25 W (pat) 529/15  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




25 W (pat) 529/15
_______________________
(Aktenzeichen)


B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Markenanmeldung 30 2014 058 773.4

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
31. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin
Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Marken-
stelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
10. Februar 2015 aufgehoben.
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G r ü n d e

I.

Die Bezeichnung

Friends

ist am 28. August 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent-
und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Dienstleistungen ange-
meldet worden:

Klasse 36: Immobilienwesen; Dienstleistungen eines Immobilien-
maklers; Vermietung und Verpachtung von Grundstü-
cken und Immobilien; Vermittlung von Kauf-, Miet- und
Pachtverträgen über Grundstücke und Immobilien;
Entwicklung von Nutzungskonzepten für Grundstücke
und Immobilien in finanzieller Hinsicht; Immobilien-
und Gebäudeverwaltung; Schätzung von Immobilien;
Ermittlung und Schätzung von Bau-, Sanierungs- und
Reparaturkosten im Immobilienbereich für Dritte.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2015 hat die Markenstelle für Klasse 36 des
DPMA die unter der Nummer 30 2014 058 773.4 geführte Anmeldung wegen feh-
lender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in vollem Umfang
zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen ein Wort sei, das
zum englischen Grundwortschatz gehöre und für die angesprochenen Verkehrs-
kreise ohne weiteres verständlich sei. Bei „Freunden“ handle es sich um Perso-
nen, die einem mit Rat und Tat zur Seite stünden. Die angesprochenen Verkehrs-
kreise würden damit dem angemeldeten Zeichen lediglich eine dahingehende
werblich-anpreisende Aussage entnehmen, dass die von der Anmeldung umfass-
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ten Dienstleistungen von Anbietern erbracht würden, die sich als Freunde ihrer
Kunden verstünden und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stünden. Der Verkehr sei
an entsprechende Werbeversprechen gewöhnt. So werde im Bereich der mit der
Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen vielfach damit geworben, dass der
Anbieter „berate wie ein Freund“. Die Allgemeinheit bzw. Unschärfe des Begriffs
„Friends“ reiche für sich genommen nicht aus, um die erforderliche Unterschei-
dungskraft zu begründen. Auch vage und allgemeine Angaben könnten aus-
schließlich verbraucherorientierte Sachinformationen sein. Bei Oberbegriffen oder
Sammelbezeichnungen sei eine gewisse Unschärfe sogar unvermeidbar, um den
gewünschten, möglichst weiten Bereich waren- und dienstleistungsbezogener Ei-
genschaften beschreibend erfassen zu können. Auch wenn dem Wort „Friends“
eine gewisse Kürze und Prägnanz nicht abgesprochen werden könne, so er-
scheine der Begriff weder originell noch mehrdeutig. Soweit sich die Anmelderin
auf verschiedene Voreintragungen berufe, sei zunächst darauf zu verweisen, dass
jeder Einzelfall Besonderheiten aufweise, so dass eine differenzierte Betrachtung
geboten sei. Im Übrigen würden selbst identische Voreintragungen keinen Eintra-
gungsanspruch begründen. Nachdem der Eintragung der Marke bereits das
Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegenstehe, könne da-
hingestellt bleiben, ob daneben noch ein Freihaltebedürfnis bestehe.


Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Selbst wenn man
dem DPMA folgend davon ausgehen wollte, dass der Verkehr das Zeichen
„Friends“ als werblich anpreisende Aussage verstehen werde, so könne dem Zei-
chen gleichwohl keine unmittelbar und klar erkennbare Aussage zugeordnet wer-
den, insbesondere nicht, dass der Anbieter Verbrauchern wie ein Freund mit Rat
und Tat zur Seite stehe. Denn die tatkräftige Unterstützung des Verbrauchers sei
Merkmal jeder Dienstleistung und werde auch außerhalb der Immobilienbranche
erwartet. Das Wort „Friends“ beinhalte keine Sachinformationen hinsichtlich der
beanspruchten Dienstleistungen, sondern wecke allenfalls vage, positive Assozia-
tionen, ohne einen Aspekt der beanspruchten Dienstleistungen näher zu charakte-
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risieren. Um von dem Wort „Friends“ zu dem vom DPMA unterstellten gedankli-
chen Inhalt zu gelangen, bedürfe es mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, was
aber für die Unterscheidungskraft des Zeichens spreche. Auch die vom DPMA
angeführte Werbung, in der damit geworben werde, dass der Kunde „wie ein
Freund“ beraten werde, könne der Unterscheidungskraft des Zeichens nicht ent-
gegenstehen, da in diesen Beispielen das Wort „Freund“ stets in den Kontext län-
gerer Textpassagen eingebettet sei, weshalb es keinen interpretatorischen Spiel-
raum gebe. In den genannten Beispielen sei unmittelbar und deutlich erkennbar,
wie der werbende Anbieter sein Verhältnis zum Kunden sehe, wohingegen das
Wort „Friends“ in Alleinstellung nur einen suggestiven Anklang begründe. Im Übri-
gen seien bei der Prüfung von Schutzhindernissen im vorliegenden Fall insbeson-
dere auch die zahlreichen, identisch eingetragenen Marken zu beachten.

