25 W (pat) 123/14  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT



25 W (pat) 123/14
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2013 068 749.3

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
27. Februar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin
Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

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G r ü n d e

I.

Die Wort-Bildgestaltung




ist am 13. Dezember 2013 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die folgenden Dienstleistungen
der Klasse 36 angemeldet worden:

Versicherungswesen, insbesondere Versicherungsvermittlung, Finanzwesen,
insbesondere Bankgeschäfte aller Art, nämlich Einlagengeschäfte, Pfand-
briefgeschäfte, Kreditgeschäfte, Diskontgeschäfte, Finanzkommissionsge-
schäfte, Depotgeschäfte, Investmentgeschäfte, Eingehung der Verpflichtung,
gegen Entgelt gegenüber Dritten, zuvor veräußerte Darlehensforderungen vor
Fälligkeit zurück zu erwerben (echtes und unechtes Pensionsgeschäft), Ga-
rantiegeschäfte, Girogeschäfte, Emissionsgeschäfte, E-Geld-Geschäfte, Ver-
mittlung von Verträgen über Ankauf von Unternehmen und Unternehmensbe-
teiligungen, Anlage- und Abschlussvermittlung von Finanzgeschäften, Finanz-
portfolioverwaltung, Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten
im Wertpapierhandel für andere, Vermittlung von Einlagengeschäften - soweit
in Klasse 36 enthalten - mit Unternehmen mit Sitz außerhalb des europä-
ischen Wirtschaftsraumes, Finanztransfergeschäfte. Sortengeschäfte, Ab-
wicklung von Geldgeschäften mit Kreditkarten, finanzielle Anlageberatung,
Geldmaklergeschäfte, Geldgeschäfte, Immobilienwesen, insbesondere Immo-
bilienvermittlung.

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Mit Beschlüssen vom 11. Juni 2014 und vom 4. September 2014 hat die Marken-
stelle für Klasse 36 des DPMA die unter der Nummer 30 2013 068 749.3 geführte
Anmeldung für alle Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft ge-
mäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im We-
sentlichen ausgeführt, dass die angemeldete Wortfolge einen werbeüblichen Slo-
gan mit einer gängigen deutschsprachigen Formulierung darstelle. „Weitsicht“ be-
deute ebenso wie „Weitblick“ im übertragenen Sinn die Fähigkeit, vorauszublicken
bzw. frühzeitig künftige Entwicklungen und Erfordernisse zu erkennen und richtig
einzuschätzen. „Nähe“ bezeichne eine geringe Entfernung, wobei nicht nur die
örtliche Nähe, sondern auch die Nähe zu einer Sache oder die menschliche Nähe
im Sinn einer engen persönlichen Beziehung gemeint sein könne. Bezogen auf die
Dienstleistungen der Klasse 36 werde in leicht verständlicher Weise darauf hinge-
wiesen, dass diese mit solcher Weitsicht angeboten und erbracht würden, die sich
auf die menschliche und/oder örtliche Nähe zum Kunden bzw. auf Nähe zur Sache
im Sinn einer besonderen Sachkenntnis gründe und dass der Anbieter dieser
Dienstleistungen über eine derartige Weitsicht verfüge. Damit entstehe ein enger
beschreibender Bezug zu sämtlichen angemeldeten Dienstleistungen. Auch die
grafische Ausgestaltung hebe sich in ihrer Gesamtheit vom werbegrafischen
Standard nicht derart ab, dass die angesprochenen Verkehrskreise sie als kenn-
zeichnendes Element wahrnehmen könnten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält das angemeldete
Zeichen in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen für
schutzfähig, da der Bezeichnung nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Der
Wortbestandteil „Weitsicht durch Nähe“ weise weder einen im Vordergrund ste-
henden beschreibenden Begriffsinhalt, noch einen engen beschreibenden Bezug
zu den angemeldeten Dienstleistungen auf. Mit den einzelnen Dienstleistungen
habe sich die Markenstelle nicht hinreichend konkret genug befasst, so dass die
Beschlüsse schon deshalb keinen Bestand haben könnten. Die Begriffe „Weit-
sicht“ und „Nähe“ stellten syntaktisch und inhaltlich an sich schon einen Wider-
spruch dar. Umso mehr sei die Zusammenstellung der Wörter unüblich, insbeson-
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dere deshalb, weil ein Kausalzusammenhang in der Weise hergestellt werde, dass
„Nähe“ als Ursache für „Weitsicht“ angeführt werde. Diese grundsätzlich gegen-
sätzlichen Begriffe kausal mit dem Wort „durch“ in einen Zusammenhang zu brin-
gen, mache - schon ohne Berücksichtigung der individuellen grafischen Gestal-
tung - bereits die besondere Originalität der Wortzusammenstellung aus. Jeden-
falls verleihe die besondere graphische Ausgestaltung dem angemeldeten Zei-
chen die erforderliche Unterscheidungskraft. Bereits die zu dem Corporate Design
der Anmelderin gehörende, zur Ausgestaltung der Bildelemente verwendete Farbe
goldgrün sei ein stark identitätsstiftendes Stilmittel. Die besondere Anordnung und
wechselnde Schriftgröße und -dicke der Wortbestandteile - das filigran in hellgrau
gehaltene Wort „Weitsicht“, die weiteren darunter in kleiner, aber dicker schwarzer
Schrift gehaltenen Wortelemente, das großbuchstabige „DURCH“ und das Wort
„NäHe“, bei welchem die Buchstaben im Wechsel der Groß- und Kleinschrift wie-
dergegeben seien - ragten über das Maß einer durchweg werbeüblichen und un-
auffälligen Gestaltung unternehmenskennzeichnend hinaus. Die graphische Ge-
staltung sei eigens für die Anmelderin mit einigem Aufwand entwickelt worden und
habe bei mehreren Designpreisen (iF Design Award) Beachtung gefunden. Solche
Auszeichnungen mit internationaler Anerkennung erfolgten nicht für Entwicklungen
ohne Unterscheidungskraft.

