25 W (pat) 44/17  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




25 W (pat) 44/17
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



- 2 -
betreffend die Marke 30 2009 072 008

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der
Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.


G r ü n d e :

I.

Die am 3. Dezember 2009 angemeldete Wort-/Bildgestaltung



ist am 28. April 2010 unter der Nummer 30 2009 072 008 als Wort-/Bildmarke für
die nachfolgenden Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Marken-
amt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden:

Klasse 35:
Aufstellung von Kosten-/Preisanalysen (Wirtschaftlichkeitsanalysen im
Rahmen von Energiekonzepten); Verbraucherberatung;

Klasse 40:
Erzeugung von Energie (Erzeugung von Heizwärme);

Klasse 41:
Veranstaltung von Fort- und Weiterbildungen;

- 3 -
Klasse 42:
Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung, Bauberatung, Dienst-
leistung von Ingenieuren, Dienstleistung eines Architekten, Durchfüh-
rung von wissenschaftlichen Untersuchungen, Erstellung von techni-
schen Gutachten, Erstellung von wissenschaftlichen Gutachten, Nach-
forschung, Recherchen in Datenbanken und im Internet für Wissen-
schaft und Forschung, Stadtplanung, technische Beratung, Zertifizierun-
gen.

Gegen die Eintragung der am 28. Mai 2010 veröffentlichten Marke hat die Wider-
sprechende aus ihrer seit dem 17. September 2008 unter der Nummer
30 2008 035 474 für Waren der Klassen 1, 4, 7, 9, 11 und Dienstleistungen der
Klassen 35, 36, 37, 40, 45 und für die folgenden Waren der Klassen 41 und 42

Klasse 41:
Aus- und Weiterbildung; Schulung;

Klasse 42:
Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung (Architekturberatung);
Dienstleistungen von Ingenieuren; Erstellen von technischen Gutachten;
technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit; Entwurf, technische
Entwicklung, technische Planung von Industrieanlagen und Maschinen;
technisches Projektmanagement zur Projektierung von Industrieanlagen
und Maschinen; Werkstoffprüfung; industrielle Analyse- und For-
schungsarbeiten; Designdienstleistungen zur Gestaltung von neuen Pro-
dukten; elektronische Datenspeicherung; Vermietung von Rechnerkapa-
zitäten zur Datenverarbeitung; Erstellen von Datenverarbeitungspro-
grammen; technische Planungs- und Überwachungsdienstleistungen,
einschließlich Ingenieurdienstleistungen zur Kontrolle, Leitung und Über-
wachung technischer Abläufe in Industrieanlagen; sämtliche vorge-
nannte Dienstleistungen für andere

eingetragenen Wort-/Bildmarke



Widerspruch erhoben.

- 4 -
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
den Beschlüssen vom 18. Februar 2013 und vom 18. August 2016, von denen
Letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Gefahr der Verwechslung im
Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Mar-
ken teilweise bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleis-
tungen der

Klasse 41: Veranstaltung von Fort- und Weiterbildungen;

Klasse 42: Bauberatung, Dienstleistung von Ingenieuren, Dienstleis-
tung eines Architekten, Erstellung von technischen Gutachten, techni-
sche Beratung

angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen bzw. die gegen die
Teillöschungsanordnung gerichtete Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewie-
sen.

