25 W (pat) 5/16  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:091117B25Wpat5.16.0


BUNDESPATENTGERICHT



25 W (pat) 5/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
9. November 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Markenanmeldung 30 2013 053 470.0

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 9. November 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

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beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Wortkombination

Lebe Balance

ist am 2. Oktober 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgende Dienstleistung
der Klassen 9 angemeldet worden:

Computersoftware

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese
unter der Nummer 30 2013 053 470.0 geführte Anmeldung mit Erstbeschluss vom
23. Juli 2014 und Erinnerungsbeschluss vom 26. November 2015 wegen fehlen-
der Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass
die Wortkombination sich aus den beiden Begriffen „Lebe“ und „Balance“ zusam-
mensetze, wobei der in die deutsche Sprache eingegangene Begriff „Balance“
dem Wort „Gleichgewicht“ entspreche. Bei der Wortfolge „Lebe Balance“ handle
es sich somit lediglich um eine gewöhnliche Werbemitteilung, die sich auf die
imperative Aussage beschränke, dass man in Balance, also im inneren Gleichge-
wicht leben solle. Die Aussage sei von sprachlicher Allgemeinheit und werde vom
Verkehr in Bezug auf die beanspruchte Ware rein werblich-anpreisend dahinge-
hend verstanden, dass diese für ein Leben im inneren Gleichgewicht bestimmt
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und geeignet sei. Auch wenn der Begriff „Balance“ für sich genommen zunächst
mehrdeutig sei und insbesondere in anderen Sprachen weitere Bedeutungen
habe, wie etwa „Waage“, reduziere sich im konkreten Zeichenzusammenhang die
Anzahl der möglichen Bedeutungen sehr deutlich auf die „Balance“ im Sinne des
(inneren) Gleichgewichts. Dies liege nahe, weil angesichts der Kombination von
„Balance“ mit dem deutschen Wort „Lebe“ andere, insbesondere fremdsprachige
Bedeutungen unwahrscheinlich seien. Das Wort „Balance“ könne neben dem
gesundheitsbezogenen Aspekt der inneren Balance vorliegend auch körperbezo-
gen, etwa das Gleichgewicht des Sportlers betreffend, oder das Gleichgewicht
zwischen Arbeit und Freizeit ansprechend, verstanden werden. In diesen Bedeu-
tungen werde das Wort „Balance“ als Schlagwort besonders häufig verwendet,
was sich anhand der Vielzahl entsprechender Publikationen im Bereich der Ge-
sundheit, des Sports oder des Life-Styles belegen lasse. Auch wenn aufgrund die-
ser unterschiedlichen möglichen Zusammenhänge eine gewisse inhaltliche Un-
schärfe des Begriffs „Balance“ nicht auszuschließen sei, könne dies die Schutzfä-
higkeit des Zeichens nicht begründen. Auch eine gewisse Allgemeinheit eines
Begriffs, die nicht zuletzt dazu bestimmt sei, einen möglichsten weiten Bereich
waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend zu erfassen,
könne das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht überwinden.
Vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Aufforderung, sein Leben in den ver-
schiedensten Bereichen in Balance zu halten bzw. zu bringen, werde der ange-
sprochene Verkehr das Zeichen als allgemeinen Hinweis auf Software-Produkte
verstehen, die sich mit der Balance im Leben beschäftigen, und damit nicht als
betrieblichen Herkunftshinweis. Soweit die Anmelderin sich darauf berufe, dass
das Zeichen für Software ausschließlich von ihr verwendet werde bzw. von ihr
„erfunden“ worden sei, sei dem entgegenzuhalten, dass auch die Neuheit eines
Zeichens nicht zwangsläufig zu dessen Schutzfähigkeit führe. Schließlich sei auch
der Umstand, dass das Zeichen nicht vollständig sprachregelgerecht gebildet ist,
nicht geeignet, die Schutzfähigkeit zu begründen. Trotz einer gewissen Sprachun-
üblichkeit werde das Zeichen sofort und ohne Weiteres von den angesprochenen
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Verkehrskreisen im vorbeschriebenen Sinn verstanden, insbesondere als Ab-
wandlung der Aufforderung „Lebe in Balance“.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Weder das Wort
„Lebe“ noch das Wort „Balance“ hätten im Hinblick auf die mit der Anmeldung
beanspruchte Ware „Computersoftware“ einen sachbezogenen Begriffsinhalt.
Beide Wortbestandteile des Zeichens seien zudem mehrdeutig. Insbesondere das
Wort „Balance“ könne nicht nur die Bedeutung „Gleichgewicht“ haben. Andere
Verständnismöglichkeiten, wie etwa im Sinne der französischen Wörter „Waage“
oder „Bilanz“ seien keineswegs ausgeschlossen. Auch in der Kombination der
beiden Begriffe entstehe eine relevante Mehrdeutigkeit, nachdem offen bleibe,
welcher Aspekt des Lebens (Gesundheit, Sport, Finanzen, etc.) ins Gleichgewicht
kommen solle. Darüber hinaus sei die angemeldete Wortkombination „Lebe Ba-
lance“ gegenüber dem grammatikalisch korrekten Satz „Lebe in Balance“ eine
ungewöhnliche sprachliche Änderung, die hinreichend weit von einer etwaigen
Sachangabe wegführe. Die Mehrdeutigkeit der Wortkombination und deren
sprachlich ungewöhnliche Abwandlung, die offen lasse, ob sie sich von dem Impe-
rativ „Lebe in Balance“ oder dem Ausruf „Es lebe die Balance!“ herleite, könne
nicht lediglich als „Unschärfe“ angesehen werden. Die vom Deutschen Patent- und
Markenamt getroffenen Feststellung, dass der angesprochene Verkehr die ange-
meldete Bezeichnung als Aufforderung verstehen werde, sein Leben in verschie-
denen Bereichen in Balance zu bringen bzw. zu halten, setze eine erhebliche
Denk- und Kombinationsleistung des Verkehrs voraus. Auch die vom Deutschen
Patent- und Markenamt darüber hinaus angeführte häufige Verwendung des
Wortes „Balance“ im Zusammenhang mit Publikationen zu den Themen Gesund-
heit, Sport und Life-Style stelle die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Wort-
kombination nicht in Frage. Aus der Beliebtheit eines Begriffs als Titel oder Titel-
bestandteil allein könne nicht auf einen beschreibenden Charakter geschlossen
werden. Darüber hinaus könnten im Hinblick auf die beanspruchte Ware „Compu-
tersoftware“ nur Bestimmungsangaben (wie etwa „für Erwachsene“ bzw. „für Kin-
der“) oder Beschaffenheitsangaben (z. B. „Spielesoftware“ oder „Grafiksoftware“)
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die erforderliche Unterscheidungskraft fehlen. Andere Bezeichnungen seien für die
genannte Ware stets unterscheidungskräftig. Insbesondere reiche zur Bejahung
eines Schutzhindernisses eine lediglich abstrakte Eignung als Beschaffenheitsan-
gabe nicht aus, da anderenfalls nur Phantasiewörter eintragungsfähig seien,
denen der Verkehr überhaupt keine Bedeutung zumessen könne.

