25 W (pat) 1/16  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




25 W (pat) 1/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



- 2 -
betreffend die Marke 30 2013 058 941

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
30. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der
Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.


G r ü n d e :

I.

Die am 7. November 2013 angemeldete Wortfolge

Rap Shot

ist am 23. Januar 2014 unter der Nummer 30 2013 058 941 als Wortmarke für die
nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen in das beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden:

Klasse 3:
Kosmetika; Produkte für Körper- und Schönheitspflege, insbesondere
Nagellacke, Lippenstifte, Make-up, Gesichtspuder, Wimperntusche, Ka-
jalstifte, Hand- und Nagelpflegeprodukte; Körperpflegelotionen für kos-
metische Zwecke; Körperpflegeprodukte für nichtmedizinische Zwecke;

- 3 -
Klasse 5:
Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere, insbesondere Nah-
rungsergänzungsmittel zur Ergänzung der normalen Ernährung oder zur
Erzielung eines gesundheitlichen Nutzens; Vitaminpräparate;

Klasse 35:
Vorführung von Waren für Werbezwecke, insbesondere Präsentation
von Waren im Teleshoppingbereich; das Zusammenstellen verschiede-
ner Waren [ausgenommen deren Transport] für Dritte, um über Websi-
tes oder Teleshopping-Sendungen den Verbrauchern Ansicht und Er-
werb dieser Waren zu erleichtern.

Gegen die Eintragung der Marke hat die Inhaberin der Unionsmarke aus ihrer seit
dem 6. Dezember 2012 unter der Nummer UM 011 001 955 für die Waren und
Dienstleistungen

Klasse 3:
Seifen; Parfümeriewaren, Ätherische Öle, Kosmetik, Haarwässer, Er-
zeugnisse auf der Basis ätherischer Öle zum Baden, nicht für medizini-
sche Zwecke, Natürliche Pflegeprodukte und Hygiene-, Massageöle,
Körperöl, Sonnenschutzmittel auf der Basis ätherischer Öle, pflanzliche
Essenzen für kosmetische Zwecke, Präparate auf der Basis ätherischer
Öle, nicht für medizinische Zwecke, Parfümeriewaren, Kosmetik- und
Schönheitsprodukte, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege auf der
Basis von ätherischen Ölen; Spezielle kosmetische Präparate gegen
schwere Beine;

Klasse 5:
Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygieneprä-
parate für medizinische Zwecke; Diätetische Lebensmittel und Erzeug-
nisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Babykost;
Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere; Pflaster, Verband-
material; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke;
- 4 -
Desinfektionsmittel; Fungizide, Herbizide. Medizinische Bäder, Banda-
gen für Verbandszwecke; Chemische Präparate für medizinische oder
pharmazeutische Zwecke; Kräuter für medizinische Zwecke; Kräuter-
tees; Parasitentötende Mittel; Edelmetalllegierungen für zahnärztliche
Zwecke; Cremes gegen schwere Beine, Gels gegen schwere Beine,
Massageöle gegen schwere Beine (für medizinische Zwecke), spezielle
pharmazeutische Präparate zur Verwendung bei schweren Beinen;

Klasse 44:
Beratung in den Bereichen Pharmazie und Kosmetik; Massagen (Durch-
führung von -)

