23 W (pat) 35/16  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 35/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
28. März 2017





B E S C H L U S S

In der Einspruchsbeschwerdesache
























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betreffend das Patent 10 2007 062 077

hat der 23. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 28. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Friedrich,
Dipl.-Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse G08C des Deutschen Patent- und Markenamts hat
das am 21. Dezember 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt von der
K… GmbH eingereichte und mit der DE 10 2007 062 077 A1
am 2. Juli 2009 offengelegte Patent 10 2007 062 077 (Streitpatent) durch Be-
schluss vom 10. Oktober 2011 erteilt. Das Patent, das auf die Rechtsnachfolgerin,
die Qundis GmbH, übergegangen war, wurde am 29. Dezember 2011 mit der
DE 10 2007 062 077 B4 veröffentlicht und trägt die Bezeichnung „Übertragungs-
verfahren der gespeicherten Meßdaten von Verbrauchsmeßgeräten, insbesondere
Heizkostenverteilern“.

Im Prüfungsverfahren hat die Prüfungsstelle den Stand der Technik gemäß den
folgenden Druckschriften zitiert:

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D1 DE 199 24 346 A1;
D2 DE 103 09 454 A1; und
D3 EP 0 596 913 B1.

Mit Schriftsatz vom 12. März 2012 hat die Patentinhaberin beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt einen Antrag auf Beschränkung des Patents eingereicht.

Gegen das Patent haben die T… GmbH (Einsprechende 1)
mit Schriftsatz vom 22. März 2012, beim Deutschen Patent- und Markenamt am
selben Tag über Fax eingegangen, die i… GmbH (Einsprechende 2)
mit Schriftsatz vom 26. März 2012, beim Deutschen Patent- und Markenamt am
27. März 2012 über Fax eingegangen, die H… GmbH, jetzt
D… GmbH (Einsprechende 3) mit Schriftsatz vom
27. März 2012, beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag über Fax
eingegangen, die M… GmbH (Einsprechende 4) mit
Schriftsatz vom 26. März 2012, beim Deutschen Patent- und Markenamt am sel-
ben Tag eingegangen und die K…, Patentanwälte
Partnerschaft mbB (Einsprechende 5) mit Schriftsatz vom 28. März 2012, beim
Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag über Fax eingegangen jeweils
Einspruch erhoben und in ihren Schriftsätzen jeweils den vollständigen Widerruf
des Patents beantragt. Alle Einsprechenden haben sich dabei auf den Widerrufs-
grund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG), die Einsprechenden
1, 2, 4 und 5 zusätzlich auf den der unzulässigen Erweiterung gegenüber der ur-
sprünglichen Offenbarung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) und die Einsprechenden 3, 4
und 5 auch auf den der mangelnden Ausführbarkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) be-
rufen. In weiteren Schriftsätzen sowie in der Anhörung vor der Patentabteilung 31
am 12. April 2016 haben die Einsprechenden zu eingeschränkten Ansprüchen der
Patentinhaberin Stellung bezogen. Sie haben sich bei ihrer Begründung im Hin-
blick auf die fehlende Patentfähigkeit insgesamt neben den Druckschriften D1 bis
D3 auf die weiteren Druckschriften

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D4 DIN EN 13757-4, Oktober 2005;
D5 US 2005/0 179 561 A1;
D6 US 5 748 104 A;
D7 DE 100 35 824 A1;
D8 US 2005/0 086 182 A1;
D9 DE 10 2006 053 822 A1;
D10 US 2007/0 057 812 A1;
D11 US 7 231 215 B2;
D12 DE 199 11 657 A1;
D13 WO 00/70 572 A1;
D14 EP 1 705 620 A1;
D15 DE 10 2005 062 809 A1;
D16 DIN EN 834, November 1994;
D17 EP 0 911 775 A2;
D18 F.A.Tobagi und L.Kleinrock: „Packet Switching in Radio Channels: Part
III-Polling and (Dynamic) Split-Channel Reservation Multiple Access“;
in: IEEE Transactions on Communications, Vol. COM 24, No. 8, 1976,
S. 832 bis 845;
D19 B.Bing: „Broadband Wireless Access”, Kluwer Academic Publishers,
New York, Boston, Dordrecht, London, Moscow, 2002, ISBN 0-792-
37955-1, S. 154 und 155;
D20 R.B.Maessen: „The Use of ATM in an Inhouse Radio Network“; Eindho-
ven University of Technology, Faculty of Electrical Engineering, Tele-
communications Division EC, 1992, Abstract, Contents und S. 1 bis 27;
D21 WO 2007/030 826 A2;
D22 US 2007/0 057 814 A1;
D23 Europäischer Recherchebericht und Bescheid zur parallelen europäi-
schen Patentanmeldung EP 08 020 144.5;
D24 EP 2 072 957 A2 und
D25 WO 2006/039 681 A1

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gestützt.

