25 W (pat) 57/15  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



25 W (pat) 57/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
3. August 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2012 042 829

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 3. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Das am 1. August 2012 angemeldete Zeichen

Travomed

ist am 20. August 2012 unter der Nr. 30 2012 042 829 in das beim Deutschen
Patent- und Markenamt geführte Markenregister für Waren der Klassen 5 und 10
eingetragen worden und genießt nach einer Teillöschung aktuell noch Schutz für
folgende Waren:

Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse und Arzneimittel; sämt-
liche vorgenannten Waren mit dem Wirkstoff Travoprost;

Klasse 10: Chirurgische und ärztliche Instrumente und Apparate,
orthopädische Artikel; Applikationen für pharmazeutische Präpa-
rate; Spritzen für medizinische Zwecke; Inhalatoren; Medizinpro-
dukte.
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Gegen die Eintragung der am 21. September 2012 veröffentlichten Marke hat der
Inhaber der zwei nachfolgend angeführten Marken am 17. Dezember 2012 Wider-
spruch erhoben.

Die Widerspruchsmarke DE 30 2010 023 486

Travo

ist seit dem 11. Mai 2011 unter der Nummer DE 30 2010 023 486 eingetragen und
genießt Schutz für die nachfolgenden Waren der Klassen 5:

Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, nämlich
ophthalmologische Produkte und Präparate; diätetische Erzeug-
nisse und Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke;
Medizinprodukte, soweit in Klasse 5 enthalten.

Die Widerspruchsmarke (Unionsmarke)

Travo

ist seit dem 22. März 2011 unter der Nummer UM 009 508 491 eingetragen und
genießt Schutz für die nachfolgenden Waren der Klasse 5:

Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; diäteti-
sche Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für medizini-
sche Zwecke; Medizinprodukte, soweit in Klasse 5 enthalten.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
zwei Beschlüssen vom 12. August 2014 und vom 3. August 2015 die Gefahr von
Verwechslungen im Sinne von §§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 und
Nr. 2 MarkenG verneint und die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung
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ist ausgeführt, dass die angegriffene Marke den erforderlichen Zeichenabstand
einhalte. Die Widerspruchsmarken seien mangels entgegenstehender Anhalts-
punkte durchschnittlich kennzeichnungskräftig, auch wenn sie eine Abwandlung
der Wirkstoffbezeichnung „Travoprost“ darstellten. Die sich gegenüberstehenden
Marken könnten sich hinsichtlich der pharmazeutischen Erzeugnisse auf identi-
schen Waren begegnen. Im Übrigen lägen die zu beurteilenden Waren zumindest
in einem engeren Ähnlichkeitsbereich. Mit den beanspruchten Waren seien neben
den Fachkreisen auch breite Verkehrskreise angesprochen, die allerdings bei Wa-
ren, die die Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden beeinflussen könnten,
eine gewisse Sorgfalt aufwenden würden. Verbraucher würden die beanspruchten
Waren nicht spontan, sondern gezielt bzw. nach fachlicher Beratung erwerben.
Die angegriffene Marke müsse daher einen deutlichen Abstand einhalten, an den
aber aufgrund der erhöhten Aufmerksamkeit des Verkehrs, die sich verwechs-
lungsmindernd auswirke, keine allzu strengen Anforderungen zu stellen seien.
Dieser Abstand werde von der angegriffenen Marke in jeder Hinsicht noch einge-
halten. Es stünden sich die Markenwörter Travomed und Travo gegenüber, die
sich klanglich schon durch ihre Wortlänge auffällig unterscheiden würden. Die
angegriffene Marke verfüge am Wortende, auf dem auch die Betonung liege, noch
über den zusätzlichen Bestandteil „med“, der der Widerspruchsmarke fehle. Es
bestehe kein Anlass, einen Bestandteil der dreisilbigen angegriffenen Marke weg-
zulassen oder zu vernachlässigen. Keiner ihrer Bestandteile sei für das Zeichen in
seiner Gesamtheit mehr prägend als der andere. Die Marke werde als zusammen-
hängender Begriff im Sinne eines medizinischen Produkts betrachtet, das den
Wirkstoff „Travoprost“ enthalte. Somit werde der angesprochene Verkehr die Un-
terschiede zwischen den genannten Marken in jedem Fall bemerken. Für weitere
Arten der Verwechslungsgefahr sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Die ange-
sprochenen Verkehrskreise würden insbesondere nicht davon ausgehen, dass es
sich bei der jüngeren Marke um ein weiteres Produkt des Widersprechenden
handle. Die gemeinsame Buchstabenfolge „Travo“ weise auf den Wirkstoff
„Travoprost“ hin und werde aus diesem Grund nicht zwingend mit dem Widerspre-
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chenden in Verbindung gebracht, zumal auch andere Anbieter pharmazeutischer
Produkte den Bestandteil „Travo“ in ihren Marken verwendeten.

