23 W (pat) 26/17  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:200318B23Wpat26.17.0


BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 26/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
20. März 2018





B E S C H L U S S

In der Einspruchsbeschwerdesache



- 2 -








betreffend das Patent 10 2009 022 381

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
20. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner und der
Richter Brandt, Dr. Friedrich und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Auf die am 22. Mai 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte
Patentanmeldung 10 2009 022 381.9 hat die Prüfungsstelle für Klasse H04L das
Streitpatent mit der Bezeichnung „Verfahren zur webbasierten Personenidentifika-
tion“ durch Beschluss vom 29. März 2012 unter Zitierung folgenden Stands der
Technik erteilt:

DR1 US 2003/0 139 994 A1 und
DR2 DE 103 06 338 A1.
- 3 -
Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 9. August 2012

Gegen das Patent hat die Einsprechende 1 mit Schriftsatz vom
8. November 2012, beim Deutschen Patent- und Markenamt am
9. November 2012 eingegangen, fristgemäß Einspruch erhoben und beantragt,
das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit (Neuheit bzw. erfinderische Tä-
tigkeit, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 1 bis 5 PatG) sowie fehlender Ausführ-
barkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und unzulässiger Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4
PatG) zu widerrufen. Dazu hat sie im Laufe des Einspruchsverfahrens auf fol-
gende Druckschriften verwiesen:

D1 US 2008 / 0 189 185 A1
D2 DE 10 2006 009 725 A1
D3 US 2003 / 0 139 994 A1 (=DR1)
D4 DE 10 2004 001 234 A1
D4a Pressemitteilung der Kommission für Jugendschutzmedien der Landes-
medienanstalt
D5 US 2004 / 0 189 441 A1
D6 WO 2007 / 110 973 A1
D7 CN 101377872 A (= CN 200810216215.1)
D8 KR 2003-0033885 A
D9 GwG, Geldwäsche Gesetz
D10 PersAuswG, Personal-Ausweis Gesetz
D11 DE 10 2004 063 393 B3
D12 DE103 52 087 A1
D13 DE 100 43 554 C2
D14 WO 2005 / 125 092 A1
D15 US 2008 / 0 249 910 A1
D16 DE 600 03 444 T2
D17 US 2005 / 0 288 941 A1
D18 US 2003 / 0 135 457 A1
- 4 -
D19 US 2001 / 0 003 175 A1
D20 WO 2006 / 126 056 A2
D21 DE 10 2004 060 976 A1
D22 DE 103 23 097 A1
D23 US 2002 / 0 004 772 A1
D24 DE 103 06 338 A1 (=DR2)
D25 EP 1 533 973 A2
D26 BGH Entscheidung X ZB 20/03, Elektronischer Zahlungsverkehr,

In ihrem Einspruchsschriftsatz vom 8. November 2012 und den weiteren Einspruchs-
eingaben vom 3. Juni 2013, 2. Dezember 2013 und 17. Dezember 2015 hat die
Einsprechende 1 insbesondere ausgeführt, dass
− das beanspruchte Verfahren kein konkretes technisches Problem mit
technischen Mitteln löse und daher aufgrund des Patentierungs-
ausschlusses nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 PatG nicht patentfähig sei,
− der erteilte Anspruch 1 aufgrund der Gliederung mit den Buchstaben a. bis
g. eine zeitliche Reihenfolge der einzelnen Verfahrensschritte vorgebe, die
hinsichtlich des Verfahrensschritts c. aber ursprünglich nicht offenbart sei,
− das Streitpatent den Verfahrensschritt e. des Anspruchs 1 nicht so deutlich
und vollständig offenbare, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen
könne,
− das Verfahren des Anspruchs 1 durch die Kombinationen folgender
Druckschriften nahegelegt sei:
o D1 i. V. m. D2
o D3 i. V. m. D1 und D2
o D4 i. V. m. D1 und D2
o E5 i. V. m. D1, D2 und E3 bzw. E4
o D4 i. V. m. D8
− das Verfahren des Anspruchs 1 nicht neu sei gegenüber der E5,
− das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 1 jeweils aus den
Druckschriften E5 (Abs. 66), D11 (Abs. 6), D12 (Abs. 13), D13 (Abs. 21),
- 5 -
D14 (S. 12, Table 4), D15 (Abs. 33 u. 78), D16 (Abs. 61), D17 (Abs. 38),
D18 und D19 bekannt sei,
− die Merkmale der erteilten Unteransprüche aus dem vorgelegten Stand der
Technik bekannt seien.

Die Einsprechende 2, die D… AG, hat mit Schriftsatz vom
8. November 2012, beim Deutschen Patent- und Markenamt elektronisch am
8. November 2012 eingegangen, fristgemäß Einspruch erhoben und beantragt,
das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit (Neuheit bzw. erfinderische Tä-
tigkeit, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 1 bis 5 PatG) sowie fehlender Ausführ-
barkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und unzulässiger Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4
PatG) zu widerrufen. Zum Beleg hat sie im Einspruchsverfahren auf folgende
Druckschriften verwiesen:

E1 US 2003 / 0 139 994 A1 (=D3)
E2 DE 103 06 338 A1 (=D24)
E3 Urteil des BGH im Rechtsstreit ueber18.de (I ZR 102/05)
E4 Pressemeldung der Cybits AG zur E3 (Stellungnahme zum BGH-Urteil
bezüglich Alterskontrollen auf Pornoseiten)
E5 WO 2007 / 016 920 A1
E6 DE 10 2004 001 234 A1 (=D4)
E7 US 2009 / 0 119 299 A1
E8 KR 10 2004 0 074 358 A1
E8a englische Zusammenfassung der E8
E8b deutsche Zusammenfassung der E8 (von der Einsprechenden 1 mit
Schriftsatz vom 17. Dezember 2015 eingeführt)
E9 DE 199 40 341 A1
E10 DE 101 34 682 A1
E11 DE 10 2004 001 855 A1
E12 Benutzerhandbuch 1&1 DSL
E13 Pressemeldung Cybits AG (Cybits schützt Minderjährige im Internet)
- 6 -
E14 Pressemeldung Cybits AG (Cybits mit eco-Award für beste vertikale
ASP-Lösung ausgezeichnet)
E15 Pressemeldung Cybits AG (Twistbox u. Cybits sorgen für kindersicheren
Zugriff auf Entertainment-Angebote für Mobiltelefone)
E16 Die Personalausweis-Prüfziffer
E17 Altersverifikation soll ein gutes Geschäft werden, www.heise.de/-134044
E18 Pressemeldung Coolspot AG (Coolspot AG führt Personal ID ein)
E19 Pressemeldung Coolspot AG (enterpayment AG bietet Personal ID an)
E20 DE 10 2004 008 576 A1
E21 Hash-Funktion, Wikipedia
E22 R. Wobst, Abenteuer Kryptologie, Addison Wesley, ISBN 3-8273-1413-5,
1998, S. 256, 257

