23 W (pat) 12/15  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 12/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
31. Januar 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache




betreffend die Patentanmeldung 10 2004 051 638.3-52

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dr. Strößner sowie der Richter Brandt, Dr. Zebisch und
Dr. Himmelmann

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beschlossen:

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G01D des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 15. April 2015 wird auf-
gehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Prüfung an das Deutsche Pa-
tent- und Markenamt zurückverwiesen.


G r ü n d e

I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 23. Oktober 2004 mit der Bezeich-
nung „Verfahren zum Betreiben eines Sensors in einem Sicherheitssystem“ unter
Inanspruchnahme der inneren Priorität 103 57 551.0 vom 10. Dezember 2003
beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Gleichzeitig mit der Anmel-
dung wurde Prüfungsantrag gestellt.

Die Prüfungsstelle für Klasse G01D hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der
Technik gemäß den folgenden vorveröffentlichten Druckschriften verwiesen:

D1 WO 2003/062 780 A1,
D2 DE 197 57 118 A1,
D3 DE 44 39 886 A1,
D4 DE 35 42 397 A1,
D5 DE 40 25 564 C1 und
D6 DE 199 57 187 A1.

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Sie hat in zwei Bescheiden vom 13. Juni 2008 und vom 15. Februar 2012 ausge-
führt, dass die Verfahren der jeweils geltenden Ansprüche 1 wie auch die Gegen-
stände der jeweils geltenden nebengeordneten Ansprüche 10 nicht neu seien (§ 3
PatG), so dass sie nicht patentfähig seien. Auch die Unteransprüche könnten
nichts zur Patentfähigkeit des Gegenstandes der Anmeldung beitragen.

Die Anmelderin hat in ihren Eingaben vom 21. November 2008 und 27. April 2012
der Ansicht der Prüfungsstelle widersprochen und mit ihrer zweiten Eingabe einen
Anspruchssatz eingereicht, dessen Anspruch 1 aus der Kombination der ur-
sprünglichen Ansprüche 1 bis 3 und dessen Anspruch 8 aus der Kombination der
ursprünglichen Ansprüche 10 und 11 bestanden hat.

In der Folge hat die Prüfungsstelle die Anmeldung mit Beschluss vom
15. April 2015 zurückgewiesen, da das Verfahren des zu diesem Zeitpunkt gelten-
den Anspruchs 1 aus der Druckschrift D4 bekannt sei, so dass die Anmeldung
wegen fehlender Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (§ 3 PatG) zurück-
zuweisen sei. Der Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs 8, für den es ei-
gentlich keiner eigenen Entscheidung bedürfe, ergebe sich bei der Zusammen-
schau der Druckschriften D4 und D5, so dass dessen Gegenstand durch den
Stand der Technik nahegelegt sei (§ 4 PatG).

Gegen diesen, der Anmelderin eigenen Angaben zufolge am 17. April 2015 zuge-
stellten Beschluss richtet sich die am 30. April 2015 beim Deutschen Patent- und
Markenamt eingegangene Beschwerde, welche die Anmelderin mit Schriftsatz
vom 27. Mai 2015 begründet hat.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2017 wurde die An-
melderin noch auf den Stand der Technik gemäß der Druckschrift

D7 US 6 370 964 B1

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hingewiesen.

In der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2017 hat die Anmelderin zuletzt
einen neuen Anspruch 1 eingereicht und beantragt,

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G01D des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 15. April 2015 aufzuhe-
ben.

2. Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Sicherheitssys-
tem“, dem Anmeldetag 23. Oktober 2004 unter Inanspruch-
nahme der inneren Priorität 103 57 551.0 vom
10. Dezember 2003 auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Ver-
handlung am 31. Januar 2017;
- noch anzupassende Beschreibung und Zeichnungen.