Auf die Einsprüche hin hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom
21. Dezember 2012 den Ansichten der Einsprechenden insoweit widersprochen,
als ihrer Meinung nach das Patent in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten
sei. So seien die Ansprüche eines wie von ihr beantragt eingeschränkten Patents
sowohl zulässig und die beanspruchte Lehre ausführbar, als auch das mit diesen
Ansprüchen beanspruchte Verfahren patentfähig. In der Folge hat die Patentinha-
berin auch ihren Antrag auf Beschränkung des Patents durch die Patentabteilung
des Deutschen Patent- und Markenamts mit Schriftsatz vom 27. Mai 2013 zurück-
genommen. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 21. März 2016 hat die Patentin-
haberin nochmals einen gegenüber dem erteilten Anspruch eingeschränkten An-
spruchssatz eingereicht, der der darauf folgenden Anhörung vor der Patentabtei-
lung 31 am 12. April 2016 als Hauptantrag zugrunde lag.

In dieser Anhörung vor der Patentabteilung 31 hat die Patentinhaberin drei weitere
Sätze Patentansprüche als Hilfsanträge 1 bis 3 eingereicht und beantragt, das
Patent im Umfang des Hauptantrags oder hilfsweise einem der Hilfsanträge be-
schränkt aufrecht zu erhalten. Die Einsprechenden haben übereinstimmend den
Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt.

Als Ergebnis der Anhörung wurde das Streitpatent durch Beschluss der Patent-
abteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung gemäß
§ 61 Abs. 1 Satz 1 PatG widerrufen. Die Patentabteilung 31 hat in ihrer Be-
schlussbegründung ausgeführt, dass sowohl in Anspruch 1 des Hauptantrags als
auch in den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge ein Aliud gegenüber dem ursprünglich
offenbarten Verfahren beansprucht werde, weshalb die Ansprüche 1 aller Anträge
unzulässig seien, und in der Folge das Patent zu widerrufen sei. Der Beschluss
wurde der Patentinhaberin sowie den Einsprechenden 1, 2 und 4 am 19. Mai 2016
und den Einsprechenden 3 und 5 jeweils am 20. Mai 2016 zugestellt.

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Gegen den Beschluss der Patentabteilung 31 hat die Patentinhaberin am
3. Juni 2016 mit Schriftsatz vom Vortag beim Deutschen Patent- und Markenamt
elektronisch Beschwerde eingelegt, die sie nach einem dahingehenden Hinweis
des Senats in der Ladung zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom
28. Februar 2017, mit dem sie auch drei Anspruchssätze als Haupt- und Hilfsan-
träge eingereicht hat, begründet hat. Die Einsprechende 4 hat zu diesem Schrift-
satz mit Eingabe vom 14. März 2017 Stellung genommen.

In der mündlichen Verhandlung am 28. März 2017 an der neben der Patentinha-
berin die Einsprechenden 1 bis 4 teilgenommen haben, während die Einspre-
chende 5, wie vorab angekündigt, nicht erschienen ist, hat die Patentinhaberin
einen neuen Anspruchssatz und eine letzte Seite der Beschreibung, welche einen
Disclaimer enthält, als einzigen Antrag eingereicht und beantragt:

1. Den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 12. April 2016 aufzuheben.

2. Das Patent Nr. 10 2007 062 077 mit der Bezeichnung „Über-
tragungsverfahren der gespeicherten Meßdaten von Ver-
brauchsmeßgeräten, insbesondere Heizkostenverteilern“
dem Anmeldetag 21. Dezember 2007 in beschränktem Um-
fang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterla-
gen:
- Patentansprüche 1 bis 8, überreicht in der mündlichen
Verhandlung am 28. März 2017;
- Beschreibungsseiten 1, 2, 2a, 2b, 3 und 4, überreicht
in der Anhörung vor der Patentabteilung 31 des Deut-
schen Patent- und Markenamts am 12. April 2016,
dort als 3. Hilfsantrag bezeichnet;
- Beschreibungsseite 5, überreicht in der mündlichen
Verhandlung am 28. März 2017.
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Die Einsprechenden 1 bis 4 haben in der mündlichen Verhandlung noch die
Druckschrift

D26 EP 1 282 094 A2

überreicht und jeweils beantragt:

Die Beschwerde zurückzuweisen.

Der geltende, in der mündlichen Verhandlung am 28. März 2017 eingereichte An-
spruch 1 lautet:

„1.1 Verfahren zum Übertragen der gespeicherten Daten eines
batteriebetriebenen elektronischen Verbrauchsmeßgerätes an ei-
nen Datensammler per Funk,
1.2 bei dem sich der Datensammler zeitweise oder dauerhaft auf
Empfang befindet,
1.3 bei dem zum Senden sowie zum Empfangen der gespeicher-
ten Daten eine Funkverbindung zwischen dem Verbrauchsmeßge-
rät und dem Datensammler verwendet wird und
1.4 bei dem sich das Verbrauchsmeßgerät die überwiegende
Zeit in einer Ruhephase befindet, in welcher es zwar Daten mißt
und diese speichert, sich jedoch nicht in Sendebereitschaft befin-
det,
1.5 wobei das Verbrauchsmeßgerät aus dieser Ruhephase her-
aus periodisch in Sendebereitschaft übergeht wobei das Ver-
brauchsmessgerät versucht, eine bidirektionale Funkverbindung
mit dem Datensammler aufzubauen,
1.6 wobei das Verbrauchsmeßgerät auf einem ersten Kanal ei-
nen Ruf aussendet und danach auf einem zweiten Kanal auf
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Empfang geht, um eine mögliche Antwort des Datensamm-
lers zu empfangen,
1.7 wobei bei Erfolg anschließend die gespeicherten Daten voll-
ständig oder teilweise an den Datensammler gesendet oder
Daten vom Datensammler empfangen werden,
1.8 wobei die Übertragung der Daten auf dem zweiten Kanal
stattfindet, und
1.9 wobei schließlich auf jeden Fall sowohl im Erfolgsfall als
auch im Nichterfolgsfall das Verbrauchsmeßgerät wieder in
die Ruhephase zurückkehrt,
1.10 wobei das Verbrauchsmeßgerät in zeitlichen Abständen aus
der Ruhephase heraus ein kurzes Funksignal aussendet und
sofort danach für eine vorgegebene Zeitdauer zum Aufbau
der bidirektionalen Kommunikation mit dem Datensammler
auf Empfang geht,
1.11 wobei anschließend für den Fall, daß der Datensammler das
kurze Funksignal des Verbrauchsmeßgerätes empfängt, die-
ser Datensammler an das Verbrauchsmeßgerät ein Bestäti-
gungssignal aussendet und
1.12 wobei schließlich nach dem Empfang dieses
Bestätigungssignals durch das Verbrauchsmeßgerät dieses
die gespeicherten Daten vollständig oder teilweise an den
Datensammler sendet und dieser die Daten empfängt,
1.13 wobei nach erfolgter Übertragung der Daten von dem Ver-
brauchsmeßgerät für eine vorgegebene Zeitdauer keine kur-
zen Funksignale an den Datensammler gesendet werden,
und
1.14 wobei das kurze Funksignal des Verbrauchsmeßgerätes eine
Übertragungspräambel sowie ein Syncword übersendet, wo-
bei dies ein Signal ist, aus dem der Datensammler erkennt,
dass das Signal von einem Verbrauchsmessgerät aus einer
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Gruppe von Verbrauchsmessgeräten stammt, wobei das
spezielle Verbrauchsmessgerät damit jedoch noch nicht
identifiziert ist,
1.15 wobei nach dem Aufbau der bidirektionalen Kommunikation
das Verbrauchsmeßgerät ein Idword zur Identifikation dieses
Verbrauchsmeßgerätes zusammen mit den Daten übersen-
det.“

Der an das Ende der Beschreibung gesetzte Disclaimer lautet:

„Die Merkmale „sich jedoch nicht in Sendebereitschaft befindet“
und „in Sendebereitschaft übergeht und“ und „wobei schließlich
auf jeden Fall sowohl im Erfolgsfall als auch im Nichterfolgsfall das
Verbrauchsmeßgerät wieder in die Ruhephase zurückkehrt“ stel-
len eine unzulässige Änderung des Anspruchs 1 dar.“

Zu den Unteransprüchen 2 bis 8 sowie zu den weiteren Einzelheiten wird auf den
Akteninhalt verwiesen.


II.
Die fristgerecht eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig, bleibt
aber ohne Erfolg. So erweist sich das Verfahren des Anspruchs 1 des geltenden
einzigen Anspruchssatzes als gegenüber dem in Druckschrift D21 offenbarten
Stand der Technik auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhend,
weshalb es nicht patentfähig ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 4 PatG). Das
Patent war deshalb in vollem Umfang zu widerrufen.

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1. Die Zulässigkeit der Einsprüche ist von Amts wegen in jedem
Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte PatG,
9. Auflage, § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152, BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“).
Vorliegend sind die form- und fristgerecht erhobenen Einsprüche zulässig, weil in
allen Einspruchsschriftsätzen zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der
mangelnden Patentfähigkeit auf Grund fehlender Neuheit und fehlender erfinderi-
scher Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 3, 4 PatG) substantiiert Stellung
genommen wurde. So haben alle Einsprechenden genau angegeben, wo welche
Merkmale des Verfahrens des unabhängigen Anspruchs 1 in den einzelnen
Druckschriften offenbart seien, oder wie sie sich in naheliegender Weise aus dem
jeweils angegebenen Stand der Technik ergäben. Die Einsprechenden geben zu-
dem noch ausführlich an, wie sich die Verfahren der Unteransprüche aus den ge-
nannten Druckschriften in naheliegender Weise ergäben. Auch zu den jeweiligen
weiteren Widerrufsgründen werden konkrete Angaben gemacht. Insgesamt sind
somit die Tatsachen, die den jeweiligen Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen auf-
geführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung des Deutschen Patent- und
Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die Lage versetzt,
ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Einspruchs-
gründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, liSp, Abs. 1 -
„Epoxidation“; Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 84 bis 88).

2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Übertragen der gespeicherten
Daten eines elektronischen Verbrauchsmessgerätes, insbesondere eines Heiz-
kostenverteilers, an einen Datensammler per Funk. Bei den elektronischen Ver-
brauchsmessgeräten handelt es sich allgemein um solche im häuslichen Bereich,
wobei ein Anwendungsgebiet die sogenannten Heizkostenverteiler sind. Diese
Heizkostenverteiler haben die Aufgabe, die abgegebene Wärmemenge eines
Heizkörpers zu messen, um die anfallenden Heizkosten dann bei einem Mehr-
parteiengebäude anteilsmäßig auf die einzelnen Parteien umlegen zu können.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann aber auch bei anderen Verbrauchsmess-
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geräten eingesetzt werden, beispielsweise bei Wasserzählern (vgl. Abs. [0001]
und [0002] der Streitpatentschrift).

Die Arbeitsweise dieser Verbrauchsmessgeräte besteht darin, dass die gemesse-
nen Daten im Verbrauchsmessgerät zunächst gespeichert werden. Von Zeit zu
Zeit werden dann die gespeicherten Daten per Funk an einen mobilen Daten-
sammler gesendet. Dabei ist es bekannt, dass das Verbrauchsmessgerät regel-
mäßig für eine kurze Zeit auf Empfang geht. Der Datensammler sendet dauerhaft
ein Signal aus, auf welches das Verbrauchsmessgerät reagieren kann. Auf diese
Weise wird eine bidirektionale Kommunikation aufgebaut, an deren Ende dann die
gespeicherten Daten des Verbrauchsmessgerätes an den Datensammler gesen-
det werden (vgl. Abs. [0003] der Streitpatentschrift).

Ein wichtiger Parameter bei einem derartigen mobilen Auslesesystem ist die Ver-
weildauer der Ableseperson in der Liegenschaft. In Verbindung damit steht eine
rasche Rückmeldung des Systems über die schon ausgelesene Menge an Mess-
geräten (vgl. Abs. [0004] der Streitpatentschrift).

Das Problem bei derartigen Übertragungsverfahren stellt die benötigte Energie bei
den elektronischen Verbrauchsmessgeräten für die Funkübertragung der Daten
dar. Denn diese Verbrauchsmessgeräte sind mit einer Batterie ausgestattet, wel-
che nur eine vorgegebene, bestimmte Gesamtenergie besitzen. Ist die Batterie
erschöpft, können zum einen keine Daten mehr gemessen und zum anderen be-
reits gespeicherte Daten nicht mehr an den mobilen Datensammler gesendet wer-
den. Im Hinblick auf die vorgegebene Lebensdauer des Verbrauchsmessgerätes
sowie im Hinblick auf die Kapazität der Batterie muss mit dieser Batteriekapazität
extrem gehaushaltet werden (vgl. Abs. [0005] der Streitpatentschrift).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Auf-
gabe zugrunde, ein Verfahren zum Übertragen der gespeicherten Daten eines
elektrischen Verbrauchsmessgerätes, insbesondere Heizkostenverteilers, an ei-
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nen Datensammler per Funk zu schaffen, welches zum einen nur wenig elektri-
sche Energie benötigt und welches zum anderen aber auch gewährleistet, dass
der Datensammler aus wirtschaftlichen Gründen in einer kurzen Zeitspanne die
Daten übertragen bekommen kann (vgl. Abs. [0009] der Streitpatentschrift).

Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zum Übertragen der gespeicherten Da-
ten eines batteriebetriebenen elektronischen Verbrauchsmessgerätes an einen
Datensammler nach Anspruch 1 gelöst.

Es wird somit ein Verfahren zum Übertragen der gespeicherten Daten eines batte-
riebetriebenen elektronischen Verbrauchsmessgerätes über eine Funkverbindung
an ein anderes, als „Datensammler“ bezeichnetes Gerät beansprucht, das wie
folgt abläuft:

Das Verbrauchsmessgerät befindet sich die überwiegende Zeit, also mehr als
50% der Zeit, in einer Ruhephase. Diese Ruhephase zeichnet sich gemäß dem
Anspruch 1 dadurch aus, dass das Verbrauchsmessgerät zwar Daten misst und
diese speichert, sich jedoch nicht in Sendebereitschaft befindet. Was Letzteres
bedeutet, kann hier offen bleiben, denn wie der Disclaimer am Ende der Beschrei-
bung angibt, handelt es sich dabei um eine unzulässige Änderung des Anspruchs
gegenüber der ursprünglichen Offenbarung, die somit zwar bei der Definition des
Schutzbereichs, nicht aber bei der Beurteilung des Verfahrens gegenüber dem
Stand der Technik zu beachten ist.

Aus dieser Ruhephase heraus geht das Verbrauchsmessgerät periodisch in Sen-
debereitschaft über und versucht eine bidirektionale Funkverbindung mit dem Da-
tensammler aufzubauen. Dieser Datensammler ist entweder nur zeitweise oder
auch dauerhaft in Betrieb. Letzteres schränkt den Datensammler nicht ein, denn
es verbleibt nur die Möglichkeit, dass der Datensammler zu keinem Zeitpunkt in
Betrieb ist, was ihn aber seiner Funktionalität als Datensammler berauben würde.

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Der Versuch oder auch der tatsächliche Aufbau einer bidirektionalen Funkverbin-
dung erfolgt, indem das Verbrauchsmessgerät auf einem ersten Kanal einen Ruf
aussendet und dann auf einem zweiten Kanal auf Empfang geht, um eine mögli-
che Antwort des Datensammlers zu empfangen. Dieser Ruf ist ein kurzes Funk-
signal, das eine Übertragungspräambel sowie ein Syncword enthält. Unter der
Übertragungspräambel ist dabei eine Bitfolge zu verstehen, die dem Datensamm-
ler bekannt ist, und die er zum Feststellen eines für ihn zu beachtenden Funksig-
nals erkennt (vgl. Abs. [0016] der Streitpatentschrift). Das Syncword ist ein Signal,
aus dem der Datensammler erkennt, dass das Signal von einem Verbrauchs-
messgerät aus einer Gruppe von Verbrauchsmessgeräten stammt, das aber nicht
ausreichend ist, um das Verbrauchsmessgerät eindeutig zu identifizieren. Durch
was sich diese Gruppe auszeichnet, bleibt nach dem Streitpatent offen. Denkbar
wäre beispielsweise eine örtlich begrenzte Gruppe, aber auch eine Gruppe, die
durch einen oder mehrere bestimmte Typen von Verbrauchsmessgeräten gebildet
wird.

Sobald der Datensammler das kurze Funksignal empfangen hat, sendet er an das
Verbrauchsmessgerät ein Bestätigungssignal auf einem zweiten Kanal. Auf die-
sem zweiten Kanal sendet dann das Verbrauchsmessgerät ein Idword zur Identifi-
kation dieses Verbrauchsmessgeräts und Daten. Bei diesen Daten kann es sich
um die vollständigen gesammelten Daten oder aber auch nur einen Teil dieser
Daten oder auch andere gespeicherte Daten handeln. Da alle gesendeten Daten
vor dem Senden gespeichert sein müssen, bedeutet dies nur, dass irgendetwas
gesendet wird.

Ist das Senden der Daten erfolgt, so kehrt das Verbrauchsmessgerät in den Ru-
hezustand zurück und sendet dann für eine vorgegebene Zeitdauer keine kurzen
Funksignale aus. Dies bedeutet, dass das Verbrauchsmessgerät eine gewisse
Zeit lang nach dem Übersenden der Daten von dem vorhergehenden periodischen
Aussenden der kurzen Funksignale abweicht und keinen Ruf aussendet, bevor es
wieder zu dem periodischen Aussenden der kurzen Funksignale zurückkehrt. Es
- 15 -
hält somit die Übertragungsfrequenzen für andere Verbrauchsmessgeräte über
einen bestimmten Zeitraum frei.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist mangels einer erfinderischen Tätigkeit
des Fachmanns (§ 4 PatG) nicht patentfähig, da er sich für diesen ausgehend von
der Druckschrift D21 in naheliegender Weise ergibt. Bei dieser Sachlage können
die Zulässigkeit der Ansprüche sowie die Ausführbarkeit ihrer Lehren dahingestellt
bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).

Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener Diplom-Ingenieur der
Fachrichtung Elektrotechnik oder ein Physiker mit Hochschul- oder Fachhoch-
schulabschluss sowie speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Funk- und
Nachrichtentechnik zu definieren, der mit der Entwicklung und Verbesserung von
über Funk angebundenen elektronischen Verbrauchsmessgeräten betraut ist.

Druckschrift D21 beschreibt Systeme zum Übertragen von Verbrauchsmessdaten
über Funk. Dabei offenbart es Systeme, die mit älteren Systemen kompatibel sind
(vgl. S. 5, 4. Abs.: „ Automatic meter reading system 100 enables meter reading
and two-way communications, including and command and control, between
readers and endpoint devices, while maintaining backwards compatibility with ex-
isting ERT-based AMR infrastructure”.). Nur so ist verständlich, warum bei einem
der offenbarten Systeme die Verbrauchsmessgeräte (endpoint 108) zunächst auf
einem amplitudenmodulierten (AM) Kanal senden und dabei auch in einer SCM
(Standard Consumption Message) die Verbrauchsdaten mitsenden, egal, ob sich
ein Datensammler in der Nähe befindet oder nicht. Erst zur nachfolgenden bidi-
rektionalen Kommunikation wird ein frequenzmodulierter (FM) Kanal verwendet
(vgl. S. 3, 3. Abs.: „Another embodiment of the invention provides for the endpoint
to transmit a standard consumption message (SCM) via AM communication. Im-
mediately, upon transmitting the AM communication, the endpoint transfers into a
two-way, FM receive/transmit mode. When the reader receives the SCM, the
reader requests additional information from the endpoint and the endpoint trans-
- 16 -
mits that additional information via the two-way FM communication.”). Damit ver-
hält sich das System zunächst sowie eines, das zu einer bidirektionalen Kommu-
nikation nicht fähig ist. Druckschrift D21 beschreibt aber auch Systeme, die aus-
gehend von diesen rückwärtskompatiblen Systemen weiterentwickelt sind und ge-
genüber diesen, eine SCM aussendenden Systemen abgeänderte kurze Funksig-
nale aussenden.

