25 W (pat) 545/17  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



25 W (pat) 545/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
27. April 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die IR-Marke 1 220 315

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 27. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e

I.

Die am 10. Juli 2014 international registrierte Marke 1 220 315



sucht für folgende Waren um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nach:

Klasse 29: Preserved, dried, frozen and cooked fruits and
vegetables; jams, compotes; fruit pulp; fruit jellies; processed nuts; fruit
filling for baked goods; preparations for the food industry mainly
consisting of any of the following goods: preserved and cooked fruits
and vegetables, processed nuts, processed seeds or poppy seeds;

Klasse 30: Fruit sauces; dried and preserved culinary herbs;
chocolate products; sugar confectionery; preparations for the food
industry mainly consisting of any of the following goods: chocolate,
caramels, coffee, cereal flakes, cereals, cake, cake dough, biscuits,
spices, vanilla (spice), dried or preserved culinary herbs or sugar;
flavourings and flavourings for beverages, other than essential oils,
essences for food, other than ethereal essences and essential oils;

Klasse 32: Fruit juices, fruit nectars and fruit beverages; smoothies;
vegetable juices; syrups and other preparations for making beverages.

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Die IR Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat der
Marke mit Beschluss vom 23. August 2016 den Schutz verweigert. Zur Begrün-
dung ist ausgeführt, dass der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft fehle,
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Sie bestehe aus der Wortfolge „WE FRUIT. - From
Field to Cup –„ und einem Bildbestandteil in Form einer herzförmigen Erdbeere,
der zwischen den Wörtern „WE“ und „FRUIT“ angeordnet sei. Die angesproche-
nen Verkehrskreise würden diese Kombination von Wort- und Bildbestandteilen
ohne weiteres im Sinne von „Wir lieben Obst. Vom Feld in die Tasse/auf den
Tisch“ und damit als einen Werbespruch verstehen. Die herzförmige Erdbeere
werde vom Verkehr als Symbol für den Begriff „Liebe“ bzw. das Verb „lieben“ er-
kannt. In der Werbung wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch würden entspre-
chende Abbildungen oder Piktogramme in Form eines Herzens häufig in diesem
Sinne verwendet, etwa in der Kombination mit Städtenamen (z. B. „I (Herzsymbol)
NY“). Auch die Tatsache, dass es sich bei dem Wortbestandteil der Marke um
eine englischsprachige Wortfolge handle, könne die Unterscheidungskraft nicht
begründen, da die Verständnisfähigkeit des Durchschnittsverbrauchers nicht zu
gering veranschlagt werden dürfe. Bei den Waren der Klassen 29, 30 und 32, für
die die Marke in der Bundesrepublik Deutschland Schutz nachsuche, handle es
sich um Lebensmittel und Getränke. Für alle diese Waren stelle die Marke einen
Werbespruch dar, der besage, dass die Früchte saisonal geerntet auf kürzestem
Wege und ohne unnötige Behandlung mit Konservierungsmitteln zum Verbraucher
gelangen würden. Entsprechende englischsprachige Slogans würden in der Wer-
bung vielfach verwendet, wie z. B.: „From Field to Cup. Experience the authentic
and unique character of premium whole leaf tea that travels from the field to your
cup”. Da sich die werbliche Aussage der Wort/Bildkombination ohne nähere Er-
läuterungen oder vertiefende Denkprozesse erschließe, sei dem Zeichen kein die
Unterscheidungskraft begründender Fantasiegehalt zuzumessen. Die Werbeaus-
sage stehe im Vordergrund, so dass der Verbraucher, der an entsprechende Wer-
beaussagen gewöhnt sei, das Zeichen nicht als einen Hinweis auf die Herkunft
von einem bestimmten Unternehmen verstehen werde.
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Hiergegen wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Dem Deut-
schen Patent- und Markenamt sei insoweit zuzustimmen, als das schutzsuchende
Zeichen grundsätzlich nicht ausschließlich aus sachbeschreibenden Angaben be-
stehe. Der angefochtene Beschluss sei aber schon deswegen aufzuheben, weil er