Der in der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2017 überreichte Anspruch 1
lautet mit bei unverändertem Wortlaut hinzugefügter Gliederung:

„1. Sicherheitssystem
1.1 mit einer zentralen Systemeinheit (5) und
1.2 mit einem Netzwerk von Sensoren (2) in Form reziprok wirkender elektro-
mechanischer Wandler, die mit einem jeweiligen Überwachungsbereich
(11) starr gekoppelt sind,
1.3 wobei die Sensoren (2) in verschiedenen Überwachungsbereichen (11)
angeordnet sind und
1.4 wobei die Sensoren der verschiedenen Überwachungsbereiche (11) je-
weils eine Gruppe (13) bilden,
1.5 wobei die Sensoren jeder Gruppe (13) mit einer zugehörigen Vorelektro-
nik (5a, 5b) ein Teilsystem (14) bilden,
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1.6 wobei die Vorelektroniken (5a, 5b) in der Lage sind, eine Sicherheitsein-
richtung (12) direkt auszulösen, indem die Reaktionssignale (7) der Sen-
soren (2) für jedes Teilsystem (14) separat unter Rückgriff auf jeweils zu-
geordnete Datenbanken (9) und ein dem jeweiligen Überwachungsbe-
reich (11) entsprechend abgeglichenes Modell (10a, 10b) ausgewertet
werden, und
1.7 zusätzlich die zentrale Systemeinheit (5) die vorausgewerteten Signale
diverser Teilsysteme (14) gemeinsam auswertet und in der Lage ist, di-
verse Sicherheitseinrichtungen (12) auszulösen, so dass es zu einer den
Erfordernissen eines Unfalls entsprechenden Gesamtantwort verschie-
dener Sicherheitseinrichtungen (12) kommt.“

Hinsichtlich der weiteren Unterlagen und Einzelheiten wird auf den Akteninhalt
verwiesen.


II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und
erweist sich hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2017
eingereichten Anspruchs 1 insoweit als begründet, als der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse G01D aufzuheben ist, denn der Anspruch 1 ist zulässig, und
das Sicherheitssystem nach dem geltenden Anspruch 1 ist durch den im Verfah-
ren befindlichen Stand der Technik nicht patenthindernd getroffen (§§ 1 – 5 PatG).
Da jedoch eine Recherche zu dem nunmehr beanspruchten Gegenstand noch
nicht stattgefunden hat, so dass möglicherweise weiterer Stand der Technik zu
berücksichtigen ist, wird die Anmeldung zur weiteren Recherche und Prüfung an
das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
PatG).
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1. Die Anmeldung betrifft ein Sicherheitssystem mit Sensoren, die in einer be-
stimmten Weise betrieben werden. Im Stand der Technik ist es bekannt, dass
Sensoren, so beispielsweise piezoelektrische Sensoren, als Signalgeber in Si-
cherheitssystemen eingesetzt werden. Im Rahmen der vorliegenden Anmeldung
betrachtete Sensoren dienen der Wahrnehmung mindestens einer Form von Ma-
terialbeanspruchung, wie sie durch Zug- und/oder Druckkräfte bei der Verformung
von Material, aber auch bei der Übertragung von Körperschall auftreten. Verwen-
dung finden derartige Sensoren und zugehörige Sicherheitssysteme unter ande-
rem in der Luft- und Raumfahrt, jedoch auch in der Kraftfahrzeugindustrie als Un-
fallmelder (vgl. S. 1, Z. 6 bis 14 der geltenden Beschreibung).

Vor diesem Hintergrund gibt die Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe
an, ein hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit verbessertes Verfahren zum Betreiben
mindestens eines Sensors in einem Sicherheitssystem sowie ein dementspre-
chendes Sicherheitssystem zu schaffen (vgl. S. 1, Z. 16 bis 18 der geltenden Be-
schreibung). Objektiv besteht die Aufgabe darin, ein Sicherheitssystem zu schaf-
fen, das mehrere Sensoren umfasst und in der Lage ist, im Falle eines Unfalls so-
wohl schnell zu reagieren als auch komplexe Reaktionen auszulösen.

Diese Aufgabe wird durch das Verfahren des geltenden Anspruchs 1 gelöst.

Wesentlich für das beanspruchte Verfahren ist somit, dass es eine zentrale Sys-
temeinheit und ein Netzwerk von Sensoren umfasst. Die Sensoren sind dabei in
Form reziprok wirkender elektromechanischer Wandler, also beispielsweise pie-
zoelektrischer Wandler, ausgebildet und mit einem jeweiligen Überwachungsbe-
reich starr gekoppelt. Sie sind dabei in verschiedenen Überwachungsbereichen
angeordnet, wobei die Sensoren der verschiedenen Überwachungsbereiche je-
weils eine Gruppe bilden. Jede dieser Gruppen bildet mit einer ihr zugehörigen
Vorelektronik ein Teilsystem.