Im Einzelnen offenbart Druckschrift D21 in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des
geltenden Anspruchs 1 ein

1.1 Verfahren zum Übertragen der gespeicherten Daten eines batteriebetriebe-
nen elektronischen Verbrauchsmeßgerätes („Radio Based Meter Module“ mit
„endpoint 108“, siehe Fig. 1) an einen Datensammler (reader 109) per Funk (vgl.
S. 5, 1. Abs.: „In an automatic meter reading (AMR) system 100 of the present
invention, as depicted in Fig. 1, the components generally include a plurality of
utility or commodity consumption measuring devices including, but not limited to,
electric meters 102, gas meters 104 and water meters 106. Each of the meters
may be either electrically or battery powered, or both. AMR system 100 further
includes a plurality of endpoints 108, wherein each corresponds to a meter. End-
points 108 can be integrated into their corresponding meters, or can be separate
devices communicatively interfaced with their corresponding meters. Each of the
endpoints 108 includes a radio receiver/transmitter such as, for example, the Itron,
Inc. ERT.”),

1.2 bei dem sich der Datensammler zeitweise oder dauerhaft auf Empfang
befindet (siehe Fig. 2 i. V. m. S. 6, 2. Abs.: „Reader 109 normally operates in re-
ceive mode 204, in which it listens for transmissions from endpoint devices. As
indicated at process flow 205, reader 109 remains in receive mode in the absence
of communications activity.”),

- 17 -
1.3 bei dem zum Senden sowie zum Empfangen der gespeicherten Daten eine
Funkverbindung zwischen dem Verbrauchsmessgerät (108) und dem Daten-
sammler (109) verwendet wird (siehe Fig. 1 i. V. m. S. 3, vorletzter Abs.: „FIG. 1
depicts a radio-based automatic meter reading system that utilizes the data com-
munication protocol according aspects of the present invention.“) und

1.4 bei dem sich das Verbrauchsmessgerät (108) die überwiegende Zeit in ei-
ner Ruhephase befindet, in welcher es zwar Daten misst und diese speichert, sich
jedoch nicht in Sendebereitschaft befindet (vgl. S. 6, 2. Abs.: „In one embodiment
of system 100, each of the endpoints 108 operates in a low-power standby, or
sleep, mode for a majority of the time, as indicated at step 202. While in this mode,
some endpoints 108 may gather consumption information from their corresponding
utility meters.”),

1.5 wobei das Verbrauchsmessgerät (108) aus dieser Ruhephase heraus perio-
disch in Sendebereitschaft übergeht (vgl. S. 1, 3. Abs.: „Traditionally, AMR sys-
tems have utilized one-way endpoint devices that periodically transmit their con-
sumption and related information as a " bubble-up" event.“ und S. 6, 3. Abs.: „In
response to a specific event (such as, for example, the passage of a certain
amount of time), endpoint 108 enters an active operating mode, or "bubbles up"
and transmits an initial message, which is a relatively short message, such as
burst of data, as indicated at step 206.”) wobei das Verbrauchsmessgerät ver-
sucht, eine bidirektionale Funkverbindung mit dem Datensammler aufzubauen
(vgl. die bereits zitierte Stelle S. 3, 3. Abs. und siehe Fig. 2),

1.6 wobei das Verbrauchsmessgerät (108) auf einem ersten Kanal einen Ruf
aussendet und danach auf einem zweiten Kanal auf Empfang geht, um eine mög-
liche Antwort des Datensammlers zu empfangen (siehe Fig. 2 i. V. m. S. 7 vor-
letzter bis S. 7, 8 seitenübergreifender Abs.: „After transmitting the initial message,
endpoint 108 may sleep in a standby state for some specified amount of time, as
indicated at step 208. […] In other embodiments, there may be no such delay; […]
- 18 -
Following the delay of step 208, endpoint 108 listens for a response from reader
109 for a predetermined duration of time, as indicated at step 210. Listening step
210 facilitates two-way communication between the endpoint and AMR system
reader. […] In addition, the listening activity 210 of the endpoint can take place at
the same frequency, or channel, on which the initial message was transmitted, or
can take place at a different frequency that is predetermined, or formulaically de-
rived based
on specific conditions.“),

1.7 wobei bei Erfolg anschließend die gespeicherten Daten vollständig oder
teilweise an den Datensammler gesendet oder Daten vom Datensammler
empfangen werden (siehe Fig. 2 i. V. m. S. 8 vorletzter Abs.: „If the instructions
received from reader 109 require a communicative response, endpoint 108 may
sleep for a specified time duration at step 224, and then transmit the requested
message at step 226, to be received by reader 109 at step 228.”),

1.8 wobei die Übertragung der Daten auf dem zweiten Kanal stattfindet (vgl.
S. 8, 9 seitenübergreifender Abs.: „In another example embodiment, the channel
for transmitting the requested message is the same channel on which the instruc-
tion was received at step 220.“), und