Die Widerspruchsmarke verfüge von Haus aus über eine normale Kennzeich-
nungskraft. Weder für eine Schwächung noch für eine Steigerung der Kennzeich-
nungskraft durch eine intensive Benutzung seien ausreichende Anhaltspunkte vor-
handen. Insbesondere beträfen die von der Widersprechenden vorgelegten Unter-
lagen nicht alle Waren- und Dienstleistungsbereiche der Widerspruchsmarke, und
es fehlten Informationen zu der gesteigerten Bekanntheit der Widerspruchsmarke
im Umfeld ihrer Mitbewerber. Andererseits seien aber auch keine Rückschlüsse
auf eine Schwächung der Kennzeichnungskraft möglich. Allein die Existenz einer
ähnlichen benutzten Marke oder weiterer eingetragener ähnlicher Marken ohne
nähere Informationen über deren Benutzung reichten hierfür nicht aus. Zwischen
den Dienstleistungen der sich gegenüberstehenden Marken bestehe im Umfang
der angenommenen Verwechslungsgefahr Identität, weil es sich bei dem Begriff
der „Ausbildung“ der Klasse 41 bei der Widerspruchsmarke um einen Oberbegriff
handle, unter den sowohl die „Fortbildung“ wie auch die „Weiterbildung“ zu fassen
seien, wobei ein relevanter Unterschied zwischen der „Veranstaltung von Fort-
und Weiterbildungen“ der angegriffenen Marke und den Dienstleistungen der
- 5 -
„Aus- und Weiterbildung“ der Widerspruchsmarke nicht festzustellen sei. Zwischen
den Vergleichszeichen bestehe die Gefahr klanglicher Verwechslungen. Zwar wür-
den sich die Zeichen in der Gesamtheit angesichts der zusätzlichen Elemente der
jüngeren Marke, die in der älteren Marke keine Entsprechung fänden, erheblich
unterscheiden. Doch würden die Zeichen jeweils durch ihre Wortbestandteile
„KEA“ auf Seiten der angegriffenen Marke und „GEA“ bei der Widerspruchsmarke
geprägt. Während bei der Widerspruchsmarke offensichtlich sei, dass ihre grafi-
sche Ausgestaltung nicht entscheidend zur Kennzeichnungskraft beitrage, sei bei
der angegriffenen jüngeren Marke zu berücksichtigen, dass die zusätzlichen Wort-
und Bildbestandteile „Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg
GmbH“ und die Wiedergabe des Landeswappen von Baden-Württemberg eine
beschreibende Angabe für das Tätigkeitsfeld und die Organisationsform bzw. des
räumlichen Tätigkeitsbereichs der Markeninhaberin darstellten. Die Buchstaben-
folge KEA trete demgegenüber auch optisch deutlich hervor. Sie sei nicht ohne
weiteres als Abkürzung der Worte „Klimaschutz und Energieagentur“ aufzufassen.
Bei dem in klanglicher Hinsicht daher gebotenen Vergleich zwischen „KEA“ und
„GEA“, die wie bei aussprechbaren Akronymen üblich als „Keh-ah“ und „Geh-ah“
wiedergegeben würden, sei eine hohe klangliche Ähnlichkeit festzustellen. Die ein-
zige Abweichung der Zeichen in den klangähnlichen Anfangskonsonanten „K“
bzw. „G“ sei für ein sicheres Auseinanderhalten nicht ausreichend.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Die Markenstelle sei
zu Unrecht von einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ausgegangen. Die
Widerspruchsmarke sei schon nicht durchschnittlich kennzeichnungskräftig, weil
bereits vor ihrer Eintragung ähnliche, auch benutzte Marken mit dem Wortelement
„-EA“ im Register eingetragen gewesen seien. Insoweit sei von einer geschwäch-
ten Kennzeichnungskraft des Bestandteils EA auszugehen. Auch fehle es an einer
Identität zwischen den von der Löschung umfassten beschwerdegegenständlichen
Dienstleistungen der angegriffenen jüngeren Marke und den Dienstleistungen der
Widerspruchsmarke. So würden sich die Dienstleistungen der „Veranstaltung von
Fort- und Weiterbildungen“ der Klasse 41 der angegriffenen jüngeren Marke
- 6 -
bereits nach ihrer Terminologie von den Dienstleistungen der „Aus- und Weiterbil-
dung“ der Widerspruchsmarke unterscheiden, auch handle es sich bei der Be-
zeichnung einer Organisationsform der „Fort- und Weiterbildungen“ inhaltlich um
eine andere, eigene Form der Dienstleistungen. Für den Vergleich der sich
gegenüberstehenden Zeichen sei auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustel-
len. Die Vergleichszeichen seien in einer Art und Weise grafisch ausgestaltet,
dass die jeweiligen Bestandteile „KEA“ und „GEA“ jedenfalls nicht die allein prä-
genden Elemente seien. Die angegriffene Marke werde maßgeblich geprägt durch
die mittig angeordnete und zentrale grafische Gestaltung mit dem gelben Lan-
deswappen, was eine dreidimensionale Wirkung hervorrufe und in der optischen
Tiefenwirkung einer Prägung gleiche. Das gelbe Landeswappen von Baden-
Württemberg stelle einen dominierenden Bestandteil der Gestaltung dar und präge
jedenfalls das Gesamtzeichen mit. Wegen ihrer ganz anderen grafischen Gestal-
tung sei die angegriffene Marke deutlich von der Widerspruchsmarke zu unter-
scheiden. Die Buchstabenfolge der Widerspruchsmarke werde durch das grafi-
sche Element eines schwebend erscheinenden Rings eng miteinander verbunden,
diese Verbindung dürfe nicht künstlich durchbrochen und aufgespalten werden.
Insoweit sei weder bei der Widerspruchsmarke auf den Wortbestandteil GEA,
noch bei der angegriffenen jüngeren Marke allein auf den Bestandteil KEA abzu-
stellen. Zudem sei von einer erhöhten Aufmerksamkeit des durchschnittlichen, an
Umwelttechnologien interessierten Nutzers auszugehen, was zu einem erhöhten
Unterscheidungsvermögen führe. Wegen der vergleichsweise hohen Aufmerksam-
keit des gemeinsamen Verkehrskreises seien die Nutzer in der Lage die Ver-
gleichszeichen so treffsicher zu unterscheiden, dass auch keine gedankliche Ver-
bindung zu der jeweils anderen Marke erfolge.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des DPMA vom
18. Februar 2013 und vom 18. August 2016 aufzuheben, soweit
die Löschung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Dienst-
- 7 -
leistungen der Klasse 41 „Veranstaltungen für Fort- und Weiterbil-
dung“ und die Klasse 42 „Bauberatung, Dienstleistung von Inge-
nieuren, Dienstleistung eines Architekten, Erstellung von techni-
schen Gutachten, technische Beratung“ angeordnet worden ist
und auch insoweit den Widerspruch aus der Marke
30 2008 035 474 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

