23 W (pat) 24/16  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 24/16
_______________
(Aktenzeichen)




Verkündet am
1. August 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Patentanmeldung 10 2013 007 984.5

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 1. August 2017 unter Mitwirkung des Richters
Brandt als Vorsitzenden sowie der Richter Dr. Friedrich, Dr. Zebisch und
Dr. Himmelmann

- 2 -
beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e
I.
Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2013 007 984.5 und der Be-
zeichnung „Energiespeicherattrappe“ wurde am 10. Mai 2013 beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingereicht.
Die Prüfungsstelle für Klasse G09B hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der
Technik gemäß den Druckschriften
D1 EP 0 926 796 A2
D2 Primary Lithium Battery Safety and Handling Guidelines, S&H Guide-
lines Rev2010A1; Electrochem Solutions
D3 DE 39 32 188 A1
D4 DE 10 2010 028 862 A1
D5. DE 199 16 981 C2 und
D6 DE 24 40 482 A1
verwiesen und in zwei Prüfungsbescheiden die jeweils beanspruchte Energiespei-
cherattrappe als nicht patentfähig hinsichtlich des ermittelten Stands der Technik
angesehen. In der daraufhin am 22. Juli 2015 durchgeführten Anhörung hat die
Anmelderin Anspruchssätze nach Hauptantrag und nach Hilfsanträgen I, II und III
vorgelegt, von denen lediglich die Fassung nach Hilfsantrag III als gewährbar an-
gesehen wurde. Nachfolgend hat die Anmelderin Reinschriften der Anspruchss-
ätze und angepasste Beschreibungen vorgelegt, woraufhin die Prüfungsstelle
durch Beschluss vom 20. November 2015 die Anmeldung in der Fassung nach
- 3 -
Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen I und II zurückgewiesen und in der Fas-
sung nach Hilfsantrag III erteilt hat.
Gegen diesen der Anmelderin am 26. November 2015 zugestellten Beschluss
richtet sich die am 19. Dezember 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt
eingegangene Beschwerde mit der nachgereichten Beschwerdebegründung vom
14. April 2016, eingegangen am 19. April 2016.
Zusammen mit der Ladung ist die Anmelderin auch auf die Relevanz der Druck-
schrift
D7 DE 10 2010 043 523 A1
hingewiesen worden.
In der mündlichen Verhandlung am 1. August 2017 beantragt die Anmelderin

1.
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G09B des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 20. November2015 aufzuheben.

2.a) Hauptantrag
Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Energiespeicher-
attrappe“, dem Anmeldetag 10. Mai 2013 auf der Grundlage folgen-
der Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 14,
- Beschreibungsseiten 1 bis 14, jeweils eingegangen am
19. April 2016;
- 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4, eingegangen im
Deutschen Patent- und Markenamt am Anmeldetag.

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2.b) Hilfsantrag 1
Hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung ein
Patent zu erteilen
auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 1. August 2017;
- die unter 2.a) genannten Beschreibungsseiten und Zeichnun-
gen.

2.c) Hilfsantrag 2
Weiter hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung
ein Patent zu erteilen
auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 1. August 2017;
- die unter 2.a) genannten Beschreibungsseiten und Zeichnun-
gen.

2.d) Hilfsantrag 3
Weiter hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung
ein Patent zu erteilen
auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 1. August 2017;
- die unter 2.a) genannten Beschreibungsseiten und Zeichnun-
gen.
Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut (Gliederung hinzugefügt):

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(a) Energiespeicherattrappe (1),
(b) umfassend ein Gehäuse (2) mit wenigstens einer darin aufgenom-
menen elektrischen Energiespeicherzelle (3), welche mit gehäuse-
seitigen elektrischen Anschlüssen (4) elektrisch verbunden ist,
gekennzeichnet durch,
(c) wenigstens eine in oder an dem Gehäuse (2) angeordnete Strom-
und/oder Spannungsbegrenzungseinrichtung (5), welche zur Be-
grenzung des an den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden
elektrischen Stroms auf einen bestimmten Stromgrenzwert
und/oder der an den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden
elektrischen Spannung auf einen bestimmten Spannungsgrenzwert
ausgebildet ist,
(d) wobei die an den elektrischen Anschlüssen (4) der
Energiespeicherattrappe (1) anliegende elektrische Spannung
und/oder der an den elektrischen Anschlüssen (4) der Energiespei-
cherattrappe (1) anliegende elektrische Strom derart klein ist, dass
ein Einsatz der Energiespeicherattrappe (1) in einer Anwendung, in
welcher der Energiespeicher, dem die Energiespeicherattrappe
nachempfunden ist, in der Praxis tatsächlich eingesetzt wird, nicht
möglich ist.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 umfasst die Merkmale (a) bis (d) des Hauptan-
trags und enthält eine Präzisierung des Strom- und Spannungsgrenzwerts im Zu-
satzmerkmal (c1). Er lautet folgendermaßen (Änderungen zum Anspruch 1 des
Hauptantrags sind unterstrichen und die Gliederung ist hinzugefügt):

- 6 -
(a) Energiespeicherattrappe (1),
(b) umfassend ein Gehäuse (2) mit wenigstens einer darin
aufgenommenen elektrischen Energiespeicherzelle (3), welche mit
gehäuseseitigen elektrischen Anschlüssen (4) elektrisch verbunden
ist,
dadurch gekennzeichnet dass,
(c) wenigstens eine in oder an dem Gehäuse (2) angeordnete Strom-
und/oder Spannungsbegrenzungseinrichtung (5), welche zur Be-
grenzung des an den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden
elektrischen Stroms auf einen bestimmten Stromgrenzwert
und/oder der an den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden
elektrischen Spannung auf einen bestimmten Spannungsgrenzwert
ausgebildet ist,
(c1) wobei der Stromgrenzwert in einem Bereich unterhalb 12 mA und
der Spannungsgrenzwert in einem Bereich zwischen 10 und 60 V
liegt,
(d) wobei die an den elektrischen Anschlüssen (4) der
Energiespeicherattrappe (1) anliegende elektrische Spannung
und/oder der an den elektrischen Anschlüssen (4) der Energiespei-
cherattrappe (1) anliegende elektrische Strom derart klein ist, dass
ein Einsatz der Energiespeicherattrappe (1) in einer Anwendung, in
welcher der Energiespeicher, dem die Energiespeicherattrappe
nachempfunden ist, in der Praxis tatsächlich eingesetzt wird, nicht
möglich ist.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ergibt sich aus Anspruch 1 des Hilfsantrags 1,
indem in Merkmal (c) die beiden „und/oder“ jeweils durch „und“ ersetzt werden, so
- 7 -
dass die entsprechende Energiespeicherattrappe sowohl eine Strom- als auch
eine Spannungsbegrenzungseinrichtung aufweist. Er lautet folgendermaßen (Än-
derungen zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 sind unterstrichen und die Gliede-
rung ist hinzugefügt):
(a) Energiespeicherattrappe (1),
(b) umfassend ein Gehäuse (2) mit wenigstens einer darin
aufgenommenen elektrischen Energiespeicherzelle (3), welche mit
gehäuseseitigen elektrischen Anschlüssen (4) elektrisch verbunden
ist,
dadurch gekennzeichnet dass,
(c‘) wenigstens eine in oder an dem Gehäuse (2) angeordnete Strom-
und Spannungsbegrenzungseinrichtung (5), welche zur Begren-
zung des an den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden elektri-
schen Stroms auf einen bestimmten Stromgrenzwert und der an
den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden elektrischen Span-
nung auf einen bestimmten Spannungsgrenzwert ausgebildet ist,
(c1) wobei der Stromgrenzwert in einem Bereich unterhalb 12 mA und
der Spannungsgrenzwert in einem Bereich zwischen 10 und 60 V
liegt,
(d) wobei die an den elektrischen Anschlüssen (4) der
Energiespeicherattrappe (1) anliegende elektrische Spannung
und/oder der an den elektrischen Anschlüssen (4) der Energiespei-
cherattrappe (1) anliegende elektrische Strom derart klein ist, dass
ein Einsatz der Energiespeicherattrappe (1) in einer Anwendung, in
welcher der Energiespeicher, dem die Energiespeicherattrappe
- 8 -
nachempfunden ist, in der Praxis tatsächlich eingesetzt wird, nicht
möglich ist.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 ergibt sich aus Anspruch 1 des Hilfsantrags 2,
indem in Merkmal (c1) der Stromgrenzwert auf einen Bereich zwischen 1 und
12 mA eingeschränkt wird. Er lautet folgendermaßen (Änderungen zum An-
spruch 1 des Hilfsantrags 2 sind unterstrichen und die Gliederung ist hinzugefügt):
(a) Energiespeicherattrappe (1),
(b) umfassend ein Gehäuse (2) mit wenigstens einer darin
aufgenommenen elektrischen Energiespeicherzelle (3), welche mit
gehäuseseitigen elektrischen Anschlüssen (4) elektrisch verbunden
ist,
dadurch gekennzeichnet dass,
(c‘) wenigstens eine in oder an dem Gehäuse (2) angeordnete Strom-
und Spannungsbegrenzungseinrichtung (5), welche zur Begren-
zung des an den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden elektri-
schen Stroms auf einen bestimmten Stromgrenzwert und der an
den elektrischen Anschlüssen (4) anliegenden elektrischen Span-
nung auf einen bestimmten Spannungsgrenzwert ausgebildet ist,
(c2) wobei der Stromgrenzwert in einem Bereich zwischen 1 und 12 mA
und der Spannungsgrenzwert in einem Bereich zwischen 10 und
60 V liegt,
(d) wobei die an den elektrischen Anschlüssen (4) der
Energiespeicherattrappe (1) anliegende elektrische Spannung
und/oder der an den elektrischen Anschlüssen (4) der Energiespei-
cherattrappe (1) anliegende elektrische Strom derart klein ist, dass
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ein Einsatz der Energiespeicherattrappe (1) in einer Anwendung, in
welcher der Energiespeicher, dem die Energiespeicherattrappe
nachempfunden ist, in der Praxis tatsächlich eingesetzt wird, nicht
möglich ist.
Hinsichtlich der abhängigen Ansprüche 2 bis 14 des Hauptantrags und der Hilfs-
anträge 1 bis 3 sowie bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Anmelderin ist zulässig.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die im angefochtenen
Beschluss ausgesprochene Zurückweisung der Patentanmeldung gemäß dem
damaligen Hauptantrag und den damaligen Hilfsanträgen I und II. Nur insoweit ist
die Anmelderin durch den Beschluss beschwert. Demgemäß ist der Antrag der
Anmelderin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den
geltenden Unterlagen zu erteilen, dahin auszulegen, dass eine Aufhebung des
Beschlusses der Prüfungsstelle nur insgesamt, d. h. auch bezüglich der darin
ausgesprochenen Erteilung gemäß Hilfsantrag III, lediglich für den Fall begehrt
wird, dass der Senat eine Erteilung gemäß den nunmehr geltenden Unterlagen
nach Hauptantrag oder nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 beschließt. Wird hingegen
diesem Begehren nicht entsprochen, bleibt der Beschluss der Prüfungsstelle über
die Patenterteilung nach Hilfsantrag III bestehen. Die gemäß Hilfsantrag III be-
schlossene Erteilung ist in diesem Fall nicht Gegenstand des Beschwerdeverfah-
rens und eine Abänderung des Beschlusses der Prüfungsstelle in diesem Punkt
zuungunsten der Anmelderin ist wegen des Verbots der Schlechterstellung (refor-
matio in peius) nicht zulässig (vgl. BGH, BlPMZ 1990, 131, 132 - Weihnachtsbrief).
1. Die Beschwerde erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung
als nicht begründet, da die jeweiligen Energiespeicherattrappen nach den Ansprü-
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chen 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3 dem Fachmann durch den
Stand der Technik gemäß den Druckschriften D4 und D7 nahegelegt werden, so
dass sie gemäß § 4 PatG wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfä-
hig sind.
Bei dieser Sachlage kann die Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche dahin-
gestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120-122, insbesondere 121,
II.1 - Elastische Bandage).
Der zuständige Fachmann ist hier als ein berufserfahrener Elektrotechnik-
Ingenieur mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung auf dem Ge-
biet der Entwicklung von Elektrokomponenten und den dazugehörigen Sicher-
heitseinrichtungen zu definieren.
2. Die Anmeldung betrifft eine Energiespeicherattrappe.
Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung sind darunter den in der
Praxis einzusetzenden Energiespeichern nachempfundene Bauteile zu verstehen,
die beispielsweise zu Prüf-, Test-, oder Schulungszwecken eingesetzt würden,
wenn die Verwendung von in der Praxis tatsächlich eingesetzten Energiespei-
chern nicht notwendig oder nicht zweckmäßig sei, da dies ein Gefährdungspoten-
tial für Bedienpersonen darstellen würde. Dies gelte insbesondere im Fall von
Schulungen, bei denen der korrekte Umgang mit Energiespeichern, z. B. im Rah-
men deren Montage in einer Endanwendung, vermittelt werden solle, denn hier sei
es von Vorteil, wenn das in der Regel noch ungeübte Bedienpersonal zunächst an
ungefährlichen Energiespeicherattrappen geschult werde.
Gängige Energiespeicherattrappen seien jedoch häufig derart konzipiert, dass
diese einen praxisnahen Umgang mit entsprechenden Energiespeichern nicht er-
möglichten, vgl. Beschreibungsseite 1, erster und zweiter Absatz sowie Beschrei-
bungsseite 2, dritter Absatz.
- 11 -
Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe
zugrunde, eine demgegenüber verbesserte Energiespeicherattrappe anzugeben,
vgl. Beschreibungsseite 2, vierter Absatz.
Diese Aufgabe wird durch die Energiespeicherattrappen der jeweiligen Ansprü-
che 1 nach dem Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 gelöst.
Die beanspruchte Energiespeicherattrappe weist demnach ein Gehäuse mit we-
nigstens einer darin aufgenommenen elektrischen Energiespeicherzelle auf, die
mit gehäuseseitigen elektrischen Anschlüssen elektrisch verbunden ist, und sie
zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Strom- und/oder Spannungsbegren-
zungseinrichtung enthält und dass an ihren elektrischen Anschlüssen eine derart
kleine elektrische Spannung und/oder ein derart kleiner elektrischer Strom anliegt,
dass ein Einsatz der Energiespeicherattrappe in einer Anwendung, in der der
Energiespeicher tatsächlich eingesetzt wird, nicht möglich ist. Dabei ist die Ener-
giespeicherattrappe gemäß den Erläuterungen zum Ausführungsbeispiel auf
Seite 9, letzter Absatz bis Seite 10, zweiter Absatz der Beschreibung hinsichtlich
ihrer Abmessungen und ihres Gewichts einem in der Praxis, z. B. in einem Kraft-
fahrzeug, tatsächlich eingesetzten Energiespeicher entsprechend nachempfun-
den, wohingegen sie sich entsprechend Merkmal (d) des Anspruchs 1 hinsichtlich
ihrer elektrischen Eigenschaften insofern von dem tatsächlich eingesetzten Ener-
giespeicher unterscheidet, als an ihren Anschlüssen lediglich eine im Vergleich
dazu deutlich reduzierte elektrische Spannung bzw. ein deutlich reduzierter
elektrischer Strom abgreifbar ist.
Nach der Lehre der Anmeldung wird somit ein Energiespeicher dadurch zu einer
Energiespeicherattrappe, dass mittels einer Strom- und/oder Spannungsbegren-
zungseinrichtung der an den elektrischen Anschlüssen des Energiespeichers ab-
greifbare Strom bzw. die an den elektrischen Anschlüssen des Energiespeichers
abgreifbare Spannung verglichen mit dem tatsächlichen Anwendungsfall deutlich
reduziert ist.
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Die Lösungen der Hilfsanträge zeichnen sich zusätzlich durch die Angabe von
Strom- und Spannungsgrenzwertbereichen aus.
3. Die Energiespeicherattrappe nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist wegen
fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich der Druckschriften D4 und D7 (§ 4
PatG) nicht patentfähig.
Druckschrift D4 befasst sich mit Energiespeicherattrappen in Gestalt von Batterie-
zellattrappen, die zu Testzwecken insbesondere im KFZ-Bereich bei der Entwick-
lung von Batterie- und Batteriemanagementsystemen eingesetzt werden. Dabei
wird in Absatz [0002] der Druckschrift D4 im Rahmen der Erläuterung des Stands
der Technik zunächst darauf hingewiesen, dass zum Überprüfen des Zusammen-
spiels von Batteriezellen und Batteriemanagementsystemen (BMS) üblicherweise
Systemtests unter Verwendung von Batteriezellen mit niedrigem Ladezustand als
Batteriezellattrappen durchgeführt würden. Beim Einsatz solcher niedrig geladener
Batteriezellen als Attrappe könne aber, insbesondere aufgrund der bei Lithium-Io-
nen-Zellen bestehenden Gefahr einer Zerstörung der Zellen durch einen mögli-
chen „Thermal Runaway“, eine Gefährdung des Testpersonals und -equipments
nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Ausgehend davon wird in Druckschrift D4
vorgeschlagen, stattdessen Batteriezellattrappen zu verwenden, die keine elektri-
sche Energie speichern könnten, indem deren Füllmittel keinen für den Batterie-
zelltyp wirksamen Elektrolyten enthalte, die ansonsten aber im Wesentlichen bau-
gleich mit den zu testenden Original-Batteriezellen seien und in Bezug auf das
thermische Verhalten und das Verhalten bei mechanischer und korrosiver Belas-
tung die gleichen Eigenschaften hätten wie die Original-Batteriezellen. Ein Einsatz
derartiger Energiespeicherattrappen im Testequipment gestatte eine Untersu-
chung des Zusammenspiels und Funktionsverhaltens einzelner KFZ-Komponen-
ten unter typischen KFZ-Belastungen wie Schwingung, Temperaturwechsel,
Feuchtigkeitswechsel, Streusalz usw., ohne der Gefahr eines Gasaustritts oder
eines Brands ausgesetzt zu sein, vgl. Abs. [0007] bis [0009].
- 13 -
Aus diesen Erläuterungen erkennt der Fachmann, dass sich eine derartige Ener-
giespeicherattrappe lediglich für die Untersuchung des Zusammenspiels einzelner
Komponenten hinsichtlich mechanischer, thermischer und korrosiver Eigenschaf-
ten eignet, wohingegen der Einfluss der elektrischen Eigenschaften der Kompo-
nenten bei Untersuchungen mit dieser Attrappe unberücksichtigt bleiben muss.
Ausgehend von dieser Problemstellung wird der Fachmann somit den Hinweis in
Abs. [0002] der Druckschrift D4 betreffend die Verwendung von Batteriezellen mit
niedrigem Ladezustand als Batteriezellattrappen aufgreifen und ausgehend davon
bestrebt sein, diese weiter zu entwickeln, so dass auch Aussagen betreffend die
elektrischen Eigenschaften der Systemkomponenten ermöglicht werden, ohne die
Gefahr des „Thermal Runaway“ und damit eine Gefährdung des Personals zu ver-
größern. In diesem Zusammenhang sind dem Fachmann aus der Druckschrift D7
Lithium-Ionen-Batteriezellen bekannt, die mit einem Gleichspannungswandler,
einem Strommesser, einem Strombegrenzungsmittel, einem Mittel zur Erfassung
der Zellen-Temperatur und mit einem Batteriemanagementsystem (BMS) verbun-
den sind, vgl. deren Abs. [0014] bis [0026] und Ansprüche 1, 2, 6, 7 und 9 mit Fi-
gur 2a und Abs. [0039].
Aufgrund der Flexibilität dieser Batteriesysteme und der zusätzlich eingebauten
Sicherheitsmechanismen wird der Fachmann diese Zellen in naheliegender Weise
auch als Energiespeicherattrappen im Test- bzw. Schulungsequipment einsetzen,
indem er die Spannung bzw. den Strom mit Hilfe des Gleichspannungswandlers
und des Strombegrenzungsmittels auf den jeweils gewünschten, insbesondere für
das Test- bzw. Schulungspersonal ungefährlichen Wert einstellt.
Somit erhält der Fachmann ausgehend von dem in Druckschrift D4 gegebenen
Hinweis betreffend die Verwendung von Batterien mit niedrigem Ladungszustand
als Batteriezellattrappe durch den naheliegenden Einsatz der in Druckschrift D7
beschriebenen Batterie als Batteriezellattrappe mit den Worten des Anspruchs 1
nach Hauptantrag eine
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(a) Energiespeicherattrappe (Einsatz der Batterie 1 aus D7 als Batteriezellatt-
rappe entsprechend D4),
(b) umfassend ein Gehäuse (zwangsläufig vorhanden) mit wenigstens einer darin
aufgenommenen elektrischen Energiespeicherzelle (Speicher elektrischer
Energie 4, 4a, 4b, 4c / vgl. Fig. 2a und Abs. [0039] der D7), welche mit gehäu-
seseitigen elektrischen Anschlüssen (Kontaktpaar 2a, 2b / vgl. D7) elektrisch
verbunden ist,
(c) wobei wenigstens eine in oder an dem Gehäuse angeordnete Strom- und/oder
Spannungsbegrenzungseinrichtung (Strombegrenzungsmittel 12, 12a, 12b;
Gleichspannungswandler 10; Steuerung 20 / vgl. D7), welche zur Begrenzung
des an den elektrischen Anschlüssen (2a, 2b) anliegenden elektrischen
Stroms auf einen bestimmten Stromgrenzwert (vgl. Abs. [0045] der D7: „Alter-
nativ oder zusätzlich kann durch das BMS 20 auch ein Stromgrenzwert in dem
Strombegrenzungsmittel 12 eingestellt werden, so dass das Strombegren-
zungsmittel 12 unabhängig von der anliegenden Spannung stets höchstens
diesen vorgegebenen Stromwert an die Batteriezelle 4 ausgibt oder von dieser
aufnimmt.“) und/oder der an den elektrischen Anschlüssen (2a, 2b) anliegen-
den elektrischen Spannung auf einen bestimmten Spannungsgrenzwert (48
bzw. 60 V / vgl. Abs. [0014] und [0024] der D7) ausgebildet ist,
(d) wobei die an den elektrischen Anschlüssen (2a, 2b) der Energiespeicher-
attrappe (1) anliegende elektrische Spannung und/oder der an den elektri-
schen Anschlüssen (2a, 2b) der Energiespeicherattrappe (1) anliegende elekt-
