20 W (pat) 40/14  - 20. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



20 W (pat) 40/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
4. Oktober 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2004 039 884.4










hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die
Richterin Dorn, den Richter Dipl.-Ing. Albertshofer sowie den Richter
Dipl.-Geophys. Dr. Wollny
- 2 -
beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Die Prüfungsstelle für IPC-Klasse G 05 B des Deutschen Patent- und Markenamts
(DPMA) hat die Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Verfahren und System zur Beschreibung und Ausführung
automatischer Tests“

mit am Ende der Anhörung vom 18. Juli 2014 verkündetem Beschluss zurückge-
wiesen. Der Zurückweisung lagen die Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hauptan-
trag, eingegangen beim DPMA per Fax am 9. Februar 2011, sowie die Patentan-
sprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der Anhörung vom 18. Juli 2014,
zugrunde.

Zur Begründung hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass der Gegenstand nach
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit gegenüber der
Druckschrift DE 100 29 346 A1 (E3) und fachmännischem Wissen – beispielhaft
verdeutlicht anhand der Druckschrift WO 97/27540 A1 (E4) – nicht patentfähig sei.
Gleiches gelte für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 28. August 2014, mit
der sie ihre Anmeldung weiterverfolgt.
- 3 -
Der Bevollmächtigte der Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 05 B des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 18 Juli 2014 aufzuheben und
das nachgesuchte Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen
zu erteilen:

Patentansprüche:
Patentansprüche 1 bis 9 vom 11. September 2017, beim BPatG per Fax
eingegangen am selben Tag

Beschreibung:
Beschreibungsseiten 1 bis 15 vom Anmeldetag (17.08.2004)

Zeichnungen:
Figuren 1 bis 5 vom Anmeldetag (17.08.2004)

Hilfsantrag:
Patentansprüche 1 bis 9 vom 11. September 2017, beim BPatG per Fax
eingegangen am selben Tag
Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantrag.
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Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:





- 5 -
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:




Wegen der jeweils geltenden abhängigen Unteransprüche wird auf den Inhalt der
Akte verwiesen.


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Die Anmelderin hält den beanspruchten Gegenstand nach Patentanspruch 1
sowohl in der Fassung des Hauptantrags als auch in der Fassung des Hilfsantrags
für patentfähig.

Im Rahmen des Prüfungsverfahrens ermittelte die Prüfungsstelle zum Stand der
Technik noch die Druckschriften

E1 Agilent technologies Inc. VEE Pro User’s Guide Edition 1 – March 2000

E2 WO 99/30232 A1.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Anmeldegegenstand nach den nunmehr geltenden Anspruchsfassun-
gen betrifft ein Verfahren zum Testen eines technischen Systems.

In der Beschreibung der Anmeldung wird erläutert, dass technische Systeme, be-
vor sie in Serie gehen, umfangreichen Tests unterzogen werden müssten. Je
komplexer das technische System sei, desto mehr Anwendungsfälle und Szena-
rien könnten entstehen und müssten simuliert werden (vgl. Ursprungsunterlagen
S. 1, Abs. 3 und 4). Bei der Erstellung, Durchführung und Auswertung von Test-
szenarien würden daher hohe Anforderungen an Flexibilität, Übersichtlichkeit und
einfache Handhabbarkeit eines Testsystems und der durchgeführten Testverfah-
ren gestellt (vgl. Ursprungsunterlagen, S. 2, Abs. 2).
- 7 -
Als Aufgabe wird in der Anmeldung genannt, die hohe Komplexität bei der Erstel-
lung von Testszenarien beherrschbar zu machen (vgl. Ursprungsunterlagen, S. 3,
Abs. 2).