Weiter hat die Widersprechende – anders als die Markeninhaberin, die einen
solchen Antrag nicht gestellt hat – hilfsweise die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung beantragt.

Die Widerspruchsmarke sei von Haus aus zumindest durchschnittlich kennzeich-
nungskräftig. Angesichts der im Verfahren vor dem DPMA eingereichten Unterla-
gen zu einer intensiven Benutzung der Widerspruchsmarke sei sogar von einer
gesteigerten Kennzeichnungskraft der Marke auszugehen. Eine entscheidungser-
hebliche Benutzung der von der Markeninhaberin genannten Drittmarken mit dem
Wortbestandteil EA werde bestritten. Zudem sei die Benutzung einer einzigen
Marke ohnehin nicht ausreichend, um die Kennzeichnungskraft einer ähnlichen
Marke zu schwächen. Hierfür sei das Vorliegen einer beträchtlichen Anzahl von
Drittzeichen im einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich, die tatsächlich
benutzt würden, erforderlich, was vorliegend aber nicht der Fall sei. Zur Frage der
Identität insbesondere der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klas-
se 41 verweist die Widersprechende auf die Rechtsprechung des Bundespatent-
gerichts, wonach zwischen der „Veranstaltung von Fort und Weiterbildungen“ und
der „Aus- und Weiterbildung“ bereits Identität festgestellt worden sei. Zwischen
den sich gegenüberstehenden Zeichen sei jedenfalls eine hohe klangliche Ähn-
lichkeit gegeben, denn nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsät-
- 8 -
zen zur Prägung von Wort-/Bildzeichen seien vorliegend in klanglicher Hinsicht
jedenfalls die prägenden Zeichenbestandteile „GEA“ und „KEA“ zu vergleichen.
Die Bezeichnungen „Kea-ah“ und „Geh-ah“ würden aber ähnlich ausgesprochen.
Im Übrigen fehlten Anhaltspunkte dafür, dass von einer erhöhten Aufmerksamkeit
der angesprochenen maßgeblichen Verkehrskreise auszugehen sei. Selbst wenn
aber vom Fachverkehr als maßgeblich angesprochenen Kreis ausgegangen
werde, sei festzuhalten, dass auch Fachleute nicht dagegen gefeit seien, insbe-
sondere klanglich ähnliche Marken zu verwechseln.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle für Klasse 42 sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren
Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist
nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin und Beschwer-
deführerin besteht zwischen den Vergleichsmarken im Umfang der angeordneten
Löschung eine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle auf den Widerspruch der Widerspre-
chenden hin zutreffend die teilweise Löschung der angegriffenen Marke gemäß
§ 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG angeordnet hat. Die Beschwerde war daher zurück-
zuweisen.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger
Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesge-
richtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER;
GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9
– Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833
- 9 -
Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit ins-
besondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Wa-
ren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die
Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchs-
marke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unab-
hängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechs-
lungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/
HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040
Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9
Rn. 40 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechs-
lungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa
die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus fol-
gend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungs-
vermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht zwischen den sich gegenüberstehen-
den Wort-/Bildmarken, der angegriffenen jüngeren Marke