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Diese Teilsysteme sind nun in der Lage, eine Sicherheitseinrichtung, wie bei-
spielsweise einen Airbag oder eine aktive Motorhaube, direkt auszulösen. Dazu
wertet die Vorelektronik Reaktionssignale der Sensoren ihrer Gruppe unter Rück-
griff auf eine zugeordnete Datenbank und ein ihrem Überwachungsbereich ent-
sprechend abgeglichenes Modell aus.

Zusätzlich wertet die zentrale Systemeinheit die vorausgewerteten Signale diver-
ser Teilsysteme gemeinsam aus und ist in der Lage, diverse Sicherheitseinrich-
tungen auszulösen, so dass es zu einer den Erfordernissen eines Unfalls entspre-
chenden Gesamtantwort verschiedener Sicherheitseinrichtungen kommt.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist ursprünglich offenbart (§ 38 PatG). So
enthält die ursprüngliche Offenbarung der Anmeldung vier verschiedene Aspekte
des Einsatzes eines Sicherheitssystems. Der erste besteht in einer für einen
Selbsttest geeigneten Ausführung der einzelnen Sensoren. Diesen Aspekt hat der
ursprüngliche Anspruch 1 aufgegriffen. Auf ihn ist auch die in der Beschreibung
angegebene Aufgabe abgestellt. Der zweite Aspekt besteht in der Materialüber-
wachung (vgl. beispielsweise S. 8, Z. 6 bis 23 der ursprünglichen Beschreibung),
der dritte in der Reaktion auf Unfälle (vgl. S. 9, Z. 1 bis S. 10, Z. 2 der ursprüngli-
chen Beschreibung) und der vierte in der Produktion von „Antischall“, um den
Lärmpegel zu verringern oder aber auch durch Vibrationen verursachte Schäden
zu vermeiden (vgl. S. 10, Z. 4 bis 24 der ursprünglichen Beschreibung). Der gel-
tende Anspruch 1 ist nunmehr auf den dritten Aspekt, also die Reaktion im Falle
eines Unfalls gerichtet.

Dabei geht der geltende Anspruch 1 von der Fig. 3 aus. Diese Figur zeigt ein Si-
cherheitssystem (vgl. S. 6, Z. 10 bis 17 der ursprünglichen Beschreibung) mit ei-
ner zentralen Systemeinheit (5, vgl. die Bezugszeichenliste auf S. 21) und einem
Netzwerk von Sensoren (2, vgl. den ursprünglichen Anspruch 13 und S. 7, Z. 34
bis S. 8, Z. 4 der ursprünglichen Beschreibung). Diese Sensoren sind als reziprok
wirkende Wandler (vgl. S. 7, Z. 6 bis 7), nämlich piezoelektrische Wandler ausge-
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bildet und starr mit einem jeweiligen Überwachungsbereich gekoppelt (vgl. S. 7,
Z. 21 bis 24 der ursprünglichen Beschreibung). Eine zulässige Zwischenverallge-
meinerung zu reziprok wirkenden elektromechanischen Wandlern ist dabei im ur-
sprünglichen Anspruch 1 gegeben. Damit sind die Merkmale 1.1 und 1.2 ur-
sprünglich offenbart.

Die Merkmale 1.3 und 1.4 und 1.5 definieren den „Überwachungsbereich“ (11), die
„Gruppe“ von Sensoren (13) und das „Teilsystem“ (14) entsprechend der Be-
schreibung zu Fig. 3 (vgl. S. 11, Z. 14 bis 19 der ursprünglichen Beschreibung), so
dass diese Merkmale ebenfalls offenbart sind. Dabei sind die Vorelektroniken (5a,
5b) wiederum aus Fig. 3 ersichtlich.