In ihrem Einspruchsschriftsatz vom 8. November 2012 und den weiteren Einspruchs-
eingaben vom 4. November 2013 und 30. Dezember 2015 hat die Einsprechende 2
insbesondere ausgeführt, dass
− der erteilte Anspruch 1 aufgrund der Gliederung mit den Buchstaben a. bis
g. eine zeitliche Reihenfolge der einzelnen Verfahrensschritte vorgebe, die
aber ursprünglich nicht offenbart sei,
− das Streitpatent die Verfahrensschritte b., c., e., f., und g. des Anspruchs 1
nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann die
Erfindung ausführen könne,
− das Verfahren des Anspruchs 1 nicht neu sei gegenüber der E5,
− das Verfahren des Anspruchs 1 durch die Kombinationen folgender
Druckschriften nahegelegt sei:
o E1 i. V. m. einer der Entgegenhaltungen E8, E9, E10 und E11,
o E6 i. V. m. einer der Entgegenhaltungen E8, E9, E10 und E11,
− die Merkmale der erteilten Unteransprüche aus dem vorgelegten Stand der
Technik bekannt seien.

- 7 -
Die Patentinhaberin hat mit Schriftsätzen vom 17. Juni 2013, 21. November 2013
und 13. Februar 2014 zu den Einsprüchen Stellung genommen und neben einem
lediglich hinsichtlich des erteilten Anspruchs 8 geänderten Hauptantrag einen
Hilfsantrag mit einem durch die Merkmale des erteilten Anspruchs 3 beschränkten
Anspruch 1 vorgelegt und damit die Aufrechterhaltung des Streitpatents in
beschränkter Fassung beantragt. Entgegen den Ausführungen der
Einsprechenden löse das Streitpatent ein konkretes technisches Problem mit
technischen Mitteln und enthalte auch keine unzulässige Erweiterung, da
Anspruch 1 keine zeitliche Reihenfolge der Verfahrensschritte vorgebe. Zudem
offenbare das Streitpatent die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein
Fachmann sie ausführen könne und auch die von den Einsprechenden
angeführten Druckschriften könnten das beanspruchte Verfahren weder
vorwegnehmen noch nahelegen.

Nach Prüfung der als zulässig angesehenen Einsprüche hat die Patentabtei-
lung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts das Streitpatent zum Ende der
Anhörung vom 6. April 2016, in der die Patentinhaberin das Patent mit Haupt- und
Hilfsantrag verteidigt hat, wegen fehlender Ausführbarkeit widerrufen.

Die schriftliche Begründung des Beschlusses ist mit Anschreiben vom
23. Mai 2016 der Patentinhaberin am 27. Mai 2016 zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 23. Juni 2016 beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin vom
21. Juni 2016, mit der sie sprachlich überarbeitete Ansprüche 1 nach Haupt- und
Hilfsantrag 1 vorlegt.

Die Einsprechenden 1 und 2 haben sich mit Eingaben vom 16. Februar 2017 bzw.
23. Dezember 2016 zur Beschwerde der Patentinhaberin geäußert.

- 8 -
In der mündlichen Verhandlung am 20. März 2018 beantragt die Patentinhaberin:

1. Hauptantrag
a. Den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 6. April 2016 aufzuheben;
b. das Patent Nr. 10 2009 022 381 mit der Bezeichnung „Verfahren zur
webbasierten Personenidentifikation“ dem Anmeldetag 22. Mai 2009
aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, eingegangen im
Deutschen Patent- und Markenamt am 23. Juni 2016;
- Patentansprüche 2 bis 11 gemäß Hauptantrag, eingegangen im
Deutschen Patent- und Markenamt am 17. Juni 2013;
- Beschreibung Absätze [0001] bis [0026],
- 1 Blatt Zeichnungen (Seite 7/7) mit einer Figur, jeweils gemäß
Patentschrift.

2. Hilfsantrag I
Hilfsweise
a. den unter 1a. genannten Beschluss aufzuheben;
b. das unter 1b. genannte Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu
erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I, als Hilfsantrag eingegan-
gen im Deutschen Patent- und Markenamt am 23. Juni 2016;
- Patentansprüche 2 bis 10 gemäß Hilfsantrag I, als Hilfsantrag ein-
gegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am
17. Juni 2013;
- die unter 1b. genannten Beschreibungen und Zeichnungen.

3. Hilfsantrag II
Weiter hilfsweise
a. den unter 1a. genannten Beschluss aufzuheben;
- 9 -
b. das unter 1b. genannte Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu
erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag II, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 20. März 2018;
- die unter 1b. genannten Beschreibungen und Zeichnungen.

4. Hilfsantrag III
Weiter hilfsweise
a. den unter 1a. genannten Beschluss aufzuheben;
b. das unter 1b. genannte Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu
erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag III, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 20. März 2018;
- die unter 1b. genannten Beschreibungen und Zeichnungen.

5. Hilfsantrag IV
Weiter hilfsweise
a. den unter 1a. genannten Beschluss aufzuheben;
b. das unter 1b. genannte Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu
erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag IV, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 20. März 2018;
- die unter 1b. genannten Beschreibungen und Zeichnungen.
-
Die Einsprechende 1 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Einsprechende 2 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.
- 10 -
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag stimmt mit dem erteilten Anspruch 1 überein
und hat folgenden Wortlaut:

Verfahren zur webbasierten Personenidentifikation mit folgenden Verfah-
rensschritten:

a. webbasierte Erhebung personenbezogener Daten der zu identifizie-
renden Person,

b. Generierung und Speicherung eines Hash-Wertes aus den Daten
des Personalausweises,

c. elektronischer Abgleich der personenbezogenen Daten mit
Referenzdatenbanken, die ausschließlich ausweisbasierte persönli-
che Face-to-Face Identifizierungen dokumentieren,

d. elektronische Plausibilisierung der von der zu identifizierenden Per-
son übermittelten Personalausweisdaten,

e. sichere Übermittlung von Zugangsdaten an die identifizierte Person,

f. Feststellung, dass zu identifizierende und handelnde Person iden-
tisch sind, durch Zustellung eines Autorisierungscodes an die zu
identifizierende Person, der nur von dieser zur Authentifizierung
verwendet werden kann,

g. Elektronischer Abgleich der übermittelten Personalausweisdaten
mit den Daten einer vorliegenden Personalausweiskopie.