und der älteren Widerspruchsmarke

Verwechslungsgefahr.


1. Bei der Widerspruchsmarke ist jedenfalls von Haus aus von einer durch-
schnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen. Die originäre Kennzeichnungs-
- 10 -
kraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der
jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienst-
leistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen
und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer zu unterschei-
den (vgl. BGH, GRUR 2016, 382 Rn. 31 – BioGourmet). Aus den von der Wider-
sprechenden eingereichten Unterlagen sind sogar gewisse Anhaltspunkte vorhan-
den, die jedenfalls in Teilbereichen die Annahme einer leicht erhöhten Kennzeich-
nungskraft rechtfertigen könnten. Die Unterlagen beziehen sich allerdings nur
ganz pauschal auf den Tätigkeitsbereich der Widersprechenden, auch sind die
von der Marke gehaltenen Marktanteile nicht beziffert. Belegt sind aber eine lang-
jährige Tätigkeit der Widersprechenden unter Verwendung der Marke als Unter-
nehmenszeichen, also eine längere Dauer der Markennutzung und hohe – aller-
dings auch eher allgemein gehaltene – Umsatzzahlen. Letztlich kann die Frage
einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aber dahinge-
stellt bleiben, weil es darauf nicht entscheidungserheblich ankommt. Denn auch
bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist eine Ver-
wechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen gegeben.


2. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist auf Seiten der Wider-
spruchsmarke von der Registerlage auszugehen. Die Vergleichsmarken können
sich im beschwerdegegenständlichen Umfang auf identischen, jedenfalls aber
hochgradig ähnlichen Dienstleistungen begegnen.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren besteht, wenn diese unter Berücksichti-
gung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, ins-
besondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer
regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer
Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkur-
rierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Wa-
renähnlichkeit wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass
die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten regelmä-
- 11 -
ßig aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen
(vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 59, vgl. z. B. BGH GRUR
2004, 241, 243 – GeDIOS; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM). Diese für
die Warenähnlichkeit entwickelten Grundsätze können für die Beurteilung der Ähn-
lichkeit von sich gegenüberstehenden Dienstleistungen entsprechend herangezo-
gen werden, wobei die Art, Erbringung, Einsatzzweck, Inanspruchnahme und wirt-
schaftliche Bedeutung und vor allem der Nutzen der Dienste für den Empfänger
und die branchenmäßige Nähe beider Dienstleistungen von Bedeutung sind (vgl.
BGH GRUR 2001, 164 – Wintergarten).

Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 41 „Veranstaltung von Fort- und Wei-
terbildungen“ der angegriffenen Marke besteht problemlos Identität mit den Dienst-
leistungen der „Aus- und Weiterbildung; Schulung“ der Widerspruchsmarke, da die
„Veranstaltung von Ausbildung oder Fortbildung“ letztlich nur eine Art und Weise
der Erbringung und Durchführung der Aus- und Fortbildung darstellt. Von einer
Dienstleistungsidentität ist nicht nur auszugehen, wenn sich die jeweils eingetra-
genen Dienstleistungsbegriffe vollständig decken, sie liegt vielmehr auch dann vor,
wenn und soweit sich die Dienstleistungen der jüngeren Marke unter einen breite-
ren Oberbegriff der älteren Marke subsumieren lassen (vgl. Ströbele/Hacker,
MarkenG, 11. Aufl., § 14 Rn. 280 m. w. N.), oder die Dienstleistungsbereiche sich
in Teilbereichen überschneiden.
In Bezug auf die weiteren beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der
angegriffenen Marke der Klasse 42 besteht insbesondere zu den Dienstleistungen
der Widerspruchsmarke „Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung (Architek-
turberatung); Dienstleistungen von Ingenieuren; Erstellen von technischen Gut-
achten; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit“ der Klasse 42 gleicher-
maßen Identität bzw. hochgradige Dienstleistungsähnlichkeit.