Die im Merkmal 1.6 enthaltene Fähigkeit der Vorelektroniken (5a, 5b), ein Sicher-
heitssystem (12) unter Rückgriff auf jeweils zugeordnete Datenbanken (9) und ein
dem jeweiligen Überwachungsbereich (11) entsprechend abgeglichenes Modell
(10a, 10b) direkt auszulösen, ist dann im Abschnitt auf S. 11, Z. 29 bis S. 12, Z. 2
offenbart.

Die im Merkmal 1.7 beanspruchte Fähigkeit der zentralen Systemeinheit (5), die
vorausgewerteten Signale diverser Teilsysteme (14) gemeinsam auszuwerten und
diverse Sicherheitseinrichtungen (12) auszulösen, so dass es zu einer den Erfor-
dernissen eines Unfalls entsprechenden Gesamtantwort verschiedener Sicher-
heitseinrichtungen (12) kommt, ist auf S. 12, Z. 2 bis 7 der ursprünglichen Be-
schreibung offenbart.

Damit ist das in Anspruch 1 beanspruchte Sicherheitssystem ursprünglich offen-
bart, so dass Anspruch 1 zulässig ist.

3. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu (§ 3 PatG) und beruht
gegenüber den Lehren der als Stand der Technik bisher ermittelten Druckschriften
auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) des Fachmanns.
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Als zuständiger Fachmann für die vorliegende Anmeldung ist ein Team aus Physi-
kern und/oder Ingenieuren der Fachrichtung Elektrotechnik mit Hochschulab-
schluss zu definieren, das zumindest einen Fachmann für Sicherheitssysteme in
Verkehrsmitteln, wie beispielsweise Fahrzeugen, einen Fachmann für zerstö-
rungsfreie Materialprüfung mit Kenntnissen insbesondere auf dem Gebiet der
Prüfung mit Schall oder Ultraschall und einen Fahrzeugakustiker umfasst. Je nach
dem welcher der vier genannten Aspekte im Vordergrund steht, wendet sich die
Anmeldung dabei in erster Linie an einen anderen der im Team mitwirkenden
Fachmänner. So ist für den geltenden Anspruchssatz insbesondere der Fachmann
für Sicherheitssysteme zuständig.

3.1 Einige der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbaren Sicherheits-
systeme, bei denen reziprok wirkende elektromechanische Wandler als Sensoren
in Gruppen eingeteilt sind, so beispielsweise die Druckschrift D6. Sie offenbart
gemäß dem Wortlaut des geltenden Anspruchs 1 ein

Sicherheitssystem (vgl. die Bezeichnung: „Verfahren und Vorrichtung zur Crasher-
kennung“) bekannt (siehe Fig. 1 und 2)

1.1 mit einer zentralen Systemeinheit (Auswerteeinrichtung 4) und

1.2 mit einem Netzwerk von Sensoren (Crashsensoren 2a-2f) in Form reziprok
wirkender elektromechanischer Wandler (vgl. Sp. 2, Z. 50 bis 53: „Als Crashsen-
soren 2a-2f werden hierbei vorzugsweise Piezo-Crashsensoren verwendet, die
jeweils ein ihrer mechanischen Belastung proportionales elektrisches Sensorsignal
S: 1-S6 erzeugen,…“), die mit einem jeweiligen Überwachungsbereich starr ge-
koppelt sind (dies folgt aus Sp. 2, Z. 53 bis 59: „… so daß bei einer Deformation
des Fahrzeugbauteils, auf dem die Sensoreinheit 2 angeordnet ist, das von der
Sensoreinheit 2 gelieferte Sensorsignal S dieser Verformung in seinem Verlauf
folgt, so daß die aufgetretene Deformation durch die Ausnutzung des direkten
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piezo-elektrischen Effekts unmittelbar in eine meßbare elektrische Signalgröße
umgesetzt wird.“),

1.3 wobei die Sensoren (2a-2f) in verschiedenen Überwachungsbereichen
angeordnet sind (siehe Fig. 2, wo auf jeder Seite des Fahrzeugs ein Überwa-
chungsbereich vorhanden ist.) und

