23 W (pat) 19/16  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 19/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
16. März 2017





B E S C H L U S S

In der Einspruchsbeschwerdesache

















- 2 -
betreffend das Patent 198 61 429

hat der 23. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 16. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Friedrich,
Dipl.-Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann

beschlossen:

1. Der Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 14. November 2012 (schriftlich
begründet durch Beschluss vom 5. Dezember 2012) wird
aufgehoben.
2. Das Patent Nr. 198 61 429 wird in vollem Umfang widerru-
fen.
3. Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse H01S des Deutschen Patent- und Markenamts hat
das am 18. Januar 2007 von der am 24. Juni 1998 unter Inanspruchnahme der
US-amerikanischen Priorität 882349 vom 25. Juni 1997 beim Deutschen Patent-
und Markenamt eingereichten und mit der DE 198 28 154 A1 am 7. Januar 1999
offengelegten Patentanmeldung 198 28 154.4 abgeteilte Patent 198 61 429
(Streitpatent) durch Beschluss vom 11. Dezember 2009 erteilt. Das Patent wurde
am 10. Juni 2010 mit der DE 198 61 429 B4 veröffentlicht und trägt die Bezeich-
nung „Auf Multimodefasern basierende Lasersysteme“.

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Im Prüfungsverfahren hat die Prüfungsstelle den Stand der Technik gemäß den
folgenden Druckschriften zitiert:

D1 DE 196 35 919 A1;
D2 US 5 121 460 A;
D3 EP 0 704 944 A1;
D4 US 5 074 633 und
D5 WO 96/04 701 A1.

Gegen das Patent hat die I… GmbH mit Schriftsatz vom 8. Juli 2010, beim
Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag eingegangen, Einspruch erho-
ben und in ihrem Schriftsatz den vollständigen Widerruf des Patents beantragt.
Die Einsprechende hat sich dabei auf die Widerrufsgründe der unzulässigen Er-
weiterung gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4
PatG) und der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) berufen. Sie hat
sich bei ihrer Begründung im Hinblick auf die fehlende Patentfähigkeit zusätzlich
zu den von der Prüfungsstelle genannten auf die folgenden Druckschriften ge-
stützt:

E5 US 5 422 897 A;
E6 D.B. Mortimore and J.V.Wright: „Low-Loss Joints between Dissimilar Fi-
bres by Tapering Fusion Splices”; in: Electronics Letters, Vol. 22, No. 6,
1986, S. 318-319;
E7 US 5 187 759 A;
E8 US 3 808 549;
E9 J.D.Minelly et al.: „Cladding-pumped fiber laser/amplifier system
generating 100 µJ energy picosecond pulses”; in: CLEO’97, 1997 OSA
Technical Digest Series Vol. 11, ISBN 1-55752-498-X, S. 475 bis 476;
E10 US 4 546 476;
E11 US 4 815 079;
E12 US 5 627 848 A;
- 4 -
E13 US 5 473 622 A;
E14 B.Desthieux, R.I.Laming and D.N.Payne: „111 kW (0.5 mJ) pulse
amplification at 1.5 µm using a gated cascade of three erbium-doped fi-
ber amplifiers”; in: Applied Physics Letters 63 (5) 1993, S. 586 bis 588.

In zwei weiteren Schriftsätzen hat sie ihre Ansichten nochmals ausgeführt und
auch zu den Ansprüchen der von der Patentinhaberin eingereichten Hilfsanträge
Stellung genommen.

Auf den Einspruch hin hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 28. April 2011
den Ansichten der Einsprechenden in allen Punkten widersprochen und insbeson-
dere ausgeführt, dass sowohl die erteilten Ansprüche als auch die des mit diesem
Schriftsatz eingereichten Hilfsantrags zulässig seien. Ihre Gegenstände seien neu
und beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. Zur Unter-
stützung ihrer Ansichten hat sie das Dokument

P1 Wikipedia-Artikel „Optical fiber connector“

eingereicht. In einer zweiten Eingabe nach Zustellung der Ladung zur Anhörung
vor der Patentabteilung hat die Patentinhaberin fünf neue Hilfsanträge 1 bis 5 ein-
gereicht und ausgeführt, dass deren Gegenstände ursprünglich offenbart und
auch patentfähig seien. Zur Unterstützung ihrer Ansichten hat sie folgende Druck-
schriften angegeben:

A1 D.Gloge: „Optical Power Flow in Multimode Fibers“; in: The Bell System
Technical Journal, Vol. 51, No. 8, 1972, S.1767 bis 1783;
A2 US 4 829 529;
A3 H.Po et al.: „High Power Neodymium-Doped Single Transverse Mode
Fibre Laser”; in Electronics Letters, Vol. 29, No. 17, 1993, S.1500 bis
1501;
A4: WO 95/10 868 A1
- 5 -
A5: D.Marcuse: „Derivation of Coupled Power Equations“; in: The Bell Sys-
tem Technical Journal, Vol. 51, No. 1, 1972, S. 229 bis 237;
A6 Wikipedia-Artikel: „Lichtwellenleiter”

In der darauf folgenden Anhörung vor der Patentabteilung 54 am
14. November 2012, welche sowohl von der Einsprechenden als auch von der
Patentinhaberin beantragt worden war, hat die Patentinhaberin weitere zwei Sätze
Patentansprüche als Hilfsanträge 5 und 6 eingereicht und beantragt, das Patent
auf der Grundlage der erteilten Ansprüche unverändert oder hilfsweise beschränkt
auf Grundlage einer der Hilfsanträge 1 bis 6 aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende, die noch das Dokument

E15 J.M.O.Daniel et al.: „Novel technique for mode selection in a multimode
fiber laser“; in: Optics Express (2011), Vol. 19, No. 13, S. 12434 bis
12439

eingereicht hat, hat ihren Antrag, das Patent zu widerrufen, wiederholt.

