23 W (pat) 14/17  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 14/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
7. September 2017





B E S C H L U S S

In der Einspruchsbeschwerdesache




- 2 -
betreffend das Patent 10 2010 001 777

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
7. September 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner, der
Richterin Martens und der Richter Dr. Friedrich und Dr. Zebisch

beschlossen:

1. Der Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 21. März 2014 wird aufgehoben;
2. das Patent Nr. 10 2010 001 77 wird in vollem Umfang
widerrufen.


G r ü n d e

I.

Auf die am 10. Februar 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereich-
te Patentanmeldung 10 2010 001 777.9 hat die Prüfungsstelle für Klasse F21S
das nachgesuchte Patent 10 2010 001 777 (Streitpatent) mit der Bezeichnung
„Beleuchtungseinrichtung“ unter Zitierung des Stands der Technik gemäß den
Entgegenhaltungen

E1 WO 98/33007 A1
E2 EP 1 586 812 A2
E3 US 2009/0056183 A1
E4 US 2009/0290354 A1
E5 DE 101 05 622 A1 (von der Anmelderin genannt)

erteilt.
- 3 -
Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 16. August 2012.

Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 16. November 2012,
beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag eingegangen, Einspruch
erhoben und beantragt, das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit (Neuheit
bzw. erfinderische Tätigkeit, § 21 Abs. 1 Ziff. 1 PatG i. V. m. §§ 1 bis 5 PatG) so-
wie unzulässiger Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Ziff. 4 PatG) zu widerrufen. Dazu hat
sie im Laufe des Einspruchsverfahrens auf die Druckschriften

D1 EP 1 043 542 A2
D2 WO 2009/145247 A1
D2a US 2011/0073883 A1 als englischsprachige Übersetzung der D2
D3 DE 10 2008 013 049 A1
D4 US 7 530 712 B2
D5 EP 1 191 277 A2
D6 DE 10 2004 013 226 A1

verwiesen und im Einspruchsschriftsatz insbesondere ausgeführt, dass die Be-
leuchtungseinrichtung des erteilten Anspruchs 1
 hinsichtlich des letzten Merkmals, dass „der erste Leuchtenbereich (A) und
zumindest ein weiterer Leuchtenbereich (B) von einem einstückig als
Strangpressteil ausgeführten Gehäuse (1) aufgenommen sind“, unzulässig
erweitert sei,
 nicht neu gegenüber jeder der Druckschriften D1 bis D4 sei
 und durch die Druckschrift D5 i. V. m. der Druckschrift D6 dem Fachmann
nahegelegt werde.

Darüber hinaus seien auch die Merkmale der erteilten Unteransprüche aus dem
vorgelegten Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1, D2, D3 und D5 be-
kannt.

- 4 -
Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 1. März 2013 zu dem Einspruch
Stellung genommen und neben einer neuen Beschreibung einen neuen
Anspruchssatz mit Ansprüchen 1 bis 12 vorgelegt.

Mit Eingabe vom 19. Juni hat die Einsprechende auf die Eingabe der
Patentinhaberin erwidert und darin ausgeführt, dass der neue Anspruchssatz mit
den beiden neuen nebengeordneten Ansprüchen unzulässig sei, da mit diesen der
Schutzumfang des erteilten Patents erweitert würde. Zudem führten die inhaltlich
unveränderten abhängigen Ansprüche zu zahlreichen Unklarheiten.

Nach Prüfung des als zulässig angesehenen Einspruchs hat die Patentabtei-
lung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts das Streitpatent in der Anhörung
vom 21. März 2014, in der die Patentinhaberin lediglich die beschränkte Aufrecht-
erhaltung des Streitpatents beantragt hat, beschränkt aufrechterhalten.

Ihre Entscheidung hat die Patentabteilung mit einem mit Anschreiben vom
4. April 2014 zugestellten Beschluss schriftlich begründet.

Gegen diesen der Einsprechenden am 14. April 2014 zugestellten Beschluss
richtet sich die am 14. Mai 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt einge-
gangene Beschwerde der Einsprechenden. Eine Beschwerdebegründung ist ent-
gegen der Ankündigung der Einsprechenden im Beschwerdeschriftsatz nicht ein-
gegangen.

Die Patentinhaberin hat keine Beschwerde gegen den Beschluss der Patentabtei-
lung 54 eingelegt.