- 12 -
3. Den bei dieser Ausgangslage zu stellenden strengen Anforderungen an den
Markenabstand, wird die jüngere Marke nicht gerecht. Denn selbst wenn mit der
Markeninhaberin von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen
Fachkreise ausgegangen wird, ist ein ausreichender Zeichenabstand jedenfalls in
klanglicher Hinsicht nicht eingehalten.

Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit
im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil
Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher
und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zei-
chenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahr-
nehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch
die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere
ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen
sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durch-
schnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und
nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (st. RSpr., z. B. BGH in GRUR
2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).

Soweit die Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit miteinander verglichen werden,
ergibt sich unter keinem Gesichtspunkt eine Gefahr von Verwechslungen. Insoweit
unterscheiden sich die Marken bereits im Hinblick auf den zusätzlichen Bildbe-
standteil der strichartigen Umrahmung und gelb-schwarzen Wiedergabe eines
Teils des Wappens von Baden-Württemberg sowie des zusätzlichen Wortbestand-
teils „Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH“ des angegrif-
fenen Zeichens einerseits sowie der grafischen Ausgestaltung der Widerspruchs-
marke andererseits.

Allerdings schließt der Umstand, auf den die Markeninhaberin hinweist, dass die
sich gegenüberstehenden Zeichen stets in ihrer Gesamtheit zu vergleichen sind,
es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komple-
- 13 -
xen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrs-
kreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. hierzu BGH
GRUR 2009, 484 Rn. 32 – Metrobus; GRUR 2012, 64 Rn. 15 – Maalox/Melox-
GRY; GRUR 2013 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria). Prägenden Charakter hat ein
Zeichenbestandteil, wenn die weiteren Bestandteile des Zeichens in den Hinter-
grund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen. Weil sich der Verkehr
gerade an den unterscheidungskräftigen Bestandteilen eines Zeichens orientiert,
ist für die Prüfung des prägenden Charakters die Kennzeichnungskraft der Zei-
chenbestandteile zu untersuchen (vgl. GRUR 2007, 235 – Goldhase I; GRUR
2008, 505 Rn. 32 – TUC-Salzcracker).

