23 W (pat) 11/17  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 11/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
11. April 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache




betreffend die Patentanmeldung 10 2009 026 095.1

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 11. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Strößner sowie der Richter Dr. Friedrich, Dr. Zebisch und
Dr. Himmelmann

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beschlossen:

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F21V des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 29. November 2013
wird aufgehoben.

2. Es wird ein Patent erteilt mit der Bezeichnung
„Beleuchtungsanordnung für Bahnsteige“, dem Anmeldetag
3. Juli 2009 auf der Grundlage folgender Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 17, überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 11. April 2017;
- Beschreibungsseiten 1 bis 13, überreicht in der
mündlichen Verhandlung am 11. April 2017;
- 9 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 3, 6, 8, 9 und 12
bis 15 vom 22. Dezember 2009, eingegangen im
Deutschen Patent- und Markenamt am
24. Dezember 2009;
- 7 Blatt Zeichnungen mit Figuren 2, 4, 5, 7, 10, 11, 16a
und 16b, eingegangen im Deutschen Patent- und
Markenamt am Anmeldetag.


G r ü n d e

I.

Die vorliegende Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2009 026 095.1 und
der Bezeichnung „Beleuchtungsanordnung für Bahnsteige“ wurde am 3. Juli 2009
beim Deutschen Patent- und Markenamt von der S… Aktiengesellschaft -
…in B… elektronisch eingereicht. Gleichzeitig mit
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der Anmeldung wurde Prüfungsantrag gestellt. Die Anmeldung wurde am
5. Januar 2011 mit der DE 10 2009 026 095 A1 offengelegt, wobei entgegen der
Verfügung der zuständigen Prüfungsstelle vom 2. Februar 2010 ausschließlich am
24. Dezember 2009 eingegangene Figuren veröffentlicht wurden.

Die Prüfungsstelle für Klasse F21V hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der
Technik gemäß den folgenden vorveröffentlichten Druckschriften verwiesen:

D1 DE 36 35 808 A1,
D2 DE 20 2005 013 765 U1,
D3 DE 102 05 104 A1,
D4 DE 203 17 146 U1,
D5 US 2005/0 041 418 A1,
D6 DE 10 2007 017 367 A1,
D7 DE 10 2005 017 095 A1,
D8 US 6 461 026 B1 und
D9 DE 198 47 761 C1.

Sie hat in zwei Prüfungsbescheiden abhängig von den jeweils geltenden Unterla-
gen ausgeführt, dass die gemäß Antrag für eine Patentschrift zu verwendenden
Figuren inhaltlich zum Teil über die ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus-
gingen und somit zu einer unzulässigen Erweiterung der Anmeldung führten, dass
Anspruch 1 im Widerspruch zu Anspruch 2 stünde, so dass unklar sei, was unter
Schutz gestellt werden soll, und dass die mit Anspruch 1 beanspruchten Gegen-
stände gegenüber dem ermittelten Stand der Technik auf keiner erfinderischen
Tätigkeit des Fachmanns beruhten.

Die Anmelderin hat dem in zwei Eingaben, mit denen sie jeweils neue Ansprüche
eingereicht hat, teilweise widersprochen. Eine von der Prüfungsstelle nach der
ersten Erwiderung der Anmelderin angesetzte Anhörung wurde auf Wunsch der
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Anmelderin wieder abgesagt, so dass das Verfahren schriftlich zu Ende geführt
wurde.

Nachdem die Anmelderin in ihrer zweiten Eingabe vom 17. Juli 2013 um eine bal-
dige Entscheidung gebeten und einen weiteren Bescheid nur noch zum Ausräu-
men kleinerer Hindernisse gewünscht hatte, hat die Prüfungsstelle die Anmeldung
mit Beschluss vom 29. November 2013 zurückgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt gab
es neben einem Hauptantrag zwei weitere als Hilfsantrag und Hilfsantrag II be-
zeichnete Anträge. In ihrem Zurückweisungsbeschluss hat die Prüfungsstelle aus-
geführt, dass der Hauptantrag schon deshalb zurückzuweisen sei, weil es zu ei-
nem Widerspruch zwischen den Ansprüchen 1 und 2 käme, so dass nicht ange-
geben sei, was unter Schutz gestellt werden soll (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG). Der
Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ergebe sich in naheliegender
Weise aus der Lehre der Druckschrift D8 oder aber auch ausgehend von der
Druckschrift D4 durch Zusammenschau mit der Lehre einer der Druckschriften D8
oder D9, so dass er nicht patentfähig sei (§ 4 PatG). Dies gelte unter Berücksichti-
gung des fachmännischen Handelns auch für den Gegenstand des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag II.