Die Anmelderin beantragt,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 23. Juli 2014 und vom 26. Novem-
ber 2015 aufzuheben.

Ferner regt sie an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle für Klasse 9 vom 23. Juli 2014 und vom 26. November 2015, die Schrift-
sätze der Anmelderin, den schriftlichen Hinweis des Senats im Ladungszusatz
vom 23. Oktober 2017, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Novem-
ber 2017 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige
Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angemeldeten
Wortkombination fehlt im Hinblick auf die beanspruchte Ware jegliche Unterschei-
dungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Anmel-
dung zu Recht zurückgewiesen hat, § 37 Abs. 1 MarkenG.

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Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom
Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Haupt-
funktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten
Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428
Rn. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 – FUSSBALL WM 2006).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der
Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen
lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet
(vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674
Rn. 86 – Postkantoor). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist ferner dann aus-
zugehen, wenn die Wortfolge für sich genommen oder im Zusammenhang mit pro-
duktbeschreibenden Angaben lediglich Anpreisungen und Werbeaussagen allge-
meiner Art enthält (siehe dazu BGH GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands
schönste Seiten). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch
solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten
Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreiben-
der Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – FUSSBALL
WM 2006 a. a. O.).

Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen – wie die hier angemeldete
Wortfolge – sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wort-
marken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen
und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/
Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 221 m. w. N.). Es ist auch nicht erforderlich,
dass sie einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer
Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH
GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Gleichwohl ist zu berücksichtigen,
dass der Verkehr in Slogans bzw. werblich-sachbezogenen Wortfolgen regelmä-
ßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Sachinfor-
mation gibt bzw. Werbefunktion ausübt, die z. B. darin besteht, die Qualität der
betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die
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Sachinformation bzw. Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Her-
kunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR
2004, 1027 Rn. 35 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Diese Grundsätze
werden durch die Entscheidung des EuGH in GRUR 2010, 228 – VORSPRUNG
DURCH TECHNIK nicht in Frage gestellt. Auch danach setzt die Bejahung der
Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss,
die beanspruchten Produkte als von einem bestimmten Unternehmen stammend
zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 44 – VORSPRUNG DURCH
TECHNIK). Die Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des EuGH ins-
besondere dann zu bejahen, wenn die jeweiligen Marken nicht nur in einer ge-
wöhnlichen Sach- oder Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originali-
tät oder Prägnanz aufweisen, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand
erfordern oder beim Verkehr einen Denkprozess auslösen (EuGH – VORSPRUNG
DURCH TECHNIK, a. a. O. Rn. 57, vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG,
11. Aufl., § 8 Rn. 223).

Gerade davon kann nach Auffassung des Senats bei der vorliegenden sprucharti-
gen Wortkombination nicht ausgegangen werden. Diese besteht aus den beiden
Wörtern „Lebe“ und „Balance“, die jeweils für sich genommen unmittelbar ver-