eingetragenen Wortmarke

RAP

Widerspruch erhoben. Der Widerspruch richtet sich nach der Beschränkung durch
den Schriftsatz der Widersprechenden vom 9. Februar 2015 nur noch gegen die
bei der prioritätsjüngeren angegriffenen Marke oben aufgeführten Waren der Klas-
sen 3 und 5.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Be-
schluss vom 17. August 2015 die Gefahr der Verwechslung im Sinne des § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken verneint
und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, auch
unter Berücksichtigung einer möglichen Begegnung beider Marken auf identischen
oder jedenfalls hochgradig ähnlichen Waren der Klassen 3 und 5, einer durch-
schnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und bei einem Erwerb
der niedrigpreisigen Waren der Klasse 3 des alltäglichen Bedarfs im Vorbeigehen
durch die vorliegend maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreise hielten beide Mar-
ken den zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Ab-
stand zueinander ein. Umso mehr sei dies der Fall im Hinblick auf die Waren der
- 5 -
Klasse 5, die sich auf die Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden aus-
wirken könnten und deshalb gezielt oder nach Beratung erworben würden, was
sich verwechslungsmindernd auswirke. Die Zeichen würden sich angesichts des
zusätzlichen Wortbestandteils „Shot“ der angegriffenen Marke bereits durch ihre
Wortlänge deutlich unterscheiden. Daraus resultiere eine andere Silbenzahl, eine
unterschiedliche Vokalfolge und ein anderer Sprech- und Betonungsrhythmus. Ein
Anlass, den Wortteil „Shot“ bei der Wiedergabe der jüngeren Marke wegzulassen
oder nicht zu beachten, sei nicht gegeben, die Bezeichnung werde vielmehr als
zusammengehöriger Begriff aufgefasst. Kein Teil der angegriffenen Marke sei
stärker prägend als der andere, Auch der Bedeutungsgehalt von „Shot“ im Sinn
von „Schuss, etwas Schnelles, Kurzes“ erleichtere das Auseinanderhalten der
Vergleichszeichen und eigne sich dazu, Hör- und Merkfehler zu vermeiden. An-
haltspunkte für andere Arten der Verwechslungsgefahr fehlten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffas-
sung, dass zwischen den sich gegenüberstehenden Marken klanglich und schrift-
bildlich eine hochgradige Ähnlichkeit bestehe. Beide Marken würden mit dem iden-
tischen Wort „Rap“ beginnen. Wortanfänge würden in der Regel stärker beachtet
werden als die übrigen Markenteile. Bei der mehrgliedrigen angegriffenen Marke
sei zudem davon auszugehen, dass der Bestandteil „shot“ als glatt beschreibende
Angabe von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht herkunftshinweisend
aufgefasst werde. Denn „shot“ bedeute wörtlich „Schuss“ und im übertragenen
Sinn „etwas Schnelles, etwas kurzes oder kurz Aufblitzendes“ sowie „eine kleine
Menge einer Flüssigkeit“ oder „die Injektion einer Droge“. Die angesprochenen
Verbraucherkreise würden unter „shot“ daher die „blitzschnelle“ Einnahme und
Wirkungsweise sowie die Dosierung im Sinn eines „Schusses, Schlucks“ der Wa-
ren der angegriffenen Marke verstehen. Im deutschsprachigen Raum werde „shot“
im Zusammenhang mit einem kleinen stark alkoholischen Getränk, dass sehr
schnell getrunken werden soll, verwendet. Gerade bei flüchtiger Wahrnehmung
der Marken im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 3 würde der zweite
Wortbestandteil der angegriffenen Marke gar nicht wahrgenommen werden. Aber
- 6 -
auch in Verbindung mit den Waren in der Klasse 5, den Nahrungsergänzungsmit-
teln und Vitaminpräparaten, sei die Bezeichnung „shot“ gebräuchlicher Bestandteil
bereits eingetragener Marken oder eine übliche Angabe der Dosierung bzw. der
Wirkungsweise der Waren. Auch diese Waren würden als niedrigpreisige Produkte
überwiegend spontan und auf Sicht gekauft, so dass die Verbraucher dabei unter-
durchschnittlich aufmerksam seien. Im Gegensatz zu den Feststellungen der Mar-
kenstelle, sei von einer Prägung der angegriffenen Marke durch den Wortbestand-
teil „Rap“ auszugehen. Denn gerade im Kosmetikbereich, aber auch im Bereich
der Nahrungsergänzungsmittel werde eine Marke oft um weitere Begriffe ergänzt,
die das spezielle Produkt näher beschreiben würden, so weise der hinzugefügte
Begriff „clearance“ beispielsweise auf eine „reinigende Wirkung“ hin. Gerade in
diesen Produktbereichen, in denen der Marke häufig produktbeschreibende Er-
gänzungen nachgestellt würden, werde der angesprochene Durchschnittsverbrau-
cher den ersten Teil der Bezeichnungen als die eigentliche Herkunftsangabe
wahrnehmen. Beim Markenvergleich käme es bei der angegriffenen Marke daher
allein auf den prägenden Bestandteil „Rap“ an, so dass sich schriftbildlich und
klanglich identische Marken gegenüberstünden. Zudem sei zu berücksichtigen,
dass die Verbraucher nur selten die Gelegenheit hätte, die Vergleichszeichen mit-
einander zu vergleichen. Vielmehr müssten sie sich auf das unvollkommene Bild
des Gedächtnisses verlassen; die Unterschiede der Zeichen würden in der Erinne-
rung aber verblassen, umso mehr als die beiden Zeichen übereinstimmend mit
dem Wortteil „Rap“ beginnen würden.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 17. August 2015 in der Hauptsache
aufzuheben und auf ihren Widerspruch hin, die Löschung der
angegriffenen Marke 30 2013 058 941 in Bezug auf sämtliche Wa-
ren der Klassen 3 und 5 anzuordnen.