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen
Patent- und Markenamts 11. Juni 2014 und vom
4. September 2014 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwie-
sen.

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II.

Die zulässige, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte Be-
schwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wort-
Bildgestaltung als Marke steht hinsichtlich der beanspruchten Dienst-
leistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Kombi-
nation daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zei-
chen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Her-
kunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt da-
rin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu
gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731
Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 –
Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 –
Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006).
Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des
zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht,
die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl.
EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 –
Smartbook). Werbeslogans oder schlagwortartige Wortfolgen unterliegen weder
strengeren noch geringeren, sondern den gleichen Schutzvoraussetzungen wie
andere Wortmarken. Daher reicht allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den
angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird - für sich
gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungs-
kraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 44 - VORSPRUNG DURCH
TECHNIK; GRUR Int. 2012, 914 - WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH).
Entscheidend ist, ob das Zeichen zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche
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Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl.
EuGH GRUR 2010, 228, Rn. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Wie bei an-
deren Markenkategorien auch fehlt sloganartigen Wortfolgen diese Eigenschaft
dann, wenn es sich um Bezeichnungen handelt, denen der Verkehr im Zusam-
menhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im
Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006,
850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 86 - Postkan-
toor) oder wenn es sich um sonst gebräuchliche Wörter der deutschen oder einer
bekannten Fremdsprache handelt, die - etwa auch wegen einer entsprechenden
Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterschei-
dungsmittel verstanden werden (vgl. BGH a. a. O. - Link economy; GRUR 2009,
778 Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 - hey!). Darüber hi-
naus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf
Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar
betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden
Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006) ober die aus-
schließlich werbewirksame Anpreisungen enthalten, ohne einen über diese Wer-
befunktion hinausgehenden hinreichenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft
zu vermitteln (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Rn. 44 - VORSPRUNG DURCH
TECHNIK). Unterscheidungskraft kann einer Werbefolge insbesondere dann zu-
kommen, wenn die jeweilige Bezeichnung nicht nur in einer gewöhnlichen Wer-
bemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist,
die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordert oder bei den angespro-
chenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöst (EuGH GRUR 2010, 228,
Rn. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK).

Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Wort- Bildgestaltung für die be-
anspruchten Dienstleistungen aber jegliche Unterscheidungskraft.