Zur Lösung dieser Aufgabe wird in der geltenden Fassung von Anspruch 1 nach
Hauptantrag ein Verfahren vorgeschlagen, dessen Merkmale sich wie folgt glie-
dern lassen:

M1 Verfahren zum Testen eines technischen Systems,

M1.1 bei dem mit wenigstens einer Datenverarbeitungsanlage eine in einem
Speicher als Programm abgelegte Testsequenz ausgeführt wird,

M1.2 wobei die Datenverarbeitungsanlage über wenigstens eine Schnittstelle
mit dem technischen System verbunden ist und mittels der ausgeführ-
ten Testsequenz Daten an das technische System übertragen und/oder
von diesem gelesen werden und wobei die Testsequenz zur Durchfüh-
rung eines Tests bei ihrer Erstellung auf einer Anzeigevorrichtung gra-
fisch dargestellt wird und hierbei die Testsequenz durch Datenobjekte
und ausführbare Programmblöcke grafisch zusammengesetzt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

M1.3 mittels einer grafischen hierarchischen Anordnung von Programm-
blöcken

M1.3.1 ein gleichzeitiges Ausführen von Programmblöcken gleicher Hie-
rarchiestufe bestimmt wird durch ein grafisches Nebeneinander-An-
ordnen der Programmblöcke und
- 8 -
M1.3.2 ein zeitlich aufeinander folgendes Ausführen von Programmblöcken
unterschiedlicher Hierarchiestufe bestimmt wird durch ein grafisches
Untereinander-Anordnen der Programmblöcke in der Anzeigevorrich-
tung und dass

M1.4 in einem Instanzbereich der Anzeigevorrichtung, in welchem der Ablauf
der programmierten Testsequenz bestimmt wird, ein Programmblock
eines bestimmten Typs eröffnet wird und durch den Typ definiert wird,
wie in dem Programmblock enthaltene hierarchisch darunter liegende
Programmblöcke ausgeführt werden.

Das Verfahren wird gemäß Patentanspruch 1 nach dem geltenden Hilfsantrag
durch die folgenden Merkmale weiter spezifiziert:

M1.5 wobei durch die Eröffnung dieses Programmblockes mit dem Typ
„parallel“ alle weiteren innerhalb dieses Programmblockes eingefügten
Programmblöcke automatisch grafisch nebeneinander für eine Parallel-
ausführung angeordnet werden und

M1.6 wobei durch die Eröffnung dieses Programmblockes mit dem Typ
„seriell“ alle weiteren innerhalb dieses Programmblockes eingefügten
Programmblöcke automatisch grafisch untereinander für ein zeitlich
aufeinanderfolgendes Ausführen angeordnet werden.

2. Die vorliegende Anmeldung wendet sich ihrem sachlichen Inhalt nach an
einen Diplom-Informatiker mit langjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der
Realisierung von grafischen Programmierumgebungen, die für die einfache und
fehlerfreie Erstellung von Testprogrammen durch einen Programmierer bzw. Be-
nutzer geeignet sind.

- 9 -
Dieser Fachmann entnimmt dem Anspruch 1 folgende Lehre:

Mittels des beanspruchten Verfahrens wird durch einen Benutzer eine Test-
sequenz erstellt, die anschließend als Programm in einem Speicher einer Daten-
verarbeitungsanlage abgelegt und auf der Datenverarbeitungsanlage ausgeführt
wird (Merkmal M1.1, Ursprungsunterlagen, S. 3, 3. Abs.; S. 12, Abs. 2).

Die Datenverarbeitungsanlage ist über eine Schnittstelle mit einem technischen
System verbunden und mittels der ausgeführten Testsequenz werden Daten an
das technische System übertragen und/oder von diesem gelesen (Merk-
male M1.2teilw).

Die Erstellung der Testsequenz erfolgt derart, dass diese durch einen Benutzer
durch Datenobjekte und ausführbare Programmblöcke auf einer Anzeigevorrich-
tung grafisch zusammengesetzt und dargestellt wird (Merkmal M1.2Rest). Unter
einer „Testsequenz“ versteht der Fachmann somit eine grafische Anordnung von
Programmblöcken auf einer Anzeigevorrichtung. Derartige Anordnungen entspre-
chen aus fachmännischer Sicht Flussdiagrammen bzw. Programmablaufplänen,
die ihm aus der Programmentwicklung geläufig sind.