rische Strom derart klein ist, dass ein Einsatz der Energiespeicherattrappe (1)
in einer Anwendung, in welcher der Energiespeicher, dem die Energiespei-
cherattrappe nachempfunden ist, in der Praxis tatsächlich eingesetzt wird,
nicht möglich ist (aufgrund der Einstellung auf einen so geringen Spannungs-
bzw. Stromstärkewert, dass eine Gefährdung von Personen beim Umgang mit
der Attrappe verhindert wird).
- 15 -
Die Energiespeicherattrappe des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich somit
in naheliegender Weise aus einer Kombination der Druckschriften D4 und D7 und
ist daher wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
4. Die Energiespeicherattrappen nach den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 3
Hauptantrags sind ebenfalls wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich
der Druckschriften D4 und D7 (§ 4 PatG) nicht patentfähig, da deren Zusatzmerk-
male aus Druckschrift D7 entweder bekannt oder durch sie nahegelegt sind.
So weist gemäß Fig. 2a und Abs. [0039] der Druckschrift D7 die dort beschriebene
Batterie sowohl ein Strombegrenzungsmittel (12) als auch einen Gleichspan-
nungswandler (10) auf, wobei sich mittels des Spannungswandlers die Ausgangs-
spannung und damit auch der Spannungsgrenzwert wahlweise auf 48 oder 60 V
einstellen lässt, vgl. Abs. [0014] und [0024].
Somit sind bis auf die Angabe, dass der Stromgrenzwert in einem Bereich unter-
halb 12 mA (Hilfsanträge 1 und 2) bzw. zwischen 1 und 12 mA liegt (Hilfsantrag 3)
sämtliche Zusatzmerkmale der Hilfsanträge 1 bis 3 aus Druckschrift D7 bekannt.
Die Einstellung des Stromgrenzwerts innerhalb dieses Bereichs kann aber eine
erfinderische Tätigkeit nicht begründen, denn aus dem bereits zitierten Abs. [0045]
der Druckschrift D7 folgt, dass der Stromgrenzwert je nach Vorgabe beliebig ein-
gestellt werden kann, wobei der Fachmann insbesondere im Schulungsfall einen
für das Personal ungefährlichen Wert wählt, der typischerweise im genannten mA-
Bereich liegt.
Die Energiespeicherattrappen der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 er-
geben sich daher ebenfalls in naheliegender Weise aus einer Kombination der
Druckschriften D4 und D7 und sind folglich wegen fehlender erfinderischer Tätig-
keit nicht patentfähig.
- 16 -
5. Es kann dahingestellt bleiben, ob Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2
bis 14 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3 patentfähig sind, denn we-
gen der Antragsbindung im Patenterteilungsverfahren fallen mit dem Patentan-
spruch 1 auch die mittelbar oder unmittelbar auf die selbständigen Patentansprü-
che rückbezogenen Unteransprüche (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863 Tz. 18 –
Informationsübermittlungsverfahren II m. w. N.).

6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung


Gegen diesen Beschluss steht der Anmelderin – vorbehaltlich des Vorliegens der
weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere des Vorliegens einer
Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die
Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der
nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des
Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des
Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des
Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

- 17 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses
schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe,
einzureichen oder
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des
BGH, www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit
einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz
oder mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen.
Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des
elektronischen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs
www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.


Brandt Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann
Pr


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