23 W (pat) 10/17  - 23. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



23 W (pat) 10/17
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
26. September 2017





B E S C H L U S S

In der Einspruchsbeschwerdesache



- 2 -

betreffend das Patent 10 2008 025 735

hat der 23. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 26. September 2017 unter Mitwirkung des Richters
Dipl.-Phys. Brandt als Vorsitzenden sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Friedrich,
Dipl.-Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann

beschlossen:

1. Der Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 30. Oktober 2013 (schriftlich be-
gründet durch Beschluss vom 18. November 2013) wird auf-
gehoben.
2. Das Patent Nr. 10 2008 025 735 mit der Bezeichnung
„Leuchteinheit“, dem Anmeldetag 29. Mai 2008 wird in be-
schränktem Umfang aufrechterhalten nach Maßgabe folgen-
der Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag, über-
reicht in der mündlichen Verhandlung am
26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0001] bis [0005] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absätze [0006] bis [0011], überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0012] bis [0013] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absätze [0014] bis [0015] gemäß Pa-
tentschrift werden gestrichen;
- Beschreibung Absätze [0016] bis [0019] gemäß Pa-
tentschrift;

- 3 -

- Beschreibung Absatz [0020] gemäß Patentschrift wird
gestrichen;
- Beschreibung Absätze [0021] bis [0024] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absätze [0025] bis [0026], überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0027] bis [0035] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absatz [0036], überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0037] bis [0042] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absatz [0043], überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0044] bis [0048] gemäß Pa-
tentschrift;
- Bezugszeichenliste gemäß Patentschrift;
- 3 Blatt Zeichnungen (6/8 bis 8/8) mit Figuren 1 bis 4
gemäß Patentschrift.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse F21V des Deutschen Patent- und Markenamts hat
die am 29. Mai 2008 von der O… GmbH in M… beim Deutschen Patent-
und Markenamt eingereichte und mit der DE 10 2008 025 735 A1 am
17. Dezember 2009 offengelegte Patentanmeldung 10 2008 025 735.4 durch Be-
- 4 -

schluss vom 1. März 2011 erteilt. Das 13 Ansprüche (1 selbständigen und 12 ab-
hängige Ansprüche) umfassende Patent wurde am 28. Juli 2011 mit der
DE 10 2008 025 735 B4 (Streitpatent) veröffentlicht und trägt die Bezeichnung
„Leuchteinheit“.

Gegen das Patent hat die T… GmbH mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2011,
beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag eingegangen, Einspruch
erhoben und in ihrem Schriftsatz den vollständigen Widerruf des Patents bean-
tragt. Die Einsprechende hat sich dabei auf die Widerrufsgründe der fehlenden
Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG), der mangelnden Ausführbarkeit (§ 21
Abs. 1 Nr. 2 PatG) und der unzulässigen Erweiterung gegenüber der ursprüngli-
chen Offenbarung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) berufen. Sie hat sich bei ihrer Begrün-
dung im Hinblick auf die fehlende Patentfähigkeit auf die folgenden Dokumente
gestützt:

D1 DE 20 2005 006 053 U1;
D2 EP 1 547 447 B1;
D3 DE 102 30 103 A1;
D4 WO 2006/122 818 A1;
D5 EP 1 783 819 A2;
D6 WO 2006/053 687 A2;
D7 US 2003/0 080 691 A1;
D8 WO 2008/037 940 A1;
D9 WO 2007/146 566 A2;
D10 DE 195 28 459 C2;
D11 DE 10 2007 017 900 A1;
D12 DE 20 2007 008 258 U1;
D13 DE 20 2007 003 679 U1 und
D14 DE 20 2005 008 411 U1.

- 5 -

Dabei waren die Druckschriften D10 bis D14 bereits im Patentprüfungsverfahren
ermittelt worden.

Auf den Einspruch hin hat die damalige Patentinhaberin mit Schriftsatz vom
10. Juli 2012 den Ansichten der Einsprechenden in allen Punkten widersprochen
und insbesondere ausgeführt, dass die Lehre des Streitpatents ausführbar sei, die
Gegenstände der erteilten Ansprüche ursprünglich offenbart und sowohl neu seien
als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhten, so dass das
Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten sei. Hilfsweise hat sie mit diesem
Schriftsatz einen weiteren Anspruchssatz als Hilfsantrag eingereicht, zu dem die
Einsprechende in einem weiteren Schriftsatz vom 16. Oktober 2013 Stellung ge-
nommen hat.

Als Ergebnis der darauffolgenden Anhörung am 30. Oktober 2013 wurde das
Streitpatent durch Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und
Markenamts in der Anhörung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG in vollem Umfang
aufrechterhalten.

Die Patentabteilung hat in ihrer Beschlussbegründung vom 18. November 2013
ausgeführt, dass die Lehre des Streitpatents ausführbar sei, der Gegenstand des
erteilten Anspruchs 1 ursprünglich offenbart sei und zudem durch keine der im
Verfahren befindlichen Druckschriften vorweggenommen oder dem Fachmann
nahegelegt werde, so dass er auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns
beruhe und somit patentfähig sei. Es sei deshalb das Patent in vollem Umfang
aufrecht zu erhalten.

