25 W (pat) 548/17  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:220318B25Wpat548.17.0


BUNDESPATENTGERICHT




25 W (pat) 548/17
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2013 064 207

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
22. März 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin
Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 42 vom 6. September 2016 aufgehoben,
soweit auf den Widerspruch aus der Unionsmarke 005 791 901
hin die Löschung der angegriffenen Marke 30 2013 064 207 ange-
ordnet worden ist. Der Widerspruch aus der Unionsmarke
005 791 901 wird zurückgewiesen.


G r ü n d e :

I.

Die am 5. Dezember 2013 angemeldete Bezeichnung

appix

ist am 11. März 2014 unter der Nr. 30 2013 064 207 in das beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden und ist nach
Teillöschungsantrag vom 7. Juli 2014 noch für die nachfolgenden Waren und
Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 38, 42 und 45 geschützt:

Klasse 09: Betriebssysteme für Computer (Software); Computer-
Software [gespeichert]; Computerdatenträger mit darauf gespeicherter
Software; Computerprogramme für Projektmanagement; Computersoft-
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ware für die computergestützte Softwareentwicklung; Datenverarbei-
tungs-Software; Interfaces [Schnittstellengeräte oder -programme für
Computer]; Schnittstellensoftware; Software; Softwarepakete; wobei
keine der zuvor genannten Produkte im Zusammenhang mit Überwa-
chungsprodukten und -kameras steht;

Klasse 35: Automatisierte Zusammenstellung und Systematisierung
von Daten in Computerdatenbanken; Beratung in Bezug auf die Zusam-
menstellung und Systematisierung von Daten in Computerdatenban-
ken; Beratung in Bezug auf Marketingmanagement; Business Marke-
ting; Dateiverwaltung mittels Computer; Hilfe bei Marketingaktivitäten;
Marketing; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken;

Klasse 38: Bereitstellung von Anlagen für Videokonferenzen; Bereit-
stellung von Dienstleistungen für die Datenübertragung; Bereitstellung
von Diskussionsforen [Internet-Chatrooms] für soziale Netzwerke; Be-
reitstellung von E-Mail-Diensten; Bereitstellung von elektronischen
Online-Mailbox-Diensten und Gesprächsforen; Bereitstellung von elek-
tronischen Online-Mailboxnetzen zur Übertragung von Nachrichten zwi-
schen Computeranwendern; Bereitstellung von elektronischen Tele-
kommunikationsverbindungen; Bereitstellung von Gesprächsforen unter
Verwendung des Internet; Bereitstellung von Internet-Chatrooms; Be-
reitstellung von Portalen im Internet; Bereitstellung von Zugangsbe-
rechtigungen zum Internet (Serviceprovider); Bereitstellung von Zu-
gangsberechtigungen zur Telekommunikation und zu Links zu Daten-
banken und zum Internet; Kommunikationsdienste zwischen Compu-
tern; Kommunikationsdienste auf elektronischem Wege; Nachrichten-
und Bildübermittlung mittels Computer; Videokonferenzdienstleistun-
gen;