- 5 -
Die Einsprechende beantragt,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
21. März 2014 aufzuheben und das Patent Nr. 10 2010 001 777 in
vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 21. März 2014 aufzuheben, den
Einspruch gegen das Patent Nr. 10 2010 001 777 zurückzuweisen
und das Patent mit der Bezeichnung „Beleuchtungseinrichtung“
dem Anmeldetag 10. Februar 2010 in beschränktem Umfang au-
frechtzuerhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 10 (gemäß Hilfsantrag 1), überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 7. September 2017;
- Beschreibung Seite 4 bis 11 gemäß Schriftsatz vom
1. März 2013,
- und 5 Blatt Zeichnungen (Seiten 6/10 bis 10/10) mit Figuren 1
bis 7 gemäß Patentschrift,
weiter hilfsweise das Patent mit der Bezeichnung „Beleu-
chtungseinrichtung“ dem Anmeldetag 10. Februar 2010 in be-
schränktem Umfang aufrechtzuerhalten nach Maßgabe folgender
Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 10 (gemäß Hilfsantrag 2), überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 7. September 2017;
- Beschreibung Seiten 4 bis 11 gemäß Schriftsatz vom
1. März 2013
- und 5 Blatt Zeichnungen (Seiten 6/10 bis 10/10) mit Figuren 1
bis 7 gemäß Patentschrift.
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Der beschränkt aufrechterhaltene Anspruch 1 nach Hauptantrag hat folgenden
Wortlaut (mit einer Gliederung in Anlehnung an den Beschluss der Patentabtei-
lung), wobei Änderungen zum erteilten Anspruch 1 unter- bzw. durchgestrichen
sind:

1. Beleuchtungseinrichtung
2. mit einem Gehäuse (1) und
3. zumindest einem ersten Leuchtenbereich (A),
3.1. welcher mehrere an eine Stromversorgung angeschlossene erste
Leuchtmittel (3) und
3.2. zumindest einen mit den ersten Leuchtmitteln (3)
zusammenwirkenden Reflektor (2) aufweist,
4. wobei die ersten Leuchtmittel (3) als lichtemittierende Halbleiter-
bauelemente (LED) ausgeführt und durch eine elektronische
Steuereinheit ansteuerbar sind,
5. sowie derart gemeinsam auf zumindest einer ersten Leiterplatte
(4) angeordnet sind, dass die von den ersten Leuchtmitteln (3) er-
zeugte Lichtstrahlung zunächst zumindest teilweise auf den Re-
flektor (2) auftrifft und erst anschließend durch Umlenkung am Re-
flektor (2) über zumindest einen ersten Lichtaustrittsbereich (13)
gezielt nach außen abgegeben wird,
dadurch gekennzeichnet, wobei dem
6. dass zumindest einem ersten Leuchtenbereich (A) zumindest ein
weiterer Leuchtenbereich (B) zugeordnet ist, welcher zumindest
eine mit mehreren weiteren Leuchtmitteln (9) bestückte weitere
Leiterplatte (10) aufweist, und
7. dass der weitere Leuchtenbereich (B) zumindest einen weiteren
Lichtaustrittsbereich (11) aufweist, durch welchen die von den
weiteren Leuchtmitteln (9) erzeugte Lichtstrahlung nach außen
abgegeben wird, und

- 7 -
8. dass der erste Leuchtenbereich (A) und zumindest ein weiterer
Leuchtenbereich (B) von einem einstückig als Strangpressteil ausge-
führten Hauptteil des Gehäuses (1) aufgenommen sind,
9. dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse (1) aus einem Zentralhal-
ter (12) und zwei identisch ausgeführten, jeweils als Strangpressteil
hergestellten Hauptteilen (20) besteht,
10. und dass jeder der beiden Hauptteile (20) einen ersten Leuchtenbereich
(A) und einen weiteren Leuchtenbereich (B) aufweist,
11. so dass die Beleuchtungseinrichtung mit zwei ersten Leuchtenberei-
chen (A) und zwei weiteren Leuchtenbereichen (B) versehen ist.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ergibt sich aus dem beschränkt aufrechterhaltenen
Anspruch 1 durch
- Streichen des Merkmals „zumindest teilweise“ in Gliederungspunkt 5,
- Einfügen des Merkmals „und als langgestreckter Gehäusekörper“ nach dem
Begriff „Strangpressteil“ in Gliederungspunkt 8 und
- Ersetzen der Formulierungen „dadurch gekennzeichnet, dass“ in Gliederungs-
punkt 9 sowie „dass“ in Gliederungspunkt 10 durch die Formulierung „wobei“.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.

Hinsichtlich des jeweiligen selbständigen Anspruchs 2 und der abhängigen An-
sprüche der Antragssätze sowie der weiteren Einzelheiten wird auf die Streitpa-
tentschrift und den Akteninhalt verwiesen.

- 8 -
II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig.
Sie erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom
7. September 2017 auch als begründet, da die Beleuchtungseinrichtungen des
Anspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 und 2 gegenüber
der Druckschrift D1 bzw. gegenüber einer Kombination der Druckschriften D1 und
E5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruhen
(§ 4 PatG), weshalb das Patent wegen fehlender Patentfähigkeit zu widerrufen
war (§§ 59 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem
Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte, PatG,
9. Auflage, § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152; BGH GRUR 1972, 592 – Sortiergerät),
da nur das Vorliegen eines zulässigen Einspruchs die weitere sachliche Überprü-
fung eines erteilten Patents erlaubt.

Vorliegend ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch der Einsprechenden
zulässig, weil zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der mangelnden Pa-
tentfähigkeit aufgrund fehlender Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1
Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 3 und 4 PatG) substantiiert Stellung genommen wurde. So
hat die Einsprechende neben ihren Ausführungen zur unzulässigen Erweiterung
jeweils im Einzelnen angegeben, wo welche Merkmale des Gegenstands des er-
teilten Anspruchs 1 in den einzelnen Druckschriften offenbart seien, und wie sich
der Gegenstand des Anspruchs 1 aus den Druckschriften D1 bis D4 ihrer Meinung
nach jeweils ergebe. Auch zu den Unteransprüchen wurde substantiiert Stellung
genommen und angegeben, wo in den genannten Druckschriften die in diesen
Ansprüchen beanspruchten Merkmale offenbart seien, oder wie sie sich ergäben.
Insgesamt sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzel-
nen aufgeführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung 54 des Deutschen
Patent- und Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die
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Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten
Einspruchsgründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251,
liSp, Abs. 1 – Epoxidation; Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 83 bis 89).

2. Das Streitpatent betrifft eine Beleuchtungseinrichtung mit einem Gehäuse und
zumindest einem ersten Leuchtenbereich, welcher mehrere an eine Stromversorgung
angeschlossene erste Leuchtmittel und zumindest einen mit den ersten Leuchtmitteln
zusammenwirkenden Reflektor aufweist, wobei die ersten Leuchtmittel als lichtemit-
tierende Halbleiterbauelemente (LED) ausgeführt und durch eine elektronische
Steuereinheit ansteuerbar sind, sowie derart gemeinsam auf zumindest einer ersten
Leiterplatte angeordnet sind, dass die von den ersten Leuchtmitteln erzeugte Licht-
strahlung zunächst zumindest teilweise auf den Reflektor auftrifft und erst anschlie-
ßend durch Umlenkung am Reflektor über zumindest einen ersten Lichtaustrittsbe-
reich gezielt nach außen abgegeben wird.

Insbesondere soll mit derartigen Beleuchtungseinrichtungen eine bedarfsgerechte
Ausleuchtung des ihnen zugewiesenen Beleuchtungsbereiches gewährleistet wer-
den, wobei zur Vermeidung von unnötigen Blendungen der sich im Beleuchtungsbe-
reich aufhaltenden Personen die Lichtstrahlung oftmals nicht direkt, sondern über
einen Reflektor und einen Lichtaustrittsbereich gezielt nach außen abgegeben wird.

Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung ist eine solche Beleuch-
tungseinrichtung aus der Druckschrift D1 (EP 1 043 542 A2) bekannt.

Zudem sei durch die Druckschrift E5 (DE 101 05 622 A1) eine weitere, mit einem
Gehäuse versehene Beleuchtungseinrichtung bekannt geworden, die einen Leuch-
tenbereich aufweise, der zumindest einen Reflektor und mehrere an eine Stromver-
sorgung angeschlossene und durch eine elektronische Steuereinheit ansteuerbare
LED-Leuchtmittel umfasse. Dabei seien die Leuchtmittel derart auf zumindest einer
Leiterplatte angeordnet, dass die abgegebene Lichtstrahlung der Leuchtmittel zu-
nächst zumindest teilweise auf den Reflektor auftreffe und erst anschließend durch
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Umlenkung am Reflektor über zumindest einen Lichtaustrittsbereich gezielt nach
außen abgegeben werde. Eine solche Beleuchtungseinrichtung ermögliche es, bei
kompakten Abmessungen und besonders langer Lebensdauer seiner Leuchtmittel
eine homogene Lichtstrahlung abzugeben, wobei die einzelnen Leuchtmittel nicht als
Lichtpunkte erkennbar seien und somit eine unnötige Blendung der sich im Beleuch-
tungsbereich aufhaltenden Personen wirkungsvoll vermieden werde, vgl. Seite 4 bis
Seite 6, Zeile 9 der geltenden Beschreibung.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe
zugrunde, eine Beleuchtungseinrichtung zu schaffen, welche nicht nur in der Lage
ist, den Beleuchtungsbereich homogen und blendfrei auszuleuchten, sondern außer-
dem bei kompakten Abmessungen zusätzlich die Möglichkeit eröffnet, bei Bedarf
verschiedene Beleuchtungseffekte an Decken, Wänden und/oder Böden zu erzielen,
vgl. Seite 6, Zeilen 11 bis 16 der geltenden Beschreibung.