Die darin enthaltene Wortfolge besteht aus den ohne weiteres verständlichen
Substantiven „Weitsicht“ und „Nähe“, die verbunden mit der Präposition „durch“ im
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Sinn von „aufgrund“, „infolge“, „mit“, „angesichts“, „dank“, „mithilfe“, „wegen“ (vgl.
DUDEN, www.duden.de bzw. DUDEN Richtiges und gutes Deutsch, 7. Auflage
Dudenverlag) aus sich heraus erfassbar ist in der Bedeutung von „weitbli-
ckend/vorausschauend durch (gleichzeitige) Nähe“. Diese werbespruchartige
Wortkombination ist für die angesprochenen breiten Verkehrskreise dahingehend
verständlich, dass der so bezeichnete Dienstleister aufgrund seiner Sachkunde
auf dem hier maßgeblichen Gebiet des Versicherungs-, Finanz- und Immobilien-
wesens „Weitsicht“ hat in dem Sinn, dass er vorausschauend (planend) bei gleich-
zeitiger Kunden- bzw. Ortsnähe tätig werden kann, was ihm dann eine bestmögli-
che Beratung bzw. Erbringung der Dienstleistungen ermöglicht. Bei den Wörtern
„Weitsicht“ und „Nähe“ handelt es sich um gerade im Bereich der Finanz(bera-
tungs)dienstleistungen häufig verwendete Schlagwörter, mit Hilfe derer in der bei
der Bewerbung der Dienstleistungen üblichen verkürzenden Werbesprache ohne
weiteres verständlich ein (Handlungs-)Motto des Dienstleisters, ein Leitbild oder
Erfolgsrezept positiv herausgestellt wird. Dass entsprechende Dienstleister gerade
ihre Weitsicht und ihre (Kunden)Nähe als besondere Qualitäts- und Erfolgsver-
sprechen einsetzen und hervorheben, verdeutlichen die bereits im angegriffenen
Beschluss des DPMA vom 11. Juni 2014 erwähnten Beispiele sowie das Ergebnis
der ergänzenden Senatsrecherche vom 21. Oktober 2016, das der Anmelderin mit
Schreiben vom 31. Oktober 2016 übermittelt worden ist (vgl. zum Beispiel An-
lage 1: „ … Beweglichkeit. Nähe. Weitsicht // Der ... ist immer nah dran: Nah am
Markt, am Kunden und den Mietern, nah an den Objekten und den Erwartungen
der Anteilseigner. Das macht den … seit Jahren erfolgreich … “; Anlage 2: „ …
Exzellente … Beratung mit Weitsicht … durch zahlreiche Standorte immer in
direkter Nähe zu unseren Kunden … “; Anlage 4: „ … Beraten und Vertrauen
schaffen … Ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Erfolg in der Paderstadt
seien Weitsicht, Kundennähe und die regionale Verankerung … “; Anlage 5: „ …
Kundennähe, Verlässlichkeit, Partnerschaft aber auch Verantwortung, Innova-
tionskraft und Weitsicht sind Schlagwörter, denen sich das Unternehmen … seit
Jahren besonders verpflichtet fühlt …“). Die Verknüpfung der Begriffe „Weitsicht“
und „Nähe“ mit dem Wort „durch“ ist dabei zwar weniger gebräuchlich, vermag
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aber nicht zur Schutzfähigkeit der Wortkombination zu führen, da diese ohne wei-
teres einen Sinn ergibt, der von dem oben dargestellten Verständnis auch weder
wegführt noch wodurch die werbliche Aussage mehrdeutig oder unverständlich
wird. Die Kombination der beiden Begriffe „Weitsicht“ und „Nähe“ mit dem Wort
„durch“ kann insbesondere sinnstiftend dahingehend verstanden werden, dass die
für den Kunden relevante „Weitsicht“ bei der Inanspruchnahme der Dienstleistun-
gen dadurch entsteht, dass der Dienstleister aufgrund seiner Nähe zum Kunden
dessen besondere Bedürfnisse kennt und daraus die entsprechend spezifischen
„weitsichtigen“ Schlüsse bei der Beratung und beim Angebot der Dienstleistungen
zieht. Insofern handelt es sich (gerade) im Zusammenhang mit den konkret bean-
spruchten Dienstleistungen, bei denen sich aufgrund der unmittelbaren (zum Teil
hohen) finanziellen Auswirkungen sowohl Weitsicht wie eine gewisse Kundennähe
oder Nahbarkeit bzw. ein Näheverhältnis zweifellos als Vorteil für das die Dienst-
leistungen erbringende Unternehmen erweisen, um beschreibende bzw. anprei-
sende Schlagwörter. Damit weist der Spruch in werbemäßig üblicher, anpreisen-
der Art lediglich daraufhin, dass der Anbieter im Zusammenhang mit den so be-
zeichneten Dienstleistungen im Bereich der Versicherungen, Finanz- Immobilien-
und Vermittlungsdienstleistungen „Weitsicht durch Nähe“ bietet, also „Überblick
und Weitblick“ hat bei gleichzeitiger „Kundennähe“ bzw. „gleichzeitiger Nahbar-
keit“, gleichzeitigem „Näheverhältnis“. Damit erschöpft sich die spruchartige Wort-
folge aber in einer ohne weiteres verständlichen allgemeinen Werbeanpreisung
hinsichtlich der Qualität des Dienstleisters und steht in engem sachlichen Zusam-
menhang mit den so bezeichneten Dienstleistungen (vgl. zu Werbeversprechun-
gen und -anpreisungen auch die Entscheidungen des BPatG, Beschlüsse vom
7. März 2016, 25 W (pat) 23/14 – Mehr Leistung pro m²; vom 2. Juli 2013,
24 W (pat) 41/12 – Wir führen Wissen; vom 24.07.2012, 24 W (pat) 542/10 – your
vision. our know how. – Entscheidungstext jeweils zugänglich über die Homepage
des Bundespatentgerichts).