Die Beschlussbegründung wurde der Einsprechenden am 21. November 2013
zugestellt und am 20. November 2013 im Abholfach der damaligen Patentinhabe-
rin niedergelegt, so dass sie als der damaligen Patentinhaberin am
23. November 2013 zugestellt gilt.

- 6 -

Gegen diesen Beschluss der Patentabteilung 54 hat die Einsprechende mit
Schriftsatz vom 19. Dezember 2013, am selben Tag im Deutschen Patent- und
Markenamt eingegangen, Beschwerde eingelegt und ihre Beschwerde mit Schrift-
satz vom 26. März 2014 begründet. Hierzu hat die damalige Patentinhaberin mit
Schriftsatz vom 29. April 2014 Stellung genommen.

Nach einem Wechsel der Patentinhaberin auf die derzeitige Patentinhaberin, die
L… GmbH, hat sich die Einsprechende auf eine entsprechende Anfrage
des Senats hin mit Schriftsatz vom 18. April 2017 damit einverstanden erklärt,
dass die L… GmbH als Verfahrensbeteiligte an die Stelle der bisherigen
Patentinhaberin, der O… GmbH, tritt.

In der mündlichen Verhandlung am 25. April 2017 haben sowohl die Einspre-
chende als auch die Patentinhaberin ihre Standpunkte nochmals dargestellt. Die
Patentinhaberin hat einen neuen Satz Patentansprüche als Hilfsantrag einge-
reicht. Da dessen Anspruch 1 auch ein Merkmal aus der Beschreibung enthält,
wurde die mündliche Verhandlung auf Anregung der Einsprechenden vertagt, um
dieser Gelegenheit zu einer Nachrecherche zu geben. In der Folge hat die Ein-
sprechende zwar keine weiteren Dokumente eingereicht, hat aber mit Schriftsatz
vom 27. Juli 2017 ausgeführt, dass die neu eingereichten Ansprüche des Hilfsan-
trags teilweise unklar seien, und begründet, warum der nunmehr beanspruchte
Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag auf keiner erfinderischen Tätigkeit
des Fachmanns beruhe und damit nicht patentfähig sei.

In der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 26. September 2017 hat die
Patentinhaberin nochmals einen geänderten Anspruchssatz als Hilfsantrag einge-
reicht und begründet, warum der Gegenstand dessen Anspruchs 1 auf einer erfin-
derischen Tätigkeit des Fachmanns beruhe. Zudem hat sie geänderte Absätze der
Beschreibung zu diesem Hilfsantrag eingereicht.

- 7 -

Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung neben einer Ausführung
zur fehlenden Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag
auf ihre schriftlichen Ausführungen verwiesen und beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 30. Oktober 2013 (schriftlich begründet durch
Beschluss vom 18. November 2013) aufzuheben und das Patent
Nr. 10 2008 025 735 in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung folgende Anträge gestellt:

1. Hauptantrag
Das Patent Nr. 10 2008 025 735 in der erteilten Fassung auf-
recht zu erhalten und die Beschwerde zurückzuweisen.

2. Hilfsantrag
Hilfsweise das Patent Nr. 10 2008 025 735 mit der Bezeichnung
„Leuchteinheit“ dem Anmeldetag 29. Mai 2008 in be-
schränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe fol-
gender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag, über-
reicht in der mündlichen Verhandlung am
26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0001] bis [0005] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absätze [0006] bis [0011], überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0012] bis [0013] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absätze [0014] bis [0015] gemäß Pa-
tentschrift werden gestrichen;
- 8 -

- Beschreibung Absätze [0016] bis [0019] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absatz [0020] gemäß Patentschrift wird
gestrichen;
- Beschreibung Absätze [0021] bis [0024] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absätze [0025] bis [0026], überreicht in
der mündlichen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0027] bis [0035] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absatz [0036], überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0037] bis [0042] gemäß Pa-
tentschrift;
- Beschreibung Absatz [0043], überreicht in der mündli-
chen Verhandlung am 26. September 2017;
- Beschreibung Absätze [0044] bis [0048] gemäß Pa-
tentschrift;
- Bezugszeichenliste gemäß Patentschrift;
- 3 Blatt Zeichnungen (6/8 bis 8/8) mit Figuren 1 bis 4
gemäß Patentschrift.

Der geltende, in der Streitpatentschrift veröffentlichte Anspruch 1 gemäß Haupt-
antrag lautet (mit bei unverändertem Wortlaut eingefügter, an die Gliederung im
Einspruchsverfahren angelehnter Gliederung):
„1A Leuchteinheit (1) umfassend
1B - einen Sockel (5),
1C - ein LED-Modul (3),
1D - eine Vorrichtung zur Wärmeleitung (14, 15), die thermisch mit dem
Sockel (5) gekoppelt ist;

- 9 -

1E - einen Füllstoff (6) zur Wärmeverteilung, der zumindest teilweise
thermisch mit dem LED-Modul (3) und zumindest teilweise thermisch
mit der Vorrichtung zur Wärmeleitung (14, 15) gekoppelt ist,
dadurch gekennzeichnet,
1F dass die Vorrichtung zur Wärmeleitung (14, 15) mindestens einen nicht
der Stromzufuhr des LED-Moduls (3) dienenden, separaten
Wärmeleiter (9, 10) aufweist,
1G der zumindest teilweise in den Füllstoff (6) ragt und zumindest teilweise
mit dem Füllstoff (6) thermisch gekoppelt ist,
1H wobei der Wärmeleiter (9, 10) Wärme an den Sockel (5) ableitet.“