Für die angegriffene jüngere Marke ist vorliegend davon auszugehen, dass deren
Gesamteindruck von dem Wortbestandteil KEA geprägt wird. Die Wortfolge „Kli-
maschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH“ auf der linken Seite
des Zeichens nimmt durch die Art der Wiedergabe in einer deutlich verkleinerten
Schrift und nach ihrem Inhalt als Beschreibung des Dienstleistungsbereichs sowie
des Sitzes oder des geografischen Tätigkeitsbereichs und der Rechtsform der
Markeninhaberin kennzeichenmäßig eine eher untergeordnete Stellung in dem
Zeichen ein. Das gleiche gilt für den in der Mitte des Zeichens befindlichen Teil
des Wappens von Baden-Württemberg mit den in Art einer Umrahmung gestalte-
ten grafischen Linien. Dabei erinnert die gelbliche Farbgebung und grafisch auf
das wesentliche reduzierte Darstellung der untereinander befindlichen Löwen an
die Verwendung des Wappens auf den Autokennzeichen aus dem Bundesland
Baden-Württemberg und weist damit auf einen geografischen Bezug zu Baden-
Württemberg hin. Diese Bildgestaltung ergänzt, verbildlicht und unterstreicht den
bloßen Hinweis auf den Sitz oder Wirkungskreis der Markeninhaberin. Sie tritt in
der Wahrnehmung des Verkehrs als lediglich einfaches dekoratives Element, das
auf einen geografischen Bezug oder ein Verbindung zu Baden-Württemberg hin-
weist, zurück. Insoweit gilt zudem der Erfahrungssatz, dass sich der Verkehr bei
Wort-/Bildzeichen regelmäßig am Wortbestandteil orientiert, weil er die einfachste
Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (st. RSpr. vgl. z. B. BGH, GRUR 2014,
- 14 -
378 – Rn. 30 – OTTO CAP). Der auf der rechten Seite befindliche Wortbestandteil
KEA kann zwar theoretisch als Abkürzung der Wortbestandteile „Klimaschutz- und
Energieagentur“ aufgefasst werden und würde sich insoweit dann in den Anfangs-
buchstaben der auf der linken Seite befindlichen „Langform“ der Unternehmens-
bezeichnung der Markeninhaberin erschöpfen. Damit würde die Buchstabenfolge,
wenn sie denn von den angesprochenen Verkehrskreisen als Abkürzung wahrge-
nommen werden würde, im Verhältnis zu der ausführlichen Unternehmensbe-
zeichnung eine akzessorische Stellung einnehmen (vgl. EuGH, GRUR 2012, 616
u. a. Rn. 38 – Multi Market Fund MMF; NAI – Der Natur-Aktien-Index). Abgesehen
davon, dass die Buchstabenfolge KEA in der jüngeren Marke nicht zwingend als
Akronym der links daneben befindlichen Wortfolge aufgefasst werden muss – hier-
für wären auch Buchstabenfolgen wie KE oder KSEA denkbare Varianten –, spre-
chen weitere Umstände dafür, dass die Buchstabenfolge als das dominierende
Element der Marke wahrgenommen wird. Denn die Buchstabenfolge KEA ist im
Unterschied zu der längeren und insoweit sperrigeren Bezeichnung „Klimaschutz-
und Energieagentur“ leichter erfassbar, sie ist problemlos aussprechbar und sie ist
insbesondere und vor allem aufgrund der grafisch deutlichen Hervorhebung
sowohl durch die fett wiedergegebene schwarze Schriftgestaltung, als auch durch
die Größe innerhalb des Gesamtzeichens, der dominierende Bestandteil. Insoweit
ist von einer Prägung der angegriffenen jüngeren Marke durch die Buchstaben-
folge KEA auszugehen. Auch kennzeichnungsschwache Zeichenelemente und
Buchstabenfolgen, die in einem Zeichen als Akronym der nachfolgenden Wortbe-
standteile aufgefasst werden könnten, können – so auch bei der vorliegenden Fall-
konstellation – eine die Gesamtmarke prägende Stellung einnehmen (vgl. dazu
EuGH GRUR 2016, 80 – BGW/Scholz; BGH GRUR 2016, 283 Rn. 16, 17 – BSA/
DAS DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE).

Somit stehen sich in klanglicher Hinsicht die Kurzbezeichnungen „KEA“ und „GEA“
gegenüber. Dabei stimmen die Zeichen klanglich in der Lautfolge „EA“ identisch
überein und weichen lediglich in ihrem Anfangskonsonanten „K“ bei der angegrif-
fenen und „G“ bei der Widerspruchsmarke voneinander ab. Zwar handelt es sich
- 15 -
bei KEA und GEA um Kurzwörter, die durch einzelne Abweichungen stärker
beeinflusst werden als längere Markenwörter und die in der Regel besser und
genauer in Erinnerung bleiben. Allerdings ist für die vorliegende Konstellation zu
berücksichtigen, dass der einzige Unterschied in den Anfangskonsonanten G und
K besteht, die auch bei einer hochdeutschen Aussprache klanglich stark angenä-
hert sind, was angesichts der ansonsten identischen weiteren Vokalfolge aber
nicht ausreicht, um einen ausreichenden klanglichen Abstand herzustellen.

Vor dem Hintergrund der identischen bzw. hochgradig ähnlichen Vergleichsdienst-
leistungen und einer jedenfalls durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke sind die Vergleichsmarken klanglich zu stark angenähert, als dass
ein verwechslungsfreies Nebeneinander – selbst bei leicht erhöhter Aufmerksam-
keit angesprochener Fachkreise – gewährleistet ist.

Die Beschwerde der Markeninhaberin war daher zurückzuweisen.

Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.

Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Eine solche war nur von der obsiegenden Widersprechenden hilfsweise beantragt
worden, nicht aber von der insoweit unterlegenen Markeninhaberin. Eine mündli-
che Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst,
§ 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.

- 16 -
III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen


Fa


Full & Egal Universal Law Academy