Anspruch 1 des Hilfsantrags I ergibt sich aus Anspruch 1 des Hauptantrags
durch Anfügen folgenden Zusatzmerkmals:
- 11 -

- 12 -
„wobei die zu identifizierende Person ihren Geburtsort, ihr Geburts-
datum, die neunstellige Nummer ihres Personalausweises, das
Ausstellungsdatum ihres Personalausweises sowie die Personal-
ausweisprüfziffer auf einer Web-Maske eingibt und übermittelt“.

Anspruch 1 des Hilfsantrags II ergibt sich aus Anspruch 1 des Hilfsantrags I
durch Anfügen folgenden Zusatzmerkmals:

„wobei anhand von Personalausweisnummer, Ausstellungsdatum
und Gültigkeitsdatum des Personalausweises sowie aufgrund des
Geburtsdatums der zu identifizierenden Person elektronisch über-
prüft wird, ob die übermittelten Daten auf ein deutsches Personal-
ausweisdokument schließen lassen und

wobei der zu identifizierenden Person auf eine von ihr benannte E-
Mail-Adresse ein personalisierter Push-Link übersendet wird, über
den die zu identifizierende Person auf eine Website gelangt“.

Anspruch 1 des Hilfsantrags III ergibt sich aus Anspruch 1 des Hilfsantrags II
durch Streichen des letzten „und“ im ersten Absatz des oben aufgeführten Zu-
satzmerkmals von Anspruch 1 des Hilfsantrags II und durch Anfügen des weiteren
folgenden Zusatzmerkmals:

„und wobei die zu identifizierende Person sich auf der Website, die
sie über den personalisierten Push-Link erreicht, nur nach Eingabe
ihres selbst gewählten Passwortes und der Autorisierungscodes
selbst autorisieren kann“.

Anspruch 1 des Hilfsantrags IV hat folgenden Wortlaut (Änderungen zu An-
spruch 1 des Hauptantrags sind unter- bzw. durchgestrichen):

- 13 -
Verfahren zur webbasierten Personenidentifikation mit folgenden Verfah-
rensschritten:

a. webbasierte Erhebung personenbezogener Daten der zu identifizie-
renden Person und Zuordnen eines von der zu identifizierenden
Person selbst gewählten Passworts,

b. Generierung und Speicherung eines Hash-Wertes aus den Daten
des Personalausweises,

c. elektronischer Abgleich der personenbezogenen Daten mit
Referenzdatenbanken, die ausschließlich ausweisbasierte persönli-
che Face-to-Face Identifizierungen dokumentieren,

d. elektronische Plausibilisierung der von der zu identifizierenden Per-
son übermittelten Personalausweisdaten, wobei anhand von Perso-
nalausweisnummer, Ausstellungsdatum und Gültigkeitsdatum des
Personalausweises sowie aufgrund des Geburtsdatums der zu
identifizierenden Person elektronisch überprüft wird, ob die über-
mittelten Daten auf ein deutsches Personalausweisdokument
schließen lassen,

e. sichere Übermittlung von Zugangsdaten an die identifizierte Person

e. Feststellung, dass zu identifizierende und handelnde Person iden-
tisch sind, durch Zustellung eines Autorisierungscodes an die zu
identifizierende Person, der nur von dieser zur Authentifizierung
verwendet werden kann,

f. Übersenden eines personalisierten Push-Link mit Zugangsdaten an
die zu identifizierende Person auf eine von ihr benannte E-Mail-Ad-
resse, über den die zu identifizierende Person auf eine Website ge-
- 14 -
langt, und wobei die zu identifizierende Person sich auf der Website,
die sie über den personalisierten Push-Link erreicht, nur nach Ein-
gabe ihres selbst gewählten Passwortes und des Autorisierungs-
codes selbst autorisieren kann,

g. Elektronischer Abgleich der übermittelten Personalausweisdaten mit
den Daten einer vorliegenden Personalausweiskopie.

Hinsichtlich der abhängigen Ansprüche der Antragssätze sowie der weiteren Ein-
zelheiten wird auf die Streitpatentschrift und den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig.
Sie erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom
20. März 2018 als nicht begründet, da die Verfahren des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen I bis IV gegenüber einer Kombination
der Druckschriften E12 und E4 i. V. m. den durch das Dokument D10 belegten
gesetzlichen Vorgaben sowie dem durch die Druckschriften E5 und D2 bzw. E22
belegten Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen
Fachmanns beruhen (§ 4 PatG), weshalb das Patent wegen fehlender Patentfä-
higkeit zu widerrufen war (§§ 59 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrenssta-
dium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., § 59
Rdn. 51 und 150 bis 152; BGH GRUR 1972, 592 – Sortiergerät), da nur das Vor-
liegen eines zulässigen Einspruchs die weitere sachliche Überprüfung eines er-
teilten Patents erlaubt.

- 15 -
Vorliegend sind die form- und fristgerecht erhobenen Einsprüche beider Einspre-
chenden zulässig, weil sowohl zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der
mangelnden Patentfähigkeit aufgrund fehlender Neuheit bzw. erfinderischer Tätig-
keit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 3 und 4 PatG) als auch zu den Einspruchs-
gründen der fehlenden Ausführbarkeit und unzulässigen Erweiterung substantiiert
Stellung genommen wurde. So hat die Einsprechende 1 neben ihren Ausführun-
gen zur unzulässigen Erweiterung und fehlenden Ausführbarkeit jeweils im Einzel-
nen angegeben, wo welche Merkmale des Verfahrens des erteilten Anspruchs 1 in
den einzelnen Druckschriften offenbart seien, und wie sich das Verfahren nach
Anspruch 1 aus den Druckschriften D1 bis D4 ihrer Meinung nach jeweils ergebe.
Auch zu den Unteransprüchen wurde substantiiert Stellung genommen und ange-
geben, wo in den genannten Druckschriften die in diesen Ansprüchen bean-
spruchten Merkmale offenbart seien, oder wie sie sich ergäben. Die Einspre-
chende 2 hat ebenfalls neben ihren Ausführungen zur unzulässigen Erweiterung
und fehlenden Ausführbarkeit jeweils im Einzelnen angegeben, wo welche Merk-
male des Verfahrens des erteilten Anspruchs 1 in den einzelnen Druckschriften
offenbart seien, und wie sich das Verfahren nach Anspruch 1 aus den Druck-
schriften E1, E5, E6 und E8 bis E11 ihrer Meinung nach jeweils ergebe. Insgesamt
sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt
(§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und
Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die Lage versetzt,
ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Einspruchs-
gründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, liSp, Abs. 1 -
Epoxidation; Schulte, PatG, 10. Aufl., § 59 Rdn. 83 bis 89).

2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur webbasierten Identifikation von
Personen.

Aufgrund gesetzlicher Vorgaben haben verschiedene Dienstleister ihre Vertrags-
partner vor der Durchführung einer Transaktion anhand eines gültigen amtlichen
Ausweises, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem die Pass- und Aus-
- 16 -
weispflicht im Inland erfüllt wird, zu identifizieren, wobei die Identifikation aber
auch durch einen weiteren Dienstleister erfolgen kann, indem unter der Voraus-
setzung der persönlichen Anwesenheit der zu identifizierenden Person beim
Dienstleister durch Mitarbeiter dieses Dienstleisters eine Einsichtnahme in das
Ausweisdokument des Vertragspartners unter Anfertigung einer Kopie erfolgt. Ei-
nes solchen weiteren Dienstleisters bedienen sich Dienstleister insbesondere
dann, wenn sie über kein ausreichendes Filialnetz verfügen, mit dem sie den zu
identifizierenden Personen einen leicht zugänglichen persönlichen Kontakt ermög-
lichen können, um ihren Identifizierungspflichten nachzukommen. Die Identifika-
tion durch Dritte erfolgt dabei auf der Grundlage des so genannten PostIdent-
Verfahrens, bei dem die Einsichtnahme in das Ausweisdokument der zu identifi-
zierenden Person durch einen Mitarbeiter der D… AG erfolgt. Dieser
protokolliert die Identifizierung und übermittelt die Daten an den Auftraggeber. Bei
einer solchen Vorgehensweise ergibt sich aber das Problem, dass die Auslage-
rung gesetzlicher Identifizierungspflichten an Dritte aufgrund fehlender Filialnetze
einen für den Erfolg der Dienstleister kritischen Faktor darstellt. Denn bei dem
derzeit üblichen PostIdent-Verfahren werden lediglich weniger als die Hälfte aller
angestoßenen Identifikationen erfolgreich durchgeführt, da die für die Durchfüh-
rung des PostIdent-Verfahrens notwendige persönliche Anwesenheit des zu Iden-
tifizierenden in einer Post-Filiale einen erheblichen zeitlichen Aufwand für die zu
identifizierende Person darstellt, was im Endergebnis etliche Vertragspartner da-
von abhält, dieses Identifizierungsverfahren bis zum Abschluss zu durchlaufen.
Darüber hat sich gezeigt, dass bei der Nutzung des PostIdent-Verfahrens die
Qualität der übermittelten Daten zunehmend Mängel aufweist und diese Daten
dann nicht als Grundlage einer sicheren Identifizierung dienen können.

Wie in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents weiter ausgeführt wird, ist
aus der US 2003/0139994 A1 (D3 bzw. E1) ein Verfahren zur Fernabwicklung von
eine Personenidentifikation voraussetzenden Bankgeschäften bekannt, bei dem
personenbezogene Daten der zu identifizierenden Person dadurch erhoben wer-
den, dass eine Unterschrift erfasst oder ein Bild oder andere Ausweisdaten ge-
- 17 -
scannt werden und ein elektronischer Abgleich der personenbezogenen Daten mit
Referenzdatenbanken durch eine Überprüfung eines Dateiordners erfolgt, der eine
Unterschrifts-Aufzeichnung enthält. Daraufhin werden an die identifizierte Person
Zugangsdaten übermittelt. Es erfolgt zudem eine elektronische Plausibilisierung
der von der zu identifizierenden Person übermittelten Personalausweisdaten und
durch einen Bildvergleich zwischen einem Real-Time-Bild und einem gescannten,
übertragenen Ausweisbild wird festgestellt, ob die zu identifizierende und die han-
delnde Person identisch sind. Schließlich findet ein elektronischer Abgleich der
übermittelten Personalausweisdaten mit den Daten einer vorliegenden Personal-
ausweiskopie statt.

Kritisch ist bei solchen Verfahren die Speicherung der Personalausweisnummer in
einer über das Web zugänglichen Datenbank, da hier ein Missbrauch nicht auszu-
schließen ist, vgl. Abs. [0002] bis [0006] der Streitpatentschrift.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Auf-
gabe zugrunde, die Sicherheit eines Verfahrens zur webbasierten Personenidenti-
fikation zu erhöhen, vgl. Abs. [0007] der Streitpatentschrift.

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Verfahren nach den Ansprüchen 1 gemäß
dem Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen I bis IV.

Gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags werden in Schritt a.
zunächst personenbezogene Daten webbasiert erhoben, bspw. durch Eingabe in
eine Web-Maske, und in Schritt b. wird daraus ein sog. Hash-Wert gebildet. Wie in
dem Lehrbuch E22 und der Druckschrift D2 (vgl. deren Abs. [0017]) erläutert, be-
steht der Sinn des Bildens eines Hash-Wertes aus den Personalausweisdaten
darin, dass diese nicht mehr im Klartext lesbar sind, was insbesondere auch ge-
setzlichen Vorgaben entspricht, vgl. § 3 Abs. 4, § 3a Abs. 1 und § 4 Abs. 2 sowie
Abs. 3 des Gesetzes über Personalausweise entsprechend Dokument D10.