Anspruch 1 des Hilfsantrags ist ausgehend vom Anspruch 1 nach Hauptantrag
einteilig abgefasst und lautet (mit bei unverändertem Wortlaut eingefügter
Gliederung):

„1A Leuchteinheit (1) umfassend
1B - einen Sockel (5),
1C - ein LED-Modul (3),
1D - eine Vorrichtung zur Wärmeleitung (14, 15), die thermisch mit dem
Sockel (5) gekoppelt ist;
1E - einen Füllstoff (6) zur Wärmeverteilung, der zumindest teilweise
thermisch mit dem LED-Modul (3) und zumindest teilweise thermisch
mit der Vorrichtung zur Wärmeleitung (14, 15) gekoppelt ist,
1F‘ wobei die Vorrichtung zur Wärmeleitung (14, 15) mindestens einen
nicht der Stromzufuhr des LED-Moduls (3) dienenden, separaten
Wärmeleiter (9, 10) aufweist,
1G der zumindest teilweise in den Füllstoff (6) ragt und zumindest teilweise
mit dem Füllstoff (6) thermisch gekoppelt ist,
1I wobei die Vorrichtung zur Wärmeleitung (14, 15) eine Abschlussplatte
(8) zur Begrenzung eines Raums für den Füllstoff (6) aufweist,
1H wobei der Wärmeleiter (9, 10) Wärme an den Sockel (5) ableitet,
- 10 -

1J und wobei der Wärmeleiter (14, 15) über ein durch die Abschlussplatte
(8) hindurchgeführtes Wärmeankopplungselement (13) mit dem Sockel
(5) in thermischem Kontakt steht.“

Zu den auf Anspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüchen bei-
der Anträge sowie zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Streitpatentschrift und
den Akteninhalt verwiesen.


II.
Die fristgerecht eingegangene Beschwerde ist zulässig, und insoweit erfolgreich,
als das Patent im Umfang des Hilfsantrags beschränkt aufrechterhalten wird. Im
Übrigen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. So erweist sich der Ge-
genstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags gegenüber dem Stand der Technik
als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhend und damit
als nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 4 PatG). Der ursprünglich
offenbarte, gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Gegenstand des Anspruchs 1 ge-
mäß Hilfsantrag erweist sich dagegen als sowohl neu (§ 3 PatG) als auch auf ei-
ner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG) beruhend, so dass er pa-
tentfähig ist (§ 1 Abs. 1 PatG) und somit das Patent im Umfang des Hilfsantrags
beschränkt aufrechtzuerhalten ist.
1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrens-
stadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte PatG, 10. Auflage,
§ 59 Rdn. 51 und 150 bis 152, BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“). Vorliegend
ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch zulässig, weil sowohl zu dem
geltend gemachten Einspruchsgrund der mangelnden Patentfähigkeit auf Grund
fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG
i. V. m. §§ 3, 4 PatG) als auch zu dem Einspruchsgrund der unzulässigen Erweite-
rung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) sowie zum Einspruchsgrund der mangelnden Aus-
- 11 -

führbarkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) substantiiert Stellung genommen wurde. So
hat die Einsprechende genau angegeben, welches Merkmal des erteilten An-
spruchs 1 ursprünglich nicht offenbart sei, und wie es bei dem erteilten Anspruch 1
zu einem Widerspruch komme, der eine anspruchsgemäße Ausführung der Lehre
des Patents verhindere. Außerdem hat sie genau angegeben, wo welche Merkma-
le des Gegenstands des unabhängigen Anspruchs 1 in den einzelnen Druckschrif-
ten offenbart seien, oder wie sie sich in naheliegender Weise aus dem Stand der
Technik ergäben. Die Einsprechende gibt zudem noch kurz an, wie sich Gegen-
stände der Unteransprüche aus den genannten Druckschriften in naheliegender
Weise ergäben. Insgesamt sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtferti-
gen, im Einzelnen aufgeführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung 54
des Deutschen Patent- und Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden
demnach in die Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die
behaupteten Einspruchsgründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leit-
satz 2, 251, liSp., Abs. 1 - „Epoxidation“; Schulte, PatG, 10. Auflage, § 59 Rdn. 84
bis 88).

2. Das Streitpatent betrifft eine Leuchteinheit, insbesondere eine LED-Retrofit-
Lampe (vgl. Abs. [0001] der Streitpatentschrift). Unter „Retrofit“ ist dabei ein An-
schluss zu verstehen, der mit dem einer Glühbirne identisch ist, also z. B. ein
Schraubsockel wie E27.