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 10. Februar 2015 aufzuheben.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle, die Schriftsätze der Markenanmelderin und auf den übrigen Akteninhalt
verwiesen.


II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des
angemeldeten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
oder 2 MarkenG entgegen.

1. Dem angemeldeten Zeichen kann trotz werblich-anpreisender Anklänge im
Ergebnis nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
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Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom
Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Haupt-
funktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten
Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428
Rn. 30, 31 „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850 Rn. - „FUSSBALL WM 2006“). Keine
Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr
im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich
einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl.
BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674
Rn. 86 - Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann aus-
zugehen, wenn eine Bezeichnung oder Wortfolge für sich genommen oder im Zu-
sammenhang mit produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und
Werbeaussagen allgemeiner Art enthält (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9
– Deutschlands schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft
u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die
beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein en-
ger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird
(BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Werblich interpretierbare Wörter bzw.
spruchartige Wortfolgen - wie das hier angemeldete Wort - sind bei der Beurtei-
lung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unter-
liegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine
zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8
Rn. 221 m. w. N.). Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in solchen
Bezeichnungen oder Wortfolgen regelmäßig dann keinen betrieblichen Her-
kunftshinweis sieht, wenn sie eine bloße Werbefunktion ausüben, die z. B. darin
besteht, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen,
es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Her-
kunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR
2004, 1027 Rn. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Die Unterschei-
dungskraft ist nach der Rechtsprechung des EuGH im Übrigen insbesondere dann
zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbe-
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mitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen,
die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder beim Verkehr einen
Denkprozess auslösen (EuGH – VORSPRUNG DURCH TECHNIK, GRUR 2010,
228 Rn. 57, vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 223).

Das Wort „Friends“, das im Deutschen schlicht „Freunde“ bedeutet, ist im Hinblick
auf die beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet des Immobilienwesens
weder unmittelbar beschreibend, noch dazu geeignet, einen engen beschreiben-
den Bezug zu den Dienstleistungen herzustellen. Nach Auffassung des Senats ist
bei dem vorliegenden Zeichen auch davon auszugehen, dass die Werbefunktion
des Zeichens von eher untergeordneter Bedeutung ist, so dass der Verkehr in
dem Zeichen einen individualisierenden betrieblichen Herkunftshinweis erkennen
wird.