Durch ein grafisches Nebeneinander-Anordnen von Programmblöcken in der An-
zeigevorrichtung wird bei der Erstellung der Testsequenz festgelegt (bestimmt),
dass es sich um Programmblöcke gleicher Hierarchiestufe handelt, die gleichzeitig
ausgeführt werden sollen (Merkmal M1.3.1). Der Anmeldung entnimmt der Fach-
mann, dass unter „zeitgleich ausgeführt“ – im Unterschied zu einer bedingten
Abarbeitung – eine parallele Abarbeitung dieser Programmblöcke zu verstehen ist
(vgl. Ursprungsunterlagen, S. 9, Abs. 4, „Aus der spezifischen Ausprägung der
Aggregation ergibt sich auch die Ablaufbeschreibung (Kontrollfluss), z. B.
sequenzielle, parallele, wiederholte oder bedingte Abarbeitung.“).

- 10 -
Durch ein grafisches Untereinander-Anordnen von Programmblöcken in der Anzei-
gevorrichtung wird bei der Erstellung der Testsequenz festgelegt (bestimmt), dass
es sich um Programmblöcke unterschiedlicher Hierarchiestufe handelt, die zeitlich
aufeinanderfolgend ausgeführt werden sollen (Merkmal M1.3.2).

Unter einem „Instanzbereich der Anzeigevorrichtung“ gemäß Merkmal M1.4 ver-
steht der Fachmann einen bestimmten (Bildschirm-)Bereich auf der Anzeigevor-
richtung, auf dem der Ablauf der programmierten Testsequenz durch den Benut-
zer festgelegt (bestimmt) wird. Wird darauf ein Programmblock eines bestimmten
Typs durch den Benutzer eröffnet, so wird durch den Typ definiert, wie in dem Pro-
grammblock enthaltene, hierarchisch darunter liegende Programmblöcke ausge-
führt werden (Merkmal M1.4). Als Beispiel für den Typ nennt die Anmeldung
„parallel“ und „seriell“.

Gemäß Hilfsantrag wird weiter beansprucht, dass bei einem Programmblock mit
dem Typ „parallel“ alle weiteren innerhalb dieses Programmblockes eingefügten
Programmblöcke automatisch grafisch nebeneinander für eine Parallelausführung
angeordnet werden und bei einem Programmblock mit dem Typ „seriell“ alle weite-
ren innerhalb dieses Programmblockes eingefügten Programmblöcke automatisch
grafisch untereinander für ein zeitlich aufeinander folgendes Ausführen angeord-
net werden (Merkmale M1.5 und M1.6). Bereits eingefügte bzw. neu eingefügte
Programmblöcke werden so auf der Anzeigevorrichtung automatisch angeordnet,
d. h. der Benutzer muss dies nicht für jeden dieser Programmblöcke eigens festle-
gen (vgl. Ursprungsunterlagen, S. 12, letzter Absatz).

Die durch den Benutzer erstellte Testsequenz wird gemäß Merkmal M1.1 als ein
Programm auf der Datenverarbeitungsanlage gespeichert und ausgeführt, d. h. es
wird ausgehend von der auf der Anzeigevorrichtung grafisch dargestellten Test-
sequenz ein ausführbares Programm erzeugt und auf der Datenverarbeitungs-
anlage gespeichert.
- 11 -
3. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 sowohl gemäß Hauptantrag als auch
gemäß Hilfsantrag ist dem Fachmann jedenfalls nahegelegt und beruht damit je-
weils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.1 Die erfindungsgemäße Lehre nach Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und
Hilfsantrag liegt auf technischem Gebiet und unterfällt keinem Patentierungsaus-
schluss.