Gemäß den Ausführungen in der Beschreibung der Patentschrift verdrängen LED-
Retrofit-Lampen zunehmend herkömmliche Glühbirnen insbesondere bei Lampen
höherer Leistungen. Dabei steige auch die in den Retrofit-Lampen umgesetzte
elektrische Leistung, was insbesondere zu Problemen bei der Wärmeableitung
von LED-Modulen und von Vorschaltgeräten, die zur Ansteuerung der LED-Mo-
dule verwendet werden, führe. Aus der DE 20 2005 008 411 U1 (= D14) sei bei-
spielsweise eine Leuchtdiodenretrofitlampe bekannt, die einen Kühlkörper mit ei-
ner Vorrichtung zur Wärmeleitung aufweist, die thermisch mit dem Sockel gekop-
pelt ist und die zusätzlich eine Flüssigkeit als Wärmeleitmedium aufweist.
- 12 -

Aus der DE 10 2007 017 900 A1 (= D11) mit älterem Zeitrang sei ein Leuchtmittel
mit einer Konvektionskühlstruktur bekannt, bei der innerhalb eines Kolbens, in
dem sich die Halbleiterlichtquelle befindet, eine Vorrichtung zur Wärmeleitung ent-
halten ist, die thermisch mit dem Sockel gekoppelt ist, und wobei der Kolben zu-
sätzlich eine durchsichtige Flüssigkeit als Wärmeleitmedium aufweist. Zur Abfüh-
rung von Wärme von elektronischen Vorschaltgeräten (EVGs) sei es bekannt,
thermisch leitfähige und elektrisch isolierende Füllstoffe wie Sand oder Teer zu
verwenden. Insbesondere sei eine solche Wärmeleitung bei elektronischen Trafos
für Halogenlampen bekannt (vgl. Abs. [0002] und [0003] der Streitpatentschrift).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Auf-
gabe zugrunde, die vorstehend genannten Nachteile zu vermeiden und insbeson-
dere eine Möglichkeit zur Wärmeableitung von Wärmequellen einer Leuchteinheit
mit wärmeempfindlichen Wärmequellen bereitzustellen, insbesondere zur Wärme-
ableitung von Leuchtmodulen und Elektronikbausteinen beispielsweise bei einer
LED-Retrofit-Lampe (vgl. Abs. [0004] der Streitpatentschrift).

Diese Aufgabe wird durch die Leuchteinheit nach den Ansprüchen 1 des Haupt-
antrags und des Hilfsantrags gelöst.

Die beanspruchte Leuchteinheit besteht demnach aus einem Sockel, einem LED-
Modul, einer Vorrichtung zur Wärmeleitung und einem Füllstoff. Über die Ausbil-
dung des Sockels und des LED-Moduls enthält der erteilte Anspruch 1 keine wei-
teren Angaben. Dabei ergibt sich aus dem Begriff LED-Modul, dass neben einem
oder mehreren LED-Halbleiterchips noch weitere Bestandteile enthalten sind, die
ein gemeinsames Modul bilden.

Der Füllstoff ist zur Verteilung der Wärme geeignet, was nichts anderes bedeutet,
als dass er ebenfalls wärmeleitend sein muss. Er ist zumindest teilweise thermisch
mit dem LED-Modul und der Vorrichtung zur Wärmeleitung gekoppelt. Es muss
- 13 -

demnach die Möglichkeit eines Wärmeübergangs vom LED-Modul zum Füllstoff
und von dort zur Vorrichtung zur Wärmeleitung bestehen.

Die Vorrichtung zur Wärmeleitung ist besonders ausgebildet. Sie weist mindestens
einen nicht der Stromzufuhr des LED-Moduls dienenden, separaten Wärmeleiter
auf. Dieser ragt zumindest teilweise in den Füllstoff und ist mit diesem zumindest
teilweise thermisch gekoppelt. Er leitet Wärme an den Sockel ab, d. h. er ist auch
mit dem Sockel thermisch gekoppelt.

Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags weist die Vorrichtung zur Wärmeleitung zu-
sätzlich eine Abschlussplatte und ein Wärmeankopplungselement auf, das mit
dem Sockel in thermischen Kontakt steht. Letzteres kann ein eigenes Teil sein,
kann aber auch einstückig mit dem Wärmeleiter ausgeführt sein (vgl. Abs. [0036]
der Streitpatentschrift) und ist durch die Abschlussplatte hindurchgeführt. Die Ab-
schlussplatte ist zudem auch geeignet, den Raum für den Füllstoff zu begrenzen,
d. h. sie ist geeignet, diesen Raum in zumindest eine Richtung abzuschließen.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht gegenüber
dem ermittelten Stand der Technik auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fach-
manns, so dass er nicht patentfähig ist (§ 4 i. V. m. § 1 Abs. 1 PatG). Bei dieser
Sachlage kann die Zulässigkeit dieses Anspruchs dahingestellt bleiben (vgl. BGH
GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).

Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener Diplom-Ingenieur der
Fachrichtung Elektrotechnik oder ein Physiker mit Hochschul- oder Fachhoch-
schulabschluss sowie speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Anwendung von
Leuchtdioden zu definieren, der mit der Entwicklung von Leuchtmitteln auf der Ba-
sis von Leuchtdioden betraut ist.