Als Ergebnis der Anhörung wurde das Streitpatent durch Beschluss der Patent-
abteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung gemäß
§ 61 Abs. 1 Satz 1 PatG mit den Unterlagen des 6. Hilfsantrags beschränkt auf-
rechterhalten.

Die Patentabteilung hat in ihrer auf den 5. Dezember 2012 datierten Beschlussbe-
gründung ausgeführt, dass die Lehren der Ansprüche 1 nach dem Hauptantrag
und den Hilfsanträgen 1 bis 3 nicht patentfähig seien. Die Zulässigkeit der Ansprü-
che dieser Anträge hat sie dahingestellt bleiben lassen, während sie zu den An-
sprüchen 1 des Hilfsantrags 4 und des Hilfsantrags 5 ausgeführt hat, dass diese
unzulässig seien. Zu den Ansprüchen des Hilfsantrags 6 hat sie ausgeführt, dass
- 6 -
diese zulässig seien und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns
beruhten.

In der elektronischen Akte des DPMA finden sich zwei PDF-Dateien mit der Be-
zeichnung „Beschluss Aufrechterhaltung - Signiert“ und jeweils drei Signaturda-
teien „SIG-1“, „SIG-2“ und „SIG-3“. Die Dateien „Beschluss Aufrechterhaltung –
Signiert“ enthalten jeweils u. a. zwei mit „Beschluss“ überschriebene Teile. Jeweils
eines der mit „Beschluss“ bezeichneten Dokumente wurde der Einsprechenden
am 10. Dezember 2012 und der Patentinhaberin am 11. Dezember 2012 zuge-
stellt.

Gegen den Beschluss der Patentabteilung 54 haben die Patentinhaberin und die
Einsprechende jeweils mit Schriftsatz vom 8. Januar 2013, jeweils am selben Tag
beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, Beschwerde eingelegt. Die
Einsprechende hat ihre Beschwerde mit dem Beschwerdeschriftsatz begründet
und folgende weitere Druckschriften eingereicht:

E16 E.-G.Neumann: „Single-Mode Fibers – Fundamentals“, Springer Verlag
Berlin Heidelberg, 1988, ISBN 3-540-18745-6, S. IX bis XIV, 210 bis
220, 281 bis 319;
E17 A.Oehler et al.: „New Field-Matching Technique for Low-Loss Splices
between Conventional and Dispersion-Flattened Single-Mode Fibres“;
in: Proceedings of the Fourteenth European Conference on Optical
Communication (ECOC 88), 11.-15. September 1988,
ISBN 0 85296369 6, S. 603 bis 606;
E18 W.Stieb et al.: „Fusion Splices with Low Loss between SM-Fibers of Dif-
ferent Types“; in: Proceedings of 37th international Wire and Cable
Symposium, Reno, Nevada, 15.-17. November 1988, S. 569 bis 575;
E 19 M.J.F.Digonnet, Dissertation: „Passive and Active Fiber Optic Compo-
nents“, Stanford University, September 1983.

- 7 -
Die Patentinhaberin hat ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 31. Juli 2014 be-
gründet. Im Folgenden haben die Einsprechende und die Patentinhaberin zu den
Ausführungen des anderen jeweils Stellung genommen. Dabei hat die Einspre-
chende die folgenden weiteren Druckschriften eingeführt:

E16a E.-G.Neumann: „Single-Mode Fibers - Fundamentals", Springer-Verlag
Berlin Heidelberg, 1988, ISBN 978-3-662-13699-7, S. IX-XIV, 35-60,
142-186, 188;
E20 S.Shaklan: „Measurement of Intermodal Coupling in Weakly Multimode
Fibre Optics"; in: Electronics Letters, Vol. 26, No. 24, 1990, S. 2022-
2024;
E21 US 5 121 460 A und
E22 G.Grau, W.Freude: "Optische Nachrichtentechnik", 3. Auflage, 1991,
Springer Verlag, Berlin Heidelberg, ISBN 978-3-540-53872-1, S. VI-XI,
128-131, 220-223, 264-269.

Zuletzt hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung am 16. März 2017
einen neuen Satz Patentansprüche mit Ansprüchen 1 bis 8 eingereicht, der den
bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Anspruchssatz nach Hauptantrag genau wie die
zwei mit der Beschwerdebegründung als 1. und 2. Hilfsantrag eingereichten Sätze
Patentansprüche ersetzt. In der mündlichen Verhandlung hat sie beantragt:

Den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 14. November 2012 (schriftlich begründet durch
Beschluss vom 5. Dezember 2012) aufzuheben und das Patent
Nr. 198 61 429 mit der Bezeichnung „Auf Multimodefasern basie-
rende Lasersysteme“ dem Anmeldetag 24. Juni 1998 unter Inan-
spruchnahme der Priorität US 882349 vom 25. Juni 1997 in be-
schränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender
Unterlagen:
- 8 -
- Patentansprüche 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Ver-
handlung am 16. März 2017;
- Beschreibung Absätze [0001] bis [0086] gemäß Patent-
schrift;
- 12 Blatt Zeichnungen (Seiten 14/25 bis 25/25) mit Figuren 1
bis 12 gemäß Patentschrift.

Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung beantragt:

Den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 14. November 2012 (schriftlich begründet durch
Beschluss vom 5. Dezember 2012) aufzuheben und das Patent
Nr. 198 61 429 in vollem Umfang zu widerrufen.