Klasse 42: Aktualisierung und Wartung von Computersoftware; Ak-
tualisierung von Software-Datenbanken; Aktualisierung von Speicher-
banken [Software] von Computersystemen; Beratung auf dem Gebiet
der Informationstechnologie [IT]; Beratung in Bezug auf Computer und
Software; Beratung in Bezug auf Computersystemanalysen; Beratungs-
dienste auf dem Gebiet von Computerhardware und -software; Compu-
terprogrammierung und Softwareentwicklung; Computersoftware (War-
tung von -); Computersystemanalysen; Consulting und Beratung auf
dem Gebiet der Computerhardware und -software; Design, Pflege, Ver-
mietung und Aktualisierung von Computersoftware; Dienstleistungen für
den Entwurf von Software für die elektronische Datenverarbeitung;
Dienstleistungen zum Schutz vor Computerviren; Digitalisieren von Do-
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kumenten [Scannen]; Durchführung von Computersystemanalysen;
EDV-Beratung; Entwicklung von Software; Entwicklung von Softwarelö-
sungen für Internet-Provider und Internet-Nutzer; Entwicklung, Pro-
grammierung und Implementierung von Software; Entwurf und Entwick-
lung von Computerhardware und -software; Entwurf, Entwicklung und
Implementierung von Software; Entwurf, Wartung, Entwicklung und
Aktualisierung von Computersoftware; Erstellung, Wartung, Pflege und
Anpassung von Software; Fachliche Beratung in Bezug auf die Soft-
wareerstellung; Fehlersuche bei Computerhardware- und -softwarepro-
blemen; Fernüberwachung von Computersystemen; Gestaltung und
Erstellung von Software für die Datenverarbeitung; Hosting; Hosting
von Computerseiten [Webseiten]; Hosting von Webseiten; Hosting-
Dienste, Software as a Service (SaaS) und Vermietung von Software;
Installation und Wartung von Software für Internetzugänge; Installation
von Software; Installation, Reparatur und Wartung von Computersoft-
ware; Installation, Wartung und Reparatur von Software für Computer-
systeme; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten [ausge-
nommen physische Veränderung]; Kopieren von Computerprogram-
men; Kundenspezifische Gestaltung von Softwarepaketen; Kunden-
spezifische Softwareanpassung; Kundenspezifisches Design von Soft-
warepaketen; Reparatur [Wartung und Aktualisierung] von Software;
Server-Hosting; Software as a Service [SaaS]; Softwaredesign
und -entwicklung; Technischer Support im Softwarebereich; Vermietung
von Computer-Software, Datenverarbeitungsgeräten und Computerperi-
pheriegeräten; Vermietung von Computerhardware und Software; Ver-
mietung von Datenverarbeitungsgeräten; Wartung und Reparatur von
Software; Wartung von Software für Internetzugänge; Web-Hosting;
Wiederherstellung von Computerdaten; wobei keine der zuvor genann-
ten Dienstleistungen im Zusammenhang mit Überwachungsprodukten
und -kameras steht;

Klasse 45: Lizenzierung von Software.

Gegen die Eintragung der am 11. April 2014 veröffentlichten Marke hat die Inha-
berin der nachfolgenden prioritätsälteren Unionsmarke am 2. Juli 2014 Wider-
spruch erhoben u. a. aus der Marke

APPIT

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die seit dem 13. November 2007 unter der Nummer 005 791 901 eingetragen ist
und Schutz genießt für die nachfolgenden Waren Klassen 9, 35, 41 und 42:

Klasse 09: Computersoftware, nämlich Online-Softwareplattform,
die dem Nutzer ermöglicht Softwareanwendungen zu entwickeln und zu
vertreiben;

Klasse 35: Beratung in Geschäftsfragen und kommerzielle Unter-
stützung in Bezug auf die Implementierung von Computersystemen und
die Systemintegration von Plattformsoftware und die Anwendungen, die
davon entwickelt werden können;

Klasse 41: Erziehung, nämlich Bereitstellung von Ausbildung in Be-
zug auf Plattformsoftware und die Anwendungen, die davon entwickelt
werden können;

Klasse 42: Beratung auf dem Gebiet des Entwurfs, der Auswahl,
Umsetzung und der Verwendung einer Computersoftwareplattform;
technische Unterstützung, nämlich Fehlersuche und -behebung in Be-
zug auf Computersoftwareprobleme; Pflege von Computersoftware; Er-
möglichung der temporären Nutzung von nicht herunterladbarer Online-
Software für den Entwurf und die Erstellung von Prozessanwendungen.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Beschluss vom 6. September 2016 die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von
§§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG im Zusammenhang mit
allen von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen
bejaht und die angegriffene Marke gelöscht. Die Entscheidung über einen weite-
ren Widerspruch der Widersprechenden aus der Unionsmarke 012 839 452 hat
die Markenstelle im Hinblick auf den beschwerdegegenständlichen Widerspruch
ausgesetzt.