Einer vordergründigen Werbefunktion steht bereits entgegen, dass es sich bei
dem angemeldeten Zeichen weder um ein klassisches Werbewort wie „Super“,
„Top“ oder „Mega“ noch um einen Werbeslogan handelt. Derartige Bezeichnungen
und Wortfolgen werden in ihrer anpreisenden Funktion sofort erkannt und können
nur unter den oben genannten Voraussetzungen unterscheidungskräftig sein. Im
Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet des Im-
mobilienwesens hat der Begriff „Friends“ bzw. „Freunde“ keine Bedeutung, die
sich dem angesprochenen Verkehr sofort erschließt. Das DPMA hat in seinem
Beschluss zwar zutreffend festgestellt, dass „Friends“ zum englischen Grundwort-
schatz gehört und für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres ver-
ständlich ist. Zutreffend ist auch, dass das Wort „Friends“ im Zusammenhang mit
den beanspruchten Dienstleistungen in dem Sinne interpretiert werden kann, dass
der Anbieter der entsprechenden Dienstleistungen sich als ein Freund des Kunden
versteht bzw. den Kunden wie einen Freund behandeln will. Allerdings drängt sich
dieser Gedanke nicht unmittelbar auf, sondern erfordert ein gewisses Nachden-
ken. Dementsprechend sind auch andere Sinnzusammenhänge oder Assoziatio-
nen denkbar, die das angemeldete Zeichen mit den beanspruchten Dienstleistun-
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gen verknüpfen können. So kann das Zeichen auch in dem Sinne verstanden
werden, dass sich die Gesellschafter der Markeninhaberin untereinander als
Freunde verstehen. In diesem Sinne wird bisweilen bei der Firmierung von Perso-
nengesellschaften das übliche Wort „Partner“ durch das legerer anmutende Wort
„Friends“ ersetzt. Ein anderer denkbarer Sinnzusammenhang kann darin liegen,
dass die freundschaftlichen Gefühle sich nicht auf den Kunden, sondern auf den
Gegenstand der Dienstleistungen beziehen und mit dem Wort „Friends“ zum Aus-
druck gebracht werden soll, dass sich der Verwender mit besonderer Sorgfalt und
Hingabe den Immobilien zuwendet (vgl. hierzu: BPatG Beschluss vom
27. April 2017, 25 W (pat) 545/17 – We love Fruit; die Entscheidung ist über die
Homepage des BPatG öffentlich zugänglich). Dabei ist nicht erkennbar, dass das
eine oder das andere Verständnis des Wortes „Friends“ im Zusammenhang mit
Immobilien erkennbar näher liegen würde. Auch wenn die Mehrdeutigkeit eines
Zeichens für sich genommen grundsätzlich nicht ausreicht, das Schutzhindernis
der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden, wenn zumindest eine der Be-
deutungen (erst recht, wenn mehrere) für die beanspruchten Waren oder Dienst-
leistungen beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 32 -
DOUBLEMINT; BGH GRUR 2008, 900, Rn. 15 - SPA II), so unterstreichen die
oben dargelegten Möglichkeiten, dass die angemeldete Bezeichnung im Kontext
mit den beanspruchten Dienstleistungen zwar unterschiedlich werblich interpre-
tierbar ist, sich aber keine dieser Interpretationsmöglichkeiten naheliegend und
ohne einen gewissen gedanklichen Aufwand aufdrängt. Vielmehr erscheint der
Begriff „Friends“ eher diffus und damit zu unbestimmt, was letztlich den Ausschlag
für die Bejahung der Unterscheidungskraft gibt, wenn es sich auch um einen
Grenzfall handeln mag. Insofern ist der vorliegende Fall auch anders zu beurteilen
als eine Wortkombination, bei der das Wort „Freund“ mit einem bestimmten Objekt
in Beziehung gesetzt wird, so dass ein klar fassbarer gedanklicher Inhalt entsteht,
der die Annahme eines beschreibenden Bezugs rechtfertigt (vgl. BPatG Beschluss
vom 12. Januar 2017, 25 W (pat) 554/14 – MüesliFreund; Beschluss vom
9. Februar 2000, 29 W (pat) 46/99 – Nature Friends; die Entscheidungen sind über
die Homepage des BPatG öffentlich zugänglich). Der Umstand, dass das Wort
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„Friends“ in Alleinstellung eine positive Konnotation auslöst, weil Freundschaft ein
menschliches Grundbedürfnis ist, begründet kein im Vordergrund stehendes werb-
liches Verständnis des Zeichens seitens der angesprochenen Verkehrskreise.
Soweit das DPMA auf die zahlreichen Werbesprüche verweist, die das Wort
„Freund“ insbesondere auf dem Gebiet des Immobilienwesens aufgreifen
(etwa: „Wir beraten wie ein Freund“), gibt dies zu keiner anderen Beurteilung An-
lass, da in diesen Werbeslogans ein klar erfassbarer gedanklicher Inhalt transpor-
tiert wird, der dem angemeldeten Zeichen fehlt. Aus der Gebräuchlichkeit des
Wortes „Freund“ in komplexen Aussagen bzw. Werbetexten kann nicht ohne wei-
teres unmittelbar auf die Schutzunfähigkeit des Begriffes selbst geschlossen wer-
den. Dem Verkehr wird sich daher bei unbefangener Wahrnehmung kein werblich-
anpreisendes Verständnis aufdrängen, so dass die Vorstellungen, was mit der
Bezeichnung gemeint sein könnte, eher undifferenziert sein werden und sich nicht
ohne weiteres, jedenfalls nicht ohne jedweden analysierenden Gedankenschritt
erschließen.


2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Bezeichnung „Friends“ zur un-
mittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren unterliegt das Zeichen auch
keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.


Knoll Kriener Dr. Nielsen

Hu


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