Gegen diesen, der Anmelderin am 5. Dezember 2013 zugestellten Beschluss
richtet sich die am 18. Dezember 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt
über Fax eingegangene Beschwerde, welche die Anmelderin mit Schriftsatz vom
selben Tag, der jedoch erst am 11. April 2014 eingegangen ist, begründet hat. Mit
dieser Begründung hat die Anmelderin eine weitere Druckschrift

D10 US 6 182 848 B1

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zur Unterstützung ihrer Ansichten eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung am 11. April 2017 hat die Anmelderin einen neuen
Satz Patentansprüche mit Ansprüchen 1 bis 17 und neue Beschreibungsseiten 1
bis 13 eingereicht und beantragt,

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F21V des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 29. November 2013
aufzuheben.

2. Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Beleuchtungsan-
ordnung für Bahnsteige“, dem Anmeldetag 3. Juli 2009 auf der
Grundlage folgender Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 17, überreicht in der mündlichen Ver-
handlung am 11. April 2017;
- Beschreibungsseiten 1 bis 13, überreicht in der mündlichen
Verhandlung am 11. April 2017;
- 9 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 3, 6, 8, 9 und 12 bis 15
vom 22. Dezember 2009, eingegangen im Deutschen Pa-
tent- und Markenamt am 24. Dezember 2009;
- 7 Blatt Zeichnungen mit Figuren 2, 4, 5, 7, 10, 11, 16a und
16b, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am An-
meldetag.

Der in der mündlichen Verhandlung am 11. April 2017 überreichte Anspruch 1
lautet:

„1. Beleuchtungsanordnung (10) für Verkehrsbereiche, wie
unterirdische Bahnsteige, Passagen, Unterführungen, Tech-
nikräume oder andere Räume, enthaltend
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(a) eine langgestreckte Basis (12) mit Mitteln zur Befestigung an
einer Decke, an einer Wand oder an einem Funktionsträger
(88), wobei die Basis (12) zwei Kopfteile (44, 46) und ein
zwischen den Kopfteilen angeordnetes Mittenteil (48) um-
fasst, wobei das Mittenteil (48) über die gesamte Länge das
gleiche Querschnittsprofil aufweist;
(b) eine langgestreckte, lichtdurchlässige, um eine Längsachse
gekrümmte Abdeckung (16);
(c) einen Rahmen (14) zur Halterung der Abdeckung (16), der-
art, dass die Abdeckung (16) mit der Basis (12) und dem
Rahmen (14) ein staub- und wasserdichtes Leuchtenge-
häuse bildet; und
(d) das Leuchtmittel mit Vorschaltgerät als Lichteinsatz ausgebil-
det ist, welcher als Ganzes in das Gehäuse einsetzbar ist;
dadurch gekennzeichnet, dass
(e) die Innenseite der Abdeckung (16) im geschlossenen Zu-
stand unmittelbar abdichtend an einer an der Basis (12) vor-
gesehenen Dichtung anliegt, derart, dass nur eine Dichtung,
nämlich zwischen Abdeckung und Basis, für das Erreichen
von Staub- und Wasserdichtheit erforderlich ist, und
(f) der Rahmen (14) an die Basis (12) mittels zweier Gelenk-
Verbinder (36) angelenkt ist, die eine Zwangsführung mit ei-
nem definierten Schließpunkt bilden und jeweils zwei gelen-
kig miteinander verbundene Schenkel (110, 112) umfassen,
von denen einer am Rahmen und der andere an der Basis
angelenkt ist.“

Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 17 sowie der weiteren Unterlagen und Ein-
zelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

- 7 -
II.

Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und
erweist sich hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung am 11. April 2017
eingereichten Anspruchssatzes auch als begründet. Sie führt zur Aufhebung des
Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse F21V und zur Erteilung des Patents
gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, denn die Patentan-
sprüche dieses Antrags sind zulässig (§ 38 PatG), und ihre Lehre ist sowohl aus-
führbar (§ 34 Abs. 4 PatG) als auch patentfähig (§§ 1 bis 5 PatG).

1. Die Anmeldung betrifft eine Beleuchtungsanordnung, enthaltend (a) eine
langgestreckte Basis mit Mitteln zur Befestigung an einer Decke, an einer Wand
oder an einem Funktionsträger, (b) eine unterhalb der Basis angeordnete, langge-
streckte, lichtdurchlässige Abdeckung, (c) einen Rahmen zur Halterung der Abde-
ckung, derart, dass die Abdeckung mit der Basis und dem Rahmen ein staub- und
wasserdichtes Leuchtengehäuse bildet und (d) ein Leuchtmittel mit Vorschaltgerät,
das als Lichteinsatz ausgebildet ist, welcher als Ganzes in das Gehäuse einsetz-
bar ist (vgl. S. 1, Z. 3 und 4 der geltenden Beschreibung i. V. m. dem geltenden
Anspruch 1).

Derartige Beleuchtungsanordnungen werden als Deckenbeleuchtung in Verkehrs-
bereichen, wie U-Bahnhöfen, Unterführungen, Passagen, unterirdischen Bahn-
steigen, Technikräumen und dergleichen verwendet. Die Abdeckung ist gewöhn-
lich eine gekrümmte, lichtdurchlässige „Wanne“. Sie wird in einem Rahmen ge-
halten und gegen diesen abgedichtet. Der Rahmen wird wiederum gegen die Ba-
sis gedrückt, so dass insgesamt ein dichtes Gehäuse gebildet wird (vgl. S. 1, Z. 6
bis 20 der geltenden Beschreibung).

Derartige Leuchten werden üblicherweise mit Leuchtstoffröhren betrieben. Der
Anwendungsart und dem Leuchtmittel entsprechend sind die Leuchten sehr lang.
Die Formstabilität der Abdeckung beziehungsweise des Rahmens ist bei bekann-
- 8 -
ten Leuchten oft nicht ausreichend, um eine dichte Anlage der Komponenten ins-
besondere im Mittelbereich der Leuchte zu gewährleisten. So entsteht ein Unter-
druck, wenn ein U-Bahnzug aus einem Bahnhof ausfährt, der Rahmen, Abde-
ckung und Basis auseinanderzieht. Durch die so entstehenden Zwischenräume
kann Staub und Feuchtigkeit in die Leuchte gelangen, was unerwünscht ist. Staub
und Feuchtigkeit kann ferner durch Öffnungen in das Leuchteninnere gelangen,
die für Zuleitungen vorgesehen sind (vgl. S. 1, Z. 22 bis 31 der geltenden Be-
schreibung).

Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe
zugrunde, eine Vorrichtung der eingangs genannten Art zu schaffen, die wirt-
schaftlicher ist und besser abgedichtet ist (vgl. S. 2, Z. 18 und 19 der geltenden
Beschreibung).

Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gelöst.

Die beanspruchte Beleuchtungsanordnung weist eine Eignung für „Verkehrsberei-
che“ auf und besteht aus vier Bestandteilen, nämlich einer langestreckten Basis,
einer langgestreckten Abdeckung, einem Rahmen und einem Leuchtmittel. An-
spruch 1 gibt mehrere Beispiele für „Verkehrsbereiche“ an, darunter auch „andere
Räume“. Dies bedeutet, dass lediglich eine Eignung für irgendeinen Raum beste-
hen muss, so dass dieses Merkmal kaum einschränkend wirkt.