Zur Begründung des Beschlusses ist ausgeführt, dass alle zu vergleichenden Wa-
ren und Dienstleistungen durchschnittlich ähnlich seien. Die Kennzeichnungskraft
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der Widerspruchsmarke APPIT sei durchschnittlich. Der Begriff „Appit“ sei zwar im
Zusammenhang mit elektronischen Arbeits- und Kommunikationsprozessen als
Wort bekannt und bezeichne bestimmte Starter-Supports. Er habe aber keine
beschreibende Bedeutung. Die normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchs-
marke und die durchschnittliche Ähnlichkeit der jeweiligen Waren und Dienstleis-
tungen begründeten deutliche Anforderungen an den Zeichenabstand, denen die
jüngere Marke nicht gerecht werde. Die ersten vier der insgesamt fünf Buchstaben
der Zeichen seien identisch. Die Klang- und Lautfolge „app - iks“ treffe auf
„app - itt“. Die Klangverläufe seien phonetisch hochgradig ähnlich. Die kurzen
Wörter endeten jeweils mit einem harten Auslaut, nämlich „t“ bzw. „ks“.

Hiergegen wendet sich die Inhaberin der angegriffenen Marke mit ihrer Be-
schwerde. Das DPMA habe die Verwechslungsgefahr damit begründet, dass
beide Marken „Software“ beanspruchen würden. Dabei werde zwischen den von
den Beteiligten jeweils angebotenen Produkten nicht ausreichend differenziert.
Unter der älteren Marke werde ausschließlich eine Plattformsoftware angeboten,
welche es den Kunden erlaube, die gewünschten Softwareanwendungen selbst zu
entwickeln. Dagegen vertreibe die Inhaberin der angegriffenen Marke fertige Soft-
wareanwendungen. Im Übrigen reduziere bereits die Mehrsilbigkeit der Zeichen
die Verwechslungsgefahr. Schriftbildlich würden sich die Zeichen schon dadurch
unterscheiden, dass die ältere Marke ausschließlich in Großbuchstaben geschrie-
ben werde. In klanglicher Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der
älteren Marke um eine amerikanische Marke handle, die „Äppit“ ausgesprochen
werde. Deswegen seien die Marken klanglich völlig verschieden.

Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2016 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke
vorgetragen, dass die ältere Marke nicht „entsprechend benutzt“ werde. Im Schrift-
satz vom 16. Mai 2017 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke ausdrücklich die
Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die ältere Marke sei nicht rechtserhaltend
benutzt worden, da die Softwareprodukte der Widersprechenden stets mit der
Bezeichnung „K2 Appit“, jedoch nie mit dem Zeichen „Appit“ in Alleinstellung ange-
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boten würden, was auch aus einem beigefügten Screenshot ersichtlich sei (Anlage
zum Schriftsatz vom 16. Mai 2017, Bl. 23 d. A.).

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 6. September 2016 aufzuheben,
soweit auf den Widerspruch aus der Unionsmarke 005 791 901
hin die Löschung der angegriffenen Marke 30 2013 064 207
angeordnet worden ist und den Widerspruch aus der Unionsmarke
005 791 901 zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht weiter vorge-
tragen und auf ihre Ausführungen im Verfahren vor dem DPMA Bezug genom-
men.

Sie beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 42 vom 6. September 2016, die Schriftsätze der Beteiligten
und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und
auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat
in der Sache Erfolg. Die Widersprechende hat auf die im Beschwerdeverfahren in
zulässiger Weise erhobene Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffe-
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nen Marke gemäß § 125 b Nr. 4 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG eine rechts-
erhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in dem maßgeblichen Benutzungs-
zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG für keine der für die Widerspruchs-
marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen glaubhaft gemacht. Mangels
berücksichtigungsfähiger Waren und Dienstleistungen auf Seiten der Wider-
spruchsmarke i. S. d. § 125 b Nr. 4 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG kann der
Widerspruch schon deshalb – unabhängig von der Frage der Verwechslungsge-
fahr nach der Registerlage – keinen Erfolg haben. Demzufolge war der die Ver-
wechslungsgefahr bejahende Beschluss des DPMA insoweit aufzuheben und der
gemäß § 125 b Nr. 4, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erhobene Widerspruch zurückzu-
weisen.