Hiergegen wendet sich der Widersprechende mit seiner Beschwerde. Ausgehend
von zumindest durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken,
Warenidentität bzw. hochgradiger Warenähnlichkeit und einer nach dem Gesamt-
eindruck der Marken bestehenden hohen Zeichenähnlichkeit, sei die Gefahr von
Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG gegeben. Klanglich und
schriftbildlich sei beim Vergleich der Zeichen von einer hohen Ähnlichkeit auszu-
gehen, weil die Markenwörter in der Buchstabenfolge „Travo“ übereinstimmten.
Der in der angegriffenen Marke enthaltene Bestandteil „med“ habe überhaupt
keine Unterscheidungskraft und sei jedenfalls wesentlich kennzeichnungsschwä-
cher als das Element „Travo“. Das Kürzel „med“ werde sofort und ohne weiteres
Nachdenken von jedermann als reine Sachangabe im Sinne von „medizinisch“
erkannt. Weiterhin gelte in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht, dass Wortan-
fänge stärker beachtet würden als die übrigen Markenteile, zumal vorliegend aus
dem oben genannten Grund die Endung der angegriffenen Marke nicht markant in
Erscheinung trete. Es komme hinzu, dass das Publikum dazu neige, längere Mar-
kenwörter in einer die Aussprechbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen. Auch
in begrifflicher Hinsicht sei eine die Verwechslungsgefahr begründende Zeichen-
ähnlichkeit gegeben, weil ein etwaiger begrifflicher Gehalt der Zeichen in Bezug
auf den Wirkstoff „Travoprost“ in die gleiche Richtung gehe und der Zusatz „med“
lediglich auf den medizinischen Bereich hinweise. Der Zusatz ändere deswegen
an der begrifflichen Übereinstimmung der Zeichen nichts.

Im Übrigen präge der Bestandteil „Travo“ die jüngere Marke. Entgegen der Auf-
fassung der Markenstelle handle es sich bei dieser nicht um ein einheitliches Zei-
chen. Trotz der formalen Zusammenschreibung der Zeichenbestandteile sei von
einer entsprechenden Prägung auszugehen. Der Verkehr werde den Bestandteil
„med“ sofort und ohne jegliches Nachdenken im Sinne einer rein beschreibenden
Sachangabe auffassen. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass der Zeichen-
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bestandteil „Travo“ keine selbständig kennzeichnende Funktion aufweisen könne,
da „Travo“ als Abwandlung der Wirkstoffangabe „Travomed“ unterscheidungskräf-
tig sei. Im Bereich pharmazeutischer Erzeugnisse sei nach ständiger Rechtspre-
chung davon auszugehen, dass glatt beschreibende und häufig verwendete An-
gaben wie „extra“ oder „forte“ vom Publikum nicht als betriebliche Herkunftsbe-
zeichnungen aufgefasst würden und dementsprechend nicht geeignet seien, die
Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.

Zudem bestehe auch die Gefahr von Verwechslungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens. Da
die angesprochenen Verkehrskreise den Bestandteil „Travo“ als kennzeichnenden
Bestandteil des angegriffenen Zeichens wahrnehmen würden, erzeuge die nach-
gestellte, beschreibende Angabe „med“ beim Publikum die Vorstellung, dass es
sich bei den Produkten um die „medizinische Produktlinie“ des Inhabers der älte-
ren Marke handle. Es dränge sich des Weiteren die Annahme auf, dass
„Travomed“ nur eine Abwandlung oder Unterart der Marke „Travo“ sei. Da der Wi-
dersprechende nicht nur Inhaber der Marke „Travo“, sondern auch der Marke
„Travo-Vision“ sei, sei auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unter
dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens gegeben.

Auf die Einrede der Nichtbenutzung seitens der Inhaberin der angegriffenen Marke
sei einzuräumen, dass die Widerspruchsmarken derzeit nicht benutzt würden. Es
lägen aber berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung nach § 26 MarkenG vor.
Der Widersprechende sei einer der Geschäftsführer der Fa. O… GmbH.
Diese habe in Vorbereitung der Benutzung der Marken die Zulassung des Arznei-
mittels „TRAVO-Vision 40 Mikrogramm/ml Augentropfen“ beantragt und mit Be-
scheid vom 28. April 2015 erhalten. Die Fa. O… GmbH sei aber mit
Schreiben vom 6. Juli 2015 von der Fa. A… darauf hingewiesen worden, dass
zu deren Gunsten Schutzrechte bzw. ergänzende Schutzrechtszertifikate bezüg-
lich des Wirkstoffes „Travoprost“ bestünden. Aufgrund dieses Hinweises sei von
der Benutzung des Zeichens abgesehen worden. Der Benutzung der Marken stün-
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den damit Hindernisse entgegen, die einen ausreichend unmittelbaren Zusam-
menhang mit den Marken aufweisen würden, die vom Willen des Markeninhabers
unabhängig seien und die die Benutzung der Marke unmöglich oder unzumutbar
machten. Denn einerseits sei eine Benutzung der Marken für Arzneimittel irrefüh-
rend, sofern diese nicht den Wirkstoff „Travoprost“ enthielten. Andererseits sei der
Wirkstoff eine für einen anderen Marktteilnehmer patentrechtlich geschützte Sub-
stanz, so dass der Markeninhaber den Wirkstoff nicht in den Verkehr bringen
könne, ohne die Rechte Dritter zu verletzen.

Der Widersprechende beantragt zuletzt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 12. August 2014 und vom 3. Au-
gust 2015 aufzuheben, soweit die Widersprüche aus den Marken
DE 30 2010 023 486 und UM 009 508 491 zurückgewiesen
worden sind und die Löschung der angegriffenen Marke
DE 30 2012 042 829 aufgrund dieser beiden Widersprüche anzu-
ordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat zudem mit Schriftsatz vom 8. Novem-
ber 2016 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Sie ist darüber hinaus der
Auffassung, dass die Gefahr von Verwechslungen nicht bestehe. Auch wenn die
Silbe „med“ beschreibende Anklänge aufweise, so sei sie nicht kennzeichnungs-
schwächer als der Bestandteil „Travo“, der ein Hinweis auf den Wirkstoff sei. Der
übereinstimmende Bestandteil der Zeichen, der sachbeschreibend auf einen Wirk-
stoff hinweise, könne nicht kollisionsbegründend sein. Aus diesem Grund könne
der Bestandteil „Travo“ auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr begründen.
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Die Eintragung von lediglich zwei Zeichen begründe im Übrigen noch kein Serien-
zeichen. Zudem sei auch kein Fall der berechtigten Nichtbenutzung nach § 26
MarkenG gegeben. Zunächst sei schon die Benutzung des Zeichens „TRAVO-
Vision“ keine rechtserhaltende Benutzung der Marke „TRAVO“. Die insoweit auf
den Patentschutz bezogenen Argumente seien unbeachtlich. Die Benutzung einer
Marke für ein einen unter Patentschutz stehenden Wirkstoff enthaltendes Arznei-
mittel sei eine freie Entscheidung des Inhabers. Das Bestehen eines Monopols auf
den Wirkstoff hindere grundsätzlich die Benutzung der Marke nicht. Schließlich
könne der Markeninhaber die Marke mit einem anderen Produkt belegen.

Der Widersprechende hat beantragt, den Rechtsstreit im Hinblick auf das Verfah-
ren BGH I ZB 6/16 auszusetzen. Die Frage der rechtserhaltenden Benutzung
einer Marke unter Hinzufügung eines weiteren Markenbestandteils werde im dorti-
gen Verfahren geklärt. Der Senat hat mit Hinweis vom 12. Dezember 2016 eine
Aussetzung abgelehnt und darauf hingewiesen, dass es vorliegend auf die vom
Bundesgerichtshof im Verfahren BGH I ZB 6/16 zu entscheidende Rechtsfrage
nicht ankomme und insoweit eine Aussetzung des Verfahrens nicht angezeigt sei.
Der Widersprechende hat zudem in der mündlichen Verhandlung vom 3. Au-
gust 2017 angeregt, gegebenenfalls die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle für Klasse 5 vom 12. August 2014 und vom 3. August 2015 sowie auf die
Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
3. August 2017 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige
Beschwerde des Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zwischen
den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr nach §§ 125b Nr. 1, 42
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Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG, so dass die Markenstelle den Wi-
derspruch zu Recht zurückgewiesen hat, § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger
Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesge-
richtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER;
GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9
– Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833
Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit ins-
besondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit
der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzum-
fang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen vonei-
nander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff
der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte
Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR
2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz,
11. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der
Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der
Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu
erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen
dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

Ausgehend von einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarken im Hinblick auf die Vergleichswaren, die von der angegriffenen
Marke identisch beansprucht werden, und einer erhöhten Aufmerksamkeit der
angesprochenen Verkehrskreise im Bereich der Arzneimittel, hält die jüngere
Marke den gebotenen Markenabstand ein. Gleiches gilt im Ergebnis für die weite-
ren zu vergleichenden Waren, die im Bereich der durchschnittlichen Warenähn-
lichkeit liegen. Insoweit fällt zwar in der Gesamtabwägung die Kennzeichnungs-
kraft der Widerspruchsmarken stärker ins Gewicht. Angesichts des größeren Ab-
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standes der zu vergleichenden Waren reicht aber auch hier der Zeichenabstand
aus, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Dabei ist auch zu
berücksichtigen, dass bei Arzneimittelkennzeichnungen häufig der sehr sorgfältige
Fachverkehr der Ärzte und Apotheker beteiligt ist und zudem auch die normal
informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrau-
cher auf diesem Warensektor einen relativ hohen Grad an Aufmerksamkeit auf-
wenden. Denn auch der allgemeine Verkehr widmet allem, was mit der Gesund-
heit zu tun hat, mehr Aufmerksamkeit als vielen anderen Produkten des täglichen
Lebens (vgl. BGH GRUR 1995, 50, 53 – INDOREKTAL/INDOHEXAL). Der Senat
hat daher bei vergleichbar enger Zeichenlage und gegebener Warenidentität im
Arzneimittelbereich insbesondere eine begriffliche Verwechslungsgefahr verneint,
soweit beide Vergleichszeichen sich deutlich an eine Wirkstoffangabe annähern
und insoweit eine Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke zu bejahen
war (vgl. dazu BPatG, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 25 W (pat) 72/12 =
GRUR 2014, 669 – PANTOPREM/PANTOPAN; Beschluss vom 17. März 2011
– 25 W (pat) 516/10 = GRUR 2012, 67 – Panprazol/PANTOZOL; Beschluss vom
27. April 2016 – 25 W (pat) 536/13 – Diclo/Diclac; die Entscheidungen sind über
die Homepage des BPatG öffentlich zugänglich).


1. Die Widerspruchsmarken sind im Hinblick auf einen Teil der beanspruchten
Waren unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftig. Es ist nicht zu verkennen,
dass sie im Bereich der ophthalmologischen (augenheilkundlichen) Produkte und
Erzeugnisse recht deutlich auf den Wirkstoff „Travoprost“ hinweisen. Derartige
sprechende Marken aus dem Bereich der Arzneimittel hat der Senat regelmäßig
als normal kennzeichnungskräftig angesehen, wenn die Marke insgesamt noch
über einen bloßen Hinweis auf den Wirkstoff hinausgeht und ein entsprechendes
Verständnis ein gewisses Kombinationsvermögen erfordert, so dass die Fach-
kreise und der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige
Durchschnittsverbraucher die Bezugnahme nicht unmittelbar, sondern nur mit
gedanklichen Zwischenschritten erkennen. Vorliegend ist die Wirkstoffangabe in
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den Widerspruchsmarken „Travo“ noch soweit hinreichend verfremdet, dass diese
über das zur Schutzfähigkeit erforderliche Maß an Unterscheidungskraft verfügen,
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, selbst wenn den Fachkreisen und den von entspre-
chenden Krankheiten betroffenen Verbrauchern „Travoprost“ als Wirkstoff im Be-
reich der Augenheilkunde bekannt ist. Nachdem aber die Verfremdung lediglich in
der Weglassung der dritten Silbe der Wirkstoffbezeichnung besteht und die Wirk-
stoffbezeichnung damit vergleichsweise deutlich hervortritt, reicht dies nicht mehr
aus, um noch von einer originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft auszuge-
hen (vgl. hierzu BGH GRUR 2008, 905 Rn. 15 – Pantohexal; BGH GRUR 2008,
911 Rn. 16 – Pantogast; BPatG GRUR 2016, 503 – Dorzo Plus T Stada/Dorzo;
BPatG, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 25 W (pat) 72/12 = GRUR 2014, 669
– PANTOPREM/PANTOPAN; Beschluss vom 17. März 2011 – 25 W (pat) 516/10
= GRUR 2012, 67 – Panprazol/PANTOZOL; Beschluss vom 27. April 2016
– 25 W (pat) 536/13 – Diclo/Diclac). Nachdem die Widerspruchsmarken nicht
benutzt werden, kann die originär unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft in
Bezug auf ophthalmologische Produkte und Präparate nicht gesteigert worden
sein. Hinsichtlich der weiteren von den Widerspruchsmarken beanspruchten Wa-
ren, die keinen erkennbaren Bezug zu dem Wirkstoff Travoprost aufweisen, ist die
Widerspruchsmarke durchschnittlich kennzeichnungskräftig.


2. Zwischen den von der Widerspruchsmarke und den von der angegriffenen
Marke beanspruchten Waren besteht teilweise Warenidentität. Wie von der Mar-
kenstelle zutreffend ausgeführt, können sich die Marken auf identischen Waren
begegnen, da die Widerspruchsmarken Schutz für ophthalmologische Produkte
und Präparate beanspruchen und die von der angegriffenen Marke beanspruchten
pharmazeutischen Erzeugnisse mit dem Wirkstoff Travoprost wegen der Indikation
dieses Wirkstoffs gleichfalls augenheilkundliche Medikamente sein können. Inso-
weit besteht zwischen den jeweils beanspruchten Waren kein Indikationsabstand.
Nachdem eine Verwendung des Wirkstoffes Travoprost außerhalb der Augenheil-
kunde zumindest nicht ausgeschlossen ist, besteht zwischen solchen pharmazeu-
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tischen Erzeugnissen und Arzneimitteln seitens der angegriffenen Marke und den
ophthalmologischen Produkten und Präparaten der Widerspruchsmarken durch-
schnittliche Warenähnlichkeit (zum Warenabstand bei unterschiedlichen Indikati-
onsgebieten vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 109). Soweit die
angegriffene Marke Waren der Klasse 10 beansprucht, nämlich chirurgische und
ärztliche Instrumente und Apparate, orthopädische Artikel; Applikationen für phar-
mazeutische Präparate; Spritzen für medizinische Zwecke; Inhalatoren; Medizin-
produkte, kann gegenüber den von den Widerspruchsmarken beanspruchten Wa-
ren, nämlich Medizinprodukte, soweit in Klasse 5 enthalten, eine durchschnittliche
Warenähnlichkeit unterstellt werden.


3. Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüber stehender Marken ist nach
deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-) Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt
zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in
klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (EuGH GRUR Int.
2010, 129 Rn. 60 – La Espanola/Carbonell; BGH GRUR 2009, 1055 Rn. 26
– airdsl).