Das Verfahren nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 liegt zumindest mit einem
Teilaspekt auf technischem Gebiet, weil eine bestimmte Nutzung der Komponen-
ten einer Datenverarbeitungsanlage gelehrt und damit eine Anweisung zum tech-
nischen Handeln gegeben wird (BGH GRUR 2010, 613 - Dynamische Dokumen-
tengenerierung). Der Gegenstand von Patentanspruch 1 beschränkt sich auch
nicht auf ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches und ist deshalb
nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlos-
sen. Die Merkmale M1, M1.1 und M1.2 lösen das technische Problem, mittels ei-
nes auf einer Datenverarbeitungsanlage ausgeführten Programms ein technisches
System zu testen. Hierfür sind technische Mittel (Schnittstelle) vorgesehen, über
die bei Ausführung der Testsequenz Daten an das technische System übertragen
und/oder von diesem gelesen werden.

3.2 Die Merkmale M1.3.1, M1.3.2, M1.4 gemäß Hauptantrag und M1.5 und
M1.6 gemäß Hilfsantrag betreffen Anweisungen zur Auswahl und Wiedergabe von
Informationen, dessen Bestandteile bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit
nicht berücksichtigt werden können.

a) Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bleiben Anweisungen, die die
Vermittlung bestimmter Inhalte betreffen und damit darauf zielen, auf die mensch-
liche Vorstellung oder Verstandesfähigkeit einzuwirken, als solche außer Betracht.
Anweisungen, die Informationen betreffen, die nach der erfindungsgemäßen Lehre
wiedergegeben werden sollen, können die Patentfähigkeit unter dem Gesichts-
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punkt der erfinderischen Tätigkeit nur dann und nur insoweit stützen, als sie die
Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zu-
mindest beeinflussen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 – X ZR 37/13, BPatGE
54, 304 Rn. 32 – Bildstrom; BGH, Urteil vom 23. April 2013 - X ZR 27/12, GRUR
2013, 909 Rn. 14 m. w. N. - Fahrzeugnavigationssystem).

b) Die mit Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag beanspruchte
Lehre setzt sich aus zwei Grundbestandteilen zusammen, von denen der erste die
Art und Weise betrifft, wie ein technisches System getestet werden soll, und der
zweite die Art und Weise, wie Daten auf dem Bildschirm dargestellt werden.

Das technische Problem der vorliegenden Anmeldung liegt darin, mit Hilfe eines
Programms ein technisches System zu testen. Der technische Beitrag beschränkt
sich dabei auf die Anweisungen, mittels eines auf einer Datenverarbeitungsanlage
ausgeführten und aus einer – auf einer grafischen Programmierumgebung erstell-
ten – Testsequenz erzeugten Programms das technische System zu testen, wobei
die Datenverarbeitungsanlage über wenigstens eine Schnittstelle mit dem techni-
schen System verbunden ist und mittels der ausgeführten Testsequenz Daten an
das technische System übertragen und/oder von diesem gelesen werden (Merk-
male M1, M1.1, M1.2).

Die Anweisungen in den Merkmalen M1.3.1, M1.3.2, M1.4 aus Patentanspruch 1
nach Hauptantrag sowie in den Merkmalen M1.5 und M1.6 aus Patentanspruch 1
nach Hilfsantrag betreffen lediglich eine zweckmäßige grafische Darstellung, um
den Benutzer der Programmierumgebung bei der Erstellung von Testszenarien in
komplexen Systemen zu unterstützen. Durch diese visualisierte Information er-
kennt der Benutzer auf einfache Weise, wie der Kontrollfluss bei der Programmie-
rung erfolgen soll. Dadurch wird es ihm ermöglicht, auf einfache Weise eine mög-
lichst fehlerfreie Testsequenz zu erstellen und so die hohe Komplexität bei der
Erstellung von Testszenarien beherrschbar zu machen. Derartige Darstellungen
sind dem einschlägigen Fachmann auf Grund seines Fachwissens aus Fluss- und
- 13 -
Programmablaufdiagrammen grundsätzlich bekannt. