25 W (pat) 11/16  - 25. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




25 W (pat) 11/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2012 044 496

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
18. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin
Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.


G r ü n d e :

I.

Die am 14. August 2012 angemeldete Wort-/Bildgestaltung



ist am 11. Dezember 2012 unter der Nummer 30 2012 044 496 als Wort-/Bild-
marke für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen in das beim Deutschen
Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden:

Klasse 1:
chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke und wissenschaftliche,
nämlich biologische Immunmodulatoren (ausgenommen für medizini-
sche Zwecke);

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Klasse 5:
pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich biologische Immunmodulatoren;
Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke; Arzneimittel für tierärztliche
Zwecke; Adjuvantien für medizinische Zwecke;

Klasse 44:
Dienstleistungen eines medizinischen Labors; Durchführung medizini-
scher und klinischer Untersuchungen.

Gegen die Eintragung der am 11. Januar 2013 veröffentlichten Marke hat die In-
haberin der Widerspruchsmarke aus ihrer seit dem 31. März 1995 unter der Num-
mer 2 094 471 für die Waren der Klasse 5

Immunsuppression-Agentien zur Anwendung beim Menschen in Bezug
auf Organtransplantationen

eingetragenen Wortmarke

RAPAMUNE

Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit den
Beschlüssen vom 20. Januar 2015 und vom 2. März 2016, von denen Letzterer im
Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Gefahr der Verwechslung im Sinne des
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken bejaht
und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Die Widerspruchsmarke verfüge von Haus aus über eine normale Kennzeich-
nungskraft. Selbst wenn mit der Inhaberin der angegriffenen Marke davon ausge-
gangen werde, dass das Wortelement „RAPA“ auf den Wirkstoff „Rapamycin“ und
damit auf das Indikationsgebiet der Waren der Widerspruchsmarke hinweise,
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könne der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit eine normale Kennzeichnungs-
kraft nicht abgesprochen werden. Mit der angefügten Wortendung „MUNE“ weiche
das Zeichen deutlich von der Wirkstoffbezeichnung „RAPA“ ab. Zwischen den Wa-
ren der Klasse 5 der angegriffenen jüngeren Marke und den Waren der Wider-
spruchsmarke bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit bis hin zur Identität, da diese
Vergleichswaren – mit Ausnahme der für tierärztliche Zwecke bestimmten Arznei-
mittel – hinsichtlich ihrer Indikation, der Art und Weise ihrer Verwendung sowie der
stofflichen Beschaffenheit übereinstimmten; im Übrigen bestehe zwischen den
„Arzneimitteln für tierärztliche Zwecke“ der angegriffenen Marke und den für Men-
schen bestimmten Waren der Widerspruchsmarke aufgrund der zum Teil überein-
stimmenden Arzneimittelwirkstoffe eine mittlere Ähnlichkeit. Die Waren der
Klasse 1 der angegriffenen jüngeren Marke hätten trotz gewisser Unterschiede in
Bezug auf ihren Verwendungszweck die gleiche stoffliche Beschaffenheit und
ergänzten sich teilweise mit den Waren der Widerspruchsmarke. Daher bestehe
zwischen ihnen eine mittlere Ähnlichkeit. Die Dienstleistungen der Klasse 44 der
angegriffenen jüngeren Marke seien zu den Waren der Widerspruchsmarke
durchschnittlich ähnlich. Sie ergänzten einander, wobei die Hersteller von Arznei-
mitteln häufig auch die Dienstleistungen eines medizinischen Labors und die
Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen anbieten würden. Zwi-
schen den sich gegenüberstehenden Zeichen bestehe die Gefahr schriftbildlicher
Verwechslungen. Vom Schutzumfang der Widerspruchsmarke RAPAMUNE seien
auch andere verkehrsübliche Wiedergabeformen, insbesondere auch gebräuchli-
che Schrifttypen, umfasst. Bis auf die Buchstaben R und P würde die angegriffene
zweifarbige in der Standardschrift Arial gehaltene jüngere Marke gegenüber der
älteren Widerspruchsmarke keine abweichenden Besonderheiten aufweisen.
Klanglich stünden sich die Wörter REPAMUN und RAPAMUNE gegenüber. Die
Zeichen seien auch klanglich angenähert. Der am Ende der Widerspruchsmarke
befindliche Vokal „E“ werde häufig verschluckt und deshalb klanglich kaum wahr-
genommen, die Zeichen würden beidseitig dreisilbig wiedergegeben (RA-PA-MUN
und RE-PA-MUN) und seien klanglich identisch in ihrem Wortanfangskonsonan-
ten „R“ und der Buchstabenfolge „PA-MUN“. Die Betonung und der Sprachrhyth-
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mus der Zeichen stimmten überein. Abweichungen bestünden nur in dem Vokal in
der ersten Silbe, wobei auch hier gewisse klangliche Annäherungen zwischen
dem Vokal „A“ als dem am hellsten klingenden der dunklen Vokale und zwischen
dem Vokal „E“ dem am dunkelsten klingenden der hellen Vokale festzustellen
seien. Wegen des beschreibenden Anklangs des Wortanfangs der Widerspruchs-
marke würde sich der Verkehr stärker an den Zeichenendungen, die klanglich
übereinstimmten, orientieren. Insgesamt sei unter Berücksichtigung der erhöhten
Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise von einer mittleren klangli-
chen Ähnlichkeit auszugehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie ist der Auffas-
sung, dass bei einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke, wovon angesichts des beschreibenden Gehalts des Kurzwortes
RAPA als Abkürzung für den Wirkstoff Rapamycin auszugehen sei, ausreichende
Unterschiede der sich gegenüberstehenden Zeichen vorhanden seien. In dem
relevanten Waren- und Dienstleistungsbereich sei von einer erhöhten Aufmerk-
samkeit der angesprochenen üblicherweise sehr sorgfältigen Fachkreise der Ärzte
und Apotheker auszugehen. Die Auswahl verschreibungspflichtiger Arzneimittel
sei von einem Arzt oder Apotheker zu verantworten, der erfahrungsgemäß im
Umgang mit Arzneimitteln sorgfältiger sei und deshalb seltener Markenverwechs-
lungen unterliege. Ausschlaggebend für den markenrechtlichen Vergleich sei der
Gesamteindruck der Zeichen. Dabei fielen in schriftbildlicher Hinsicht beim Ver-
gleich der Zeichen bereits zwei Unterschiede an exponierter Stelle auf, beim zwei-
ten Buchstaben und am Wortende. Die Zeichen seien zudem unterschiedlich lang.
Auch sei die farbliche Gestaltung der angegriffenen Marke durch die Markenstelle
nicht hinreichend gewürdigt worden, durch die sich die jüngere Marke deutlich von
der reinen Wortmarke der Widersprechenden unterscheide. Auch klanglich sei
nicht so ohne weiteres von einem Verschlucken des zusätzlich vorhandenen Vo-
kals „E“ bei der Wiedergabe der Widerspruchsmarke auszugehen. In der deut-
schen Sprache sei es nicht üblich, Endungen zu verschlucken, auch sei nicht
ersichtlich, warum das Wort „RAPAMUNE“ nach den englischen oder franzö-
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sischen Ausspracheregeln verkürzt wiedergegeben werde und nicht nach einer
buchstabengetreuen viersilbigen, den deutschen Regeln entsprechenden Artikula-
tion. Selbst wenn aber von einem Verschlucken der Endung der Widerspruchs-
marke und der Wiedergabe als RAPAMUN ausgegangen werde, sei eine Ver-
wechslungsgefahr deswegen zu verneinen, weil dann der Anklang an das
beschreibende Wort „immun“ hervortrete. Bei den von der Widerspruchsmarke
geschützten Waren handle es sich gerade um ein immunologisches Medikament
und die angesichts der bestehenden Rezeptpflicht insoweit angesprochenen Ver-
kehrskreise der das Präparat verschreibenden Ärzte würden den beschreibenden
Anklang erkennen. Unter Berücksichtigung der unterdurchschnittlichen Kennzeich-
nungskraft der Widerspruchsmarke seien die schriftbildlichen und klanglichen
Unterschiede der Vergleichsmarken ausreichend, um die Verwechslungsgefahr
der Zeichen zu verneinen.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Januar 2015 und
vom 2. März 2016 in der Hauptsache aufzuheben und den Wider-
spruch aus der Marke 2 094 471 RAPAMUNE zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Weiter hat die Widersprechende – anders als die Markeninhaberin, die einen sol-
chen Antrag nicht gestellt hat – hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Ver-
handlung beantragt.

Zutreffend sei die Markenstelle von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft
der Widerspruchsmarke ausgegangen. Denn maßgebend komme es auf die
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Marke in der Gesamtheit an, nicht aber auf die einzelnen Bestandteile oder Wort-
elemente. In der Gesamtheit weiche die Widerspruchsbezeichnung RAPAMUNE
deutlich von der Wirkstoffbezeichnung „Rapamyzin“ ab, die Widerspruchsmarke
sei daher hinreichend phantasievoll. Auch sei der Markeninhaberin nicht der Nach-
weis gelungen, dass der Bestandteil „RAPA“ in den relevanten Verkehrskreisen
tatsächlich als Abkürzung der Wirkstoffbezeichnung „Rapamycin“ wahrgenommen
werde. Zudem sei der Name des Wirkstoffs des mit der Widerspruchsmarke
gekennzeichneten Arzneimittels der Stoff „Sirolismus“ und nicht Rapamycin, was
die Widersprechende auch durch die Vorlage entsprechender Unterlagen im Ver-
fahren nachgewiesen habe. Die Widersprechende widerspricht ebenso dem Vor-
trag der Markeninhaberin, wonach die angesprochenen relevanten Fachkreise sel-
tener Verwechslungen unterlägen. Dass gerade auch der Fachverkehr häufig Me-
dikamentennamen verwechsle, habe die Widersprechende durch die bereits in
das Verfahren eingeführten Abhandlungen zum Thema Medikamentenverwechs-
lung dargelegt. Insgesamt sei die Markenstelle zutreffend von einer bestehenden
Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen ausgegangen. Diese Bewertung
stehe auch im Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung des EuGH und BGH.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Mar-
kenstelle für Klasse 5 sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren
Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist
nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin und Beschwer-
deführerin besteht zwischen den Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr
nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle
auf den Widerspruch der Widersprechenden hin zutreffend die Löschung der
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angegriffenen Marke gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG angeordnet hat. Die Be-
schwerde war daher zurückzuweisen.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger
Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesge-
richtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER;
GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9
– Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833
Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit ins-
besondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Wa-
ren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die
Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchs-
marke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unab-
hängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechs-
lungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria
Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040
Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9
Rn. 40 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechs-
lungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa
die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus fol-
gend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungs-
vermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht zwischen der angegriffenen Wort-/
Bildmarke und der älteren Wortmarke RAPAMUNE Verwechs-
lungsgefahr.

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1. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in Bezug auf die bean-
spruchten Waren der Klasse 5 „Immunsuppression-Agentien zur Anwendung beim
Menschen in Bezug auf Organtransplantationen“ als durchschnittlich anzusehen.
Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt,
sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für
die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Ver-
kehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjeni-
gen anderer zu unterscheiden (vgl. BGH, GRUR 2016, 382 Rn. 31 – BioGourmet).
Zwar mag es sich, wie die Markeninhaberin der jüngeren Marke vorträgt, bei dem
Kurzwort RAPA, das auch im Anfangsteil der Widerspruchsmarke enthalten ist,
um die gelegentlich verwendete Abkürzung des als „Rapamycin“ bezeichneten
Naturstoffs handeln, einem Stoff, der ein Enzym beeinflusst, das an Stoffwechsel-
vorgängen, am Wachstum von Zellen und bei den Zyklen der Zellteilung beteiligt
ist („Rapa“ nach dem Fundort und „Myzin“ wegen seiner Wirksamkeit gegen
Pilze). „Rapamycin“ (bzw. Sirolismus) wird nach Organtransplantationen zur Un-
terdrückung von Immunreaktionen eingesetzt um die Abstoßung fremden Zellge-
webes zu verhindern (vgl. die als Anlagen zum Schriftsatz der Markeninhaberin
vom 22. Januar 2014 im Verfahren vor dem DPMA eingereichten Unterlagen). Im
einschlägigen Bereich der Arzneimittel werden häufig die Anfangssilben von Wirk-
stoffbezeichnungen als deutlich sprechender Hinweis auf die vollständige Wirk-
stoffbezeichnung verwendet. Solche „Abkürzungen“, denen bei isolierter Betrach-
tungsweise aufgrund der Annäherung an eine warenbeschreibende Angabe nur
ein geringer Schutzumfang zukommt, können aber regelmäßig schon nicht mit der
vollständigen Wirkstoffbezeichnung gleichgesetzt werden (vgl. insoweit BGH
GRUR 2008, 905 – Pantohexal; keine Gleichsetzung von „Panto“ für den Wirkstoff
„Pantoprazol“) und erst Recht nicht mit einer davon abweichenden Kennzeich-
nung, die neben dem sprechenden Hinweis auf die Wirkstoffbezeichnung, weitere
Zeichenbestandteile innerhalb eines Gesamtzeichens bzw. eines Wortes enthält.
Und selbst wenn zugunsten der Markeninhaberin davon ausgegangen wird, dass
die angesprochenen Fachkreise eine mögliche Anlehnung von RAPAMUNE an
den Wirkstoff „Rapamycin“ zum Teil erkennen, so führt dies vorliegend nicht zu
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einer Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke insgesamt. Denn der
angesprochene Verkehr nimmt erfahrungsgemäß eine Marke so auf, wie sie ihm
entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen, in
ihre Bestandteile zu zerlegen und einzelne Markenelemente nach einer eventuel-
len Bedeutung zu untersuchen (vgl. BPatG GRUR 2010, 441, 444 f. – printnet/
PRINECT). Bei RAPAMUNE handelt es sich insgesamt nicht um eine deutliche
und enge Anlehnung an die Wirkstoffbezeichnung „Rapamycin“, die zu einer
Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke führt (GRUR 2012,
67 – Panprazol/PANTOZOL). Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob die
Wirkstoffbezeichnung Rapamycin für den Warenbereich überhaupt von Relevanz
ist.

2. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist auf Seiten der Wider-
spruchsmarke von der Registerlage auszugehen. Die Vergleichsmarken können
sich auf teilweise identischen, hochgradig ähnlichen oder durchschnittlich ähnli-
chen Waren und Dienstleistungen begegnen.
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren besteht, wenn diese unter Berücksichti-
gung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, ins-
besondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer
regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer
Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkur-
rierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Wa-
renähnlichkeit wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass
die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten regelmä-
ßig aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen
(vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rn. 59, vgl. z. B. BGH GRUR
2004, 241, 243 – GeDIOS; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM).

Hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Waren der Klasse 5 besteht Identität
bzw. hochgradige Ähnlichkeit zwischen den „pharmazeutische Erzeugnisse, näm-
lich biologische Immunmodulatoren; Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke;
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Adjuvantien für medizinische Zwecke“ der angegriffenen Marke und den unter den
Oberbegriff der humanmedizinischen Arzneimittel fallenden „Immunsuppression-
Agentien zur Anwendung beim Menschen in Bezug auf Organtransplantationen“
der Widerspruchsmarke. Soweit nicht von Warenidentität auszugehen ist, beste-
hen weitestgehende Übereinstimmungen hinsichtlich der möglichen Indikationen,
der Art und Weise der Verwendung sowie der stofflichen Beschaffenheit der Wa-
ren und nicht zuletzt in Bezug auf ihre regelmäßige betriebliche Herkunft aus
Pharmaunternehmen. Ein Teil dieser Faktoren gilt auch im Verhältnis von Arznei-
mitteln für tierärztliche Zwecke und Arzneimitteln für die Humanmedizin (vgl. auch
Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 17. Auflage
2017, Stichwort: Tierarzneimittel, mit Verweis auf BPatG 95, 25 W (pat) 153/93;
BPatG 97, 25 W (pat) 150/95; BPatG 06, 30 W (pat) 245/03). Zwischen den „che-
mischen Erzeugnissen für gewerbliche Zwecke und wissenschaftliche, nämlich
biologische Immunmodulatoren (ausgenommen für medizinische Zwecke)“ der
Klasse 1 der angegriffenen Marke und dem Arzneipräparat der Widerspruchs-
marke besteht angesichts der Überschneidungen in der jeweiligen stofflichen Be-
schaffenheit und ähnlicher Herstellungs- und Entstehungsprozesse bei jeweils
anderem Verwendungszweck jedenfalls eine mittlere Ähnlichkeit.

Ebenso ist zwischen den Dienstleistungen eines medizinischen Labors und der
Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen in der Klasse 44 der
angegriffenen jüngeren Marke und dem Arzneipräparat der Widersprechenden
eine jedenfalls noch durchschnittliche Ähnlichkeit gegeben. Zwar bestehen zwi-
schen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und dem Vertrieb von
Waren grundlegende Unterschiede. Gleichwohl können besondere Umstände vor-
liegen, die die Feststellung einer Ähnlichkeit nahelegen. Das ist insbesondere
dann der Fall, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen könnten, das
Dienstleistungsunternehmen befasse sich selbständig auch mit der Herstellung
bzw. dem Vertrieb der Ware bzw. umgekehrt betätige sich der Warenhersteller im
entsprechenden Dienstleistungsbereich. In den (medizinisch ausgerichteten) La-
boratorien werden Medikamente sowohl entwickelt, erforscht und hergestellt und
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auch in der Anwendung – wenn es zum Beispiel um Medikamentenunverträglich-
keiten, Weiterentwicklungen der Arzneien oder auch um die Wirkung bzw. Wirk-
samkeit der Medikamente oder Nebenwirkungen dieser geht – erforscht und über-
prüft. Insoweit ist ein Labor auch über das Entwickeln und Herstellen eines Arz-
neimittels hinaus in das Feld der Anwendung der medizinischen Produkte mit ein-
gebunden, so dass ein enger funktioneller Zusammenhang zwischen den Dienst-
leistungen eines medizinischen Labors und eines Arzneimittelprodukts besteht,
der den Gedanken an einen gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich
nahelegt. Entsprechendes gilt für das Verhältnis der Durchführung medizinischer
und klinischer Untersuchungen der Klasse 44 und dem Arzneipräparat der Wider-
spruchsmarke. Solche Untersuchungen können (vor allem im Rahmen der Einfüh-
rung eines Arzneimittels auf dem Markt) eng mit der Medikamentengabe, also der
Verwendung der Arznei, verbunden sein, zusammenspielen und Rückschlüsse auf
den Herstellungsprozess zulassen, so dass die Dienstleistungen und Waren inso-
weit eng miteinander verwoben bzw. aufeinander abgestimmt sind.

3. Den bei dieser Ausgangslage teilweise strengen und teilweise in Bezug auf
die durchschnittlich ähnlichen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen
Marke mittleren Anforderungen an den Markenabstand, wird die jüngere Marke
nicht gerecht. Denn ein ausreichender Zeichenabstand ist nach Auffassung des
Senats auch unter Berücksichtigung eines im einschlägigen Gesundheitsbereich
und Bereich der rezeptpflichtigen Arzneimittel (Widerspruchsware) erhöhten Auf-
merksamkeitsgrads der angesprochenen Fachkreise wie auch der allgemeinen
Verbraucher jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht eingehalten (vgl. dazu st. Rspr.
Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 252 m. w. N.).
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit
im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil
Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher
und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zei-
chenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahr-
nehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch
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die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere
ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen
sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durch-
schnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und
nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so zuletzt BGH in GRUR 2016,
283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).