Die langgestreckte Basis ist mit Mitteln zur Befestigung an einer Decke, einer
Wand oder einem Funktionsträger ausgestattet. Was von dem Begriff Funktions-
träger alles umfasst ist, bleibt dabei offen. Die Basis umfasst zwei Kopfteile und
ein dazwischen angeordnetes Mittenteil. Letzteres weist über seine gesamte
Länge das gleiche Querschnittsprofil auf.

Die langestreckte Abdeckung ist lichtdurchlässig und um eine Längsachse ge-
krümmt. Sie wird durch den Rahmen gehalten. Gemeinsam bilden Basis, Rahmen
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und Abdeckung ein staub- und wasserdichtes Leuchtengehäuse. In diesem
Leuchtengehäuse befindet sich das Leuchtmittel, welches gemeinsam mit einem
Vorschaltgerät als Lichteinsatz ausgebildet ist, der als Ganzes in das Gehäuse
eingesetzt werden kann.

Wesentlich für die beanspruchte Beleuchtungsanordnung ist nun, dass die Innen-
seite der Abdeckung im geschlossenen Zustand des Gehäuses unmittelbar ab-
dichtend an einer an der Basis vorgesehenen Dichtung anliegt. Dabei ist nur diese
Dichtung für das Erreichen von Staub- und Wasserdichtheit erforderlich. Dies be-
deutet, dass zwar weitere Dichtungen vorhanden sein können, diese aber für die
Abdichtung des Innenraumes der Leuchte, in dem sich das Leuchtmittel befindet,
keine Rolle spielen.

Zudem ist der Rahmen an der Basis mittels zweier Gelenkverbinder befestigt.
Diese bestehen aus jeweils zwei gelenkig miteinander verbundenen Schenkeln,
von denen einer am Rahmen und der andere an der Basis mittels jeweils eines
Gelenks befestigt sind. Dies bedeutet, dass jede der zwei Verbindungen aus zwei
Schenkeln und drei Gelenken besteht. Sie bilden eine Zwangsführung mit einem
definierten Schließpunkt.

2. Als zuständiger Fachmann ist hier ein Ingenieur der Fachrichtung
Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluss und dem Schwerpunkt Lichttechnik zu
definieren, der über langjährige Erfahrung bei der Entwicklung von Leuchten für
den öffentlichen Raum verfügt.

3. Die beanspruchten Gegenstände sind ursprünglich offenbart (§ 38 PatG)
und die Ansprüche damit zulässig.

3.1. So geht Anspruch 1 aus dem ursprünglichen Anspruch 1 (Teile der Punkte
(a) und (b) und Punkt (c)) durch Aufnahme von Merkmalen aus den ursprüngli-
chen Ansprüchen 5 (im Punkt (a)), 19 (Teile des Punktes (f)), 20 (weitere Teile des
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Punktes (f)) und 22 (Punkt (d)), sowie der Beschreibung (S. 8, Z. 25 bis 26 i. V. m.
Fig. 1 im Punkt (b); S. 11, Z. 19 bis 23 i. V. m Fig. 7 im Punkt (f)) hervor.

Die Offenbarung des Punktes (e) des Anspruchs 1 ergibt sich ausgehend von
Punkt (d) des ursprünglichen Anspruchs 1 aus den übrigen ursprünglichen Unter-
lagen. So wird im ursprünglichen Anspruch 1 unter Punkt (d) angegeben, dass die
Abdeckung abdichtend unmittelbar an der Basis anliegt. „Unmittelbar“ bedeutet
dabei im üblichen Sprachgebrauch, dass sich nichts zwischen der Abdeckung und
der Basis befindet. Dies ist jedoch nicht das, was die Figuren der Anmeldung zei-
gen. Dort befindet sich immer eine Dichtung zwischen der Abdeckung und der Ba-
sis. Und auch der ursprüngliche Anspruch 2 gibt an, dass zwischen Abdeckung
und Basis eine Gummidichtung vorgesehen ist, welche als Hohlkammerdichtung
ausgebildet ist.