sich nicht im Einzelnen mit den beanspruchten Waren auseinandersetze, sondern
nur allgemein auf Obst Bezug nehme. Zudem gehe das Deutsche Patent- und
Markenamt insoweit von falschen Tatsachen aus, als es sich bei den bean-
spruchten Waren um Lebensmittel handle, die in mehreren Schritten verarbeitet
würden und damit nicht sofort vom Feld auf einen Tisch oder in eine Tasse kä-
men. Der Beschluss berücksichtige auch die Kennzeichnungsgewohnheiten der
betroffenen Branche nicht ausreichend. Denn das Angebot der Markeninhaberin
richte sich insbesondere an Fachkreise, wie etwa Produktentwickler oder Einkäu-
fer der Lebensmittelindustrie. Dieses Fachpublikum bringe den beanspruchten
Waren eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit entgegen und kaufe diese nicht
im Vorbeigehen. Die beanspruchten Lebensmittel würden darüber hinaus nur ver-
arbeitet und in großen Gebinden verpackt in den Verkauf kommen, so dass die auf
der Verpackung aufgedruckte Marke von den angesprochenen Fachkreisen stets
als solche wahrgenommen werde. Werde der Abnehmer der Waren mit einer ihm
unbekannten Kennzeichnung auf der Verpackung der Ware konfrontiert, so werde
er der Kennzeichnung besondere Aufmerksamkeit entgegenbringen und jedwede
Kennzeichnung auf der Verpackung als Herkunftshinweis, d. h. als Marke auffas-
sen. Auch der Hinweis des Deutschen Patent- und Markenamts auf die Verwen-
dung des Herzsymbols in der Werbung ignoriere die Kennzeichnungsgewohnhei-
ten der Lebensmittelbranche, da die Marke keinen Schutz für Mützen, T-Shirts
oder Aufkleber beanspruche, auf denen das Herzsymbol üblicherweise in werben-
der Verwendung aufgedruckt sei, und die beanspruchten Waren im Übrigen in
keinem Zusammenhang mit Städtenamen stünden (für die das Herzsymbol häufig
verwendet werde). Schließlich könne der Marke auch unter dem Gesichtspunkt
eines möglichen werbenden Begriffsinhalts nicht jegliche Unterscheidungskraft
abgesprochen werden. Grundsätzlich sei auch eine solche Marke unterschei-
dungskräftig und zwar selbst dann, wenn der werbende Sinngehalt in den Vorder-
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grund trete. Die Annahme eines werbenden Sinngehalts sei im vorliegenden Fall
aber geradezu abwegig, weil verarbeitete Lebensmittel wegen der erforderlichen
Arbeitsschritte eben nicht frisch vom Feld zum Verbraucher gelangen würden. Un-
abhängig davon habe die Marke eine sehr hohe Unterscheidungskraft, weil die in
der Marke als Bildbestandteil dargestellte Erdbeere so in der Natur nicht vor-
komme und daher völlig unüblich sei. Wegen seiner lebendigen Plastizität und der
Farbintensität sei der Bildbestandteil für die angesprochenen Fachkreise ein be-
sonderer Blickfänger. Hierdurch unterscheide er sich auch von den anderen, im
Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts angeführten Herzsymbolen.
Da der Wortbestandteil „we“ offen lasse, wer eigentlich mit „we“ angesprochen sei,
werde Spannung und ein Interpretationsbedarf erzeugt, was allein schon für sich
die Unterscheidungskraft begründe. Der Wortbestandteil „From Field to Cup“ sei
ein Slogan, der kurz und prägnant sei und weder einen werbemäßigen noch einen
sachbezogenen Inhalt habe, sondern vielmehr beim angesprochenen Verkehr ei-
nen Denkprozess auslöse. Damit sei das Zeichen insgesamt eine Komposition
unüblicher, einprägsamer Einzelelemente, das erst recht in seiner Gesamtheit ei-
nen den Hersteller individualisierenden Gesamteindruck hervorrufe. Der Be-
schluss des DPMA sei auch schon deswegen aufzuheben, weil er das schutzsu-
chende Zeichen in unzulässiger Weise zergliedernd betrachte. Schließlich könne
hinsichtlich der Schutzrechtserstreckung auf das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland wegen des harmonisierten Markenrechts kein Schutzhindernis be-
stehen, wenn die Marke, wie hier vorliegend, bereits in Österreich für identische
Waren geschützt sei. Die Markeninhaberin berufe sich auf den „Telle-quelle“-
Schutz nach Artikel 6 quinquies A I PVÜ. Daneben sei die Marke in zahlreichen
weiteren Ländern (Frankreich, Benelux, Polen, USA, China, Türkei und Australien)
geschützt und erfülle dort ohne weiteres die Herkunftsfunktion.