Der geltende, in der mündlichen Verhandlung am 16. März 2017 eingereichte An-
spruch 1 lautet:

„1. Lasersystem umfassend:
a. eine Länge einer dotierten Multimodefaser (76), die
ein erstes Ende hat;
b1. eine Pumpquelle (20) zum Pumpen der dotierten
Multimodefaser,
b2. wobei die dotierte Multimodefaser (76) mantelgepumpt
ist;
c. eine Länge einer Einzelmodenfaser (70), die ein
zweites Ende hat,
d. Reflektoren (M1, M2), die so angeordnet sind, dass
sie einen Laserresonator bilden, der die
Multimodefaser (76) und die Einzelmodenfaser (70)
einschließt, wobei

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e. das zweite Ende der Einzelmodenfaser (70) bezüglich
des ersten Endes der Multimodefaser (76) so
angeordnet ist, dass die Einzelmode der
Einzelmodenfaser (70) und die Grundmode der
Multimodefaser (76) aufeinander passen, so dass die
Einzelmodenfaser (70) als ein Modenfilter arbeitet und
das Ausgangssignal des Lasersystems im
Wesentlichen beugungsbegrenzt ist,
f. wobei das Anpassen der Moden zwischen dem ersten
Ende der Multimodenfaser (76) und dem zweiten
Ende der Einzelmodenfaser (70) durch einen
Modenwandler (L3, L4) bereitgestellt wird.“

Zu den Unteransprüchen 2 bis 8 sowie zu den weiteren Einzelheiten wird auf den
Akteninhalt verwiesen.


II.

Die fristgerecht eingegangenen Beschwerden sind zulässig. Die Beschwerde der
Einsprechenden erweist sich als begründet, während die Beschwerde der Pa-
tentinhaberin ohne Erfolg bleibt. So erweist sich der Gegenstand des Anspruchs 1
des geltenden einzigen Anspruchssatzes als gegenüber dem ermittelten Stand
der Technik auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhend, wes-
halb er nicht patentfähig ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 4 PatG). Das Patent
war deshalb in vollem Umfang zu widerrufen.

1. In der elektronischen Akte des DPMA existieren zwei mit „Beschluss Wider-
ruf - Signiert“ bezeichnete PDF-Dateien, die zudem, ebenso wie die Dokumentan-
zeige in den Signaturdateien, mehrere Beschlusstexte enthalten, so dass eine
präzise Bestimmung der Urschrift nicht möglich ist. Da aber der Tenor und die
- 10 -
Gründe der mehrfach vorhandenen Beschlusstexte in den beiden PDF-Dateien
alle übereinstimmen, ist der Inhalt der Entscheidung, die mit den qualifizierten
Signaturen versehen werden sollte, zumindest bestimmbar (Vgl. BPatG BlPMZ
2014, 355, 356 – „Anordnung zur Erfassung von Berührungen auf einer Träger-
platte“), weshalb der Senat keine Veranlassung sieht, das Verfahren nach § 79
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuver-
weisen.

2. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem
Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte PatG,
9. Auflage, § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152, BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“).
Vorliegend ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch zulässig, weil sowohl
zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der unzulässigen Erweiterung (§ 21
Abs. 1 Nr. 4 PatG) als auch zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der
mangelnden Patentfähigkeit auf Grund fehlender Neuheit und fehlender erfinderi-
scher Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 3, 4 PatG) substantiiert Stellung
genommen wurde. So hat die Einsprechende substantiiert vorgetragen, welche
Merkmale ursprünglich nicht offenbart seien, und wie es auf Grund des Weglas-
sens von Merkmalen zu einer unzulässigen Erweiterung des unter Schutz zu stel-
lenden Gegenstandes komme. Auch hat sie genau angegeben, wo welche Merk-
male des Gegenstands des unabhängigen Anspruchs in den einzelnen Druck-
schriften offenbart seien, oder wie sie sich in naheliegender Weise aus dem Stand
der Technik ergäben. Die Einsprechende gibt zudem noch ausführlich an, in wel-
chen Merkmalen auch Unteransprüche erweitert seien und wie sich die Gegen-
stände der Unteransprüche aus den genannten Druckschriften in naheliegender
Weise ergäben. Insgesamt sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtferti-
gen, im Einzelnen aufgeführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung des
Deutschen Patent- und Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden dem-
nach in die Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die be-
haupteten Einspruchsgründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leit-
- 11 -
satz 2, 251, liSp, Abs. 1 - „Epoxidation“; Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 84
bis 88).

3. Das Streitpatent betrifft die Verwendung von Multimodefasern zur Erzeu-
gung von Laserlicht.

Mit seltenen Erden dotierte Lichtwellenleiter werden seit langem zur Verwendung
als Quellen für kohärentes Licht in Betracht gezogen, da deren Lichtführungsei-
genschaften den Aufbau charakteristisch einfacher Laser ermöglichen. Den frühen
Arbeiten über Lichtwellenleiter wurde allerdings wenig Interesse geschenkt, da
keine Verfahren zum Erzeugen eines beugungsbegrenzten kohärenten Lichts be-
kannt waren. Viele aktuelle Laseranwendungen profitieren in hohem Maße vom
Vorhandensein des beugungsbegrenzten Lichts (vgl. Abs. [0001] und [0002] der
Streitpatentschrift).

Erst als die Herstellung von mit seltenen Erden dotierten Einzelmodenfasern (SM)
möglich wurde, wurde die Technologie mit durch seltene Erden dotierten Licht-
wellenleitern ins Leben gerufen. Bei dieser Technik wird lediglich der Grundmodus
des Lichtwellenleiters mit der Laserwellenlänge geführt, wodurch ein beugungsbe-
grenztes Ausgangssignal sichergestellt wird (vgl. Abs. [0003] der Streitpatent-
schrift).