1.9 wobei schließlich auf jeden Fall sowohl im Erfolgsfall als auch im Nichter-
folgsfall das Verbrauchsmessgerät wieder in die Ruhephase zurückkehrt (vgl. S. 2,
3 seitenübergreifender Abs. bis S. 3, 1. vollständiger Abs.: „If the endpoint recei-
ves these instructions during its listen period, the endpoint responds as instructed.
If the endpoint does not receive a response from the reader, the endpoint enters a
sleep mode until its next transmit time to, once again, save batter power. A
method of this embodiment includes the steps of: (1) waking up each of the end-
points; (2) transmitting/bubbling up an initial message from each of the endpoints;
(3) listening with the endpoint for a response from the reader; (4) listening by the
reader for the initial message transmission; (5) upon the reader receiving the initial
- 19 -
message transmission, requesting additional information from the endpoint; (6)
upon receiving the request for additional information, transmitting the additional
information requested from the endpoint; and (7) upon not receiving the request
for additional information, entering a sleep mode with said endpoint until a next
pre-programmed initial message transmission time.”),

1.10 wobei das Verbrauchsmessgerät in zeitlichen Abständen aus der Ruhepha-
se heraus ein kurzes Funksignal aussendet und sofort danach für eine vorgege-
bene Zeitdauer zum Aufbau der bidirektionalen Kommunikation mit dem Daten-
sammler auf Empfang geht (siehe Fig. 2 i. V. m. den bereits zitierten Stelle S. 6,
3. Abs. und S. 7 vorletzter Abs.),

1.11 wobei anschließend für den Fall, dass der Datensammler das kurze Funk-
signal des Verbrauchsmessgerätes empfängt, dieser Datensammler an das Ver-
brauchsmessgerät ein Bestätigungssignal aussendet (siehe Fig. 2 i. V. m. S. 8,
3. Abs.: „At step 218, reader 109 transmits the follow-up communication as
needed. In one embodiment, the follow-up communication is an instruction, such
as, for example, a command requesting certain additional information from end-
point 108”) und

1.12 wobei schließlich nach dem Empfang dieses Bestätigungssignals durch das
Verbrauchsmessgerät dieses die gespeicherten Daten vollständig oder teilweise
an den Datensammler sendet und dieser die Daten empfängt (vgl. S. 8, 4. Abs.:
„At step 220, endpoint 108 receives the follow-up communication from reader 109.
Endpoint 108 then processes the communication at step 222, and initiates carrying
out any instructions contained therein. If no further communication is called for,
endpoint 108 returns to its standby mode of step 202. If the instructions received
from reader 109 require a communicative response, endpoint 108 may sleep for a
specified time duration at step 224, and then transmit the requested message at
step 226, to be received by reader 109 at step 228.”),

- 20 -
1.13 wobei nach erfolgter Übertragung der Daten von dem Verbrauchsmessge-
rät für eine vorgegebene Zeitdauer keine kurzen Funksignale an den Daten-
sammler gesendet werden (vgl. S. 17, 1. Abs.: „In one embodiment, readers can
selectively place individual endpoints in certain operating modes. One example of
such an instruction is the sleep command described above. In this mode, the end-
point sleeps for a preconfigured, instructed, or otherwise predetermined duration
of time, then returns to its normal bubble-up operation. The sleep mode is useful
for systems where further reads from the endpoint are not needed for some time
after a successful communication. This may be especially useful in mobile read-
ers. After collecting the needed data from each endpoint, that endpoint can be in-
structed to sleep. When this command is applied to every read endpoint, the result
is a "trail of silence" behind the mobile reader. Endpoints that have been read no
longer bubble up, which clears the communication band of unneeded transmis-
sions that might otherwise cause data collisions, necessitating re-tries and further
cluttering the air waves. Since the likelihood of data collisions is reduced, the sleep
command can enable the use of longer messages for transferring more consump-
tion intervals and other additional information. The time duration of the sleep mode
can be configured to ensure that the reader is well out of communications range of
the sleeping endpoint before it self-awakens by returning to its normal bubble-up
mode.”).

Es verbleiben somit die Merkmale 1.14 und 1.15, die den Inhalt des vom Ver-
brauchsmessgerät ausgesandten kurzen Funksignals betreffen. Druckschrift D21
geht dabei von der SCM (Standard Consumption Message = Standardver-
brauchsnachricht) aus. Diese ist wie folgt aufgebaut (siehe Fig. 3A i. V. m. S. 6, 7,
seitenübergreifender Abs.):


BIT Inhalt Bitanzahl Fester Wert
Sync Bit (MSB) 1 1
- 21 -
Preambel 20 0xF2A60
ERT ID MS Bits 2 -
Reserved 1 -
Physical Tamper 2 -
ERT Type 4 -
Encoder Tamper 2 -
Consumption Data 24 -
ERT ID LS Bits 24 -
CRC Checksum (LSB) 16 -

Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, besitzt diese SCM eine Länge von 96 Bit (= 12
Byte) und enthält eine Übertragungspräambel, die immer denselben Wert auf-
weist. Druckschrift D21 gibt nun an, dass diese SCM verändert werden kann, in-
dem Felder hinzugefügt, Felder weggelassen oder vorhandene Felder anders de-
finiert werden (vgl. S. 7, 1. Abs: „In related embodiments, the initial message is a
variation of the SCM packet, such as having one or more additional fields, having
fewer fields, or having differently-defined fields… ”). Dabei wird darauf hingewie-
sen, dass bei Ausführungen, bei denen die SCM kürzer ist, zwar die Notwendig-
keit einer bidirektionalen Kommunikation bestehen kann, jedoch eine Energieein-
sparung erfolgt. Beispielhaft wird dabei das Weglassen der Verbrauchsinformation
angegeben (vgl. S. 7, 1. Abs.: „… In embodiments where the initial message is
shorter than a SCM (such as omitting any consumption information), further 2-way
communication with the endpoints is needed to obtain the consumption infor-
mation; however, greater overall efficiency in communication and energy con-
sumption may be realized with such an arrangement.”). Das Weglassen der Ver-
brauchsinformation bedeutet, dass 24 Bit (3 Byte), also ein Viertel der Länge ein-
gespart werden kann.