Die angegriffene Wort-/Bildmarke wird erfahrungsgemäß mit dem Wortbestandteil
REPAMUN wiedergegeben, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu
benennen (st. Rspr. vgl. z. B. BGH, GRUR 2014, 378 – Rn. 30 – OTTO CAP). So-
mit stehen sich in klanglicher Hinsicht die Wörter „REPAMUN“ und „RAPAMUNE“
bzw. bei einer insbesondere in der medizinisch-pharmazeutischen Wissenschaft
(nicht aber in der Kommunikation der Ärzte und Apotheker mit den Patienten) im
Bereich der Wahrscheinlichkeit liegenden englischen Aussprache „RAPAMUN“
gegenüber. Dabei stimmen die Zeichen klanglich in der Lautfolge „PAMUN“ iden-
tisch überein und weichen lediglich in der ersten Silbe mit „RE“ bei der angegriffe-
nen und „RA“ bei der Widerspruchsmarke sowie – bei regelmäßig anzunehmender
buchstabengetreuer (deutschen) Aussprache – in der Endsilbe durch den bei der
Widerspruchsmarke zusätzlich vorhandenen Vokal „E“ voneinander ab. Hinsicht-
lich des zusätzlichen am Ende der Widerspruchsmarke vorhandenen unbetonten
Vokals E ist in entscheidungserheblichem Umfang – auch bei einem Mitsprechen
desselben – davon auszugehen, dass dieser Unterschied in der Endung der Wör-
ter weniger beachtet wird und deshalb seltener eine Verwechslung verhindert (vgl.
auch BGH GRUR 2011, 826 Rn. 25, 26 – Enzymax/Enzimix), wobei das unbetonte
Endungs-E häufig auch den Sprechrhythmus kaum beeinflusst und auch die
abweichende Silbenzahl weniger auffällig hervortreten lässt. Die Abweichung in
dem zweiten Vokal der Wörter REPAMUN und RAPAMUNE fällt zwar durchaus
auf, weil gerade die Wortanfänge im Allgemeinen stärker beachtet werden als die
übrigen Markenteile. Angesichts der aber ansonsten vorhandenen Übereinstim-
mungen durch den identischen klangstarken Anfangskonsonanten R und die iden-
tische übrige Konsonantenfolge PAMUN und damit erheblicher und überwiegen-
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der Übereinstimmungen der Wörter reichen allein der unterschiedliche zweite
Buchstabe der Zeichen und der zusätzliche Vokal am Wortende der Wider-
spruchsmarke insgesamt nicht aus, einen ausreichenden klanglichen Abstand her-
zustellen.

Vor dem Hintergrund einer identischen bis (noch) durchschnittlichen Ähnlichkeit
der Waren bzw. Waren und Dienstleistungen und einer durchschnittlichen Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind die Vergleichsmarken klanglich zu
weit angenähert, als dass ein verwechslungsfreies Nebeneinander – selbst bei
erhöhter Aufmerksamkeit der angesprochenen Fach- und Endverbraucherkreise
(Patienten, Ärzte, Apotheker bzw. in dem Bereich Beschäftigte) – gewährleistet ist.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht bestehen zwischen den Zeichen gewisse Ähnlich-
keiten.
Denn bei einer Wiedergabe der Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form
mit Großbuchstaben stehen sich mit und RAPAMUNE (Wieder-
gabe in Arial narrow) auch schriftbildlich weitgehend ähnliche Zeichen gegenüber.
Abweichungen sind im zweiten Buchstaben E bei der angegriffenen jüngeren
Marke anstelle A bei der Widerspruchsmarke, dem fehlenden zusätzlichen Bogen
im oberen Teil des Buchstaben P und dem zusätzlichen Buchstaben E bei der Wi-
derspruchsmarke vorhanden. Diese fallen aber im Schriftbild insgesamt ange-
sichts der überwiegenden Gemeinsamkeiten in weiten Teilen der Wörter weniger
stark auf, insbesondere auch weil sich die Schriftbilder der Buchstaben E und A
mit den übereinstimmenden geraden Linien gleichen. Angesichts der bejahten
klanglichen Verwechslungsgefahr kann die Frage der schriftbildlichen Verwechs-
lungsgefahr aber letztlich als nicht entscheidungserheblich dahinstehen.

Der Beschwerde der Markeninhaberin war daher zurückzuweisen.

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Zur Auferlegung der Kosten aus Gründen der Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG besteht bei der vorliegenden Sachlage keine Veranlassung.

Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Eine solche war nur von der obsiegenden Widersprechenden hilfsweise beantragt
worden, nicht aber von der insoweit unterliegenden Markeninhaberin. Eine münd-
liche Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst,
§ 69 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwer-
de nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
oder in elektronischer Form einzulegen.


Knoll Kriener Dr. Nielsen


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