1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat erstmals im Beschwerdeverfahren
mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2016 (Bl. 7 d. A.) die Einrede der Nichtbenutzung
konkludent erhoben, indem sie vortrug, dass die Widerspruchsmarke nicht „ent-
sprechend genutzt“ werde. Mit der Beschwerdebegründung vom 17. Mai 2017 hat
die Inhaberin der Widerspruchsmarke die Einrede der Nichtbenutzung darüber
hinaus auch ausdrücklich erhoben. Die gemäß § 43 MarkenG i. V. m. Art. 15 GMV
pauschal bzw. undifferenziert erhobene Einrede der Nichtbenutzung ist als zuläs-
sige Einrede nach § 125 b Nr. 4 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG auszulegen,
wobei sich die Beurteilung, ob eine Marke rechtserhaltend benutzt worden ist,
nach Art. 15 GMV richtet. Soweit eine Nichtbenutzungseinrede undifferenziert
ohne konkrete Bezeichnung der beiden nach dem Gesetz in § 43 Abs. 1 Satz 1
und Satz 2 MarkenG grundsätzlich vorgesehenen Einreden erhoben wird, ist dies
regelmäßig als Erhebung beider Einreden zu verstehen, soweit die gesetzlichen
Voraussetzungen dafür gegeben sind (vgl. BGH GRUR 2008, 714 Rn. 23 – idw;
BPatG GRUR 2016, 286, 288 – Yosaya/YOSOI; vgl. auch Ströbele/Hacker/
Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 43 Rn. 26 m. w. N.). Die Voraussetzungen für die
Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind vorliegend nicht gegeben, da die
fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 13. November 2010 eingetragenen Uni-
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onswiderspruchs erst nach der am 11. April 2014 erfolgten Veröffentlichung der
Eintragung der prioritätsjüngeren angegriffenen Marke endete, nämlich am
13. November 2015. Bei einer solchen Fallgestaltung, bei der nur eine der beiden
Nichtbenutzungseinreden zulässig ist bzw. Rechtswirkung entfalten kann, ist die
undifferenziert erhobene Einrede als verfahrensrechtliche Erklärung nach dem
mutmaßlichen Willen entsprechend § 133 BGB dahingehend auszulegen, dass
der Einredende nur die nach dem Gesetz mit Rechtswirkung mögliche und damit
sinnvolle Einrede erheben will. Die Auslegung von verfahrensrechtlichen Erklärun-
gen hat sich im Zweifel danach zu richten, was nach der Gesetzeslage vernünftig
ist und der Gesetzeslage entspricht (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., Einlei-
tung III Rn. 16). Ausgehend davon ist es entgegen der gelegentlich vertretenen
Auffassung (vgl. z. B. die Beschlüsse BPatG 26 W (pat) 530/13 vom
25. Juni 2014, 29 W (pat) 40/12 vom 28. Juni 2013 oder 33 W (pat) 70/11 vom
25. Juni 2013) nicht sachgerecht, der Inhaberin der angegriffenen Marke zu unter-
stellen, dass sie neben der nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässigen noch
eine nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG unzulässige und im Ergebnis wirkungslose
Einrede erheben wollte.

Demnach hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Wider-
spruchsmarke nur für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG glaubhaft
zu machen, also vom 22. März 2013 bis zum 22. März 2018. Die Widerspre-
chende hat aber zur Benutzung der Widerspruchsmarke nichts vorgetragen und
keine entsprechenden Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt.

