25 W (pat) 527/15  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




25 W (pat) 527/15
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2014 004 102.2

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
21. September 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der
Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e

I.

Die Wortkombination

Steuerpuzzle

ist am 14. Juni 2014 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent-
und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Dienst-
leistungen der Klassen 35, 36 und 45 angemeldet worden:

Klasse 35: Dienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich Er-
stellung von Steuererklärungen; Buchführung; Rechnungswesen;
Beratung bei der Geschäftsorganisation und Geschäftsführung;
Beratung bezüglich Geschäftsangelegenheiten; Beratung im Be-
reich Unternehmensstrategie; Beratung in Bezug auf Lohn- und
Gehaltsabrechnungen;

Klasse 36: Finanzwesen; Dienstleistungen eines Steuerberaters
[ausgenommen Buchführung]; finanzielle Beratung; Existenzgrün-
dungsberatung;

Klasse 45: Juristische Dienstleistungen.

Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese
unter der Nummer 30 2014 004 102.2 geführte Anmeldung mit Beschluss vom
26. Januar 2015 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Be-
gründung ist ausgeführt, dass die Wortkombination „Steuerpuzzle“ im Zusammen-
hang mit der Erstellung von Steuerklärungen die Komplexität der entsprechenden
Sachverhalte sowie die Schwierigkeit steuerrechtlicher Problemstellungen be-
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schreibe und darüber hinaus ein Hinweis auf die vielfältige und kleinteilige Rege-
lungslage im Steuerrecht sei. Dabei seien das Steuerrecht und entsprechende
Beratungsdienstleistungen nicht nur Bestandteil der Dienstleistungen eines Steu-
erberaters. Auch die weiteren, mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen
aus dem Bereich der Geschäftsführung, der Beratung und der juristischen Dienst-
leistungen seien mit dem Steuerrecht befasst. Der Umstand, dass sich die Wort-
kombination „Steuerpuzzle“ derzeit nicht lexikalisch nachweisen lasse, könne die
Unterscheidungskraft des Zeichens nicht begründen. Die Wortkombination sei im
allgemeinen Sprachgebrauch nachweisbar und für die angesprochenen Verkehrs-
kreise ohne Weiteres verständlich, selbst wenn sie vergleichsweise selten ver-
wendet werde. Soweit die Anmelderin darauf verweise, dass die Wortkombination
mehrdeutig sei, könne auch dies die Unterscheidungskraft nicht begründen, da
grundsätzlich die Mehrdeutigkeit einer beschreibenden Angabe i. S .v. § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht
überwinden könne, wenn die angesprochenen Verkehrskreise dem Zeichen
zumindest eine Aussage mit (eindeutig) beschreibendem Charakter entnehmen
könnten. Darüber hinaus stehe im vorliegenden Fall der oben genannte Bedeu-
tungsgehalt der angemeldeten Wortkombination im Zusammenhang mit den bean-
spruchten Dienstleistungen deutlich im Vordergrund.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Der Eintragung des
angemeldeten Zeichens stünden keine Schutzhindernisse entgegen, insbeson-
dere könne der Wortkombination die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen
werden. Es genüge insoweit ein Minimum an Unterscheidungskraft, wobei ein
großzügiger Beurteilungsmaßstab anzulegen sei. Entgegen der Auffassung des
DPMA weise die Wortkombination „Steuerpuzzle“ keinen auf der Hand liegenden
Begriffsinhalt auf. Sie sei lexikalisch nicht nachweisbar und keine im Inland
gebräuchliche Bezeichnung. Das Zeichen sei originell und interpretationsbedürftig.
Es löse bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess aus. Die
vom DPMA angenommene Wortbedeutung erschließe sich nur im Rahmen einer
analysierenden Betrachtungsweise. Soweit der Begriff in Einzelfällen im Verkehr
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bereits verwendet werde, wobei eine werbliche Verwendung nur in einem Fall
nachgewiesen werden könne, weise er nur im jeweiligen Kontext eine konkrete
Bedeutung auf. So werde der Begriff „Steuerpuzzle“ in journalistischen Texten als
Metapher für eine geplante Steuerreform, für das komplizierte Regelwerk im Steu-
errecht, für das Erstellen einer Steuererklärung, für Steuertipps oder für die Arbeit
der Steuerfahnder verwendet. Der Begriff sei insoweit nicht nur mehrdeutig, son-
dern vielmehr in seinem Bedeutungsgehalt auch diffus und unklar.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 26. Januar 2015 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 36 vom 26. Januar 2015, die Schriftsätze der Anmelderin, den
schriftlichen Hinweis des Senats vom 26. Juni 2017 und den weiteren Akteninhalt
Bezug genommen.


II.

Die nach §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im
Übrigen zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der angemeldeten Wortkombination fehlt im Hinblick auf die beanspruchten
Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG,
so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37
Abs. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom
Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Haupt-
funktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Wa-
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ren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428
Rn. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der
Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen
lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet
(vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674
Rn. 86 – Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann aus-
zugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit
produktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen
allgemeiner Art enthält (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands
schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch
solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten
Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreiben-
der Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL
WM 2006 a. a. O.).

