25 W (pat) 525/15  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT



25 W (pat) 525/15
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(Aktenzeichen)


B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2014 071 134.6

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
23. Februar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin
Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 8. April 2015 aufgehoben.
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G r ü n d e

I.

Die Bezeichnung

MetallGesundheit

ist am 12. November 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren angemeldet
worden:

Klasse 36: Versicherungswesen, insbesondere Krankenversiche-
rung; Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen.

Mit Beschluss vom 8. April 2015 hat die Markenstelle für Klasse 36 des DPMA die
unter der Nummer 30 2014 071 134.6 geführte Anmeldung wegen fehlender Un-
terscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das an-
gemeldete Zeichen einen im Vordergrund stehenden, beschreibenden Begriffsin-
halt habe. Es setze sich aus zwei beschreibenden Angaben zusammen, nämlich
aus der verkürzten Branchenbezeichnung „Metall“ und einem Hinweis auf einen
wesentlichen Aspekt des Versicherungswesens, nämlich die Gesundheit. Damit
erschöpfe sich das Zeichen in dem sachlichen Hinweis, dass die Dienstleistungen
für Angehörige der Metallbranche erbracht würden oder für diese bestimmt seien.
In der Versicherungsbranche sei es üblich, verschiedene Produkte auch nach der
jeweils angesprochenen Branche zu benennen. Bei einer Google-Suche mit den
Stichworten „Metall“ und „Rente“ würden verschiedene Treffer angezeigt, bei de-
nen Versicherer Produkte anbieten würden, die zumindest ursprünglich für Ange-
hörige der Metallbranche bestimmt gewesen seien. Das Wort „Gesundheit“ sei im
Zusammenhang mit Versicherungen ohne Zweifel eine beschreibende Angabe, da
dieser Begriff branchenüblich ein Angebot bezeichne, das die Absicherungen von
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Leistungen für die Gesundheit beinhalte. Neben der üblichen Bezeichnung „Kran-
kenversicherung“ sei auch die Bezeichnung „Gesundheitsversicherung“ nach-
weisbar. Nachdem die beiden beschreibenden Begriffe „Metall“ und „Gesundheit“
in dem angemeldeten Zeichen lediglich aneinandergereiht worden seien, bildeten
sie auch in der Gesamtbetrachtung kein schutzfähiges Ganzes. Die Binnengroß-
schreibung sei gleichfalls nicht schutzbegründend.


Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Das angemeldete Zeichen
sei nicht unmittelbar beschreibend und habe keinen unmittelbaren und ohne weite-
res Nachdenken erkennbaren beschreibenden Inhalt. Die vom DPMA vorgelegten
Recherchen seien nicht aussagekräftig. Die vorgelegten Fundstellen bezögen sich
auf die Begriffe „Rente“ bzw. „Versicherung“, jedoch nicht auf den Begriff „Ge-
sundheit“, auf den es allein ankomme. Von einem möglicherweise beschreibenden
Inhalt des Wortes „Metallrente“ könne nicht abgeleitet werden, dass auch das Zei-
chen „MetallGesundheit“ beschreibend sei. Die Begriffe „Rente“ bzw. „Versiche-
rung“ und „Gesundheit“ seien keinesfalls Synonyme. Der Begriff „Gesundheit“ als
Synonym für „Wohlbefinden“, „Wohlgefühl“ oder „Wohlsein“ werde mit dem Versi-
cherungswesen auch nicht gedanklich in Verbindung gebracht. Der Begriff be-
zeichne insbesondere keine Sparte des Versicherungswesens. Es gebe keine
„Gesundheitsversicherung“. Das Wort „Metall“ werde auch nicht als Hinweis auf
die Metallbranche verstanden. Unter dem Begriff werde zunächst ein harter, wert-
beständiger Rohstoff verstanden. Daher werde der Verkehr davon ausgehen, dass
die Phantasiebezeichnung „MetallGesundheit“ eine besonders beständige, unver-
wüstliche Versicherungsdienstleistung beschreibe. Selbst wenn man davon aus-
gehen wollte, dass es im Versicherungswesen branchenspezifische Produkte
gebe, so bestehe jedenfalls keine derartige Übung im Versicherungswesen, diese
Produkte nach der entsprechenden Branche zu benennen. Schließlich sei das an-
gemeldete Zeichen in Bezug auf seine Unterscheidungskraft nicht in seinen ein-
zelnen Bestandteilen, sondern in seiner Gesamtheit zu betrachten.

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Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 8. April 2015 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle, die Schriftsätze der Markenanmelderin und auf den übrigen Akteninhalt
verwiesen.


II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des
angemeldeten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
oder 2 MarkenG entgegen. Deshalb war der angefochtene Beschluss aufzuheben.


1. Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann der angemeldeten Marke
das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG nicht abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom
Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die
Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichne-
ten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004,
428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der
Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vor-
dergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850
Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor).
Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben,
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die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht
unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem
betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Nach
diesen Grundsätzen geht die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf die bean-
spruchten Waren der Klasse 36 in einem noch ausreichenden Maß über einen im
Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt hinaus bzw. stellt nicht nur
einen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren her.

Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, dass das aus zwei Begriffen zusam-
mengesetzte Zeichen insofern beschreibende Anklänge aufweist, als der Begriff
„Metall“ als Abkürzung für die Metallbranche verstanden werden kann, wie etwa in
den Begriffen „IG Metall“ oder „Metalltarifvertrag“. Auch der Begriff „Gesundheit“
kann im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere
im Hinblick auf Krankenversicherungen, beschreibend verstanden werden, nach-
dem die Leistungen der Krankenversicherung letztlich dazu dienen, die Gesund-
heit des Versicherten wiederherzustellen. Zu Recht verweist das DPMA auch da-
rauf, dass einzelne Krankenkassen den Begriff „Gesundheit“ als Bestandteil eines
zusammengesetzten Unternehmenskennzeichens benutzen (z. B. die „DAK Ge-
sundheitskasse“).

Unabhängig von der möglichen dienstleistungsbeschreibenden Bedeutung der
Zeichenbestandteile „Metall“ und „Gesundheit“ kommt nach Auffassung des Se-
nats der angemeldeten Wortkombination jedoch insgesamt noch keine sich auf-
drängende, ohne weiteres ersichtliche beschreibende Bedeutung für die so ge-
kennzeichneten Dienstleistungen zu. Gegenstand der Frage der Schutzfähigkeit
bei einer mehrteiligen Marke ist die Marke in ihrer Gesamtheit. Zwar geht der be-
schreibende Charakter mehrerer Wörter nicht grundsätzlich schon durch deren
Zusammenführung verloren. Vielmehr verbleibt im Allgemeinen die bloße Kombi-
nation von beschreibenden Bestandteilen selbst beschreibend. Die Bezeichnung
kann im Einzelfall aber in ihrer Gesamtheit einen anderen Eindruck vermitteln als
die Summe ihrer Bestandteile (vgl. BGH GRUR 2009, 949 Rn. 13 – My World). In
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der Gesamtschau ist die angemeldete Wortkombination ungewöhnlich und eröff-
net einen relevanten Interpretationsspielraum, so dass die von der Markenstelle
dargelegte Bedeutung der angemeldeten Bezeichnung erst in mehreren gedankli-
chen Schritten nachvollzogen werden kann und zudem nicht hinreichend eindeutig
ist, zumal schon die beiden Einzelbegriffe „Metall“ und „Gesundheit“ im Zusam-
menhang mit den beanspruchten Dienstleistungen im Bereich des Versicherungs-
wesens jedenfalls keine glatt produktbeschreibenden Begriffe sind. Zwar weckt die
Bezeichnung „MetallGesundheit“ möglicherweise Assoziationen dahingehend,
dass es sich um Dienstleistungen rund um die Gesundheit bzw. im Gesundheits-
wesen und dies bezogen auf die Metallbranche handeln könnte. Dem Verkehr wird
sich bei unbefangener Wahrnehmung kein entsprechendes dienstleistungsbe-
schreibendes Verständnis aufdrängen, so dass die Vorstellungen, was mit der Be-
zeichnung gemeint sein könnte, eher diffus sein werden. Es ist in der Versiche-
rungsbranche nämlich nicht üblich, den Begriff „Metall“ zur Bezeichnung einer
Zielgruppe oder eines bestimmten Versicherungsprodukts zu verwenden. Darüber
hinaus ist der Verkehr nicht an branchenspezifische Krankenversicherungen ge-
wöhnt, da im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Kassenwahlfreiheit
besteht und ursprünglich „ständisch“ organisierte Versicherungen (wie etwa die
HUK Coburg) sich seit langem für die Allgemeinheit geöffnet haben. Die Tatsache,
dass Versicherungsprodukte unter der Bezeichnung „Metallrente“ angeboten wer-
den, belegt für sich genommen noch nicht, dass der angemeldeten Wortkombina-
tion die Unterscheidungskraft fehlt. Zum einen wird der Begriff „Metallrente“ als
Zeichen eines branchenübergreifenden Versorgungswerks markenmäßig benutzt.
Zum anderen besteht zwischen den Wortkombinationen auch insoweit ein Unter-
schied, als der Zeichenbestandteil „Rente“ im Hinblick auf Dienstleistungen im
Rahmen der Altersvorsorge unmittelbar beschreibend ist. Insgesamt bedarf es da-
her mehrerer Gedankenschritte, um in dem angemeldeten Zeichen einen be-
schreibenden Begriffsinhalt zu erkennen. Eine analytische Betrachtungsweise,
mag diese auch nicht besonders vertieft sein, ist im Rahmen der Beurteilung der
Unterscheidungskraft nicht angebracht, weil sich daraus keine in den Vordergrund
drängende, für den Endverbraucher ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfass-
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bare Beschreibung des Inhalts der beanspruchten Dienstleistungen ergibt (vgl.
hierzu auch BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 - Link economy; GRUR 2012, 1143
Rn. 10 - Starsat; GRUR 2014, 483 Rn. 11 - test).


2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Bezeichnung „MetallGesundheit“
zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen unterliegt
das Zeichen auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.


Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.


Knoll Kriener Dr. Nielsen

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