3.1. Vorliegend reicht angesichts der Kürze der zweisilbigen Widerspruchsmar-
ken „Travo“ die nur in der angegriffenen Marke enthaltene dritte Sprechsilbe „med“
in klanglicher Hinsicht aus, um einen ausreichenden Markenabstand herzustellen,
auch wenn die Vergleichszeichen in den beiden ersten Silben klanglich identisch
sind. Der Widersprechende weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Verkehr
Wortanfänge stärker beachtet, jedoch ist die Silbe „med“ am Ende der angegriffe-
nen Marke nicht zu überhören, so dass sich die Zeichen nach allen relevanten Kri-
terien der klanglichen Ähnlichkeit deutlich voneinander abheben.

3.2. Auch in schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Vergleichszeichen
durch die dritte Silbe der angegriffenen Marke so weit, dass eine Verwechslungs-
gefahr nicht besteht. Da die angegriffene Marke aus acht Buchstaben besteht, die
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Widerspruchsmarke aber nur aus fünf, weichen die Zeichen in ihrer Länge und
ihrer Umrisscharakteristik insgesamt deutlich voneinander ab.

3.3. Soweit der Widersprechende der Auffassung ist, dass Verwechslungsge-
fahr bestehe, weil der Bestandteil „Travo“ den Gesamteindruck der angegriffenen
Marke präge und der Wortbestandteil „med“ in der Weise zurücktrete, dass er für
den Gesamteindruck völlig zu vernachlässigen sei, kann dem nicht gefolgt wer-
den. Der Verkehr hat keinen Anlass, sich allein an dem Wortbestandteil „Travo“ zu
orientieren. Dem steht nicht entgegen, dass der weitere Wortbestandteil „med“
isoliert betrachtet als beschreibender Hinweis auf pharmazeutische Erzeugnisse
und Arzneimittel verstanden werden kann und damit für sich genommen nicht
schutzfähig ist. Allein der Umstand, dass sich das zu beurteilende Zeichen aus
einem schutzfähigen und schutzunfähigen Teil zusammensetzt, führt nicht ohne
Weiteres zur Annahme einer Prägung durch den kennzeichnungskräftigen Teil
(Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 370 m. w. N.). Vorliegend tragen
zunächst die Zusammenschreibung der Bestandteile der angegriffenen Marke in
einem Wort und dessen leichte Aussprechbarkeit grundsätzlich dazu bei, dass der
Verkehr nicht veranlasst ist, das Zeichen aufzuspalten und die einzelnen Teile für
sich zu lesen bzw. zu sprechen. Im Gegensatz zu den von dem Widersprechen-
den angeführten Beispielen rein beschreibender Zeichenbestandteile wie „comp“
(für „compositum“ im Sinne einer Wirkstoffkombination) oder „forte“ ist der Be-
standteil „med“ für sich genommen kein eigenständiger Begriff und wird in der
Fachsprache nicht isoliert benutzt, um besondere Eigenschaften des Arzneimittels
zu beschreiben. Vor allem aber ist auch dem Bestandteil „Travo“ als Hinweis auf
den Wirkstoff „Travoprost“ eine deutliche Kennzeichnungsschwäche beizumessen.
Insoweit sind in der angegriffenen Marke zwei kennzeichnungsschwache Be-
standteile so miteinander kombiniert, dass eine starke Klammerwirkung entsteht
und sie nach der Wahrnehmung des Verkehrs ein einheitliches Wort bilden, so
dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass einer der beiden Bestandteile
das Zeichen dominiert und der Verkehr sich nur an diesem orientieren wird (vgl.
BGH GRUR 2008, 909 Rn. 29 – Pantogast).
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3.4. In begrifflicher Hinsicht stimmen beide Vergleichszeichen insoweit überein,
als in beiden Zeichen hinweisende Anklänge auf den Wirkstoff „Travoprost“ ent-
halten sind. Soweit eine Übereinstimmung der sich gegenüberstehenden Marken
nur im Hinblick auf einen beschreibenden Anteil der Zeichen besteht, ist eine
begriffliche Verwechslungsgefahr jedoch schon aus Rechtsgründen ausgeschlos-
sen. Ausgehend von dem Grundsatz, dass eine schutzunfähige Angabe für sich
gesehen nicht Grundlage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr sein darf,
reicht auch eine Übereinstimmung in beschreibenden Begriffen oder sprechenden
Bestandteilen nicht aus, um eine begriffliche Verwechslungsgefahr bejahen zu
können, insbesondere dann nicht, wenn – wie hier vorliegend – diese Übereinstim-
mung die einzige begriffliche Gemeinsamkeit der Marken darstellt, weil der Ver-
kehr dann den Marken allenfalls dieselbe beschreibende Aussage entnimmt, die
Marken aber nicht demselben Unternehmen zuordnet (vgl. dazu Ströbele/Hacker,
MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 288 m. w. N.).