Gemessen an diesen Maßstäben stellt die angemeldete Wortkombination lediglich
einen engen beschreibenden Zusammenhang zu den beanspruchten Dienstleis-
tungen her. Das Zeichen „Steuerpuzzle“ setzt sich aus zwei sinnvoll aufeinander
bezogenen Wörtern zusammen, die für die angesprochenen Verkehrskreise
unmittelbar verständlich sind. Der Zeichenbestandteil „Puzzle“ wird im allgemeinen
Sprachgebrauch u. a. als Metapher für die Komplexität eines bestimmten Sach-
verhalts benutzt, etwa wenn in einem Kriminalroman der Ermittler „ein Puzzle“
(also einen verwirrenden Kriminalfall) lösen muss. Der weitere Zeichenbestandteil
„Steuer“ verweist unmittelbar verständlich darauf, dass der komplexe, auf den ers-
ten Blick nicht verständliche Sachverhalt sich auf das Steuerrecht bezieht. Dabei
mag die Wortkombination, die als zusammengesetztes Hauptwort sprachüblich
gebildet ist, ursprünglich über eine gewisse Originalität verfügt haben, die gegebe-
nenfalls ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft hätte begründen können. Das
Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG ist aber jedenfalls deswegen zu bejahen, weil die Wortkombination in
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relevantem Ausmaß im allgemeinen Sprachgebrauch bereits zum Zeitpunkt der
Anmeldung zur Bezeichnung des Steuerrechts oder auch der Steuererklärung
benutzt wurde und schon deswegen allgemein verständlich ist. Auch wenn die Be-
zeichnung lexikalisch nicht nachweisbar ist, werden in den unterschiedlichsten Zu-
sammenhängen das Steuerrecht oder die Steuererklärung entsprechend bezeich-
net, was auch die Anmelderin dem Grunde nach einräumt (im Übrigen wird auf die
Rechercheergebnisse des DPMA und auf die Anlagen zum Hinweis des Senats
vom 26. Juni 2017 Bezug genommen). Die Wortkombination wird insbesondere
von Steuerberatern als Werbeschlagwort benutzt („Gemeinsam das Steuerpuzzle
lösen“; „Ich gestalte ihr Steuerpuzzle“). Weiterhin ist die bildliche Darstellung von
Puzzles oder Puzzleteilen bei der Werbung für Dienstleistungen von Steuerbera-
tern zumindest nicht ungewöhnlich. Entgegen der Auffassung der Anmelderin rei-
chen diese Rechercheunterlagen ohne Weiteres aus, um die Zugehörigkeit der
Wortkombination zum allgemeinen Sprachgebrauch zu belegen.

Das Vorbringen der Anmelderin, dass die Wortkombination „Steuerpuzzle“ nur im
jeweiligen Kontext ihrer Benutzung verständlich sei, gibt zu keiner anderen Beur-
teilung Anlass. Zunächst erschließt sich bei vielen, insbesondere bei mehrdeuti-
gen Begriffen der Wortsinn in der Regel nur im sprachlichen Kontext. Zum ande-
ren ist die Unterscheidungskraft grundsätzlich im Zusammenhang mit den jeweils
beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen (Ströbele/Hacker,
MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 92 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Im Zu-
sammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen wird der Verkehr in der
Wortkombination – wie oben dargelegt – ohne Weiteres nur einen (humorvollen)
Hinweis auf die beanspruchten Dienstleistungen erkennen.

Soweit die Anmelderin vorträgt, dass die Wortkombination „Steuerpuzzle“ im all-
gemeinen Sprachgebrauch mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet werde,
kann auch dies die erforderliche Unterscheidungskraft nicht begründen. Es trifft
zwar zu, dass das Zeichen eine gewisse Mehrdeutigkeit aufweist. Jedoch führt die
Mehrdeutigkeit eines Begriffs im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungs-
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kraft regelmäßig nicht zur Schutzfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen
für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden bzw. werbli-
chen Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH
GRUR 2008, 900, Rn. 15 – SPA II). Vorliegend stellt die Wortkombination in allen
ihren möglichen Bedeutungen (Steuerrecht bzw. Steuererklärung) einen engen
beschreibenden Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen her, die
sämtlich mit steuerrechtlichen Fragen befasst sein können.

Der Auffassung der Anmelderin, dass jede auch noch so geringe Unterschei-
dungskraft zur Überwindung des Schutzhindernisses ausreiche und es geboten
sei, bei der Feststellung des erforderlichen Grades der Unterscheidungskraft einen
großzügigen Maßstab anzulegen, ist entgegenzuhalten, dass auch das Schutz-
hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des zugrundeliegenden
Allgemeininteresses auszulegen ist, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit
vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren. Die Prüfung der Marken-
anmeldung muss daher streng und vollständig sein, um ungerechtfertigte Eintra-
gungen zu vermeiden (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 57, 60 – Libertel; BGH,
GRUR 2014, 565 Rn. 17 – smartbook; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8
Rn. 158, 159).


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen


Hu/Fa


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