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Die Markeninhaberin beantragt,

den angefochtenen Beschluss in vollem Umfang aufzuheben, die
Schutzverweigerung zurückzunehmen und der Internationalen
Registrierung IR 1 220 315 Schutz für sämtliche beanspruchten
waren in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu gewäh-
ren,

hilfsweise für die nachfolgend bezeichneten Waren Schutz zu ge-
währen,

1. Hilfsantrag:

Klasse 29: Konserviertes, getrocknetes, tiefgekühltes und ge-
kochtes Obst und Gemüse; Konfitüren; Kompotte; Fruchtmark;
Fruchtgelees; verarbeitete Nüsse; Fruchtfüllungen für Backwaren;
die vorstehend genannten Waren für die Nahrungsmittelindustrie;
Zubereitungen für die Nahrungsmittelindustrie überwiegend be-
stehend aus seiner der nachfolgenden Waren: konserviertes oder
gekochtes Obst und Gemüse, verarbeitete Nüsse, verarbeitete
Samenkörner und Mohn;

Klasse 30: Fruchtsoßen; getrocknete und konservierte Küchen-
kräuter; Schokoladenerzeugnisse; Zuckerwaren; Aromen und
Aromastoffe für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; die vor-
genannten Waren für die Nahrungsmittelindustrie; Zubereitungen
für die Nahrungsmittelindustrie überwiegend bestehend aus seiner
der folgenden Waren: Schokolade, Karamellen, Kaffee, Getreide-
flocken, getreidepräparate, Kuchen, Kuchenteig, Kekse, Gewürze,
Vanille (Gewürz), getrocknete oder konservierte Küchenkräuter
oder Zucker;
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Klasse 32: Fruchtsäfte, Fruchtnektare und Fruchtgetränke;
Smoothies; Gemüsesäfte; Sirupe und andere Präparate für die
Zubereitung von Getränken; die vorstehend genannten Waren für
die Nahrungsmittelindustrie;


hilfsweise für die nachfolgend bezeichneten Waren Schutz zu ge-
währen,

2. Hilfsantrag:

Klasse 29: Konserviertes, getrocknetes, tiefgekühltes und ge-
kochtes Obst und Gemüse; Konfitüren; Kompotte; Fruchtmark;
Fruchtgelees; verarbeitete Nüsse; Fruchtfüllungen für Backwaren;
die vorstehend genannten Waren für die Nahrungsmittelindustrie;
Zubereitungen für die Nahrungsmittelindustrie überwiegend be-
stehend aus seiner der nachfolgenden Waren: konserviertes oder
gekochtes Obst und Gemüse, verarbeitete Nüsse, verarbeitete
Samenkörner und Mohn; alle vorstehend genannten Waren ohne
frische Erdbeeren;