Angetrieben durch die Bedürfnisse nach einer Lichtwellenleitertelekommunikation
für SM-Lichtwellenleiterverstärker, wurden für mehr als ein Jahrzehnt alle weiteren
Entwicklungen auf diesem Gebiet auf die Perfektion der SM-Faserverstärker ge-
richtet. Die Motivation zur Entwicklung von SM-Faserverstärkern resultierte insbe-
sondere aus der Tatsache, dass SM-Faserverstärker den geringsten Störgrad er-
zeugen und mit optischen SM-Faserübertragungsleitungen direkt kompatibel sind.
Darüber hinaus weisen SM-Faserverstärker die größten optischen Übertragungs-
bandbreiten auf, da die Modendispersion aufgrund der Abwesenheit von Moden
höherer Ordnung vollständig eliminiert ist. Im Allgemeinen ist die Modendispersion
- 12 -
der schädlichste, die Übertragungsbandbreite von Multimode-Lichtwellenleitern
(MM) begrenzende Effekt, da die Moden höherer Ordnung im Allgemeinen ver-
schiedene Ausbreitungskonstanten aufweisen (vgl. Abs. [0004] der Streitpatent-
schrift).

Allerdings ist die Verwendung von SM-Lichtwellenleitern bei der Verstärkung kur-
zer optischer Impulse nachteilig, da die Sättigungsenergie des Lichtwellenleiters
und damit die verfügbare Impulsenergie durch die begrenzte Kernfläche be-
schränkt werden. Die Sättigungsenergie eines Laserverstärkers kann ausgedrückt
werden als Esat = hνA/σ, wobei h die Plancksche Konstante kennzeichnet, ν die
optische Frequenz, σ den Querschnitt der stimulierten Emission und A die Kern-
fläche. Die bis zum Prioritätszeitpunkt größte durch einen SM-Lichtwellenleiter
erzeugte Impulsenergie beträgt ungefähr 160 µJ und wurde durch eine Erbium-
dotierte SM-Faser mit einem Kerndurchmesser von 15 µm erzielt, was ungefähr
den größten mit der SM-Ausbreitung bei 1,55 µm verträglichen Kerndurchmesser
darstellt. Dieses Ergebnis wurde bei einer numerischen Faserapertur NA ≈ 0,07
erreicht. Jede weitere Erhöhung des Kerndurchmessers erfordert eine weitere
Verringerung der NA der Faser und führt zu einer inakzeptabel höheren Empfind-
lichkeit gegenüber Krümmungsverlusten (vgl. Abs. [0005] der Streitpatentschrift).

Als Alternative zu SM-Verstärkern wurde eine Verstärkung in Multimode-(MM)-
Lichtwellenleitern in Betracht gezogen. Im Allgemeinen führten jedoch Verstär-
kungsexperimente in MM-Lichtwellenleitern zu nichtbeugungsbegrenzten Aus-
gangssignalen und auch zu einer inakzeptablen Impulsverbreiterung aufgrund der
Modendispersion, da die Einkopplungsbedingungen in den MM-Lichtwellenleiter
und die Modenkopplung in der MM-Faser nicht gesteuert wurden (vgl. Abs. [0006]
der Streitpatentschrift).

Kurz vor dem Prioritätstag wurde vorgeschlagen, dass ein nahezu beugungsbe-
grenzter Ausgangsstrahl eines MM-Faserlasers erhalten werden kann, wenn eine
Faserlänge von weniger als 15 mm beibehalten und ein maximaler Rückkopp-
- 13 -
lungsgrad für den Grundmodus des Lichtwellenleiters selektiv bereitgestellt wird.
Bei dieser Technik stellt allerdings die starke Modenkopplung ein Problem dar, da
die eingesetzten MM-Fasern einige 10000 Moden unterstützten. Darüber hinaus
wurde zur Modenselektion lediglich ein Luftspalt zwischen der Endfläche der MM-
Faser und einem Laserspiegel vorgeschlagen. Dadurch ergab sich lediglich eine
sehr schwache Modendiskriminierung, was zu einer schlechten Strahlqualität
führte (vgl. Abs. [0007] der Streitpatentschrift).

Zusätzlich zur Bereitstellung hoher Impulsenergien können MM-Lichtwellenleiter-
verstärker aufgrund ihres im Vergleich zu SM-Faserverstärkern erhöhten Faser-
querschnitts auch zur Verstärkung von Impulsen mit sehr hoher Spitzenleistung
herangezogen werden. Undotierte MM-Fasern und MM-Verstärkerfasern können
auch zur Impulskompression verwendet werden, wie kurz vor dem Prioritätszeit-
punkt offenbart wurde. Dies war jedoch auf die Verwendung von MM-Fasern als
Solitonen-Raman-Kompressoren in Verbindung mit einem nichtlinearen Spektral-
filterungsvorgang zum Reinigen des Spektralprofils beschränkt, was zu einer Be-
schränkung des Gesamtwirkungsgrads des Systems führen kann (vgl. Abs. [0011]
der Streitpatentschrift).

Im Vergleich zu einer Impulskompression in SM-Fasern sind in MM-Fasern auf-
grund der erhöhten Modengröße der Faser höhere Impulsenergien erzielbar. Ins-
besondere V-Werte größer als 2,5 und relativ hohe Indexunterschiede zwischen
Kern und Mantel (d. h. ein Δn > 0,3%) können wirksam eingesetzt werden. Auch
wurde die Verwendung von Hohlkernfasern zur Impulskompression vorgeschla-
gen, da Hohlkernfasern eine Erhöhung der Modengröße des Grundmodus ermög-
lichen. Hohlkernfasern weisen jedoch einen Eigenübertragungsverlust auf, müs-
sen mit einem Gas gefüllt werden, und müssen geradlinig beibehalten werden, um
Übertragungsverluste zu minimieren, wodurch sie zu einem hohen Maße unprak-
tisch werden (vgl. Abs. [0012] der Streitpatentschrift).