- 7 -
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke bezieht sich auf die aus seiner Sicht zutref-
fenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle des
DPMA und verweist wie schon vor dem DPMA darauf, dass die Widerspruchs-
marke als Akronym für den Sprechgesang des Rap eher kennzeichnungsschwach
sei und ihr daher ein entsprechend geringerer Schutzumfang zukomme. Die
angegriffene Marke hingegen stelle einen zusammengehörenden Begriff dar, den
die angesprochenen Verkehrskreise auch nur in der Gesamtheit wahrnehmen
würden, weil sie weder dazu neigten, eine Marke zu zergliedern noch dazu, Wort-
teile wegzulassen. Es sei zudem nicht zutreffend, dass der Wortteil „shot“ im vor-
liegenden Warenkontext als Angabe einer Menge oder der Dosis einer Droge ver-
standen werde. Während eine solche Bedeutung möglicherweise bei Verbindun-
gen von „shot“ mit einem verständlichen oder bekannten Substantiv vorstellbar
sei, gelte dies nicht bei der Wortverbindung mit dem Begriff „Rap“, die verschie-
dene und unterschiedliche Auslegungen ermögliche, was gerade die Eigentüm-
lichkeit der angegriffenen Marke ausmache.

Ein Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung ist von keinem Betei-
ligten gestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 5 sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren
Akteninhalt Bezug genommen.

- 8 -
II.

Die nach § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist
nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden besteht zwi-
schen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr nach § 125b Nr. 1, § 9
Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle den Wi-
derspruch zu Recht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen hat. Die
Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger
Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesge-
richtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER;
GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9
– Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833
Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit ins-
besondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Wa-
ren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die
Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchs-
marke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unab-
hängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechs-
lungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria
Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040
Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9
Rn. 40 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechs-
lungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa
die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus fol-
gend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungs-
vermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

- 9 -
Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht zwischen der angegriffenen Marke
„Rap Shot“ und der älteren Widerspruchsmarke „RAP“ keine Verwechslungsgefahr
gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.


1. Bei der Widerspruchsmarke ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft
auszugehen, Anhaltspunkte für eine Stärkung oder Schwächung der Kennzeich-
nungskraft sind weder vorgetragen noch ansonsten erkennbar. Der Umstand,
dass es sich bei dem Wort „Rap“ um einen auf rhythmischem Sprechgesang
basierenden Musikstil bzw. um die Abkürzung verschiedener Fachbegriffe (z. B.
Rechnungsabgrenzungsposten, Risk Adjusted Performance) handelt, spielt vorlie-
gend keine Rolle, weil sich daraus für den vorliegend relevanten Produktbereich
der Klassen 3 und 5 keinerlei beschreibender Sachinhalt ergibt.


2. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist auf Seiten der Wider-
spruchsmarke von der Registerlage auszugehen. Die Vergleichsmarken können
sich im Umfang der angegriffenen Waren der Klassen 3 und 5 auf identischen Wa-
ren begegnen.


3. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke und Identität der sich gegenüberstehenden Waren sind strenge
Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, denen die angegriffene Marke
„Rap Shot“ im Verhältnis zur Widerspruchsmarke „RAP“ aber noch in jeder Hin-
sicht gerecht wird.

Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren
Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu
beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildli-
cher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. EuGH GRUR Int.
- 10 -
2010, 129 Rn. 60 – La Espaňola/Carbonell; BGH GRUR 2009, 1055 Rn. 26
– airdsl). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits
die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (BGH GRUR
2009, 1055 Rn. 26 – airdsl; BGH GRUR 2011, 824 Rn. 26 – Kappa; BGH GRUR
2006, 60 Rn. 17 – coccodrillo). Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf
den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbe-
sondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berück-
sichtigen sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen
Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst
und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. BGH in GRUR 2016, 283
Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).

a. Zunächst ist keine unmittelbare Verwechslungsgefahr gegeben.

aa. Bei einem unmittelbaren Vergleich der Zeichen „Rap Shot“ und „RAP“ in
ihrer Gesamtheit kommt eine Verwechslung schon wegen des allein in der ange-
griffenen Marke zusätzlich vorhandenen Wortbestandteils „Shot“ nicht in Betracht.

bb. Allerdings schließt der Umstand, auf den der Markeninhaber hinweist, dass
die sich gegenüberstehenden Zeichen stets in ihrer Gesamtheit zu vergleichen
sind, es nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines
zusammengesetzten Zeichens für den durch die Marke im Gedächtnis der ange-
sprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein und
insoweit eine rechtliche relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl.
hierzu BGH GRUR 2009, 484 Rn. 32 – Metrobus; GRUR 2012, 64 Rn. 15
– Maalox/Melox-GRY; GRUR 2013 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2013,
1239 Rn. 32 – VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion). Prägenden Charakter hat ein
Zeichenbestandteil, wenn die weiteren Bestandteile des Zeichens in den Hinter-
grund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen. Weil sich der Verkehr
gerade an den unterscheidungskräftigen Bestandteilen eines Zeichens orientiert,
ist für die Prüfung des prägenden Charakters die Kennzeichnungskraft der Zei-
- 11 -
chenbestandteile zu untersuchen (vgl. GRUR 2007, 235 – Goldhase I; GRUR
2008, 505 Rn. 32 – TUC-Salzcracker).

Eine Verwechslung der Zeichen käme vorliegend unter anderem dann in Betracht,
wenn dem Bestandteil „Rap“ in der angegriffenen Marke eine prägende Stellung
beizumessen wäre, was aber nicht der Fall ist.

Anders als die Widersprechende meint, haben die angesprochenen allgemeinen
Verbraucher bei der Bezeichnung „Rap Shot“ keine Veranlassung den weiteren
Zeichenbestandteil „Shot“ zu vernachlässigen. Der Widersprechenden ist zwar
zuzugeben, dass es sich bei dem englischen Begriff „Shot“ für „Schuss“ um das
auch in die allgemeine deutsche Sprache übernommene Wort für eine „kleine
Menge (alkoholische) Flüssigkeit“ oder einen „Schluck“ handelt, das auch im Zu-
sammenhang mit den einschlägigen Nahrungsergänzungsmitteln, Vitaminen und
Schönheitsprodukten verwendet wird, um auf die flüssige Konsistenz, die beson-
dere Konzentration der Flüssigkeit oder die kleine Menge des Stoffes hinzuweisen
(vgl. die Anlagen zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 18. November 2015:
„Carnitin Shots“, „vitamin shot“; „ENERGY VITAMIN SHOT“). Dabei erschließt sich
ein rein beschreibendes Verständnis von „Shot“ aber jeweils nur in der konkreten
Kombination mit weiteren sachbeschreibenden Wortbestandteilen. Erst im Zu-
sammenhang mit einem vorangestellten in der Regel den Inhalt und die Zusam-
mensetzung (Angabe des (Wirk)Stoffs z. B. Vitamin, Carnitin) oder die Wirkung
(Zufuhr von Energie) des „Shots“ beschreibenden Zusatz ergibt sich ohne weiteres
ein sinnvoller bzw. sinnstiftender Begriffsgehalt des Wortes „Shot“. Im Zusam-
menhang mit dem vorangestellten Wort „Rap“ erschließt sich ein solches rein
beschreibendes Verständnis aber nicht und ist auch durch die vorgelegten Bei-
spiele, bei denen der vorangestellte Begriff den „Shot“ näher bezeichnet, auch
nicht nahegelegt. Denn „Rap“ eignet sich im vorliegend maßgeblichen Produktzu-
sammenhang nicht dazu, den nachfolgenden Shot/Schuss/Schluck näher zu kon-
kretisieren oder zu beschreiben. Er bezeichnet weder einen Wirkstoff, die Wir-
kungsweise oder sonst in irgendeiner Weise den Inhalt oder die Bestimmung des
- 12 -
so bezeichneten „Shots“. Vielmehr ergibt sich im Zusammenhang mit dem Begriff
„Rap“ ein eigenständiger phantasievoller Gesamtbegriff, bei dem der angespro-
chene Verbraucher keine Veranlassung hat, bei der klanglichen Wiedergabe
und/oder aus der Erinnerung heraus sich nur an dem Anfangsbestandteil „Rap“ zu
orientieren und den nachgestellten Markenbestandteil „Shot“ wegzulassen bzw.
kennzeichenmäßig außer Acht zu lassen.