Klasse 30: Fruchtsoßen; getrocknete und konservierte Küchen-
kräuter; Schokoladenerzeugnisse; Zuckerwaren; Aromen und
Aromastoffe für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; die vor-
genannten Waren für die Nahrungsmittelindustrie; Zubereitungen
für die Nahrungsmittelindustrie überwiegend bestehend aus seiner
der folgenden Waren: Schokolade, Karamellen, Kaffee, Getreide-
flocken, getreidepräparate, Kuchen, Kuchenteig, Kekse, Gewürze,
Vanille (Gewürz), getrocknete oder konservierte Küchenkräuter
oder Zucker; alle vorstehend genannten Waren ohne frische Erd-
beeren;
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Klasse 32: Fruchtsäfte, Fruchtnektare und Fruchtgetränke;
Smoothies; Gemüsesäfte; Sirupe und andere Präparate für die
Zubereitung von Getränken; die vorstehend genannten Waren für
die Nahrungsmittelindustrie und ohne frische Erdbeeren.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle vom 23. August 2016, die Schriftsätze der Markeninhaberin, den rechtli-
chen Hinweis des Senats vom 4. April 2017 nebst Anlagen, das Protokoll der
mündlichen Verhandlung und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1, § 64 Abs. 6 MarkenG statthafte und auch im Übrigen
zulässige Beschwerde der Markeninhaberin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der
IR Marke 1 220 315 fehlt im Hinblick auf die beanspruchten Waren jegliche Unter-
scheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle den
Antrag auf Schutzrechtserstreckung zu Recht verweigert hat, §§ 117 Abs. 1, 113
Abs. 2 i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom
Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die
Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichne-
ten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004,
428 Rn. 30, 31 „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850 Rn. - „FUSSBALL WM 2006“).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der
Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen
lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet
(vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674
Rn. 86 - Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann aus-
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zugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit
produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen
allgemeiner Art enthält (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands
schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch
solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten
Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreiben-
der Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL WM
2006 a. a. O.). Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen - wie die hier
angemeldete Wortfolge - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie
andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvor-
aussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen
(vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 221 m. w. N.). Es ist auch nicht
erforderlich, dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten
oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen
(vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Gleichwohl ist zu be-
rücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans bzw. werblich-sachbezogenen Wort-
folgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine
bloße Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der betreffenden
Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion
im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von unterge-
ordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027 Rn. 35 - DAS PRINZIP DER
BEQUEMLICHKEIT). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des
EuGH im Übrigen insbesondere dann zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken
nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse
Originalität oder Prägnanz aufweisen, die ein Mindestmaß an Interpretationsauf-
wand erfordern oder beim Verkehr einen Denkprozess auslösen (EuGH – VOR-
SPRUNG DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 57, vgl. dazu auch Ströbele/Hacker,
MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 223). Gerade davon kann nach Auffassung des
Senats bei dem vorliegenden Zeichen nicht ausgegangen werden.

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1. Die schutzsuchende international registrierte Marke besteht aus zwei sinnhaft
aufeinander bezogenen Werbeaussagen, deren gedanklicher Inhalt sich sofort
und ohne weiteres Nachdenken erschließt. Der Verkehr wird die Zeichenfolge un-
mittelbar dahingehend verstehen, dass die vom Verwender angebotenen Waren
aus frisch geernteten (= from field to cup) Rohprodukten hergestellt werden und
dass der Anbieter diese Rohprodukte liebt. Ausgehend davon erschließt sich ohne
weiteres die werbliche Gesamtaussage, dass die solcherart gekennzeichneten
Produkte mit Liebe (im Sinne von besonderer Aufmerksamkeit und Sorgfalt) aus
frischesten Ausgangsprodukten hergestellt werden.