Da der Fachmann bestehende Widersprüche möglichst auflösen wird, wird er in
der ursprünglichen Offenbarung der vorliegenden Anmeldung von einem nicht üb-
lichen Verständnis des Ausdrucks „abdichtend unmittelbar an der Basis“ ausge-
hen, welches sich aus den Figuren mit der zugehörigen Beschreibung ergibt. Die-
ses Verständnis, das in der Beschreibung (vgl. S. 2, Z. 25 bis 32 der ursprüngli-
chen Beschreibung) und auch im ursprünglichen Anspruch 2 ausgedrückt wird,
besteht darin, dass sich zwischen der Abdeckung und der Basis eine Dichtung
befindet, die gemäß Anspruch 2 als Hohlkammergummidichtung ausgebildet ist,
selbst dann, wenn die Abdeckung abdichtend unmittelbar an der Basis anliegt. In
der Beschreibung wird die Dichtung zunächst nicht auf eine Hohlkammerdichtung
aus Gummi beschränkt, weshalb dieser Teil des Anspruchs 2 auch weggelassen
werden darf. Punkt (e) des geltenden Anspruchs 1 wurde zur Klarstellung des
Punktes (d) des ursprünglichen Anspruchs 1 diesem Verständnis gemäß abgeän-
dert, wobei klarstellende Merkmale aus den Figuren, so z. B. der Fig. 13 aufge-
nommen wurden. Damit sind auch die Merkmale des Punktes (e) ursprünglich of-
fenbart, so dass Anspruch 1 insgesamt zulässig ist.

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3.2. Die untergeordneten Ansprüche 2 bis 17 gehen aus den ursprünglichen
Ansprüchen 2 bis 4, 6, 7, 9 bis 18 und 23 hervor, so dass auch sie zulässig sind.

4. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu (§ 3 PatG) und beruht
gegenüber den Lehren der als Stand der Technik ermittelten Druckschriften auf
einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) des Fachmanns.

Den nächstliegenden ermittelten Stand der Technik stellt die Druckschrift D7 dar,
die die Anmelderin selbst genannt hat. Aus ihr ist in Übereinstimmung mit dem
Wortlaut des Anspruchs 1 eine

1. Beleuchtungsanordnung (vgl. die Bezeichnung: „Leuchte“) für
Verkehrsbereiche, wie unterirdische Bahnsteige, Passagen, Unterführungen,
Technikräume oder andere Räume (vgl. Abs. [0002]: „Leuchten dieser Art, bei de-
nen als Leuchtmittel im Regelfall eine oder mehrere beidendig gesockelte Leucht-
stofflampen verwendet werden, sind in vielfältigen Ausführungsformen bekannt
und werden vor allem auch zur Beleuchtung öffentlicher Räume, wie z. B. in U-
Bahnhöfen, Unterführungen, Einkaufspassagen in Untergeschossen und derglei-
chen, verwendet.“) bekannt, enthaltend

(a) eine langgestreckte Basis (siehe Fig. 2) mit Mitteln (Klammerelemente 7)
zur Befestigung an einer Decke, an einer Wand oder an einem Funktionsträger
(vgl. Abs. [0015]: „Zur Montage einer erfindungsgemäßen Leuchte sind die in
Fig. 1 zu sehenden Klammerelemente 7 erforderlich, die bevorzugt aus Federstahl
bestehen und mittels Schrauben an einer Wand oder Decke mit vorgegebenem
Abstand im Bereich der vorgesehenen Anbringung der Leuchte zu befestigen
sind.“), wobei die Basis zwei Kopfteile (Kopfteil 2) und ein zwischen den Kopfteilen
angeordnetes Mittenteil (Grundprofil 1) umfasst, wobei das Mittenteil (1) über die
gesamte Länge das gleiche Querschnittsprofil aufweist (siehe Fig. 1 und 2 i. V. m.
Abs. [0014]: „Aus diesen Einzelkomponenten werden die beiden in Fig. 2 gezeig-
ten Baueinheiten gebildet, nämlich eine erste Baueinheit bestehend aus dem
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Grundprofil 1 und den stirnseitig mit dem Grundprofil 1 verbundenen Kopfteilen 2
mit zugehörigen Trägerteilen 4, sowie…“);