1.4 wobei die Sensoren der verschiedenen Überwachungsbereiche jeweils eine
Gruppe (Sensoreinheit 2) bilden (vgl. Sp. 2, Z. 36 bis 44: „Die Fig. 1 zeigt ein
Fahrzeug F, das im Seitenbereich der Fahrgastzelle G jeweils mit einer Sen-
soreinheit 2 ausgerüstet ist, wobei die vorzugsweise identisch aufgebauten Sen-
soreinheiten 2 jeweils sechs Crashsensoren 2a-2f aufweisen. Dem Fachmann ist
klar ersichtlich, daß die hier beschriebene Anordnung von sechs Crashsensoren
2a-2f pro Sensoreinheit 2 nur exemplarischen Charakter besitzt. Es ist auch mög-
lich, mehr oder weniger dieser Crashsensoren 2a-2f vorzusehen.“),

1.5‘ wobei die Sensoren jeder Gruppe (2) ein Teilsystem bilden (dies ist nur eine
Definition), und


1.7‘ die zentrale Systemeinheit (4) die Signale diverser Teilsysteme gemeinsam
auswertet und in der Lage ist, diverse Sicherheitseinrichtungen (SE) auszulösen,
so dass es zu einer den Erfordernissen eines Unfalls entsprechenden Gesamt-
antwort verschiedener Sicherheitseinrichtungen (SE) kommt (vgl. Sp. 3, Z. 1 bis 9:
„In Fig. 2 ist nun das Zusammenwirken dieser einzelnen Komponenten der Vor-
richtung 1 dargestellt. Die von den Crashsensoren 2a-2f einer jeden Sensoreinheit
2 erzeugten einzelnen Sensorsignale S1-S6 werden über eine vorzugsweise als
ein Sensor-Bus ausgebildete Signalleitung 3 zu einer Auswerteeinrichtung 4 ge-
leitet, durch die dann ein die in Fig. 1 nur schematisch gezeigte Sicherheitsein-
richtungen SE des Fahrzeugs F, z. B. Seitenairbags, aktivierendes Steuersignal ST
erzeugbar ist.“).
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Damit unterscheidet sich das Sicherheitssystem nach Anspruch 1 von dem aus
Druckschrift D6 dadurch, dass es in den Teilsystemen Vorelektroniken besitzt, die
in der Lage sind, eine Sicherheitseinrichtung direkt auszulösen, indem die Reakti-
onssignale der Sensoren für jedes Teilsystem separat unter Rückgriff auf jeweils
zugeordnete Datenbanken und ein dem jeweiligen Überwachungsbereich entspre-
chend abgeglichenes Modell ausgewertet werden (Merkmal 1.6), und in der Folge
darin, dass die Zentraleinheit vorausgewertete Signale diverser Teilsysteme ge-
meinsam auswertet (Merkmal 1.7). Druckschrift D6 enthält dahingehend keinen
Hinweis.

Beim Hinzufügen weiterer Teilsysteme zur Überwachung weiterer Bereiche
schlägt Druckschrift D6 dem Fachmann vor, die diesen zugehörigen weiteren
Sensoreinheiten (2) ebenfalls auf die in Fig. 1 und 2 bereits gezeigte Weise an die
Zentraleinheit (4) anzuschließen (vgl. Sp. 2, Z. 44 bis 50: „Desweiteren ist die An-
wendbarkeit des beschriebenen Verfahrens sowie der danach erarbeiteten Vor-
richtung nicht auf ein entsprechendes Verarbeitungssystem zur Erkennung eines
Seitenaufpralls beschränkt. Es ist z. B. auch möglich, daß eine Sensoreinheit 2 im
Front- und/oder im Heckbereich angeordnet ist.“). Insofern besteht hier keine Ver-
anlassung, in den Teilsystemen Vorelektroniken anzuordnen und solche Vorelekt-
roniken Sicherheitseinrichtungen direkt auslösen zu lassen. Auch besteht kein
Anlass, das offenbarte Sicherheitssystem dahingehend zu erweitern, dass meh-
rere der gezeigten Sicherheitssysteme zu einem übergeordneten Ganzen mit ei-
ner übergeordneten Zentraleinheit zusammengefasst werden, und auf diese
Weise ein Sicherheitssystem geschaffen wird, in dem die Auswerteeinrichtung (4)
dann nur eine Vorelektronik und nicht mehr die zentrale Systemeinheit verkörpern
würde. Damit kann Druckschrift D6 den Gegenstand des Anspruchs 1 auch nicht
nahelegen.