Druckschrift D1 beschäftigt sich in erster Linie mit einer elektronischen Schaltung
für eine Energiesparlampe (vgl. die Bezeichnung) auf LED Basis. Sie zeigt aber
- 14 -

auch in den Figuren 5 und 10 den Aufbau der Lampe. Diese Druckschrift offenbart
eine

1A Leuchteinheit (siehe Fig. 5), umfassend

1B einen Sockel (Anschlußsockel 10; vgl. Abs. [0027]: „Als Anschlußsockel (10)
werden E27-Sockel, E14-Sockel, GU 10-, G 9- und GZ 10-Sockel bevorzugt.“),

1C ein LED-Modul, bestehend aus Platine (11) und LEDs (1; vgl. Abs. [0026]:
„LEDs (1) mit einer Lichtausbeute von ca. 55,6 lm/W wie die LED […] erreichen
ca. 8,2% Wirkungsgrad, solche mit 70 lm/W ca. 10,3%, was im Bereich des Wir-
kungsgrades konventioneller Energiesparlampen liegt. Es können bedrahtete
LEDs oder LEDs zur Oberflächenmontage aus beliebigem Material, darunter auch
solche aus lnGaP oder organische LEDs, verwendet werden. Bevorzugt werden
weiße Leuchtdioden, welche auf einer Platine (11) montiert sind.“).

Sie weist zudem eine Vorrichtung zur Wärmeleitung auf. Diese besteht zumindest
aus einem Kühlfinger. Dieser Kühlfinger ist gemäß der Beschreibung zusätzlich zu
einem Kühlkörper vorhanden (vgl. Abs. [0070]: „Zusätzlich zu einem Kühlkörper
nach Anspruch 26 kann bei dieser Konstruktion ein Kupfer-Kühlfinger nach An-
spruch 27 die Wärme aus dem vergossenen Modul ableiten.“), er kann aber ge-
mäß Anspruch 27 auch ohne einen solchen Kühlkörper vorhanden sein (vgl. An-
spruch 27: „Energiesparlampe nach mindestens einem der Ansprüche 1, 15 bis 20
dadurch gekennzeichnet, dass ein Kühlfinger zur Wärmeableitung in die Kunst-
stoff-Vergußmasse eingebettet ist.“), denn Anspruch 1, auf den sich Anspruch 27
zurückbezieht, beansprucht keinen Kühlkörper. Somit ist ein Teil des Merkmals 1D
in Druckschrift D1 ebenfalls offenbart.

Die Lampe weist auch einen Füllstoff zur Wärmeverteilung auf (vgl. Abs. [0069]:
„Derartige Chips und Hybridmodule können nach Ansprüchen 19 und 20 in einem
hochtransparenten Kunststoff wie etwa Polymethacrylsäuremethylester (PMMA)
- 15 -

eingebettet werden. Anstelle weißer LEDs mit einem Ce:YAG-Phosphor-Überzug
auf dem Chip können auch blaue LEDs verwendet werden, wenn dem Kunststoff
ein gelb fluoreszierender Stoff wie z. B. ein Perylen-Farbstoff nach Anspruch 28
zugesetzt wird. Alternativ kann nach Anspruch 28 ein Phosphor auf einem Diffusor
aufgebracht werden“), der zumindest teilweise thermisch mit dem LED-Modul (11
und 1) und zumindest teilweise thermisch mit der Vorrichtung zur Wärmeleitung
gekoppelt ist (vgl. Anspruch 27). Über die Wärmeleitfähigkeit der Kunststoff-Ver-
gussmasse werden zwar keine Angaben gemacht, doch muss die Kunststoff-Ver-
gussmasse dazu geeignet sein, die Wärme zu verteilen, da anderenfalls der Kühl-
finger in der Vergussmasse keinen Sinn machen würde. Im Übrigen sei ange-
merkt, dass jeder Stoff eine gewisse thermische Leitfähigkeit aufweist, so dass die
Wärme in jedem Stoff verteilt wird. Auch Merkmal 1E ist somit in Druckschrift D1
gegeben.

Die Vorrichtung zur Wärmeleitung weist mindestens einen nicht der Stromzufuhr
des LED-Moduls dienenden, separaten Wärmeleiter auf, nämlich den Kühlfinger.
Damit ist auch das Merkmal 1F in Druckschrift D1 bereits offenbart.

Der Kühlfinger ragt zumindest teilweise in den Füllstoff und ist zumindest teilweise
mit dem Füllstoff thermisch gekoppelt (vgl. die bereits zitierten Stellen An-
spruch 27 und Abs. [0070]). Damit ist auch das Merkmal 1G bei der in Druckschrift
D1 offenbarten Leuchteinheit vorhanden.

In Druckschrift D1 nicht offenbart ist dagegen das Merkmal 1H, dass der Wärme-
leiter Wärme an den Sockel ableitet, was den fehlenden Teil des Merkmals 1D,
dass die Vorrichtung zur Wärmeleitung thermisch mit dem Sockel gekoppelt ist,
präzisiert, denn es wird in Druckschrift D1 nicht angegeben, wo sich der Kühlfinger
genau befindet, und wohin er die aufgenommene Wärme abführt.