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Beleuchtungseinrichtung nach dem auf die
Ausführungsform der Fig. 7 des Streitpatents gerichteten Anspruch 1 des Haupt-
antrags.

Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist somit eine Beleuchtungseinrich-
tung mit einem Gehäuse, einem Reflektor und zumindest einem ersten Leuchten-
bereich. Dieser erste Leuchtenbereich weist mehrere an eine Stromversorgung
angeschlossene und mit dem Reflektor zusammenwirkende erste Leuchtmittel auf,
die als durch eine elektronische Steuereinheit ansteuerbare LEDs ausgeführt und
gemeinsam auf zumindest einer ersten Leiterplatte derart angeordnet sind, dass die
von ihnen erzeugte Lichtstrahlung zunächst zumindest teilweise auf den Reflektor
auftrifft und erst anschließend durch Umlenkung am Reflektor über zumindest einen
ersten Lichtaustrittsbereich gezielt nach außen abgegeben wird. Dem zumindest
ersten Leuchtenbereich ist ein weiterer Leuchtenbereich zugeordnet, der zumindest
eine mit mehreren weiteren Leuchtmitteln bestückte weitere Leiterplatte und einen
weiteren Lichtaustrittsbereich aufweist, durch welchen die von den weiteren Leucht-
- 11 -
mitteln erzeugte Lichtstrahlung nach außen abgegeben wird. Zudem sind der erste
und der zumindest eine weitere Leuchtenbereich von einem einstückig als Strang-
pressteil ausgeführten Hauptteil des Gehäuses aufgenommen, wobei das Gehäuse
aus einem Zentralhalter und zwei identisch ausgeführten, jeweils als Strangpressteil
hergestellten Hauptteilen besteht, und jeder der beiden Hauptteile einen ersten
Leuchtenbereich und einen weiteren Leuchtenbereich aufweist, so dass die Be-
leuchtungseinrichtung mit zwei ersten Leuchtenbereichen und zwei weiteren Leuch-
tenbereichen versehen ist.

Darüber hinaus wird die Aufgabe auch durch die Beleuchtungseinrichtung nach
dem auf Fig. 6 des Streitpatents gerichteten selbständigen Anspruch 2 des Haupt-
antrags gelöst, die durch eine quadratischen Gehäuseform mit vier, jeweils als
Strangpressteil hergestellten Hauptteilen und vier ersten und vier weiteren
Leuchtenbereichen gekennzeichnet ist.

Die Beleuchtungseinrichtungen nach den Hilfsanträgen zeichnen sich zusätzlich
insbesondere dadurch aus, dass die von den ersten Leuchtmitteln erzeugte Licht-
strahlung auf den Reflektor auftrifft und dies nicht nur „zumindest teilweise“ erfolgt,
wodurch die blendfreie Funktionsweise der Beleuchtungseinrichtung hervorgeho-
ben wird.

3. Die Beleuchtungseinrichtung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag wird dem
Fachmann durch die Druckschrift D1 nahegelegt, und die Beleuchtungseinrichtung
nach den identischen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 und 2 ergibt sich für den
Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 i. V. m. Druckschrift
E5, so dass diese wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sind
(§ 4 PatG).

Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche sowie der
Ausführbarkeit ihrer Lehren dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121,
II.1 – „Elastische Bandage“).
- 12 -
Der Fachmann ist hier als ein Entwicklungsingenieur im Bereich der Konstruktion
von Leuchten zu definieren, der über ein abgeschlossenes Ingenieurstudium oder
eine vergleichbare Qualifikation mit Berufserfahrung verfügt und gute Kenntnisse
im Bereich der Materialbearbeitung und der Werkzeugtechnik sowie Grundkennt-
nisse in Elektrik/Elektronik hat.

3.1. Druckschrift D1 offenbart in Fig. 4 und der zugehörigen Beschreibung in
den Abs. [0032] bis [0035] eine Einbauleuchte (1), die mittels Tragschienen (18)
und Tragschenkeln (19) an der Decke hängt. Dabei können mehrere Einbau-
leuchten benachbart auf den Tragschenkeln aufliegen, d. h. neben- und hinterei-
nander an der Decke hängen (vgl. Abs. [0033], letzter Satz: „Auf dem anderen
Tragschenkel 19 der jeweiligen Tragschiene 18 kann eine benachbarte Einbau-
leuchte 1 oder ein Deckenelement aufliegen“). Damit ist aus der D1 mit den Wor-
ten des geltenden Anspruchs 1 eine

1. Beleuchtungseinrichtung (zwei benachbarte Einbauleuchten 1 mit der dazwi-
schen befindlichen Tragschiene 18 / vgl. Fig. 4) bekannt
2. mit einem Gehäuse (die beiden Wannen 17 zweier benachbarter Einbauleuch-
ten 1 mit der Tragschiene 18 dazwischen) und
3. zumindest einem ersten Leuchtenbereich (vgl. Pfeile A in Fig. 4),
3.1. welcher mehrere an eine Stromversorgung angeschlossene erste Leuchtmittel
(Leuchtstoffröhren 21) und
3.2. zumindest einen mit den ersten Leuchtmitteln (21) zusammenwirkenden Reflek-
tor (Reflektorseitenwände 7a) aufweist,
4. wobei die ersten Leuchtmittel (21) als lichtemittierende Halbleiterbauelemente
(LED) ausgeführt und durch eine elektronische Steuereinheit ansteuerbar sind
(vgl. Fig. 8 mit Abs. [0041], wonach die in Fig. 8 dargestellte LED-Röhre einen
Röhren-Leuchtstofflampen-Ersatz darstellt und ein wahlweiser Austausch von
Leuchtstoffröhren durch solche LED-Röhren erfolgen kann; solche LED-Röhren
sind zwangsläufig durch eine elektronische Steuereinheit ansteuerbar),

- 13 -
5. sowie derart gemeinsam auf zumindest einer ersten Leiterplatte (ergibt sich aus
Fig. 8) angeordnet sind, dass die von den ersten Leuchtmitteln (21) erzeugte
Lichtstrahlung zunächst zumindest teilweise auf den Reflektor (7a) auftrifft und
erst anschließend durch Umlenkung am Reflektor (7a) über zumindest einen
ersten Lichtaustrittsbereich (Abstrahlöffnung 8) gezielt nach außen abgegeben
wird, wobei dem
6. zumindest einen ersten Leuchtenbereich (vgl. Pfeile A in Fig. 4) zumindest ein
weiterer Leuchtenbereich (Akzentlicht 13) zugeordnet ist, welcher zumindest
eine mit mehreren weiteren Leuchtmitteln (Vielzahl von Dioden 14a / vgl. den
letzten Satz von Abs. [0034]) bestückte weitere Leiterplatte aufweist (vgl. An-
sprüche 6 und 11), und
7. dass der weitere Leuchtenbereich (13) zumindest einen weiteren
Lichtaustrittsbereich (Abstrahlseite 9b) aufweist, durch welchen die von den
weiteren Leuchtmitteln (13, 14a) erzeugte Lichtstrahlung nach außen abgege-
ben wird, und
8.‘ dass der erste Leuchtenbereich (vgl. Pfeile A in Fig. 4) und der zumindest eine
weitere Leuchtenbereich (13) von einem einstückig ausgeführten Hauptteil des
Gehäuses (Wanne 17, die Einstückigkeit ergibt sich aus Fig. 4) aufgenommen
sind, wobei
9. das Gehäuse aus einem Zentralhalter (Tragschiene 18) und zwei identisch
ausgeführten Hauptteilen (die beiden Wannen 17 zweier benachbarter Einbau-
leuchten 1) besteht,
10. und wobei jeder der beiden Hauptteile (17) einen ersten Leuchtenbereich (vgl.
Pfeile A in Fig. 4) und einen weiteren Leuchtenbereich (Akzentlicht 13) aufweist,
11. so dass die Beleuchtungseinrichtung mit zwei ersten Leuchtenbereichen (Pfeile
A) und zwei weiteren Leuchtenbereichen (13) versehen ist.