3.2 Druckschrift D7 offenbart in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des An-
spruchs 1 ein

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Sicherheitssystem (siehe Fig. 5B, wo die Funktionen des System aufgeführt sind,
darunter auch „Impact Identification“),

1.1 mit einer zentralen Systemeinheit. Zu dieser zählen die Interfaceeinheit (In-
terface Unit 36) ohne die Speichereinheit (Memory Unit 39), die Signalerzeu-
gungseinheit (signal generating unit 32) und die Signalempfangseinheit (signal
receiver unit 34, siehe Fig. 5A i. V. m. Sp. 10, Z. 47 bis Sp. 11, Z. 1: „FIG. 5A
schematically represents a diagnostic system 30 for diagnosing changes in, or
monitoring the condition of, a diagnostic laminate unit 20. Unit 20 includes diag-
nostic layer 10 electrically coupled to a signal generating unit 32 for providing input
signals to actuators 14a of layer 10. […] Diagnostic system 30 further includes a
signal receiver unit 34, electrically coupled to diagnostic layer 10 for receiving out-
put signals from sensors 14b. A data acquisition unit 34a is typically part of signal
receiver unit 34. The data acquisition unit 34a is in electrical communication with
an interface unit 36 for interfacing with unit 20. Interface unit 36 preferably includes
a control unit 37 for controlling signal input to layer 10 via generating unit 32; a
processor unit 38 for processing data from receiver unit 34; and a memory unit 39
for storing data received from processor unit 38 or signal receiver unit 34. Proces-
sor unit 38 may include a computer and suitable software for signal processing
and interpretation routines related to signals received from sensors 14b of
layer 10.”).

1.2 Das System besitzt ein Netzwerk von Sensoren in Form reziprok wirkender
elektromechanischer Wandler, (diagnostic layer 10; vgl. Sp. 6, Z. 4 bis 10: „With
reference to the drawings, FIG. 1A schematically represents a diagnostic layer 10,
including a plurality of actuators/sensors 14 arranged on or in a dielectric substrate
12. […] According to a preferred embodiment, actuators/sensors 14 are arranged
on diagnostic layer 10 as a network.” und Sp. 6, Z. 39 bis 42: „According to a cur-
rently preferred embodiment, each actuator/sensor 14 is a piezoelectric device
which may function as both an actuator 14a and as a sensor 14b.”), die mit einem
Überwachungsbereich starr gekoppelt sind (vgl. Sp. 4, Z. 32 bis 35: „The diagnos-
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tic layer may be inside a composite material, or it may be bonded to an external
surface of metallic or composite materials.”).

1.3 Die Sensoren (14) sind in verschiedenen Überwachungsbereichen
angeordnet. Wie aus Fig. 1A ersichtlich, sind die Sensoren über eine Fläche ver-
teilt. Es ist nun möglich, diese Fläche virtuell in verschiedene Teilflächen zu un-
terteilen, die dann jeweils als ein Überwachungsbereich bezeichnet werden.

1.4 Die Sensoren (14) der verschiedenen Überwachungsbereiche bilden jeweils
eine Gruppe. Auch dies ist nur eine virtuelle Einteilung, die passend zur Einteilung
in Überwachungsbereiche erfolgt.

1.5‘ Die Sensoren jeder Gruppe bilden ein Teilsystem. Dies ist lediglich eine
Definition des Begriffs Teilsystem.

1.7‘ Die zentrale Systemeinheit wertet die Signale diverser Teilsysteme ge-
meinsam aus (siehe Fig. 13 i. V. m. Sp. 14, Z. 55 bis Sp. 15, Z. 4: „FIG. 13 out-
lines a series of steps involved in a method of detecting a physical deformation of
a structure having a diagnostic layer incorporated therein, according to another
embodiment of the invention. The diagnostic layer may have a plurality of actua-
tors/sensors in the form of a network or array. Preferably, the plurality of actua-
tors/sensors are piezoelectric devices, such as piezoceramic actuators/sensors. A
piezoelectric sensor in a diagnostic layer having undergone physical deformation
emits a diagnostic signal which may be received by, for example, a signal receiv-
ing unit. Step 1300 involves the reception of the signal from at least one sensor
located in the diagnostic layer. A signal received from the sensor may be in the
form of voltage readings. Step 1302 involves processing the signal to generate
diagnostic data representative of the physical deformation of the diagnostic layer.
Step 1304 involves interpreting the set of diagnostic data as a force and location of
the impact.”).