1.1. Die Wortfolge „WE + Bildbestandteil Erdbeere + Fruit.“ wird der Verkehr ohne
weiteres im Sinne von „We love fruit.“ (= „Wir lieben Früchte.“) verstehen. Die
Substitution des Wortes „love“ in einer Wortfolge durch ein Herzsymbol ist dem
Verkehr angesichts der häufigen entsprechenden Verwendung in der Werbung
bestens bekannt (auf die Anlagen zum rechtlichen Hinweis des Senats vom
4. April 2017 wird Bezug genommen). Dabei ersetzt in der Werbung, wie die o. g.
Rechercheunterlagen zeigen, nicht selten auch eine herzförmige Erdbeere das
Wort „Liebe/lieben“. Anders als die Markeninhaberin meint, unterscheidet sich die
in der Marke verwendete Darstellung einer Erdbeere im Hinblick auf Farbigkeit
oder Plastizität in keiner Weise von anderen in der Werbung verwendeten Abbil-
dungen von Erdbeeren, sondern fügt sich ohne Weiteres in die übliche Art und
Weise der Darstellungen ein. Neben der unmittelbaren Verwendung des Herz-
symbols als Zeichen für „Liebe/lieben“ eignet sich die herzförmige Erdbeere auch
zur Verstärkung der beschreibenden Aussage, dass sich die Liebe auf Früchte
bezieht, da der Bildbestandteil sowohl „Liebe“ als auch das entsprechende ge-
liebte Objekt symbolisiert. Im Gesamtkontext der Werbeaussage wird durch die
Verwendung des Begriffs „Fruit“ auch ohne weiteres deutlich, dass sich die „Liebe“
nicht allein auf die graphisch versinnbildlichten Erdbeeren beschränkt, sondern auf
Früchte im Allgemeinen erstreckt und die Erdbeere „pars pro toto“ als Symbol für
alle Arten von Früchten steht.
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1.2. Der Slogan „From field to cup“ ist eine Abwandlung der englischen Redensart
bzw. des Werbeslogans „From field to fork“, die von englischen Kaffeeanbietern
entwickelt wurde und im englischsprachigen Raum vielfach benutzt wird. In der
deutschen Werbesprache werden entsprechende Slogans (wie etwa: „Frisch vom
Feld auf den Tisch“) für Lebensmittel häufig verwendet (auf die Anlagen zum
rechtlichen Hinweis des Senats vom 4. April 2017 wird Bezug genommen).


1.3. Die in den Zeichenfolgen verwendeten englischen Wörter bzw. Sätze sind für
weite Teile des Verkehrs, sowohl für die angesprochenen Verbraucher als auch
für die Fachkreise, ohne weiteres verständlich, da sie zum Grundwortschatz gehö-
ren bzw. sprachüblich gebildet sind. Sie vermitteln im maßgeblichen Zusammen-
hang mit allen beanspruchten Waren ganz allgemein - wie bereits die Markenstelle
zutreffend ausgeführt hat - die werblich-produktanpreisende Aussage, dass der
Anbieter dieser Waren zum einen Früchte liebt (d.h. mit Leidenschaft und En-
gagement in Sachen „Früchte“ tätig ist) und zum andern diese Früchte frisch vom
Feld in den Verkauf gebracht werden. In der Kombination sind die Aussagen der
beiden Wortfolgen werblich-beschreibend und sinnvoll aufeinander bezogen, so
dass auch die Kombination der Zeichenfolgen insgesamt nicht in einem betriebs-
kennzeichnenden Sinn verstanden wird. Das Zeichen ist weder in seinen einzel-
nen Elementen, noch in seiner Gesamtheit ungewöhnlich und nicht geeignet, ei-
nen Denkprozess anzustoßen. Der Phantasiegehalt bzw. die Hintersinnigkeit ei-
nes Werbespruches kann auch nicht anhand einer isolierten Betrachtung seiner
einzelnen Wörter bemessen werden, so dass nicht darauf abgestellt werden kann,
dass das Wort „we“ für sich gesehen Spannung erzeugen könnte, weil niemand
wisse, wer „we“ sei. Zutreffend verweist die Markeninhaberin an anderer Stelle
darauf, dass das Zeichen nicht in einer zergliedernden Betrachtungsweise zu be-
urteilen ist. Vielmehr muss der Werbespruch in seiner Gesamtheit betrachtet wer-
den. Es kann daher dahingestellt bleiben, welche Wirkung dem Wort „We“ für sich
genommen zugebilligt werde könnte, da die zu beurteilende Wortfolge „We
(Herzsymbol) Fruit. From field to Cup“ lautet.
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1.4. Dem Vorbringen der Markeninhaberin, dass ein werblich-anpreisender Sinn-
gehalt des schutzsuchenden Zeichens abwegig sei, weil es sich um eine sachlich
nicht zutreffende Aussage handle und die von der Markeninhaberin vertriebenen
Waren nicht frisch vom Feld kämen, kann nicht gefolgt werden. Ihrem Wesen nach
enthalten Werbeslogans häufig Übertreibungen, auch wenn sie daneben zugleich
einen sachlichen Aussagegehalt aufweisen können, so dass sie in aller Regel er-
kennbar nicht wörtlich zu nehmen sind und es im Allgemeinen auch nicht erwartet
wird, dass Werbeversprechen wörtlich eingehalten werden. So ist der Verkehr bei-
spielsweise an Werbung gewöhnt, die zumindest nahe legt, dass der Verzehr be-
stimmter zuckerhaltiger Bonbons für Kinder gesundheitsfördernd sein soll. Dar-
über hinaus kann mit dem schutzsuchenden Zeichen durchaus auf einen sachli-
chen, wenn auch nicht ganz genau konkretisierten Kern hingewiesen werden,
etwa in dem Sinne, dass die so angepriesenen Lebensmittel - sei es auch nur im
Vergleich zur Konkurrenz - besonders schnell verarbeitet werden oder dass im
gesamten Verarbeitungsprozess bei sämtlichen industriellen Verarbeitungsschrit-
ten (vom Feld bis auf den Teller/in die Tasse) herausragende Sorgfalt aufgewandt
wird. Dabei ist auch nicht erkennbar, dass die Verbraucher als angesprochene
Verkehrskreise die Wort/Bildkombination gar nicht bzw. anders verstehen könnten
als die Fachkreise, da ihr Verständnis keine besonderen Kenntnisse auf dem Ge-
biet der Lebensmittelindustrie erfordert.