cc. Auch in ihrem Sinngehalt unterscheiden sich die Bezeichnungen „Rap Shot“
und „Rap“ deutlich voreinander. Eine unmittelbare begriffliche Zeichenähnlichkeit
kommt nur in Betracht, wenn der Begriffsinhalt der Vergleichszeichen vollständig
oder doch im Wesentlichen übereinstimmt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG,
11. Aufl., § 9 Rn. 285). Im vorliegenden Produktbereich handelt es sich jeweils um
Phantasiebezeichnungen. Der als Musikrichtung bekannte Begriff „Rap“ ist für die
angesprochenen Verbraucherkreise in dem Bereich der Kosmetika, Mittel zur Kör-
per- und Schönheitspflege sowie der Pharmazeutika und Nahrungsergänzungs-
mittel sowie Vitaminprodukte ohne erkennbaren Begriffsgehalt. Bei der Bezeich-
nung „Rap Shot“ handelt es sich nicht um ein Synonym für den Begriff „Rap“.

b. Ebenso fehlen Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr der
Zeichen im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG.

Von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Se-
rienzeichens ist angesichts fehlenden Vortrags zu einer auf dem Markt präsenten
Markenserie der Widersprechenden nicht auszugehen.

Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn unter Annahme einer selbstän-
dig kennzeichnenden Stellung des Bestandteils „Rap“ in der angegriffenen Marke
ist zu verneinen. Ein besonderer Umstand, der es rechtfertigen kann, in einem
zusammengesetzten Zeichen einen Bestandteil als selbständig kennzeichnend
anzusehen, liegt vor, wenn eine ältere Marke von einem Dritten in einem zusam-
mengesetzten jüngeren Zeichen identisch oder sehr ähnlich unter Hinzufügung
- 13 -
eines Unternehmenskennzeichens oder eines Stammbestandteils eines Serien-
zeichens verwendet wird. In einem solchen Fall kann nach ständiger Rechtspre-
chung die ältere Marke in dem zusammengesetzten Zeichen eine selbständig
kennzeichnende Stellung behalten, ohne aber darin den dominierenden Bestand-
teil zu bilden (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2005, 1042 Rn. 29 f. – THOMSON LIFE;
BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 51 – Culinaria/Villa Culinaria). Eine solche Fallgestal-
tung liegt aber vorliegend nicht vor. Zwar wird die Widerspruchsmarke „Rap“ in die
jüngere Marke vollständig übernommen. Die angesprochenen Verbraucher neh-
men „Rap“ aber in der Marke „Rap Shot“ nicht als eigenständig kennzeichnend
wahr. Abgesehen davon, dass der Bestandteil „Shot“ ersichtlich weder ein Unter-
nehmenskennzeichen noch ein Stammbestandteil für den Inhaber der jüngeren
Marke darstellt, ist der Bestandteil „Rap“ mit dem weiteren Begriff „Shot“ aber zu
einer gesamtbegrifflichen Einheit verbunden, bei der es naheliegt, sie in einem
Zusammenhang zu lesen.

Der Umstand, dass die angesprochenen Verkehrskreise lediglich irgendwelche
rein assoziativen gedanklichen Verbindungen zwischen den Marken „Rap Shot“
und „Rap“ herstellen, weil die Wahrnehmungen der einen Marke die Erinnerung an
die andere Marke weckt, obwohl die Zeichen nicht miteinander verwechselt wer-
den, reicht für die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr nicht aus (vgl.
BGH GRUR 2004, 779, 783 – Zwilling/Zweibrüder).

Die Beschwerde der Widersprechenden war insoweit zurückzuweisen.


4. Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1
Satz 1 MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.

- 14 -
5. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden
werden. Eine solche war weder von den Beteiligten beantragt noch aus Gründen
der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

- 15 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen


Fa


Full & Egal Universal Law Academy