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Eine Reaktion auf die Auswertung durch die zentrale Systemeinheit wird nicht an-
gegeben, jedoch ist es für den Fachmann naheliegend, als Reaktion Sicherheits-
systeme auszulösen. Jedoch unterscheidet sich das mit Anspruch 1 beanspruchte
Sicherheitssystem von dem aus Druckschrift D7 dadurch, dass jedes Teilsystem
eine Vorelektronik besitzt (Merkmal 1.5), wobei die Vorelektroniken in der Lage
sind, eine Sicherheitseinrichtung direkt auszulösen, indem die Reaktionssignale
der Sensoren für jedes Teilsystem separat unter Rückgriff auf jeweils zugeordnete
Datenbanken und ein dem jeweiligen Überwachungsbereich entsprechend abge-
glichenes Modell ausgewertet werden (Merkmal 1.6) und in der Folge darin, dass
die Zentraleinheit vorausgewertete Signale diverser Teilsysteme gemeinsam aus-
wertet (Merkmal 1.7). Zwar ist auch im Sicherheitssystem aus Druckschrift D7 eine
Datenbank (siehe die Speichereinheit 39 in Fig. 5A) und ein Modell der Überwa-
chungsbereiche (dies ergibt sich zwingend aus der Tatsache, dass Ort und Inten-
sität des Aufpralls im Schritt 1304 bestimmt werden) vorhanden, doch sind diese
mit der zentralen Systemeinheit verbunden.

Für den Fachmann ist es nun naheliegend, das in Druckschrift D7 offenbarte Si-
cherheitssystem mehrfach in ein Verkehrsmittel, so z. B. einen PKW oder ein
Flugzeug einzubauen. Zudem ist es naheliegend, das Sicherheitssystem mit ei-
nem zentralen Computer zu verbinden, um Vorfälle dort zumindest zu protokollie-
ren. In diesem Fall werden die zentralen Systemeinheiten zu Vorelektroniken, für
die die Möglichkeit eines direkten Auslösens eines Sicherheitssystems naheliegt.
Allerdings gibt es keinen Hinweis darauf, dass der zentrale Computer dann die
Fähigkeit hat, gemäß Merkmal 1.7 diverse Sicherheitseinrichtungen auszulösen,
so dass es zu einer den Erfordernissen eines Unfalls entsprechenden Gesamt-
antwort verschiedener Sicherheitseinrichtungen kommt.

Damit kann auch Druckschrift D7 den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1
weder vorwegnehmen noch nahelegen.

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3.3 Auch der übrige ermittelte Stand der Technik zeigt keinen Aufbau eines Si-
cherheitssystems, bei dem es mehrere Teilsysteme mit einer die Signale auswer-
tenden Vorelektronik und eine zentralen Systemeinheit gibt, die die vorausgewer-
teten Signale gemeinsam auswertet und in der Lage ist, diverse Sicherheitsein-
richtungen auszulösen.

So beschreibt Druckschrift D1 neben einem einzelnen Sensor ein Sicherheitssys-
tem mit mehreren Sensoren, dessen weiterer Aufbau aber nicht näher geschildert
wird.

Druckschrift D2 beschäftigt sich mit dem Testen der Funktionsfähigkeit eines Sen-
sors in einem Sicherheitssystem und schlägt einen Selbsttest vor. Der Aufbau ei-
nes Sicherheitssystems mit die Signale auswertenden Vorelektroniken und einer
zentralen Steuereinheit wird dabei nicht beschrieben.

Die Druckschriften D3 und D4 offenbaren jeweils ebenfalls einen Selbsttest eines
reziprok wirkenden elektromechanischen Sensors. Auf einen Aufbau eines Si-
cherheitssystems gemäß Anspruch 1 gibt es dabei keinen Hinweis.