- 14 -
Als Alternative zum Erhalten von Hochleistungsimpulsen kann eine gechirpte Im-
pulsverstärkung mit gechirpten Faser-Bragg-Gittern eingesetzt werden. Eine der
Beschränkungen dieser Technik liegt darin, dass bei dem Kompressionsgitter eine
SM-Faser mit einer beschränkten Kernfläche eingesetzt wird. Höhere Impulsener-
gien konnten durch Verwendung von gechirpten Faser-Bragg-Gittern in MM-Fa-
sern mit verringerter Modenkopplung zur Impulskompression erzielt werden. In der
Tat wurden ungechirpte Faser-Bragg-Gitter in Doppelmodenfasern kurz vor dem
Prioritätszeitpunkt demonstriert. Diese Gitter waren jedoch markiert, um deren
Verwendung als Modenwandler zu ermöglichen, d. h. den Grundmodus an einen
Modus höherer Ordnung zu koppeln. Die Verwendung von Bragg-Gittern bei der
Impulskompression erfordert ein unmarkiertes Gitter, um die Anregung von Moden
höherer Ordnung bei der Reflexion zu minimieren (vgl. Abs. [0013] der Streitpa-
tentschrift).

Es ist bekannt, dass ein SM-Signal in eine MM-Faserstruktur eingekoppelt und für
Ausbreitungslängen von Hunderten von Metern beibehalten werden kann. Aller-
dings konnten niedrige Modenkopplungsgrade lediglich in Flüssigkernfasern fest-
gestellt werden. Dagegen wurde in MM-Festkernfasern eine starke Modenkopp-
lung festgestellt, was eine Ausbreitung eines Grundmodus lediglich in Millimeter-
faserlängen ermöglicht. Tatsächlich unterstützen gebräuchliche Festkernlichtwel-
lenleiter ungefähr 10000 oder mehr Moden, aber auch die Verwendung von MM-
Fasern, die lediglich 700 Moden unterstützen, wobei die Modenkopplung ausrei-
chend verringert wurde, um eine SM-Ausbreitung über Faserlängen von 10 cm zu
ermöglichen, ist bekannt. Dabei wurde jedoch nicht gezeigt, dass die Mo-
denkopplung durch Betreiben der MM-Fasern mit langen Wellenlängen (1,55 µm)
und durch Verringern der Gesamtmodenzahl auf weniger als 700 verringert wer-
den kann. Auch die Verwendung von MM-Fasern als Verstärker und die Verwen-
dung der nichtlinearen Eigenschaften von MM-Fasern wurden dabei nicht berück-
sichtigt (vgl. Abs. [0014] bis [0016] der Streitpatentschrift).

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Den Erfindern war zum Prioritätszeitpunkt kein Stand der Technik bekannt, bei
dem MM-Fasern zum Erzeugen von Laserlicht verwendet werden, wobei das Aus-
gangssignal in erster Linie im Grundmodus verbleibt (vgl. Abs. [0017] der Streit-
patentschrift).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Auf-
gabe zugrunde, MM-Fasern zum Erzeugen von Laserlicht zu verwenden, wobei
das ausgegebene Signal im Wesentlichen aus dem Grundmodus der MM-Faser
besteht. Daneben sollen das Energiespeicherpotential in einem Lichtwellenleiter-
verstärker erhöht und Spitzenleistungen und Impulsenergien erzeugt werden, die
höher sind als die in Einzelmodenfasern (SM) vor dem Einsetzen unerwünschter
Nichtlinearitäten erreichbaren (vgl. Abs. [0018] und [0019] der Streitpatentschrift).

Diese Aufgabe wird durch das Lasersystem nach Anspruch 1 gelöst.

Für das beanspruchte Lasersystem wesentlich ist, dass es eine Länge einer do-
tierten Multimodenfaser und eine Länge einer Einzelmodenfaser aufweist. Diese
beiden Fasern werden mit ihren Enden so angeordnet, dass die einzelne Mode
der Einzelmodenfaser mit der Grundmode der Multimodenfaser aufeinander passt.
Hierbei ist zum Anpassen der Moden zwischen die beiden Enden ein Moden-
wandler eingefügt. Dieser stellt ein Element dar, das die Moden derart aneinander
anpasst, dass die Verluste beim Übergang von der Einzelmodenfaser in die Mul-
timodenfaser und umgekehrt möglichst gering gehalten werden, also die Energie
möglichst effizient von der Grundmode der Multimodenfaser in die einzige Mode
der Einzelmodenfaser und umgekehrt übertragen wird.

Der Laser arbeitet dabei so, dass die Multimodenfaser den Bereich darstellt, in
dem der Laser gepumpt wird, während die Einzelmodenfaser dazu dient, die Mode
in der Multimodenfaser auszuwählen. Dabei soll nicht eine beliebige Mode in der
Multimodenfaser ausgewählt werden, sondern die Grundmode, welche somit zu
einer Mode führt, die im Wesentlichen beugungsbegrenzt ist.
- 16 -
Im Übrigen weist der Laser für einen solchen typische weitere Bestandteile auf,
nämlich eine Pumpquelle, mit der die dotierte Multimodenfaser gepumpt werden
kann und Reflektoren, die den Resonator des Lasers bilden und zwischen denen
sich sowohl die Multimodenfaser als auch die Einzelmodenfaser befinden.

Das Pumpen der Multimodenfaser erfolgt durch Mantelpumpen. Dies bedeutet,
dass der Mantel der Multimodenfaser und deren Übergang zur umgebenden Luft
oder aber auch einem anderen Medium mit geringerem Brechungsindex als der
Mantel, wie beispielsweise einem weiteren Mantel, als Lichtwellenleiter für Pump-
licht genutzt wird. Das Licht der Pumplichtquelle wird somit in den Mantel einge-
koppelt und läuft die Multimodenfaser entlang.

4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist mangels einer erfinderischen Tätigkeit
des Fachmanns (§ 4 PatG) nicht patentfähig, da er sich aus der Zusammenschau
der Druckschriften E5 und E9 unter Hinzuziehen des durch Druckschrift E16
belegten Fachwissens für den Fachmann in naheliegender Weise ergibt. Bei
dieser Sachlage kann die Zulässigkeit der Ansprüche dahingestellt bleiben (vgl.
BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).

Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener Diplom-Ingenieur der
Fachrichtung Elektrotechnik oder ein Physiker mit Hochschul- oder Fachhoch-
schulabschluss sowie speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Lasertechnik zu
definieren, der über fundierte Kenntnisse der Optik, insbesondere von Glasfasern
und Glasfaserlasern verfügt.

Aus der Druckschrift E5 ist in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des geltenden
Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein

Lasersystem (vgl. die Bezeichnung „Two-Stage Mono-Mode Optical Fibre Laser“)
bekannt (siehe Fig. 2), umfassend:

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a. eine Länge einer dotierten Multimodefaser (first fibre waveguide portion 1),
die ein erstes Ende hat (vgl. Sp. 4, Z. 60 bis 62: „The first fibre waveguide portion
(1), which is a multimode fibre at the lasing wavelength, …“ und Sp. 5, Z. 4 bis 8:
„The laser host is silica in which the dopant is ytterbium. Germania is included as a
primary co-dopant in the silica host. The germania acts as an index-raising co-do-
pant in the multimode fibre, which is desirable for reasons discussed below.”)

b1. eine Pumpquelle (optical source 3) zum Pumpen der dotierten Multi-
modefaser (1) (vgl. Sp. 5, Z. 64 bis Sp. 6, Z. 2: „The optical source (3) is a laser
diode array (LDA) which is capable of emitting up to several Watts of optical power
at a specified wavelength. The array elements of the diode array are typically
arranged linearly and thus their optical output needs manipulating (circularising) to
achieve optimum coupling of power into the multimode fibre.”);

c. eine Länge einer Einzelmodenfaser (second waveguide portion 2), die ein
zweites Ende hat (vgl. Sp. 4, Z. 63 bis 64: „…, is fusion spliced to a second fibre
waveguide portion (2) which is substantially monomode at the required lasing
wavelength.”);

d. Reflektoren (R1, R2), die so angeordnet sind, dass sie einen Laserresonator
bilden, der die Multimodefaser (1) und die Einzelmodenfaser (2) einschließt (vgl.
Sp. 8, Z. 45 bis 54: „An alternative reflector arrangement incorporating mirrors (R1,
R2) in place of gratings is illustrated in FIG. 2. In the same way that gratings define
the cavity in FIG. 1, mirrors (R1, R2) are positioned at the free ends of the coupled
fibres to define the cavity, the mirrors having the necessary reflectivities and
transmittances to provide the conditions for lasing, which are well known in the art.
In fact, any form of mirror, for example, fibre loop mirrors, or combination of mir-
rors and gratings, could be used to achieve the same effect.”), wobei

e. das zweite Ende der Einzelmodenfaser (2) bezüglich des ersten Endes der
Multimodefaser (1) so angeordnet ist, dass die Einzelmode der Einzelmodenfaser
- 18 -
(2) und die Grundmode der Multimodefaser (1) aufeinander passen (siehe Fig. 2
und vgl. Sp. 5, Z. 42 bis 47: „The core sizes of the two fibres are chosen so that
the fundamental mode spot size of the multimode fibre substantially matches that
of the monomode fibre so that efficient coupling of the fundamental modes of the
fibres is achieved between the fibres at their coupled ends.”), so dass die Einzel-
modenfaser (2) als ein Modenfilter arbeitet und das Ausgangssignal des Laser-
systems im Wesentlichen beugungsbegrenzt ist (Dies lässt sich nicht vermeiden,
denn in der Einzelmodenfaser kann sich nur, wie der Name schon sagt, eine ein-
zelne Mode ausbreiten. Dies ist die Grundmode, welche beugungsbegrenzt ist.).

Die Behauptung der Patentinhaberin, dass die Modenauswahl durch die Reflek-
toren und nicht durch die Einzelmodenfaser erfolge, so dass letztere nicht wie be-
ansprucht als Modenfilter arbeite, ist für den Fall des Ausführungsbeispiels der
Fig. 2 nicht richtig, denn die Spiegel (R1, R2) können, wie an der zitierten Stelle
angegeben, die unterschiedlichsten Ausführungen haben, darunter auch solche,
die keine Modenauswahl durchführen. Die Auswahl der transversalen Mode erfolgt
somit durch die Einzelmodenfaser. Wie bei allen Lasern bestimmen die Reflek-
toren und insbesondere der Abstand zwischen den beiden die longitudinalen Mo-
den, die sich im Laserresonator ausbilden können. Durch eine spezielle Gestal-
tung der Reflektoren, beispielsweise als Gitter, kann aus einer Anzahl möglicher
longitudinaler Moden des Laserresonators eine gezielt ausgewählt werden. Eine
Beschränkung auf eine einzelne transversale Mode erfolgt dabei jedoch nicht.