- 18 -
In Schritt c. werden die personenbezogenen Daten dann mit Referenzdatenban-
ken verglichen, in denen ausschließlich ausweisbasierte persönliche Face-to-Face
Identifizierungen dokumentiert sind, d. h. diese Datenbanken enthalten aus-
schließlich Daten von Personen, die schon einmal die Ausweispapiere persönlich,
bspw. im Rahmen eines PostIdent- oder Kontoeröffnungsverfahrens vorgelegt ha-
ben und in diesem Zusammenhang identifiziert worden sind, vgl. Abs. [0020] des
Streitpatents.

Zusätzlich werden die übermittelten Personalausweisdaten gemäß Schritt d. hin-
sichtlich ihrer Plausibilität überprüft, was in Anspruch 4 bzw. Abs. [0012] näher
erläutert wird. Demnach wird bei der Plausibilitätsprüfung insbesondere die Prüf-
ziffer des Personalausweises analysiert und überprüft, ob diese korrekt zusam-
mengesetzt ist und zu den übrigen personenbezogenen Daten passt, vgl. das die
Personalausweis-Prüfziffer erläuternde Dokument E16.

Entsprechend Verfahrensschritt e. erfolgt eine sichere Übermittlung von Zugangs-
daten an die identifizierte Person und in Schritt f. soll festgestellt werden, dass die
zu identifizierende und die handelnde Person identisch sind, indem ein Autorisie-
rungscode an die zu identifizierende Person zugestellt wird, der nur von dieser zur
Authentifizierung verwendet werden kann. Eine Erläuterung des Verfahrens-
schrittes f. findet sich bspw. in Abs. [0013] der allgemeinen Beschreibung sowie in
Abs. [0023] des Ausführungsbeispiels und in Anspruch 5. Demnach werden der zu
identifizierenden Person zwei Teile eines Autorisierungscodes übermittelt, wobei
der erste Teil des Codes in der Betreffzeile einer elektronisch durchgeführten Gut-
schrift auf ein persönliches Online-Konto der zu identifizierenden Person und der
zweite Teil des Codes in der Betreffzeile der ebenfalls elektronisch über dasselbe
Online-Konto durchgeführten Lastschrift erscheint. Dadurch soll sichergestellt
sein, dass die für die weitere Durchführung des Verfahrens notwendigen Daten
nur für die bereits identifizierte Person einsehbar ist, d. h. dass die handelnde und
die zu identifizierende Person identisch sind, ohne dass es dazu einer postali-
schen Zustellung bedarf.
- 19 -
Gemäß Schritt g. werden schließlich die übermittelten Personalausweisdaten mit
den Daten einer vorliegenden Personalausweiskopie verglichen, d. h. die erhobe-
nen Personalausweisdaten werden mit den von dem Dienstleister aus einer von
der zu identifizierenden Person übermittelten Kopie des Personalausweises aus-
gelesenen Daten elektronisch verglichen.

Der Verfahrensschritt e. des Anspruchs 1, in dem eine sichere Übermittlung von
Zugangsdaten an die identifizierte Person erfolgen soll, ist hinsichtlich der Begriffe
„Zugangsdaten“ und „identifizierte Person“ erklärungsbedürftig.

So sind unter dem breiten Begriff „Zugangsdaten“ ganz allgemein Daten zu verste-
hen, die den Zugang zu einer Sache ermöglichen. Darunter können nach den Aus-
führungen in der Beschreibung, vgl. deren Abs. [0009] i. V. m. den Abs. [0013] bis
[0016], bspw. ein an eine E-Mail-Adresse gesendeter personalisierter Push-Link
fallen (vgl. Abs. [0014]), eine One-Time-Pin (vgl. Abs. [0015]), ein Autorisierungscode
(vgl. Abs. [0013]) oder ein Passwort (vgl. Abs. [0016)]. Im Fall des Push-Links gibt
der Nutzer nach Erhalt der Email die zugemailte Internetadresse in den Browser ein
und im Fall der One-Time-Pin, des Autorisierungscodes oder des Passworts die
entsprechende Pin bzw. den Code oder das Passwort. In allen Fällen werden dem-
nach die Zugangsdaten in eine Webmaske eingegeben, um Zugang zu einer Sache
zu erhalten. Dabei ist für den Fachmann das Zusenden an eine E-Mail-Adresse im
Rahmen eines webbasierten Verfahrens auch als sicheres Übermittlungsverfahren
durchführbar.

Insbesondere ist der Verfahrensschritt e. des Anspruchs 1 so breit formuliert, dass
Verfahrensschritt f. des Anspruchs 1 lediglich als eine Präzisierung des Verfahrens-
schritts e. verstanden werden kann, denn die Zustellung des Autorisierungscodes
(Schritt f.) stellt gleichzeitig auch eine Übermittlung von Zugangsdaten (Schritt e.)
dar, denn weder aus Anspruch 1 noch aus der allgemeinen Beschreibung des Streit-
patents geht hervor, dass der Autorisierungscode und die Zugangsdaten unter-
schiedlich sein müssen.
- 20 -
Diese Zugangsdaten sollen nach Merkmal e. an die identifizierte Person übermittelt
werden. Im Zusammenhang mit der Beschreibung in den Abs. [0009], [0024] und
[0025] versteht der Fachmann dieses Merkmal so, dass die zu identifizierende
Person einen Teil der Identifizierung bereits durchlaufen hat und insofern zu einem
gewissen Teil identifiziert ist, dass aber im Rahmen des beanspruchten Verfahrens
noch weitere Identifikations- bzw. Authentifizierungsschritte durchzuführen sind. Der
Begriff „identifizierte Person“ ist bei einem solchen Verständnis nicht mit der ab-
schließend identifizierten Person gleichzusetzen, sondern beschreibt eine Person,
die erst einen Teil der Personenidentifikation durchlaufen hat und eine zumindest
teilweise noch zu identifizierende bzw. authentifizierende Person ist.

Entgegen den Ausführungen der Einsprechenden ergibt sich aus dem Wortlaut
der jeweiligen Ansprüche 1 keine zeitliche Reihenfolge der Verfahrensschritte in
dem Sinn, dass diese in der Reihenfolge ihrer Aufzählung im jeweiligen An-
spruch 1 aufeinanderfolgen, denn in den Ansprüchen ist weder eine zeitliche Ab-
folge der Verfahrensschritte a bis g angeführt noch ergibt sich eine implizite zeitli-
che Abfolge aus der Aufzählung mit den Gliederungsbuchstaben a bis g, da diese
lediglich eine Aufzählung von Verfahrensschritten ohne eine bestimmte zeitliche
Abfolge darstellen.

