (pat) 40/10 – Berjozka).

c) Da die Antragsgegnerin bei Anmeldung der Streitmarke bösgläubig gewe-
sen ist, waren ihr die dem Antragsteller zu 2.) entstandenen Kosten des patent-
amtlichen Löschungsverfahren S 111/13 aufzuerlegen. Insoweit ist die Kostenent-
scheidung der Markenabteilung nicht zu beanstanden.

aa) Eine bösgläubige Markenanmeldung wird angenommen, wenn die anmel-
dende Person in Kenntnis eines fremden, durch Vorbenutzung entstandenen,
bundesweit schutzwürdigen Besitzstandes ohne zureichenden sachlichen Grund
für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum
Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung oder Unterbindung
dieses Besitzstandes als Kennzeichen eintragen lässt, wenn sie die mit der Ein-
tragung entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskamp-
fes einsetzen will oder wenn sie die Markenanmeldung allein zu dem Zweck beab-
sichtigt, den Marktzutritt einer anderen Person zu verhindern, ohne die Marke
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selbst benutzen zu wollen (EuGH GRUR 2009, 763 Rdnr. 44 – Lindt &
Sprüngli/Hauswirth; BGH GRUR 2016, 380 Rdnr. 17 – GLÜCKSPILZ m. w. N.;
BGH GRUR 2016, 378 Rn. 18 ff. – LIQUIDROM).

bb) Einen eigenen markenrechtlich relevanten schutzwürdigen Besitzstand, in
den die Anmeldung der angegriffenen Marke eingreift, hat der Antragsteller zu 2.)
nicht dargelegt, weil durch die beschreibende Verwendung des Zeichens „CE4+“
als Modell- bzw. Typenbezeichnung kein markenmäßiger Besitzstand entstehen
konnte.

cc) Es gibt aber ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Markeninhaberin
die mit der Eintragung der Streitmarke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als
Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen wollte.

aaa) Voraussetzung dafür ist, dass der Einsatz auf die Beeinträchtigung der
wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht in erster Linie auf die
Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH GRUR 2008, 917
Rdnr. 23 – EROS).

bbb) Der Antragsteller zu 2.) hat zahlreiche Offerten chinesischer Firmen aus
den Monaten März und April 2012 sowie zahlreiche Rechnungen über den Weiter-
verkauf der Verdampfer, u. a. aus dem Monat Februar 2012, vorgelegt. Danach
haben Wettbewerber bereits im Februar 2012 ihren Kunden im Internet mitgeteilt,
dass der „CE4+“ nun zum Verkauf bei ihnen eingetroffen sei. Ferner hat der An-
tragsteller zu 2.) zahlreiche Unterlagen sowie eidesstattliche Versicherungen ein-
gereicht, aus denen sich die Entwicklung der Typbezeichnungen von Verdampfern
bis zum neuen Verdampfertyp „CE4+“ und darüber hinaus ergibt. Als Händlerin in
dem engen Marktsegment der E-Zigaretten muss die Markeninhaberin daher über
solche Herstellerangebote, zahlreiche Forenbeiträge, die der Antragsteller zu 2.)
ebenfalls eingereicht hat, oder durch Kontakt mit anderen Händlern frühzeitig über
Neuerungen auf dem Markt und die Verwendung der beschreibenden Bezeich-
- 13 -
nung „CE4+“ sowie deren Vorgängerbezeichnungen informiert gewesen sein. Ihr
Versuch, diese Typbezeichnung zu monopolisieren, legt die Annahme der Bös-
gläubigkeit nahe. Für eine Behinderungsabsicht spricht auch, dass sie, wie der
Antragsteller zu 2.) durch Vorlage zahlreicher Internetauszüge mit Berichten von
Abmahnungen und Foreneinträgen entrüsteter Händler nachgewiesen hat, kurz
nach Ablauf der Widerspruchsfrist massiv damit begonnen hat, gegen eine Viel-
zahl anderer Händler wegen Markenverletzung vorzugehen. Auch wenn sie un-
streitig die angegriffene Marke beim Verkauf ihrer Waren benutzt hat, muss davon
ausgegangen werden, dass ihr Verhalten in Bezug auf die der Löschung unterlie-
genden Waren und Dienstleistungen in erster Linie auf die Beeinträchtigung der
wettbewerblichen Entfaltung ihrer Mitbewerber und nicht auf die Förderung des
eigenen Wettbewerbs gerichtet gewesen ist. Denn trotz Bestreitens seitens des
Antragstellers zu 2.) und zweimaliger Aufforderung des Amtes mit Schreiben vom
2. Dezember 2013 und 10. Januar 2014 hat sie die zum Nachweis ihrer Behaup-
tung angekündigten Dokumente, sie sei die Erste gewesen, die das Zeichen er-
funden und benutzt habe, nicht vorgelegt.