Damit unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 von dem in
Druckschrift E5 offenbarten durch die Merkmale

- b2., dass die dotierte Multimodenfaser mantelgepumpt ist, und
- f., dass das Anpassen der Moden zwischen dem ersten Ende der Multimo-
denfaser und dem zweiten Ende der Einzelmodenfaser durch einen Mo-
denwandler bereitgestellt wird.

- 19 -
Diese Unterschiede beruhen aber auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fach-
manns.

So beschäftigt sich Druckschrift E5 damit, einen Laser, der Licht in einer einzigen
transversalen Mode erzeugt, mit einer möglichst hohen Laserleistung auszubilden
(vgl. Sp. 1, Z. 11 bis 17: „Diffraction limited, monomode output, optically pumped
lasers, which use a simple, single pump source arrangement and are capable of
producing monomode outputs around 100 mW, are useful for small-signal or low
power applications. However, such lasers are not easily adapted to produce higher
monomode powers, in the order of Watts. “). Als eines der Probleme, die einer
hohen Laserleistung entgegenstehen, gibt Druckschrift E5 das Problem des Ein-
bringens einer ausreichenden Pumpleistung an. Dieses Problem wird dadurch
gelöst, dass ein möglichst großer Brechungsindexunterschied zwischen dem Kern
und dem Mantel der verwendeten Faser verwendet wird, was zu einer großen nu-
merischen Apertur und damit zu einem großen Einkoppelwinkel in die Faser führt
(vgl. Sp. 5, Z. 23 bis 31: „The multi mode fibre is arranged to have as high a value
of Δn as possible to enable optimum coupling of light from the pump source into
the multimode fibre. As indicated above, alumina and germania both have index
raising properties and are typically, but not necessarily, both included as co-do-
pants for this reason. Typically the value of Δn is 0.04, with the maximum value
possible for silica or fluoride glass being, at present, around 0.06.“). Für die einge-
koppelte Leistung ist jedoch nicht nur der Öffnungswinkel entscheidend, innerhalb
dessen Strahlung eingekoppelt werden kann, sondern auch die Fläche, in die ein-
gekoppelt werden kann.

Wie die Einkoppelfläche bei einem Faserlaser erhöht werden kann, offenbart
Druckschrift E9. Sie gibt an, dass die Technik des Mantelpumpens es ermöglicht,
mittels einer Doppelmantelfaser hohe Pumpleistungen in eine Faser mit einem
kleinen Kern einzubringen (vgl. S. 475, 1. Abs. des Artikels: „The dual techniques
of cladding pumping and chirped pulse amplification (CPA)2 have provided the
means by which fiber lasers can be scaled in average power and pulse energy to
- 20 -
levels rivaling other solid-state laser systems.3,4 In cladding-pumped fiber lasers
the incompatibility of high power broad stripe diodes and diode arrays with small
core fibers is overcome by the use of special double-clad fibers that allow for cou-
pling into appropriate multimode waveguides.“). Der Fachmann wird die Lösung
aus Druckschrift E9 auf Druckschrift E5 übertragen und zum Pumpen die Methode
des Mantelpumpens verwenden, womit er zum Merkmal b2 des Anspruchs 1
kommt.

Die Patentinhaberin hat nun ausgeführt, dass der Fachmann zwar möglicherweise
die Lehren der beiden Druckschriften E5 und E9 kombinieren würde, jedoch auch
erkennen würde, dass er nunmehr die in Druckschrift E5 gezeigte Multimodenfa-
ser als Einzelmodenfaser ausführen kann, so dass er letztendlich nur eine Einzel-
modenfaser erhält, bei der es keinerlei Probleme mit einem Übergang von einer
Mode auf eine andere und den damit verbunden Energieverlusten gibt. Denn beim
Mantelpumpen spielt der Brechungsindexsprung zwischen dem Kern und dem
(ersten) Mantel für die Pumpeffizienz nur eine sehr untergeordnete Rolle, da der
Öffnungswinkel unter dem das Pumplicht eingekoppelt werden kann, nun nicht
mehr durch den Brechungsindexsprung zwischen Kern und (ersten) Mantel be-
stimmt wird, sondern durch den zwischen dem (erstem) Mantel und dem diesen
umgebenden Medium.

Diese Sichtweise ist zwar richtig, wenn sich der Fachmann mit den auf diese
Weise erzielbaren Laserleistungen zufrieden gibt, jedoch beschränkt die Verwen-
dung einer Einzelmodenfaser die mögliche Laserleistung deutlich, denn, wie der
Fachmann zum Prioritätszeitpunkt wusste, und auch die Druckschrift E9 angibt,
benötigt ein Laser zum Erzielen hoher Leistungen ein ausreichend großes dotier-
tes Volumen, um dort eine möglichst große Energiemenge speichern zu können
(vgl. S. 475, rechte Sp., 2. Abs.: „The mode size of the fibers comprising each am-
plifier is progressively increased to enable higher energy extraction from each
stage. This increase in mode size is necessary to avoid self-phase modulation of
the propagating signal and self saturation by ASE in the amplifiers.” und S. 476,
- 21 -
linke Sp. 3. Abs.: „… Higher energies can be expected from larger core fibers.”).
Der Fachmann wird deshalb zum Erzeugen einer großen Laserleistung nicht von
dem in Druckschrift E5 angegebenen Konzept der Kombination einer Multimo-
denfaser und einer Einzelmodenfaser abweichen, um Fasern mit einem dickeren
Kern verwenden zu können.