Mit den Lösungen nach den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge I bis IV wird das Ver-
fahren des Hauptantrags bezüglich der einzelnen Verfahrensschritte durch Auf-
nahme zusätzlicher Merkmale aus den Unteransprüchen bzw. der Beschreibung
spezifiziert, insbesondere dahingehend, welche Daten von der zu identifizierenden
Person eingegeben und überprüft werden, und wie die Plausibilisierung und Auto-
risierung erfolgt.

3. Die Verfahren der Ansprüche 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträ-
gen I bis IV werden dem Fachmann durch die Druckschriften E12 und E4 i. V. m.
den durch das Dokument D10 belegten gesetzlichen Vorgaben sowie dem durch
die Druckschriften E5 bzw. E16 und D2 bzw. E22 belegten Fachwissen nahege-
- 21 -
legt, so dass diese wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sind
(§ 4 PatG).

Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche sowie der
Ausführbarkeit ihrer Lehren dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121,
II.1 – „Elastische Bandage“), wobei der Senat entgegen den Ausführungen der
Patentabteilung keine Bedenken hat hinsichtlich der Frage der Ausführbarkeit der
Lehre sämtlicher Anspruchssätze und hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der
Ansprüche 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen I bis III.

Der Fachmann ist hier als ein berufserfahrener Fachhochschulabsolvent im Be-
reich der Informatik zu definieren, der über besondere Kenntnisse auf dem Gebiet
der webbasierten Authentifizierung von Personen verfügt.

3.1. Im Folgenden wird auf den Anspruch 1 nach Hilfsantrag III eingegangen, da
dieser sämtliche Merkmale der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag und
nach den Hilfsanträgen I und II umfasst.

Der Auszug aus dem Benutzerhandbuch 1&1 DSL gemäß Druckschrift E12 trägt
auf seiner letzten Seite das Druckdatum 03/07 und ist daher nach gängiger Recht-
sprechung vorveröffentlichter Stand der Technik. In dessen Kapitel 10 wird auf
den Seiten 41 und 42 zunächst erläutert, wie man im Internet Zugang zu vom ex-
ternen Filme-Anbieter maxdome angebotenen Kino- und Fernsehfilmprogrammen
erhält. Dazu muss man sich bei dem externen Anbieter mit persönlichen Kunden-
daten zunächst registrieren und erhält anschließend einen an die angegebene E-
Mail-Adresse zugesandten Link zum Freischalten des Filmangebots. Nach der
Registrierung können Filme durch Eingabe von Login-Daten, die aus der angege-
benen E-Mail-Adresse und dem dazugehörigen Passwort bestehen, ausgewählt
und angeschaut werden, vgl. die Schritte 1 bis 4 auf Seite 41 sowie die Schritte 1
bis 3 auf Seite 42 der E12.

- 22 -
Um zusätzlich Zugang zu altersbeschränkten Filmen zu erhalten, muss man sich
nach dem Einloggen in das Filmangebot des externen Anbieters (Schritt 1 auf
Seite 43) unter dem Feld „Meine persönlichen Daten“ einer einmaligen speziellen
Altersverifikation mit [verify-U] unterziehen (Schritt 2 auf Seite 43). Dieser Vorgang
ist in der oberen Hälfte von Seite 43 folgendermaßen zusammengefasst:


Demnach wird mittels des [verify-U]-Verfahrens anhand der persönlichen Daten
überprüft, ob für die jeweilige Person schon einmal eine dem Postident-Verfahren
entsprechende Altersverifikation stattgefunden hat oder nicht. Fällt die Überprü-
fung negativ aus, muss das Postident-Verfahren als separates Verifikationsver-
fahren durchgeführt werden, wohingegen in dem Fall, dass für die beantragende
Person eine solche Altersverifikation schon einmal erfolgt ist, das [verify-U]-Ver-
fahren mit den auf Seite 44 erläuterten Schritten 3 bis 5 weiter durchgeführt wird.

Insbesondere erfolgt aufgrund gesetzlicher Vorgaben bei dieser im Anschluss an
die webbasierte Erhebung der personenbezogenen Daten erfolgenden [verify-U]-
Altersverifikation auch ein elektronischer Abgleich der personenbezogenen Daten
mit einer Face-to-Face Identifizierung entsprechend Merkmal c. des Anspruchs 1,
worauf in Dokument E4 vom 24. Oktober 2007, einer Pressemeldung der Cybits
- 23 -
GmbH, die obige Altersverifikation [verify-U]TM zum damaligen Zeitpunkt durchge-
führt hat, hingewiesen wird:


Demnach beinhaltet diese anhand der personenbezogenen Daten durchgeführte
Altersverifikation [verify-U] eine Face-to-Face Identifizierung auf Grundlage von
Personalausweispapieren, die im Rahmen von zuvor erfolgten Altersverifikationen,
insbesondere dem Postident-Verfahren, schon einmal vorgelegt wurden. Wie
durch die Druckschrift E16 bzw. E5, vgl. deren Abs. [66], belegt, umfassen diese
beim Postident-Verfahren übermittelten Personalausweisdaten insbesondere die
zehnstellige Personalausweis-Seriennummer mit der Behördenkennzahl (Zei-
chen 1 bis 4), der fortlaufenden Ausweisnummer (Zeichen 5 bis 9) und der Prüf-
ziffer der Seriennummer (Zeichen 10), sowie den Namen, das Geburtsdatum mit
Geburtsort, die Nationalität, das Ausstellungsdatum und die 36-stellige Personal-
ausweis-Datenzeile, in der zahlreiche Personalausweisdaten komprimiert enthal-
ten sind (Personalausweisnummer mit Behördenkennzahl, Nationalität, Geburts-
datum, Ablaufdatum, Prüfziffer). Entsprechend den Erläuterungen in Abs. [66] der
E5 umfassen solche dem Postident-Verfahren entsprechenden Verifikationsver-
fahren als wesentlichen Bestandteil eine Plausibilitätskontrolle der eingegebenen
Personalausweisdaten mit dieser 36-stelligen Datenzeile.