4. Es kann auch keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nach § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bejaht werden. Bei dem Bestandteil „med“ handelt es sich
nicht um ein Unternehmenskennzeichen oder den Stammbestandteil einer Mar-
kenserie, so dass dem Bestandteil „Travo“ innerhalb der angegriffenen Marke
keine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt. Nur unter diesen Vorausset-
zungen hat die Rechtsprechung die Bejahung einer Verwechslungsgefahr im
weiteren Sinne bei Übernahme einer Widerspruchsmarke in ein prioritätsjüngeres
Kennzeichen in Betracht gezogen (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 905 Rn. 37 f.
– Pantohexal; BGH GRUR 2008, 909 Rn. 38 f. – Pantogast).


5. Schließlich ist die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter
dem Gesichtspunkt einer Zeichenserie seitens des Widersprechenden schon des-
wegen ausgeschlossen, weil beide Widerspruchsmarken nicht benutzt werden, so
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dass es an der zwingenden Voraussetzung einer benutzten Zeichenserie fehlt
(Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 495).


6. Die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken bzw.
die Frage der berechtigten Gründe für eine Nichtbenutzung nach § 26 Abs. 1
MarkenG kann dahingestellt bleiben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat
mit Schriftsatz vom 8. November 2016 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.
Diese ist mit Ablauf der Benutzungsschonfrist zum 8. November 2016 zulässig.
Nachdem die zu vergleichenden Zeichen jedoch nicht verwechselbar ähnlich sind,
kommt es auf die Benutzung nicht an. Auch soweit der Widersprechende mit
Schriftsatz vom 24. November 2016 im Hinblick auf ein vor dem Bundesgerichts-
hof geführtes Rechtsbeschwerdeverfahren I ZB 6/16 (Ausgangsverfahren vor dem
Bundespatentgericht war das Verfahren 30 W (pat) 42/13, Beschluss vom
24. Dezember 2015 = GRUR 2016, 503 – Dorzo plus T STADA/Dorzo) die Aus-
setzung des vorliegenden Verfahrens beantragt hat, war dies nicht veranlasst, weil
die vor dem Bundesgerichtshof zu klärende Rechtsfrage Benutzungsfragen betraf.
Im Zusammenhang mit der Benutzungsfrage sei aber darauf hingewiesen, dass
der Patentschutz für einen pharmazeutischen Wirkstoff für einen anderen Markt-
teilnehmer (auch im Rahmen eines ergänzenden Schutzzertifikats) nach Auffas-
sung des Senats in aller Regel keinen berechtigten Grund für eine Nichtbenutzung
darstellt. Da bei erfolgreichen Wirkstoffeinführungen häufig oder sogar regelmäßig
ergänzende Schutzzertifikate erteilt werden, müssen auch die Generikahersteller,
die nach Ablauf des Patentschutzes regelmäßig auf den Markt drängen, sich auf
diesen naheliegenden Umstand bei ihrer Planung, auch im Zusammenhang mit
den Kennzeichnungen, einstellen.

- 16 -
7. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, nachdem
weder eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung zu entscheiden war, noch
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert, § 83 Abs. 2 MarkenG.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

- 17 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen


Fa


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