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Soweit die Anmelderin auf die ständige Rechtsprechung des BGH verweist und
meint, allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft begründe ein Eintragungs-
hindernis, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genüge, um
das Schutzhindernis zu überwinden, ist dieses Argument, abgesehen davon dass
der Anmeldung jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist, mit Verweis auf
die Ausführungen des EuGH zurückzuweisen, wonach sich die Prüfung der An-
meldungen nicht auf ein Mindestmaß beschränken dürfe, sondern streng und
umfassend sein müsse, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu ver-
hindern und aus Gründen der Rechtsicherheit und der ordnungsgemäßen Ver-
waltung sicherzustellen, dass Marken, deren Benutzung mit Erfolg entgegenge-
treten werden könnte, nicht eingetragen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027
Rn. 45 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

Soweit die Anmelderin ausführt, durch die Zusammenfügung der Begriffe erfahre
die Kombination eine ungewöhnliche Änderung, die hinreichend weit von der
Sachangabe wegführe, kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Denn die
Wortverbindung ist weder sprachlich – insbesondere in syntaktischer oder seman-
tischer Hinsicht – ungewöhnlich, noch ist die Verknüpfung für den konkret bean-
spruchten Dienstleistungsbereich ohne einen Sinnzusammenhang und unge-
wöhnlich (vgl. dazu die oben näher ausgeführten Ergebnisse einer Internetrecher-
che). Es handelt sich vielmehr um eine Verknüpfung zweier im Hinblick auf die
beanspruchten Dienstleistungen in einem sinnstiftenden Zusammenhang stehen-
der Begriffe, ohne dass ein über das Zusammenfügen hinausgehender Eindruck
erweckt wird (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 98-100 - Postkantoor;
GRUR 2004, 680, Rn. 39-41 - BIOMILD; BGH GRUR 2009, 949, Rn. 13 - My
World; GRUR 2012, 272 Rn. 12 - Rheinparkcenter Neuss; GRUR 2014, 565 Rn. 2
- smartbook).