(b) eine langgestreckte, lichtdurchlässige, um eine Längsachse gekrümmte
Abdeckung (Abdeckung 5, vgl. Abs. [0013]: „…eine lichtdurchlässige Abdeckung 5
…“; für die Krümmung siehe Fig. 1);

(c‘) einen Rahmen, bestehend aus den Druckteilen (3) und den Schutzprofiltei-
len (6) zur Halterung der Abdeckung (5), derart, dass die Abdeckung (5) mit der
Basis und dem Rahmen ein Leuchtengehäuse bildet (siehe Fig. 2 i. V. m.
Abs. [0017]: „Auf dieses ortsfixierte Grundprofil mit den zugehörigen Kopfteilen 2
wird dann die in Fig. 2 gezeigte Baueinheit mit der Leuchtenabdeckung 5 aufge-
setzt und mittels Schrauben fixiert, die in die in Fig. 1 zu sehende Schraubauf-
nahme 9 der Kopfteile eingreifen. Wenn man die erforderlichen elektrischen Ver-
drahtungsarbeiten außer Acht lässt, dann ist die Montage der Leuchte mit der er-
folgten Verschraubung der Druckdeckel 3 mit den Kopfteilen 2 beendet.“).

In Druckschrift D7 sind somit die Merkmale des Gegenstands nach Anspruch 1.

(d), dass das Leuchtmittel mit Vorschaltgerät als Lichteinsatz ausgebildet ist,
welcher als Ganzes in das Gehäuse einsetzbar ist,

(e), dass die Innenseite der Abdeckung im geschlossenen Zustand unmittelbar
abdichtend an einer an der Basis vorgesehenen Dichtung anliegt, derart, dass nur
eine Dichtung, nämlich zwischen Abdeckung und Basis, für das Erreichen von
Staub- und Wasserdichtheit erforderlich ist, und

(f), dass der Rahmen an die Basis mittels zweier Gelenk-Verbinder angelenkt
ist, die eine Zwangsführung mit einem definierten Schließpunkt bilden und jeweils
zwei gelenkig miteinander verbundene Schenkel umfassen, von denen einer am
Rahmen und der andere an der Basis angelenkt ist,
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nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.

Ein Teil dieser Merkmale kann jedoch für sich eine erfinderische Tätigkeit nicht
begründen. So zeigt Druckschrift D7 kein Leuchtmittel, jedoch ist ein solches in
jeder Leuchte enthalten und macht eine Leuchte erst zu einer solchen. Druck-
schrift D7 gibt hierzu nur an, dass Trägerteile (4) vorgesehen sind, an der Funkti-
onselemente, wie z.B. Fassungen für Leuchtstofflampen und dergleichen ange-
bracht werden können (vgl. Abs. [0013]: „An den Kopfteilen 2 zu befestigende
Trägerteile 4 zur Anbringung von Funktionselementen, wie z. B. Fassungen für
Leuchtstofflampen und dergleichen, sind in der Darstellung ebenfalls gezeigt.“).
Dabei gemäß Merkmal (d) mehrere Teile zu einem Lichteinsatz zusammenzufü-
gen und gemeinsam in ein Gehäuse einzubauen, war, wie die Anmelderin selbst
in ihrer Beschwerdeschrift angibt und beispielsweise aus den Druckschriften D4
(siehe Fig. 1) und D5 (siehe Fig. 1) ersichtlich ist, zum Anmeldezeitpunkt eine üb-
liche Vorgehensweise, so dass es für den Fachmann nahelag, die in Druckschrift
D7 offenbarten Trägerteile dahingehend zu nutzen, einen Lichteinsatz als Ganzes
in das Gehäuse einzusetzen. Ein solcher Lichteinsatz umfasst dann bei vielen
Leuchtmitteln, so beispielsweise bei Leuchtstoffröhren, aber auch bei LEDs (siehe
das Bezugszeichen 62 in Fig. 3 der Druckschrift D5) auch ein Vorschaltgerät.