Folglich wird nach der aufgrund des Einloggens in das maxdome-System erfolgten
webbasierten Erhebung der personenbezogenen Daten und dem Anklicken des
Buttons „Altersnachweis mit [verify-U]“ im Bereich „Meine persönlichen Daten“
- 24 -
gemäß den Schritten 1 und 2 auf Seite 43 der E12 ein elektronischer Abgleich
entsprechend Merkmal c. des Anspruchs 1 durchgeführt, bei dem als wesentlicher
Schritt eine Plausibilisierung der Personalausweisdaten und ein Abgleich der Per-
sonalausweisdaten entsprechend den Merkmalen d. und g. des Anspruchs 1 statt-
findet, vgl. obigen Auszug aus der Pressemeldung E4. Bei positiver Altersverifika-
tion erhält der zu Identifizierende in Schritt 3 schließlich eine Email mit einem per-
sonalisierten Link, vgl. Seite 44 der E12. Dies entspricht dem Verfahrensschritt e.
des Anspruchs 1. Zusätzlich wird dem Nutzer ein Autorisierungscode mittels des
Bankkontos zugestellt, d. h. auch Schritt f. des Anspruchs 1 wird bei dem aus Do-
kument E12 bekannten Verfahren durchgeführt.

Folglich entnimmt der Fachmann dem Dokument E12 i. V. m. Dokument E4 und
seinem durch die Druckschriften E5 bzw. E16 belegten Fachwissen mit den Wor-
ten des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag III ein

Verfahren zur webbasierten Personenidentifikation mit folgenden Verfahrens-
schritten:

a. webbasierte Erhebung personenbezogener Daten der zu identifizierenden
Person (E12, S. 41, Schritte 1 bis 4 und S. 43, Schritt 1),

c. elektronischer Abgleich der personenbezogenen Daten mit
Referenzdatenbanken, die ausschließlich ausweisbasierte persönliche
Face-to-Face Identifizierung dokumentieren (E12, S. 43, Schritt 2 i. V. m.
E4),

d. elektronische Plausibilisierung der von der zu identifizierenden Person
übermittelten Personalausweisdaten (E12, S. 43, grauer Kasten i. V. m.
E5, Abs. [66]),

- 25 -
e. sichere Übermittlung von Zugangsdaten an die identifizierte Person (E12,
S. 44, Schritt 3, Zusenden des Push-Links),

f. Feststellung, dass zu identifizierende und handelnde Person identisch
sind, durch Zustellung eines Autorisierungscodes an die zu identifizie-
rende Person, der nur von dieser zur Authentifizierung verwendet werden
kann (E12, S. 44, Schritt 3, Übermittlung der Alters-PIN auf das Bank-
konto),

g. Elektronischer Abgleich der übermittelten Personalausweisdaten mit den
Daten einer vorliegenden Personalausweiskopie (E12, grauer Kasten
i. V. m. E4),

wobei die zu identifizierende Person ihren Geburtsort, ihr Geburtsdatum, die
neunstellige Nummer ihres Personalausweises, das Ausstellungsdatum ihres
Personalausweises sowie die Personalausweisprüfziffer auf einer Web-Maske
eingibt und übermittelt (E5, Abs. [66] und die dort genannten bespielhaften
Personalausweisdaten, die bei einem dem Postident-Verfahren entsprechen-
den Verifikationsverfahren einzugeben sind, sowie in E16 die Übersicht der
Personalausweisdaten),

wobei anhand von Personalausweisnummer, Ausstellungsdatum und Gültig-
keitsdatum des Personalausweises sowie aufgrund des Geburtsdatums der zu
identifizierenden Person elektronisch überprüft wird, ob die übermittelten Da-
ten auf ein deutsches Personalausweisdokument schließen lassen (E5,
Abs. [66] und die dort als wesentlicher Bestandteil eines dem Postident-Ver-
fahren entsprechenden Verifikationsverfahrens erläuterte Plausibilitätskon-
trolle der von der zu identifizierenden Person eingegebenen Daten),

wobei der zu identifizierenden Person auf eine von ihr benannte E-Mail-Ad-
resse ein personalisierter Push-Link übersendet wird, über den die zu identifi-
- 26 -
zierende Person auf eine Website gelangt (E12, S. 44, Schritt 3, Zusenden
des Push-Links),

und wobei die zu identifizierende Person sich auf der Website, die sie über
den personalisierten Push-Link erreicht, nur nach Eingabe ihres selbst ge-
wählten Passwortes und des Autorisierungscodes selbst autorisieren kann
(E12, S. 44, Schritt 4, Eingabe der Alters-PINs).

Zudem ergibt sich der die Generierung und Speicherung eines Hash-Wertes aus
den Daten des Personalausweises betreffende Schritt b. des beanspruchten Ver-
fahrens für den Fachmann in naheliegender Weise sowohl aus den gesetzlichen
Vorgaben für die Datenverarbeitung von Personalausweisdaten entsprechend
dem Gesetz über Personalausweise (vgl. in D10 § 3 Abs. 4, § 3a Abs. 1 und § 4
Abs. 2 sowie Abs. 3), womit ein Missbrauch dieser Daten verhindert werden soll,
als auch aus Effizienzgründen. Denn wie durch die Lexikon- bzw. Lehrbuchaus-
züge E21 und E22 sowie die Druckschrift D2 jeweils belegt, stellt es ein fachübli-
ches Verfahren dar, aus sensiblen Daten einen Hash-Wert zu generieren und die-
sen abzuspeichern, da dann auf die Daten effizient zugegriffen werden kann,
diese aber gleichzeitig nicht frei lesbar sind.

Daher führt der Fachmann sowohl aufgrund gesetzlicher Vorgaben als auch aus
Sicherheits- und Effizienzgründen bei dem aus Dokument E12 bekannten Perso-
nenidentifikationsverfahren eine solche Hash-Wert-Generierung und Speicherung
entsprechend Merkmal b. durch, ohne dass er dazu erfinderisch tätig werden
muss.