Dies ist durchaus im Rahmen der Lehre der Druckschrift E5, denn diese zeigt
zwar in den Figuren Multimodenfasern, deren Kerndurchmesser mit denen der mit
diesen verbundenen Einzelmodenfasern übereinstimmt, doch ist die Lehre der
Druckschrift E5 deutlich weiter, wie beispielsweise Anspruch 1 zeigt, denn dieser
enthält kein Merkmal, das einen gleichen Kerndurchmesser von Multimodenfaser
und Einzelmodenfaser fordert. Darauf macht auch die Zusammenfassung in der
Druckschrift E5 nochmals explizit aufmerksam (vgl. Sp. 2, Z. 36 bis 40: „For the
laser cavity it is preferable, but not essential, that the two waveguide portions have
substantially the same fundamental mode spot size at the lasing wavelength as
this facilitates efficient energy transfer of the fundamental mode between the por-
tions.”). Die Zusammenfassung gibt an derselben Stelle aber auch gleich ein
weiteres Problem an, nämlich die Anpassung der Moden der beiden Fasern anei-
nander, das in Zusammenhang mit den Ausführungsbeispielen nochmals an-
gesprochen wird (vgl. Sp. 5, Z. 42 bis 54: „The core sizes of the two fibres are
chosen so that the fundamental mode spot size of the multimode fibre substan-
tially matches that of the monomode fibre so that efficient coupling of the funda-
mental modes of the fibres is achieved between the fibres at their coupled ends.
Whilst mismatch between fundamental mode spot sizes reduces the efficiency of
the laser, the applicants discovered that a 65% mismatch in the spot sizes only
reduces the efficiency of the laser by 10%. However, it is desirable for the fibres to
be chosen so that a large fraction of the fundamental mode signal passes across
the boundary to prevent significant performance reduction.“), wobei insbesondere
angegeben wird, dass deshalb die beiden Fasern mit möglichst dem gleichen
Kerndurchmesser gewählt werden.

- 22 -
Dem Fachmann war aber zum Prioritätszeitpunkt wohlbekannt, dass dies nicht die
einzige Form der Verwirklichung einer Modenanpassung ist, denn er kannte auch
den Einsatz von Modenwandlern, so beispielsweise aus dem Lehrbuch E16 (vgl.
S. 212, 1. Abs.: „When a fiber with a small spot size wG1 is to be field-matched to
another one with a larger spot size wG2, one has to transform a thin collimated
Gaussian beam into a wider collimated Gaussian beam. Since the total power
transmitted by the beam is constant, one has to redistribute the intensity within the
beam cross-section: power has to be taken from the region near the beam axis
and to be transferred to the region far from the axis. To this end, the time aver-
aged Poynting vector, which in a uniform single-mode fiber has only an axial com-
ponent, must obtain a positive radial component. Since the Poynting vector is
normal to the wavefronts, the plane wavefronts of the fundamental mode in a uni-
form fiber must be deformed into spherical wave-fronts with positive radius of cur-
vature.”), das in der Folge nicht nur Möglichkeiten der Verbindung zweier Einzel-
modenfasern, sondern auch der Verbindung einer Einzelmodenfaser mit einer
Multimodenfaser offenbart (vgl. S. 284, letzter Abs.: „In the first scheme, a single-
mode fiber is tapered gradually so as to enlarge its cross section by about one
order of magnitude. When the taper expands gradually, the power remains in the
fundamental mode even if the taper is a multimode waveguide. At the wide output
end of the taper, the beam has a much larger field diameter than at the input end.
For a sufficiently slow taper, the wavefronts remain nearly plane. Expanding-taper
beam expanders have been found to be essentially lossless [Amitay et al. 1986].”).
Da sich bei dieser Modenanpassung auf einer Seite des Modenwandlers eine Ein-
zelmodenfaser befindet, widerspricht dies entgegen der Ansicht der Patentinhabe-
rin nicht dem Titel “Single-Mode-Fibers-Fundamentals“ des Lehrbuches E16. Der
Fachmann wird somit diese Form der Modenanpassung mittels eines Moden-
wandlers einsetzen, wenn er zum Erzielen großer Laserleistungen nicht auf einen
Multimodenfaser mit einem großen Kerndurchmesser verzichten will.

Zusammengefasst wird der Fachmann ausgehend von der Lehre der Druckschrift
E5, die nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele mit gleichen Kerndurchmes-
- 23 -
sern von Einzelmoden- und Multimodenfaser beschränkt ist, zum Erzielen hoher
Laserleistungen aus der Druckschrift E9 die dort offenbarte effiziente Pumpme-
thode übernehmen und, wie dort ebenfalls offenbart, den Faserkerndurchmesser
möglichst groß einstellen, um eine möglichst große Energie in der Faser zu spei-
chern und damit der stimulierten Emission zugänglich zu machen. Zur Modenan-
passung braucht er dann einen Modenwandler, was ihm beispielsweise aus dem
Lehrbuch E16 bekannt ist. So kommt er ohne erfinderisch tätig zu werden (§ 4
PatG) zum Gegenstand des Anspruchs 1, der deshalb nicht patentfähig ist.

5. Es kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben, ob ein weiterer der
Widerrufsgründe des § 21 PatG bei der beantragten Fassung des Patents gege-
ben ist (analog zu BGH GRUR 1991, 120, 121 II.1. – „Elastische Bandage“).

6. Auf Grund der Antragsbindung fallen auch die auf Anspruch 1
zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – „Informa-
tionsübermittlungsverfahren II“).

7. Bei dieser Sachlage war der Beschluss der Patentabteilung 54 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 14. November 2012 (schriftlich begründet
durch Beschluss vom 5. Dezember 2012) aufzuheben und das Patent in vollem
Umfang zu widerrufen.

- 24 -

III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten - vorbehaltlich des
Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Be-
schwer - das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechts-
beschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfol-
genden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich

1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens
ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des
Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses
schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, ein-
zureichen oder

- 25 -
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevoll-
mächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH,
www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer
prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder
mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die
Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektroni-
schen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs
www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.


Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann

prö


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