Jedoch ist das Merkmal 1H und damit auch der zweite Teil des Merkmals 1D für
den Fachmann naheliegend, denn ausgehend von Fig. 5 gibt es nur eine sinnvolle
- 16 -

Möglichkeit, wo das Ende des Kühlfingers angebracht ist. Dies ist das Gehäuse,
das auch den Sockel 10 umfasst. So macht es keinen Sinn, den Kühlfinger an der
Linse 13 zu befestigen, da er dort die optischen Eigenschaften verschlechtern
würde. Auch kann der Kühlfinger nicht an einer der beiden Platinen (11, 12) ange-
bracht sein, denn dann würde er keine Wärme aus dem Vergussmaterial ableiten,
sondern dorthin einleiten. Es liegt für den Fachmann somit nahe, dass der Kühl-
finger nur am Gehäuse, entweder im Bereich des Sockels (10) oder weiter vorne
angebracht ist. In beiden Fällen ist der Kühlfinger mit dem Sockel (10) thermisch
gekoppelt und es wird auch Wärme an den Sockel abgeleitet, denn schließlich ist
der Sockel gemeinsam mit dem restlichen Gehäuse ausgebildet. Im zweiten Fall
ist das restliche Gehäuse Bestandteil der Vorrichtung zur Wärmeleitung und wirkt
u. a. so wie die Wärmekopplungselemente (13) des Streitpatents. Dies ist selbst
dann noch der Fall, wenn das Gehäuse im vorderen Teil einen Kühlkörper auf-
weist, denn selbst in diesem Fall wird auf Grund des Fehlens einer aktiven Küh-
lung ein Teil der Wärme an den Sockel (10) abgeleitet.

Damit gelangt der Fachmann durch einfache Überlegungen mit Hilfe seines Fach-
wissens ausgehend von Druckschrift D1 zum Gegenstand des Anspruchs 1 des
Streitpatents, so dass dieser nicht patentfähig ist (§ 4 i. V. m. § 1 Abs. 1 PatG).

4. Die Ansprüche nach Hilfsantrag sind zulässig (§ 38 PatG, § 22 Abs. 1
PatG). Ihre Lehre ist ausführbar (§ 34 Abs. 4 PatG), ihre gewerblich anwendbaren
(§ 5 PatG) Gegenstände sind neu (§ 3 PatG) und beruhen gegenüber dem Stand
der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG), so
dass sie patentfähig sind (§ 1 Abs. 1 PatG).

4.1. Die Gegenstände der Ansprüche des Hilfsantrags sind ursprünglich offen-
bart (§ 38 und § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) und der Schutzbereich der Ansprüche geht
nicht über den des erteilten Patents hinaus (§ 22 Abs. 1 PatG). Die Ansprüche des
Hilfsantrags sind somit zulässig.

- 17 -

Der erteilte Anspruch 1 geht aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 4, 5 und 9
hervor, wobei das dort verwendete Wort „Sonde“ durch „Wärmeleiter“ ersetzt ist.
Diese Änderung ist zulässig, da die Sonden auch in den Beispielen schon als
Wärmeleiter bezeichnet werden (vgl. S. 5, Z. 28 bis 37 der ursprünglichen Be-
schreibung: „Kolbenseitig weist die Vorrichtung zur Wärmeleitung 4 zwei halbzy-
linderschalenförmige Wärmeleiter 9, 10 auf, die sich von der Abschlussplatte 8
aus senkrecht nach oben durch den Hals 7 des Kolbens 2 hindurch und bis zu
dem aufgeweiteten Teil des Kolbens 2 erstrecken. In einer alternativen Ausge-
staltung kann der Wärmeleiter auch als ein einstückiger Zylinderrohrabschnitt
ausgeführt sein.“).

Es bleiben somit die Merkmale, dass der mindestens eine Wärmeleiter nicht der
Stromzufuhr des LED-Moduls (3) dient und „separat“ ist (Merkmal 1F‘), dass es
sich bei dem im ursprünglichen Anspruch 9 beanspruchten Mittel zur Begrenzung
eines Raums für den Füllstoff um eine Abschlussplatte handelt (Merkmal 1I) und
dass der Wärmeleiter über ein durch die Abschlussplatte hindurchgeführtes Wär-
meankopplungselement mit dem Sockel in thermischen Kontakt steht (Merkmal
1J).

Die ursprünglichen Unterlagen enthalten keine expliziten Aussagen zur Stromzu-
fuhr oder zum Stromverlauf. Jedoch sind den Figuren und der zugehörigen Be-
schreibung einige Merkmale zu entnehmen. So sind, wie auf allen Figuren er-
kennbar ist, die Wärmeleiter mit dem elektrisch leitenden Sockel über die Wärme-
ankopplungselemente (13 bzw. 16) verbunden. Es wird zwar an keiner Stelle er-
wähnt, dass diese elektrisch leitend sind, doch ist dies auf Grund der guten Wär-
meleitfähigkeit von Metallen nicht ausgeschlossen. Da auch für die Wärmeleiter
(9, 10) nicht ausgeschlossen wird, dass diese elektrisch leitend sind, wäre dem-
nach ein Stromfluss vom Sockel zum Ende des Wärmeleiters möglich. Die Wär-
meleiter enden jedoch, ohne dass sie weiter kontaktiert werden. Sie stehen nur mit
dem Füllmaterial in Kontakt. Dieses könnte nun elektrisch leitend sein, so dass
dann ein Stromfluss durch die Wärmeleiter möglich wäre. Jedoch ist in Fig. 1 eine
- 18 -

Linie eingezeichnet, die mit „galvanische Trennung“ beschriftet ist. Hierzu wird
ausgeführt, dass durch die Höhe der Wärmeleiter (9,10) die Dimensionierung der
galvanischen Trennung zur Platine 4 maßgeblich bestimmt wird (vgl. S. 6, Z. 8 bis
10). Dies bedeutet, dass das Füllmaterial nicht leitend ist, so dass ein Gleich-
stromfluss vom Ende des Wärmeleiters weg nicht möglich ist. Nicht ausgeschlos-
sen ist dagegen zunächst eine kapazitive Kopplung und damit verbunden ein
Wechselstromfluss, doch ist eine solche nicht beschrieben, weshalb der Fach-
mann davon ausgeht, dass eine solche nicht vorhanden ist, zumal eine LED mit
Gleichstrom betrieben wird und sich ein elektronisches Vorschaltgerät (12) in der
Leuchteinheit befindet, für das es keinen Grund gibt, es nicht direkt an die Kon-
takte des Sockels anzuschließen.