ständlich sind. Auch wenn die Anmelderin zutreffend darauf hinweist, dass die
beiden Begriffe nicht sprachregelgerecht aufeinander bezogen sind, da dem Impe-
rativ „Lebe“ zur Herstellung eines vollständig und grammatikalisch richtigen Satzes
die Worte „in Balance“ folgen müssten, stellt die Weglassung des Wortes „in“
gleichwohl keine relevante Unbestimmtheit dar bzw. löst keinen Denkprozess aus,
so dass dadurch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft über-
wunden werden könnte. Die vorliegende Abwandlung kommt dem sprachlich kor-
rekten Satz „Lebe in Balance“ sehr nahe. Der ganz überwiegende Teil des Ver-
kehrs wird deshalb die angemeldete Wortkombination unmittelbar als den gram-
matikalisch korrekten Satz mit der Aufforderung „Lebe in Balance“ verstehen.
Selbst wenn andere Teile des Verkehrs die grammatikalische Inkorrektheit erfas-
sen sollten, handelt es sich bei dieser nicht um eine so ungewöhnliche Wortver-
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bindung, dass deren Bedeutung in einem entsprechenden Sachzusammenhang
nicht sofort erfasst würde. Die Verständnisfähigkeit des Verkehrs darf nicht zu
gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 43,
135), zumal auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksa-
men und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist, der zum einen
einfache gedankliche Schlussfolgerungen ziehen kann und der zum anderen
daran gewöhnt ist, in der Werbung ständig mit neuen und nicht immer grammati-
kalisch korrekten Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm lediglich sachbe-
zogene Informationen in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Eine
besondere Kombinationsleistung oder ein Denkprozess sind zu diesem Verständ-
nis entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht erforderlich.

Ausgehend davon wird der Verkehr die angemeldete Wortkombination im Zu-
sammenhang mit Computersoftware ohne weiteres in dem Sinne verstehen, dass
die Software (in welcher Form auch immer z. B. als Fitness- oder Jogaprogramm,
als Tagebuch oder Motivationshilfe für ein ausgeglichenes Leben, usw.) dazu
bestimmt ist, ein „Leben in Balance“ zu führen, also ein gesundes, ausgeglichenes
Leben, anzuregen, zu unterstützen und zu fördern. Bereits im Zeitpunkt der An-
meldung war der Verkehr an entsprechende Formulierungen gewöhnt, mit denen
„ein Leben in Balance“ propagiert wurde. Insbesondere im Bereich der Seminare
oder Sachbücher zu Gesundheit und Lebensführung ist der Begriff der „Balance“
weitgehend abgenutzt (auf die mit dem Ladungszusatz vom 23. Oktober 2017
übersandten Rechercheunterlagen des Senats wird insoweit Bezug genommen).
Entsprechende Ratgeber finden sich aber nicht nur im Bereich der Bücher und
Zeitschriften. Insbesondere Smartphoneapps, die nichts anderes als Software
sind, oder sogenannte Fitnessarmbänder, die zu ihrer Funktion Software benöti-
gen, sollen dem Nutzer helfen, „ein Leben in Balance“ zu führen, etwa indem er
sich mehr bewegt, sich gesünder ernährt oder seinen Interessen und sozialen
Kontakten mehr Zeit einräumt. Mit Hilfe dieser Computerprogramme lassen sich
beispielsweise unterschiedliche Daten erfassen, die dem Nutzer eine Dokumenta-
tion und Kontrolle seines Verhaltens ermöglichen. Andere Programme fordern von
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sich aus den Nutzer auf, bestimmte Dinge zu tun, etwa sich mehr zu bewegen
oder weniger zu arbeiten (auf die mit dem Ladungszusatz vom 23. Oktober 2017
übersandten Rechercheunterlagen des Senats wird insoweit Bezug genommen).
Darüber hinaus ist aktuell auch die sog. „Work-Life-Balance“ im Sinne einer Le-
bensphilosophie mit einer angemessenen Balance zwischen dem Arbeits- und
Privatleben in aller Munde. Ausgehend von diesen Faktoren drängt sich bei der
angemeldeten Bezeichnung das vorstehend dargestellte rein sachbeschreibende
Verständnis auf, was demzufolge einem betriebskennzeichnenden Verständnis
entgegensteht (vgl. dazu auch BPatG, Beschluss vom 3. Juni 2016, Aktenzeichen
27 W (pat) 1/16 – Lebe Balance; die Entscheidung ist über die Homepage des
Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich).