Druckschrift D7 gibt zwar weiter an, dass die Schutzprofilteile (6) des Rahmens
abdichtend in die Grundprofile (1) eingreifen (vgl. Abs. [0020]: „Die Schutzprofil-
teile 6 sind dabei bevorzugt so gestaltet, dass sie einerseits insbesondere ab-
dichtend in ein entsprechendes randseitiges Gegenprofil des Grundprofils 1 ein-
greifen…“), doch sind aus Fig. 3 keine Dichtungen ersichtlich, die zu einer was-
serdichten Abdichtung führen. Die Abdichtung erfolgt gemäß Fig. 3 durch ein La-
byrinth, welches durch das Ineinandergreifen der beiden Profile von Rahmen und
Basis gebildet wird. Während solche Labyrinthe für groben Staub und auch Licht
dicht sind, sind sie das für Wasser oder feinen Staub nicht, so dass der Fachmann
davon ausgehen wird, dass er in Druckschrift D7 eine Leuchte vor sich hat, die
zwar spritzwassergeschützt, jedoch nicht wasserdicht ist.
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Ist nun eine Wasserdichtheit erforderlich, sei es wegen der Reinigungsmaßnah-
men oder aus anderen Gründen, so weiß der Fachmann, dass er Dichtungen ein-
fügen muss. Bei den Profilen und der Art der Halterung der Abdeckung (5), wie sie
in Fig. 3 der Druckschrift D7 gezeigt wird, sind hierfür mindestens zwei Dichtungen
notwendig, nämlich eine zwischen Rahmen und Abdeckung (5) und eine weitere
zwischen Rahmen und Basis. Eine solche Anordnung, die zwei Dichtungen benö-
tigt, wird, wie Druckschrift D1 offenbart, vom Fachmann als ungünstig angesehen
(vgl. Druckschrift D1, Sp. 2, Z. 13 bis 35: „Der Deckel ist üblicherweis eine Glas-
scheibe, die gegenüber dem Gehäuse gegen das Eindringen von Wasser abge-
dichtet werden muß. Üblicherweise wird zwischen Deckel und eine übergreifende
Blende eine Dichtung eingelegt, eine weitere Dichtung wird unterhalb des Deckels
angeordnet und stützt sich gegen das Gehäuse ab. Die übrigen Teile des Schein-
werfers, insbesondere Lampe, Reflektor, Lampensockel, Lampenfassung und
Verbindungskabel zur Lampe, sind im allgemeinen, da sie nicht dem direkten
Wasserdruck des Schwimmbades ausgesetzt sind, nicht gegen Wasser geschützt.
Wollte man dies erreichen, so müßten zwischen den gennanten Einzelteilen je-
weils geeignete Dichtungen angebracht werden, soweit dies überhaupt möglich
ist. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß diese übrigen Scheinwerferteile durch-
aus mit Wasser in Berührung kommen können, nämlich mit Spritzwasser oder
Kondenswasser. Die dann gegebenenfalls erforderlichen zahlreichen zusätzlichen
Dichtungen erfordern jedoch einen hohen Aufwand in bezug auf die Lagerhaltung
und führen zu einer relativ komplizierten Montage des Schwimmbadscheinwerfers,
dessen Kosten sich dadurch erhöhen.“). Als Lösung schlägt Druckschrift D1 eine
Anordnung vor, bei der es nur eine integrale Dichtung (60) gibt, von der sich ein
Teil (zweite Wulst 64) zwischen der Abdeckung und der Basis befindet (siehe
Fig. 1).