Dem Fachmann wird somit die Lehre vermittelt, dass die in den Figuren gezeigten
Wärmeleiter (9, 10) nicht dem Stromfluss zum LED-Modul dienen, so dass auch
dieses Merkmal ursprünglich offenbart ist.

Das Einfügen nur dieses Merkmals allein würde jedoch trotzdem zu einer Unzu-
lässigkeit führen. So wäre es beispielsweise denkbar, die Isolierung von Zulei-
tungsdrähten aus einem gut wärmeleitenden Material wie beispielsweise einer
Keramik, welche dann ebenfalls nicht der Stromzufuhr des LED-Moduls dient, her-
zustellen. Eine solche Ausführung des Wärmeleiters ist aber nicht offenbart und
wird auch vom Fachmann nicht als zur Erfindung gehörend erkannt. Das Einfügen
des Wortes „separat“ verhindert diese Ausführungsform, denn die Isolierung oder
auch eine Halterung der Stromzuführungen sind nicht separat von diesen ausge-
führt. Das Wort „separat“, das sich, wie der Fachmann erkennt, auf die Stromzu-
führung bezieht, macht den Anspruch erst zulässig, denn der Fachmann wird aus-
gehend von den Figuren und der Beschreibung nur solche Ausführungsformen als
zur Erfindung gehörend betrachten, bei denen der Wärmeleiter separat von der
Stromzuführung zum LED-Modul ausgebildet ist (Merkmal 1F‘).

- 19 -

Dass das im ursprünglichen Anspruch 9 genannte Mittel zur Begrenzung eines
Raums für den Füllstoff als Abschlussplatte ausgeführt sein kann, ist aus den Aus-
führungsbeispielen ersichtlich und wird beispielsweise in Zusammenhang mit
Fig. 1 beschrieben (vgl. S. 5, Z. 14 bis 17 der ursprünglichen Beschreibung)
(Merkmal 1I).

Ebenfalls in den Ausführungsbeispielen offenbart ist das Merkmal 1J, denn in den
Figuren werden Wärmeankopplungselemente (13) gezeigt, die auch durch die Ab-
schlussplatte (8) hindurchgeführt werden (siehe Fig. 1 und 2), was auch im zuge-
hörigen Abschnitt der Beschreibung beschrieben wird (vgl. S. 6, Z. 10 bis 13: „So-
ckelseitig sind an der Abschlussplatte 8, bzw. durch diese hindurchgeführt, Wär-
meankopplungselemente 13 vorgesehen zur thermischen Ankopplung der Wär-
meleiter 9, 10 an den Sockel 5.“).

Damit ist ein Gegenstand mit allen Merkmale des Anspruchs 1 ursprünglich offen-
bart (§ 38 PatG). Da zudem durch die Aufnahme weiterer Merkmale in den erteil-
ten Anspruch 1 der Schutzbereich des Anspruchs 1 eingeschränkt ist (§ 22 PatG),
ist der erteilte Anspruch 1 nach Hilfsantrag somit zulässig.

Die Unteransprüche 2 bis 10 gehen aus den ursprünglichen Ansprüchen 3, 6 bis
8, 10 bis 13 und 15 hervor. Sie sind somit ebenfalls zulässig.

4.2. Die Lehren der Ansprüche des Hilfsantrags sind auch ausführbar (§ 34
Abs. 4 PatG, § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG)

Die Einsprechende bemängelt bezüglich der Ausführbarkeit zwei Punkte. Der
erste besteht in der Ausführung des Wärmeleiters als „separaten“ Wärmeleiter,
der zweite besteht darin, dass sie aus Anspruch 2 des erteilten Patents schließt,
dass der Füllstoff auch aus thermisch nicht leitendem Material bestehen könne, so
dass es zu einem Widerspruch mit dem im Merkmal 1E angegebenen Zweck des
Füllstoffes, nämlich der Wärmeverteilung komme.
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Beide Punkte überzeugen aber nicht. Denn das Wort „separat“ kann sich zunächst
auf zwei Gegenstände beziehen, von denen der Wärmeleiter separat ausgebildet
sein soll. Der erste ist die Vorrichtung zur Wärmeleitung, der zweite ist die
Stromzufuhr bzw. die Elemente, die der Stromzufuhr dienen. Da es bei Bezug zum
ersten Gegenstand zu einem Widerspruch im Merkmal 1F‘ kommt, wird der
Fachmann, der den Anspruch mit (Sach-)Verstand liest, zwangsweise zu dem
Schluss kommen, dass sich das Wort „separat“ auf den zweiten Gegenstand, also
die Stromzufuhr beziehen muss. Da ihm dies auch die Figuren zeigen, weiß der
Fachmann somit, was gemeint ist. Das Merkmal 1F‘ ist somit ausführbar.