Druckschrift D5 offenbart wiederum ein Sicherheitssystem mit mehreren Sensoren
(siehe Fig. 1). Jedoch gibt es auch hier keinen Hinweis auf die Ausbildung des
Systems mit die Signale auswertenden Vorelektroniken und einer zentralen Steu-
ereinheit, die in der Lage ist, Sicherheitssysteme auszulösen.

In der Folge ist der im Verfahren befindliche Stand der Technik weder geeignet,
eine fehlende Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 noch das Fehlen einer
erfinderischen Tätigkeit nachzuweisen.

4. Dennoch war kein Patent zu erteilen und die Anmeldung stattdessen nach
§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzu-
verweisen. Es steht im Ermessen des Senats, ob eine Zurückverweisung an das
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Deutsche Patent- und Markenamt erfolgt. Sie sollte aber regelmäßig erfolgen,
wenn zur Klärung eines Sachverhalts noch weitere, umfangreichere Recherchen
notwendig sind, denn das Bundespatentgericht ist vorrangig für die Rechtskon-
trolle und nicht für die Ausführung von dem Patentamt als Verwaltungsbehörde
kraft Gesetzes übertragenen exekutiven Aufgaben zuständig, wie es die Recher-
che ist. Zwar führt die Zurückverweisung zu einem Zeitverzug bis zur endgültigen
Entscheidung über eine Anmeldung, doch ist, wenn zur Klärung eines Sachver-
haltes dem entscheidenden Senat eine umfangreichere Recherche notwendig er-
scheint, die Anmeldung auch dann an das Deutsche Patent- und Markenamt zu-
rückzuverweisen, wenn es dem Senat möglich wäre, diese Recherche selbst
durchzuführen. Denn auf diese Weise wird für den Anmelder der Verlust einer In-
stanz vermieden (vgl. Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage, § 79 Rdn. 41 und 50
und Schulte, Patentgesetz, 9. Auflage, § 79 Rdn. 16 und 27).

Im vorliegenden Fall ist der nunmehr geltende Anspruch 1 gegenüber dem An-
spruch 1, der dem Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G01D
zugrunde liegt, vollständig neu formuliert worden. Hierzu wurde von einer in den
ursprünglichen Anmeldeunterlagen enthaltenen Figur ausgegangen und die zuge-
hörige Beschreibung zur Formulierung eines Anspruches verwendet. Wie bereits
dargestellt, enthält die Anmeldung vier unterschiedliche Aspekte. Zum Zeitpunkt
der Zurückweisung stand dabei der erste Aspekt, nämlich die Verwendung von zu
einem Selbsttest fähigen Sensoren in einem Sicherheitssystem im Vordergrund.
Zwischenzeitlich trat der zweite Aspekt, nämlich die Materialüberwachung in den
Vordergrund. Zu diesem Aspekt hat der Senat neuen Stand der Technik, nämlich
die Druckschrift D7 eingeführt. Beim nunmehr geltenden Anspruch 1 steht jetzt der
dritte Aspekt, die Reaktion auf Unfälle im Vordergrund. Zu diesem Aspekt, der bis-
her für die Beurteilung der Anmeldung nicht von Bedeutung war, hat weder die
Prüfungsstelle noch der Senat in ausreichendem Umfang recherchiert. Diese
nunmehr notwendige Recherche ist deshalb von der dafür vorgesehenen Be-
hörde, dem Deutschen Patent- und Markenamt, durchzuführen.

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5. Es ist deshalb derzeit ohne Bedeutung, dass auch die Beschreibung noch
nicht an den derzeit geltenden Anspruch 1 angepasst ist.

6. Bei dieser Sachlage war der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G01D
vom 15. April 2015 aufzuheben und die Anmeldung zur weiteren Prüfung an das
Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (vgl. Schulte, Patentgesetz,
9. Auflage, § 79 Rdn. 27).


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht dem Anmelder das Rechtsmittel der Rechtsbe-
schwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie
nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, näm-
lich

1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens aus-
drücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des
Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 18 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses
schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, ein-
zureichen oder
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH,
www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer
prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit
einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die Eig-
nungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektronischen
Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs
www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.


Dr. Strößner Brandt Dr. Zebisch Dr. Himmelmann

prö


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