Folglich unterscheidet sich die Beleuchtungseinrichtung des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag von der aus Druckschrift D1 lediglich dadurch, dass das Hauptteil
anders als in Druckschrift D1, wo das Material der Wanne 17 und dessen Herstel-
lung nicht spezifiziert sind, als Strangpressteil ausgeführt ist. Der Fachmann wird
- 14 -
daher ausgehend von der Druckschrift D1 fachübliche Materialien und Herstel-
lungsverfahren für die Wanne wählen. Dabei wird er bereits aufgrund der Tatsa-
che, dass die Reflektoren (7) der in Fig. 4 dargestellten Einbauleuchte aus Alumi-
nium bestehen (vgl. deren Abs. [0035]), dieses Material in naheliegender Weise
auch für die Gehäuse einsetzen und für dessen Herstellung ihm durch sein Fach-
wissen bekannte, übliche Umformverfahren wie Biegen oder Strangpressen an-
wenden, ohne dass er dazu erfinderisch tätig werden muss.

Die Beleuchtungseinrichtung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag wird dem Fach-
mann somit durch die Druckschrift D1 in Verbindung mit seinem Fachwissen na-
hegelegt und ist daher wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.

3.2. Wie bereits ausgeführt, entspricht die Wanne (17) der in Fig. 4 von Druck-
schrift D1 offenbarten Leuchte (1) dem Hauptteil des Gehäuses der Beleuch-
tungseinrichtung nach Anspruch 1 des Hauptantrags, und gemäß Spalte 7, Zei-
len 5 bis 9 der Druckschrift D1 weist diese Wanne eine längliche Bauform auf, so
dass das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, wonach der
Hauptteil als langgestreckter Gehäusekörper ausgeführt ist, bereits in Druckschrift
D1 offenbart ist.

Die Beleuchtungseinrichtung nach Fig. 4 von Druckschrift D1 weist jedoch den
offensichtlichen Nachteil auf, dass die freiliegenden Lichtquellen (21) den Be-
trachter blenden. Der Fachmann wird daher bestrebt sein, die Beleuchtungsein-
richtung nach Fig. 4 von Druckschrift D1 in vorteilhafter Weise blendfrei zu ge-
stalten. In diesem Zusammenhang entnimmt er der einschlägigen Druckschrift E5
die Lehre, dass dies in einfacher Weise erreicht werden kann, indem das Leucht-
mittel so angeordnet wird, dass möglichst die gesamte abgegebene Lichtstrahlung
zunächst auf einen Reflektor trifft und erst anschließend durch Umlenkung am Re-
flektor nach außen abgegeben wird, vgl. deren Zusammenfassung und An-
spruch 1 mit Abs. [0005] der Beschreibung. Diese Lehre wird der Fachmann in
naheliegender Weise auf die Beleuchtungseinrichtung nach Fig. 4 von Druckschrift
- 15 -
D1 übertragen, indem er den Reflektor (7a) oberhalb des Leuchtmittels geschlos-
sen ausbildet und die LED-Röhre (14) aus Fig. 8 als Leuchtmittel so in die Leuchte
(1) von Fig. 4 einbaut, dass die Leuchtdioden (14a) nach oben in Richtung Re-
flektor vom Betrachter wegführend abstrahlen und die gesamte abgegebene
Lichtstrahlung zunächst auf den Reflektor trifft und erst anschließend durch Um-
lenkung am Reflektor nach außen abgegeben wird.

Die Beleuchtungseinrichtung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist dem Fach-
mann somit durch die Druckschrift D1 in Verbindung mit der Druckschrift E5 und
seinem Fachwissen nahegelegt und wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht
patentfähig.

3.3. Da die jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 2 übereinstimmen, ist
aus den gleichen Gründen auch die Beleuchtungseinrichtung des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag 2 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.

4. Mit dem Anspruch 1 fallen wegen der Antragsbindung auch die übrigen An-
sprüche, vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz. 22 – Informationsübermittlungsver-
fahren II.

5. Bei dieser Sachlage war das Streitpatent zu widerrufen.


R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten – vorbehaltlich des
Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Be-
schwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechts-
beschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgen-
den Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich

- 16 -
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus-
übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen
Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrück-
lich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergan-
gen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfah-
rens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechts-
anwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133
Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen
Poststelle des BGH, www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Do-
kument ist mit einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem
Signaturgesetz oder mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur
zu versehen. Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate
des elektronischen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichts-
hofs www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.


Dr. Strößner Martens Dr. Friedrich Dr. Zebisch

prö


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