Da der Anspruchssatz des Hilfsantrags den Anspruch 2 des Streitpatents nicht
mehr enthält, kann der von der Einsprechenden angegebene Rückschluss mit
diesem Anspruchssatz auch nicht mehr gezogen werden und der bemängelte
Widerspruch nicht mehr auftreten.

Da somit die Ausführungsbeispiele widerspruchsfrei zu den Ansprüchen passen
und auch nacharbeitbar sind, ist die Erfindung so deutlich und vollständig
offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann.

4.3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags wird durch den Stand
der Technik weder vorweggenommen (§ 3 PatG), noch wird er durch ihn nahege-
legt (§ 4 PatG).

Druckschrift D1 zeigt in den Fig. 5 und 10 zwar Platten, die zur Begrenzung des
Raums für den Füllstoff geeignet sein könnten, so in Fig. 5 die Platine (11) und in
Fig. 10 die Platte, auf der sich der Diffusor (13) befindet. Jedoch gibt es keinerlei
Hinweis darauf, dass diese Platten von einem Wärmeankopplungselement durch-
drungen werden, da die Druckschrift D1 nicht angibt, wo und wie der in dieser
Druckschrift offenbarte Kühlfinger (siehe Anspruch 27) thermisch angekoppelt ist.
Zudem ist es fraglich, ob in Fig. 5 die Platine (11) überhaupt mit der beanspruch-
ten Abschlussplatte gleichgesetzt werden kann, da sie ein Bestandteil des LED-
- 21 -

Moduls ist. In Druckschrift D1 gibt es keinen Hinweis auf ein Wärmeankopplungs-
element, doch könnte dieses auch ein Teil des Kühlfingers sein, da es gemäß der
Beschreibung auch einstückig mit dem Wärmeleiter ausgeführt sein kann (vgl.
Abs. [0036] der Beschreibung des Hilfsantrags). Doch auch unter dieser Annahme
offenbart die Druckschrift D1 nicht, dass der Kühlfinger die Platten durchdringt.

Sieht man das Gehäuse der Lampen aus Fig. 5 und 10 als Wärmeankopplungs-
elemente an, was prinzipiell möglich wäre, so durchdringen diese die Platten
ebenfalls nicht, sondern beinhalten sie. Es ist somit in Druckschrift D1 weder ein
vom Wärmeleiter getrenntes Wärmeankopplungselement offenbart, das eine Ab-
schlussplatte durchdringt, noch eine Anordnung, bei der ein Wärmeleiter eine Plat-
te durchdringt. Das Merkmal 1J kann somit der Druckschrift D1 nicht entnommen
werden und wird durch das Fachwissen des Fachmanns auch nicht nahegelegt,
da es ausgehend von den Fig. 5 und 10 der Druckschrift D1 andere Möglichkeiten
gibt, einen Kühlfinger wirksam zu befestigen, ohne die in den Figuren gezeigte
Geschlossenheit der Platten zu verletzen.

Auch Druckschrift D8 zeigt kein Wärmeankopplungselement, das eine Abschluss-
platte durchdringt. Denn selbst wenn man in Fig. 1 das untere schraffierte Recht-
eck mit einem Wärmeleiter identifiziert, der in ein Vergussmaterial, nämlich das
darüberliegende schraffierte Material reicht, so gibt es doch keine Abschlussplatte,
die von ihm oder einem anderen Teil, das mit dem Wärmeankopplungselement
gleichgesetzt werden könnte, durchdrungen wird.

Dasselbe gilt für Druckschrift D3, wo in der einzigen relevanten Figur, Fig. 1, nicht
einmal gezeigt wird, wo und wie ein Wärmeleiter angeordnet ist.

Auch die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften, die in der mündlichen
Verhandlung keine Rolle mehr gespielt haben, lassen keinen Hinweis darauf er-
kennen, einen in einen Füllstoff hineinragenden Wärmeleiter mit einem Wärmean-
kopplungselement auszubilden, das eine Abschlussplatte für den Füllstoff durch-
- 22 -

dringt. Sie sind somit ungeeignet, den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfs-
antrag für sich oder in Zusammenschau mit einer der Druckschriften D1, D8 oder
D3 nahezulegen. Damit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsan-
trag auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns, so dass er patentfähig ist.

4.4. An den Anspruch 1 des Hilfsantrags können sich die Unteransprüche 2 bis
10 anschließen, da sie vorteilhafte Weiterbildungen des beanspruchten Gegen-
stands angeben, welche nicht platt selbstverständlich sind.

4.5. In der zuletzt in der mündlichen Verhandlung angepassten Beschreibung ist
der Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, angegeben und die Erfin-
dung anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.

5. Bei dieser Sachlage war das Streitpatent im Umfang des Hilfsantrags be-
schränkt aufrecht zu erhalten und die Beschwerde der Einsprechenden im Übrigen
zurückzuweisen.


III.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten - vorbehaltlich des
Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Be-
schwer - das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechts-
beschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfol-
genden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich

1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
- 23 -

2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens
ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung er-
gangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Ver-
fahrens verletzt worden sind, oder
6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses
schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als
Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, ein-
zureichen oder
durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevoll-
mächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH,
www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer
prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder
mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die
Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektroni-
schen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs
www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.


Brandt Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann

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