3. Entgegen der Ansicht der Markenabteilung des DPMA hat die
Markeninhaberin jedoch nicht die der Antragstellerin zu 1.) im patentamtlichen
Löschungsverfahren S 110/13 entstandenen Kosten zu tragen.

a) Das bösgläubige Verhalten der Markeninhaberin kann eine Kostentragung
gegenüber der Antragstellerin zu 1.) nicht rechtfertigen.

Denn die Antragstellerin zu 1.) hat ihren Löschungsantrag nicht auf den Lö-
schungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützt. Der Vortrag und die
Nachweise gingen insoweit ausschließlich vom Antragsteller zu 2.) im Löschungs-
verfahren S 111/13 aus. Wenn die beiden Löschungsverfahren S 110/13 und
S 111/13 von der Markenabteilung getrennt entschieden worden wären, wäre es
nicht zu einer Kostenauferlegung zugunsten der Antragstellerin zu 1.) aus Grün-
den der Bösgläubigkeit gekommen. Die Verfahrensverbindung aus prozessöko-
- 14 -
nomischen Gründen darf der Markeninhaberin nicht zum Nachteil gereichen. Das
DPMA hat seine Kostenentscheidung daher zu Unrecht auch gegenüber der An-
tragstellerin zu 1.) auf die bösgläubig angemeldete Marke gestützt.

b) Auch im Übrigen liegen keine hinreichenden Gründe vor, die
Markeninhaberin im Verhältnis zur Antragstellerin zu 1.) mit deren Kosten im pa-
tentamtlichen Löschungsverfahren zu belasten.

Zwar kann aufgrund der im Rahmen der Bösgläubigkeit getroffenen Feststellun-
gen davon ausgegangen werden, dass die Markeninhaberin schon im Zeitpunkt
der Eintragung gewusst hat oder bei Anwendung der von ihr zu erwartenden
Sorgfalt jedenfalls hätte wissen müssen, dass es sich bei der angemeldeten Be-
zeichnung um eine die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Umfang der
Teillöschung nach Art und Beschaffenheit beschreibende Angabe handelt. Aber
die Antragstellerin zu 1.) hat im Amtsverfahren nur zwei Schriftsätze von jeweils
maximal 1 ½ Seiten eingereicht, die sich in Behauptungen und einem einzigen
Beispiel erschöpft haben. Sie hat somit keinen eigenen maßgeblichen Beitrag zur
Ermittlung der Freihaltebedürftigkeit der Bezeichnung „CE4+“ geleistet, obwohl es
sich um ein sehr enges und spezifisches Marktsegment handelt, so dass das
DPMA seine Feststellungen zur Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke aus-
schließlich auf der Grundlage der umfangreichen Schriftsätze und Glaubhaftma-
chungsmittel des Antragstellers zu 2.) treffen konnte. Deshalb fehlt es an beson-
deren Umständen, die es rechtfertigen würden, ausnahmsweise vom Regelfall des
§ 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten
selbst trägt.


III.

Die dem Antragsteller zu 2.) erwachsenen Kosten im Beschwerdeverfahren waren
nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Markeninhaberin aufzuerlegen.
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a) Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann das Patentgericht die Kosten des
Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten, soweit sie zur
zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren,
einem Beteiligten ganz oder teilweise zur Last fallen, wenn dies der Billigkeit
entspricht. Für ein Abweichen von dem Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte
seine Kosten selbst trägt, bedarf es stets besonderer Umstände (BGH GRUR
1972, 600, 601 – Lewapur). Solche abweichenden Umstände sind insbesondere
dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt
nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur). Für das
Löschungsverfahren gelten die gleichen Grundsätze, wie sie bereits im Rahmen
des § 63 Abs. 1 MarkenG dargelegt worden sind.

b) Da es bei Bösgläubigkeit der Billigkeit entspricht, dem Markeninhaber die
Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, hat sie auch die dem Antragsteller
zu 2.) im Beschwerdeverfahren erwachsenen Kosten zu tragen, zumal sie auch im
Beschwerdeverfahren trotz des gerichtlichen Hinweises mit Schreiben vom
13. November 2017 keines der angekündigten Dokumente vorgelegt hat, um ihre
gegen eine Bösgläubigkeit vorgebrachten Gesichtspunkte zu belegen.


IV.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,

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2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Kortge Jacobi Schödel

prö


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