2. Sämtliche beanspruchten Waren können Früchte bzw. Feldfrüchte (Gemüse)
sein, Früchte, Fruchtextrakte oder Zutaten mit Fruchtgeschmack enthalten oder
als Zutaten für Fruchtzubereitungen und Fruchtgetränke Verwendung finden. Bei-
spielsweise werden in sogenannten Smoothies, die dem Grunde nach Fruchtzube-
reitungen bzw. Fruchtgetränke sind, alle möglichen pflanzlichen Lebensmittel als
Zutat verarbeitet, so auch Küchenkräuter, Nüsse, Getreideprodukte und Säme-
reien.

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3. Soweit die Markeninhaberin die Unterscheidungskraft mit der konkreten Art der
Benutzung des Zeichens in ihrem Betrieb begründen will, kann auch unter diesem
Gesichtspunkt die Unterscheidungskraft nicht bejaht werden. Die diesbezüglichen
Ausführungen, dass die Marke ausschließlich auf großen Gebinden aufgebracht
werde, die nur für die Lebensmittelindustrie bestimmt seien, können als richtig
unterstellt werden, da es hierauf nicht ankommt. Gegenstand der Prüfung im Ein-
tragungsverfahren, sowohl bei nationalen Anmeldungen als auch bei Schutzrecht-
serstreckungen, ist stets die Registerlage bzw. Papierlage nach der Anmeldung.
Die Art und Weise einer bereits erfolgten oder auch beabsichtigten Benutzung ist
unerheblich (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 31, 118 – 120
m. w. N.). Dieser Prüfungsmaßstab ist erforderlich, da die konkrete Art der
Benutzung vom Markeninhaber unabhängig von der Registerlage jederzeit ver-
ändert werden kann. Darüber hinaus sind Marken nicht an den Betrieb des
Markeninhabers gebunden und können jederzeit auf Dritte übertragen werden,
ohne dass der Erwerber in der Art der Benutzung eingeschränkt wäre. Insofern
kann die Unterscheidungskraft des Zeichens nicht mit Blick auf seine gegen-
wärtige, konkrete Benutzung bejaht werden, unabhängig davon, dass der Verkehr,
auch der Fachverkehr, durchaus auch an Werbesprüche, Werbeslogans und ähn-
liches gewöhnt ist, die auf größeren Gebinden für die weiterverarbeitende Lebens-
mittelindustrie aufgebracht sind.