Eine vergleichbare Lösung zeigt auch Druckschrift D2. Auch dort wird der Innen-
raum durch eine Dichtung (26) zwischen Abdeckung (28) und der Basis (10) ge-
genüber der Umwelt abgedichtet. Die weitere Dichtung (26a) hat hierfür keine Wir-
kung, da Luft und Wasser unter den Rahmen (12) gelangen können (siehe Fig. 2
- 15 -
i. V. m. Abs. [0035]: „Eine effektive Abdichtung des Innenraums der Flachleuchte 1
wird durch die Befestigungsklammern 15 bewirkt, die die erste Deckscheibe 28
gegen die in der Nut 212 angeordnete Dichtschnur 26 pressen.“). Es liegt nun
nahe, eine vergleichbare Lösung, welche mit nur einer Dichtung auskommt, auch
für den Fall der Leuchte aus Druckschrift D7 anzuwenden. Dazu wird der Fach-
mann das Profil (1) so verändern, dass es vergleichbar zur Druckschrift D2 eine
Rippe gibt, die bis zur Abdeckung (5) reicht, und an deren Ende eine Dichtung
angebracht werden kann. Damit ergeben sich auch die Merkmale des Punktes (e)
für den Fachmann in naheliegender Weise und das Leuchtengehäuse wird staub-
und wasserdicht, wie es im Punkt (c) beansprucht wird.

Es bleibt der Punkt (f), der sich aus keiner der ermittelten Druckschriften ergibt. So
zeigt Druckschrift D8 zwar eine Beleuchtungsanordnung mit zwei Gelenkverbin-
dern, die einen Rahmen (frame 14) mit einer Basis (housing 16) in Art eines
Scharniers verbinden (siehe Fig. 1 und 2) und aus zwei Teilen (first part 70 und
second part 72) bestehen, doch sind diese Teile jeweils ohne Gelenk am Rahmen
oder an der Basis befestigt. Auch ist es auf Grund der Form der beiden Teile frag-
lich, ob die beiden Teile als Schenkel bezeichnet werden können. Die Gelenkver-
bindung zwischen den beiden Teilen ist, obgleich sie eine ähnliche Funktion wie
die in Anspruch 1 beanspruchte erfüllt (siehe z. B. auch die Vorteile Sp. 1, Z. 36
bis 45: „Accordingly, an object of the present invention is to provide a hinge for a
luminaire or lighting fixture that centers the frame onto the housing of the fixture.
Another object of the present invention is to provide a hinge for a luminaire or
lighting fixture that assists in creating a seal between the fixture frame and hous-
ing. Yet another object of the present invention is to provide a hinge for a luminaire
or lighting fixture that immediately and automatically centers the frame with re-
spect to the fixture housing.”), somit grundlegend anders als diese aufgebaut,
weshalb sie das fehlende Merkmal (f) des Anspruchs 1 nicht nahelegen kann.

Die übrigen Druckschriften offenbaren keine Gelenkverbinder, auch Druckschrift
D9 nicht, denn bei dem dort offenbarten Gegenstand handelt es sich um einen
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Gelenkverschluss, der als Verschlussbügel zwei Teile miteinander verbindet. Er ist
ein selbständiges Teil, das Gelenke aufweist, aber mittels keiner dieser Gelenke
an einem der beiden miteinander zu verbindenden Teile befestigt ist und somit an
keinem der beiden Teile angelenkt ist. Damit können auch sie die in Druckschrift
D7 fehlenden Merkmale des Punktes (f) nicht nahelegen.

In der Folge ist der in Anspruch 1 beanspruchte Gegenstand somit patentfähig.

5. An den Anspruch 1 können sich die Unteransprüche 2 bis 17 anschließen,
da sie vorteilhafte Weiterbildungen der beanspruchten Beleuchtungsanordnung
angeben, welche nicht platt selbstverständlich sind.

6. In der geltenden Beschreibung ist der Stand der Technik, von dem die
Erfindung ausgeht, angegeben und die Erfindung anhand der Zeichnung ausrei-
chend erläutert.

7. Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für
Klasse F21V aufzuheben und das Patent wie in der mündlichen Verhandlung be-
antragt zu erteilen.


III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht dem Anmelder das Rechtsmittel der Rechtsbe-
schwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie
nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, näm-
lich

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1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens aus-
drücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des
Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses
schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, ein-
zureichen oder
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmäch-
tigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH,
www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer
prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit
einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die Eig-
nungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektronischen
Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs
www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.


Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann

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