Schließlich wirkt auch die konkrete grafische Ausgestaltung der angemeldeten
Marke nicht schutzbegründend. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile
durch eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Über-
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schuss“ erhalten. Jedoch sind dabei an den bildlichen „Überschuss“ umso höhere
Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibend-werbliche Charakter der
fraglichen Angabe selbst hervortritt. Die grafische Ausgestaltung muss eine den
schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungs-
kräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. dazu Strö-
bele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn 191 ff., vgl. auch BGH GRUR 2001, 1153
– antiKALK).
Die in der Anmeldemarke eingesetzten Gestaltungsmerkmale erschöpfen sich so-
wohl hinsichtlich der Ausgestaltung der Wortelemente, der Bildelemente sowie der
konkreten Anordnung in rein dekorativen, häufig verwendeten und gängigen Her-
vorhebungsmitteln. Bei der Wiedergabe der Wortbestandteile in unterschiedlicher
Schriftart, Schriftdicke und dem Wechsel in der Groß- und Kleinschreibung handelt
es sich um gängige werbeübliche grafische Gestaltungsmittel, an die der ange-
sprochene Endverbraucher durch die vielfältige Verwendung hinlänglich gewöhnt
ist und die als rein dekorative Elemente wahrgenommen werden (vgl. die bereits
im Beschluss der Markenstelle vom 11. Juni 2014 zitierten Entscheidungen des
BPatG zur Verwendung unterschiedlicher Schrifttypen sowie ergänzend die Be-
schlüsse vom 9. Oktober 1996, 32 W (pat) 092/96 – StATIVE; vom
10. August 2004, 27 W (pat) 345/03 – OceanWaveS; vom 11. September 2013,
29 W (pat) 550/12 – GoldHouSe24; vom 09.02.2015, 27 W (pat) 73/14 – AppO-
theke; vom 2. Dezember 2003, 27 W (pat) 113/02 – LuXus 2000, Entschei-
dungstext jeweils zugänglich über die Homepage des Bundespatentgerichts bzw.
über PAVIS PROMA Entscheidungsdatenbank (Entscheidungen vor dem Jahr
2000)). Dabei unterstreicht der Wechsel im Schrifttypus – „Weitsicht“ filigran in
hellgrau gehalten und damit entfernter wirkend und die darunter angeordneten, in
kleiner, aber kräftiger schwarzer Schrift näher an dem Betrachter heran wirkenden
Wortelemente „DURCH“ und „NäHe“ – noch die jeweilige Aussage der Wörter.
Auch bei den größenmäßig verschiedenen zwei farblich gestalteten Winkeln be-
wegt sich die Anmelderin im Bereich der auch im Finanzsektor gängigen und be-
kannten Mittel der werbemäßigen Hervorhebung (vgl. insbesondere BPatG, Be-
- 11 -
schluss vom 16.01.2008, 29 W (pat) 55/06 - ).
Die Verwendung von einfachsten geometrischen Formen wie den 90° Winkeln,
mögen sie auch in einer speziellen Farbe gehalten sein, sind keineswegs unge-
wöhnlich, sondern halten sich im Rahmen des (Werbe)Üblichen und dürften daher
vom Verkehr, der an entsprechende Gestaltungen gewöhnt ist, als rein dekorative
und nicht als kennzeichnende Elemente wahrgenommen werden.

Auch die konkrete offenbar designtechnisch äußerst gelungene und daher ausge-
zeichnete Kombination (iF DesignAwards 2013) der Markenbestandteile vermag
der Anmeldung nicht zur Eintragung zu verhelfen. Zwar ist maßgeblich auf den
Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens abzustellen, so dass die Kombina-
tion schutzunfähiger Markenbestandteile im Einzelfall eintragungsfähig sein kann
(Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8 Rn. 196). Sofern aber kein merkli-
cher Unterschied zwischen der Kombination in ihrer Gesamtheit und der bloßen
Summe der Bestandteile besteht, dass also der durch die Verbindung bewirkte
Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender oder dekorativer
Elemente nicht hinausgeht, ist die Kombination auch in ihrer Gesamtheit nicht un-
terscheidungskräftig. Die vorliegende Kombination mag zwar gefällig und ästhe-
tisch ansprechend zusammengestellt sein und durch die unterschiedlichen Schrift-
stärken in besonders gelungener Weise die Begrifflichkeiten „Weitsicht“ und
„Nähe“ illustrieren (was möglicherweise der Grund für den Designpreis war), eine
ungewöhnliche von der Sachangabe hinreichend weit wegführende Änderung, die
der angesprochene Verkehr betriebskennzeichnend verstehen könnte, ergibt sich
durch die konkrete Gesamtgestaltung insgesamt aber nicht.

Insoweit vermag auch die konkrete grafische Ausgestaltung nicht die erforderliche
Unterscheidungskraft zu begründen.

Nach alledem war die Beschwerde daher zurückzuweisen.

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Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war nicht angezeigt und von der
Anmelderin nicht beantragt worden, § 69 Nr. 3 bzw. Nr. 1 MarkenG.


III.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwer-
de nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen

Hu


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