4. Die Voreintragungen, auf die die Markeninhaberin verweist, geben zu keiner
anderen Beurteilung Anlass. Zunächst ist auf die dazu ergangene umfangreiche
und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bildt-Online u.
ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-
51 - Biozid; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR
2008, 1093 Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z. B. GRUR
2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senats-
entscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder
eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. Ströbele/Hacker, Mar-
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kenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtspre-
chungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermes-
sensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei
selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem
Anspruch auf Eintragung führen. Auch eine identische Voreintragung in einem
Mitgliedsstaat der Europäischen Union begründet keinen Anspruch auf Eintragung
im Inland. Im Bereich des harmonisierten Markenrechts sind abweichende Be-
trachtungen hinsichtlich der Schutzfähigkeit von Marken möglich, insoweit die
Markenrechtsrichtlinie bewusst von einer vollständigen Angleichung der nationalen
Rechte absieht (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. § 8 Rn. 58 – 60
m. w. N.). Soweit sich die Markeninhaberin auf den Telle-quelle-Grundsatz beruft,
steht dem entgegen, dass dieser zwar besagt, dass eine im Verbandsausland ge-
schützte Marke „so wie sie ist“ (frz. „telle quelle“) auch im Inland zu schützen ist
und nur unter den in der PVÜ vorgesehenen Bedingungen ausgeschlossen wer-
den kann. Dies begründet jedoch entgegen der Auffassung der Markeninhaberin
keinen Anspruch auf die inländische Eintragung jeglicher Marke aus dem Ver-
bandsausland ohne weitere Prüfung von Schutzhindernissen. Der Telle-quelle-
Grundsatz besagt insoweit, dass nationale inländische Schutzvoraussetzungen
nur in den Grenzen der PVÜ angewendet werden dürfen, so dass darüber hinaus-
gehende Schutzhindernisse unbeachtet bleiben müssen. Nachdem aber die Mar-
kenrechtsrichtlinie um Konformität mit der PVÜ bemüht ist und die absoluten
Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG an die Tatbestände des Art. 6 quin-
quies Abschnitt B S. 1 Nr. 2 PVÜ angeglichen sind, erfolgt die Bejahung des
Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG in dem Rahmen, der von der PVÜ gesetzt wird.


5. Soweit die Markeninhaberin in zwei Hilfsanträgen das Schutzersuchen hinsicht-
lich der beanspruchten Waren eingeschränkt hat, ist die Beschwerde auch in die-
ser Form zurückzuweisen. Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit entspre-
chende hilfsweise Einschränkungen prozessual zulässig bzw. registerrechtlich
- 15 -
eintragungsfähig sind (vgl. zur Frage der Zulässigkeit von Hilfsanträgen BGH
GRUR 2011, 654 Rn. 14 – Yoghurt Gums und darüber hinaus zur „Disclaimer“-
Problematik Ströbele/Hacker, MarkenG 11. Aufl., § 8 Rn. 352), macht es nach
dem oben Gesagten keinen Unterschied, ob die Waren ausschließlich für die Le-
bensmittelindustrie bestimmt sind bzw. Erdbeeren enthalten oder nicht. Wie oben
dargelegt, werden auch die Fachkreise als angesprochene Verkehrskreise das
Zeichen nicht als Herkunftshinweis, sondern als Werbeslogan verstehen, wobei
der Bildbestandteil der Erdbeere symbolisch für Früchte im Allgemeinen steht, da
der Spruch, in den die Erdbeere eingebunden ist, „We (love) Fruit“ lautet und nicht
„We (love) Strawberries“.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwer-
de nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen

Hu


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