Betrachtet der Fachmann die verbleibenden Felder, so ist neben der Präambel,
die zur Synchronisation von Verbrauchsmessgerät und Datensammler dient und
damit nicht weggelassen werden kann, die individuelle ID mit 24 + 2 Bit Länge das
- 22 -
Datum, das den größten Teil der Übertragung einnimmt. Zwar gibt die Druckschrift
D21 an mehreren Stellen an, dass das kurze Signal eine individuelle ID des Ver-
brauchsmessgeräts enthalten soll (vgl. z. B. S. 6, 3. Abs.: „The initial message
includes at least a unique identifier of the endpoint, and any necessary overhead
bits that identify the initial message as a transmission from an endpoint device to
enable its reception by an AMR system receiver.” oder S. 12, letzter Abs.: „When
reader 500 receives an initial message from an endpoint, reader 500 decodes the
initial message to determine the transmitting endpoint’s unique ID.” oder auch das
SCM-Format auf S. 32, das ebenfalls die ID enthält.), doch gibt sie im Gegensatz
zu dieser Möglichkeit auch an, dass für den Fall, dass das Lesegerät mehr Infor-
mation, wie die ID benötigt, dieses eine bidirektionale Kommunikation einleiten
kann (vgl. S. 31, vorletzter Abs.: „If the reader 109 requires more information such
as ID or response to a power fail it can initiate two-way communications on the
channel that the endpoint 108 will be listening on as described above.”). Dabei
muss aus der Angabe, dass das Lesegerät „mehr” Information benötigt, geschlos-
sen werden, dass es diese Information bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erhal-
ten hat, was wiederum bedeutet, dass keine vollständige ID in der kurzen Nach-
richt enthalten war.

Der Fachmann wird somit davon ausgehen, dass das Weglassen der ID in der
kurzen Nachricht zwar nicht bevorzugt, jedoch möglich ist. Er wird diese Möglich-
keit auch nutzen, um so die kurze Nachricht zumindest um die 24 LSB (Least Sig-
nificant Bits) der individuellen ID und damit um weitere 3 Byte zu verkürzen, was
mit dem Weglassen der Verbrauchswerte eine Halbierung der SCM bedeutet und
zu weiteren Energieeinsparungen führt. Da das Lesegerät aber die vollständige
individuelle ID zusammen mit den Verbrauchsdaten benötigt, um den Verbraucher
eindeutig identifizieren zu können, liegt es nahe, diese im Rahmen der bidirektio-
nalen Kommunikation gemeinsam mit den Verbrauchsdaten nachzufragen, so
dass sie vom Verbrauchsmessgerät mit den Daten übersendet wird.

- 23 -
Es verbleibt dann ein Rumpf der SCM, der noch vier Bit, die die Art des Ver-
brauchsmessgeräts („ERT Type“), und auf Grund der Byteorientierung der übli-
chen Datenverarbeitung möglicherweise die zwei MSB (Most Significant Bits) der
ID enthält. Diese sechs Bit können für jeden Wert als eine eigene Gruppe identifi-
ziert werden, so dass die SCM neben einer Präambel noch ein Syncword enthält,
aus dem der Datensammler schon an Hand der Art des Verbrauchsmessgeräts
erkennt, aus welcher Gruppe es stammt, also ob es sich um z. B. einen Wärme-
messer, einen Wasserzähler oder einen Stromzähler handelt. Auf diese Weise
kommt der Fachmann nun ausgehend von Druckschrift D21 mittels seines Fach-
wissens auch zu den Merkmalen 1.14 und 1.15 und damit zum Verfahren nach
Anspruch 1, das deshalb auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG) und
folglich nicht patentfähig ist.

4. Es kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben, ob ein weiterer der
Widerrufsgründe des § 21 PatG bei der beantragten Fassung des Patents gege-
ben ist (analog zu BGH GRUR 1991, 120, 121 II.1. – „Elastische Bandage“).

5. Auf Grund der Antragsbindung fallen auch die auf Anspruch 1
zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – „Informa-
tionsübermittlungsverfahren II“).

6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den
Beschluss der Patentabteilung 31 vom 12. April 2016 zurückzuweisen. Das Patent
war somit vollständig zu widerrufen, wenn auch aus anderen als in besagtem Be-
schluss angeführten Gründen.

- 24 -
III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten - vorbehaltlich des
Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Be-
schwer - das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechts-
beschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfol-
genden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich

1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens
ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des
Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses
schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, ein-
zureichen oder
- 25 -
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevoll-
mächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH,
www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer
prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder
mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die
Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektroni-
schen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs
www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.


Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann

prö


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