Auch wenn die Anmelderin sich darauf berufen will, dass die Wortkombination
„Lebe Balance“ in dem Sinne mehrdeutig sei, als mit der Aufforderung in Balance
zu leben, die unterschiedlichsten Lebensbereiche angesprochen würden, kann
auch dies die erforderliche Unterscheidungskraft nicht begründen. Zunächst würde
auch die Mehrdeutigkeit der Wortkombination im Rahmen der Beurteilung der
Unterscheidungskraft nicht zur Schutzfähigkeit führen, wenn zumindest eine der
Bedeutungen für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden
Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR
2008, 900, Rn. 15 – SPA II). Vorliegend geht der Senat aber davon aus, dass die
angemeldete Wortkombination weniger eine Mehrdeutigkeit als eine begriffliche
Unbestimmtheit aufweist. Jedoch rechtfertigt nicht jede begriffliche Unbestimmtheit
die Bejahung der Unterscheidungskraft. Bei allgemeinen Angaben ist eine gewisse
Unschärfe und Allgemeinheit der Aussage sogar unvermeidbar und gewollt, um
einen möglichst weiten Bereich waren- und dienstleistungsbezogener (positiver)
Eigenschaften erfassen zu können, was nicht für die Bejahung der Unterschei-
dungskraft spricht (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bes-
sere Welt; GRUR 2009, 778 Rn. 17 – Willkommen im Leben). Auch relativ vage
und allgemeine Angaben können ausschließlich als verbraucherorientierte Sachin-
formation zu bewerten sein, auch wenn der fraglichen Bezeichnung bzw. der frag-
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lichen Wortfolge eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe immanent sein mag
(stRspr. vgl. auch BGH GRUR 2013, 522 Rn. 13 – Deutschlands schönste Seiten).

Soweit die Anmelderin der Auffassung ist, dass im Hinblick auf die Ware „Compu-
tersoftware“ nur ganz bestimmten, konkreten Beschaffenheits- oder Bestimmungs-
angaben die Unterscheidungskraft fehlen könne, ist dies in dieser Allgemeinheit
nicht zutreffend und gibt dies zu keiner anderen Entscheidung Anlass. Nach dem
oben dargelegten besteht zwischen der angemeldeten Wortkombination, wie sie
vom angesprochenen Verkehr verstanden wird, und bestimmter Computersoft-
ware, die speziell zur Anwendung im Bereich der Gesundheit und der Lebensfüh-
rung bestimmt ist, ein unmittelbarer und konkreter Bezug, der sich den angespro-
chenen Verkehrskreisen ohne weiteres aufdrängt, so dass vorliegend ein Schutz-
hindernis nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist. Darüber hinausgehende
allgemeine Ausführungen zur Unterscheidungskraft im Hinblick auf Computerpro-
gramme bzw. Software können insoweit dahingestellt bleiben (vgl. hierzu Ströbele/
Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 98; Zu den insoweit vergleichbaren Druckerei-
erzeugnissen vgl.: BPatG, Beschluss vom 3. Juni 2016, Aktenzeichen
27 W (pat) 1/16 – Lebe Balance, a. a. O.).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da weder eine Rechts-
frage von grundlegender Bedeutung zu beantworten war noch die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung
des Bundesgerichtshofs erfordern.

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen

Fa


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