Da zudem bei der in Druckschrift E12 beschriebenen Altersverifikation der Sicher-
heitsaspekt im Vordergrund steht und der Fachmann bestrebt ist, illegale Zugriffe
zu verhindern, liegt es im Rahmen fachmännischen Handelns, zur Erhöhung der
Sicherheit weitere Zugriffshürden einzubauen und bspw. in Schritt 4 auf Seite 44
der E12 eine Abfrage des maxdome-Passworts einzufügen, um unberechtigte Zu-
- 27 -
griffe weitestgehend unterbinden zu können, so dass bei diesem Schritt neben der
Eingabe des Autorisierungscodes auch eine Abfrage des selbst gewählten
maxdome-Passwortes erfolgt.

Das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag III ist daher nicht patentfähig,
denn es ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer Kombi-
nation der Druckschriften E12 und E4 i. V. m. den durch das Dokument D10 be-
legten gesetzlichen Vorgaben, dem bspw. durch das Lehrbuch E22 oder Druck-
schrift D2 belegten Fachwissen betreffend das Generieren von Hash-Werten und
dem durch die Druckschriften E5 bzw. E16 belegten Fachwissen betreffend das
Postident-Verfahren und die gängigen Personalausweisdaten.

Da Anspruch 1 des Hilfsantrags III sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag und den Hilfsanträgen I und II umfasst, sind die darin beanspruchten
Verfahren in gleicher Weise wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht pa-
tentfähig.

3.2. Aus den gleichen Gründen ist auch das Verfahren des Anspruchs 1 nach
Hilfsantrag IV nicht patentfähig.

Denn aus den bereits genannten Gründen entnimmt der Fachmann dem Doku-
ment E12 i. V. m. Dokument E4 und seinem durch die Druckschriften E5 bzw. E16
belegten Fachwissen mit den Worten des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag IV ein

Verfahren zur webbasierten Personenidentifikation mit folgenden Verfahrens-
schritten:

a. webbasierte Erhebung personenbezogener Daten der zu identifizierenden
Person und Zuordnen eines von der zu identifizierenden Person selbst
gewählten Passworts (E12, S. 41, Schritte 1 bis 4 und S. 43, Schritt 1; das
Passwort ist dabei zwangsläufig den Daten der Person zugeordnet),
- 28 -
b. Generierung und Speicherung eines Hash-Wertes aus den Daten des Per-
sonalausweises,

c. elektronischer Abgleich der personenbezogenen Daten mit
Referenzdatenbanken, die ausschließlich ausweisbasierte persönliche
Face-to-Face Identifizierungen dokumentieren (E12, S. 43, Schritt 2
i. V. m. E4),

d. elektronische Plausibilisierung der von der zu identifizierenden Person
übermittelten Personalausweisdaten, wobei anhand von Personalaus-
weisnummer, Ausstellungsdatum und Gültigkeitsdatum des Personalaus-
weises sowie aufgrund des Geburtsdatums der zu identifizierenden Per-
son elektronisch überprüft wird, ob die übermittelten Daten auf ein deut-
sches Personalausweisdokument schließen lassen (E12, S. 43, grauer
Kasten i. V. m. E5, Abs. [66] und E16),

e. Feststellung, dass zu identifizierende und handelnde Person identisch
sind, durch Zustellung eines Autorisierungscodes an die zu identifizie-
rende Person, der nur von dieser zur Authentifizierung verwendet werden
kann (E12, S. 44, Schritt 3, Übermittlung der Alters-PIN auf das Bank-
konto),

f. Übersenden eines personalisierten Push-Links mit Zugangsdaten an die
zu identifizierenden Person auf eine von ihr benannte E-Mail-Adresse,
über den die zu identifizierende Person auf eine Website gelangt, und wo-
bei die zu identifizierende Person sich auf der Website, die sie über den
personalisierten Push-Link erreicht, nur nach Eingabe ihres selbst ge-
wählten Passwortes und des Autorisierungscodes selbst autorisieren kann
(E12, S. 44, Schritt 3, Zusenden des Push-Links; E12, S. 44, Schritt 4,
Eingabe der Alters-PINs),

- 29 -
g. Elektronischer Abgleich der übermittelten Personalausweisdaten mit den
Daten einer vorliegenden Personalausweiskopie (E12, grauer Kasten
i. V. m. E4).

Wie bereits dargelegt, stellt es aufgrund gesetzlicher Vorgaben bzw. aus Sicher-
heits- und Effizienzgründen eine fachmännische Maßnahme dar, bei dem aus Do-
kument E12 bekannten Personenidentifikationsverfahren eine Hash-Wert-Generie-
rung und Speicherung entsprechend Merkmal b. vorzusehen sowie in Schritt 4 auf
Seite 44 der E12 eine Abfrage des maxdome-Passworts einzufügen, um unbe-
rechtigte Zugriffe weitestgehend unterbinden zu können, so dass bei diesem
Schritt neben der Eingabe des Autorisierungscodes auch eine Abfrage des selbst
gewählten maxdome-Passwortes erfolgt.

Auch das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag IV ist daher nicht patentfä-
hig, denn es ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer
Kombination der Druckschriften E12 und E4 i. V. m. den durch das Dokument D10
belegten gesetzlichen Vorgaben, dem bspw. durch das Lehrbuch E22 oder Druck-
schrift D2 belegten Fachwissen betreffend das Generieren von Hash-Werten und
dem durch die Druckschriften E5 bzw. E16 belegten Fachwissen betreffend das
Postident-Verfahren und die gängigen Personalausweisdaten.

4. Mit dem jeweiligen Anspruch 1 fallen wegen der Antragsbindung auch die
übrigen Ansprüche, vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz. 22 – Informationsüber-
mittlungsverfahren II.

5. Bei dieser Sachlage war das Streitpatent zu widerrufen.

- 30 -
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten – vorbehaltlich des
Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Be-
schwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden
Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich

1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens
ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des
Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses
schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, ein-
zureichen oder
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten in elektronischer Form. Zur Entgegennahme elektronischer Dokumente ist
die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs bestimmt. Die elektronische
Poststelle des Bundesgerichtshofs ist über die auf der Internetseite
- 31 -
www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege er-
reichbar. Die Einreichung erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Doku-
ments in die elektronische Poststelle. Elektronische Dokumente sind mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer fortgeschrittenen elektroni-
schen Signatur zu versehen.


Dr. Strößner Brandt Dr. Friedrich Dr. Himmelmann

prö


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