Dagegen hat die Inhaberin der angegriffenen Marke vorgetragen, dass die Wider-
spruchsmarke für eine Plattformsoftware benutzt werde, die es Kunden erlaube,
die gewünschten Softwareanwendungen selbst zu entwickeln. Sie ist lediglich der
Auffassung, dass diese Art der Benutzung nicht rechtserhaltend sei, weil die ent-
sprechenden Softwareprodukte stets mit der Bezeichnung „K2 Appit“, jedoch nie
mit dem Zeichen „Appit“ in Alleinstellung angeboten worden seien. Im Ergebnis
reicht aber auch der Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht aus, um
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eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gem. § 36 MarkenG zu
bejahen, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Markeninhaberin
die Obliegenheit der Widersprechenden zur Glaubhaftmachung der Benutzung der
Widerspruchsmarke hat übernehmen wollen. Der Vortrag der Inhaberin der ange-
griffenen Marke ist im Übrigen insoweit nicht ausreichend substantiiert. Es wird
insbesondere nicht dargelegt, in welchem Zeitraum, in welcher Form und in wel-
chem Umfang (Werbeaufwendungen, Umsätze etc.) die Widerspruchsmarke be-
nutzt worden ist. Auch der als Anlage beigefügte Screenshot lässt nicht erkennen,
wie die Marke benutzt worden ist. Dort findet sich im Zusammenhang mit der
Widerspruchsmarke lediglich der Satz „It´s not to late to learn more about the K2
blackpearl and Appit updates“. Ob und welcher Form auf der entsprechenden
Homepage ein Softwareprodukt mit der Bezeichnung „Appit“ beworben oder ver-
trieben wird, lässt sich dem Screenshot nicht entnehmen. Nachdem insgesamt
kein ausreichender Sachvortrag zur Art und zum Umfang der rechtserhaltenden
Benutzung vorliegt, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben,
ob eine ausschließliche Benutzung des Zeichens „Appit“ mit dem Zusatz „K2“
gemäß § 26 Abs. 3 MarkenG als rechtserhaltend angesehen werden könnte.

Der Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke kann auch nicht dahingehend
ausgelegt werden, dass die Benutzung der Widerspruchsmarke nach Art und
Umfang in Bezug auf bestimmte Waren und Dienstleistungen unstreitig gestellt
werden sollte. Dagegen spricht schon eindeutig die unbedingt und ohne Ein-
schränkung erhobene Nichtbenutzungseinrede. Bei sachgerechter Auslegung
können die Ausführungen der Inhaberin der angegriffenen Marke zur Benutzung
der Widerspruchsmarke nur dahingehend ausgelegt werden, dass die Wider-
spruchsmarke – vorbehaltlich eines die rechtserhaltende Benutzung rechtfertigen-
den Benutzungsumfangs, der allerdings noch glaubhaft zu machen wäre – in der
beschriebenen Form unstreitig gestellt wird, wobei auch die Art der Benutzung von
der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht als rechtserhaltend angesehen wird.

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2. Der Senat war nicht nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 139 Abs. 2
Satz 1 ZPO verpflichtet, die Widersprechende darauf hinzuweisen, dass sie die
rechtserhaltende Benutzung der Unionswiderspruchsmarke glaubhaft machen
müsse. Zum einen ist das Gericht im zweiseitigen Verfahren gegenüber den Be-
teiligten zur Neutralität verpflichtet (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG,
12. Aufl., § 43 Rn. 68). Vor allem aber wäre selbst dann, wenn eine Beteiligte
einen relevanten Gesichtspunkt übersehen hätte, ein gerichtlicher Hinweis ent-
behrlich, wenn die Partei von der Gegenseite die gebotene Unterrichtung erhalten
hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007, Az. IX ZR 207/05 m. w. N.;
Zöller, ZPO 32. Aufl., § 139 Rn. 6a). Vorliegend hat sich die Inhaberin der Wider-
spruchsmarke nicht nur konkludent mit dem Schriftsatz 15. Oktober 2016, sondern
auch mit ihrer kaum zweiseitigen Beschwerdebegründung vom 17. Mai 2017 aus-
drücklich auf die Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke berufen, so dass diese
Frage für die Widersprechende erkennbar im Streit stand.


3. Ausführungen zur Frage der Verwechslungsgefahr können als nicht entschei-
dungserheblich dahingestellt bleiben.


4. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war von keiner Beteiligten
beantragt worden und erschien auch aus Sicht des Senats nicht erforderlich, § 69
Nr. 1 und 3 MarkenG.


5. Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1
Satz 1 MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen

Fa


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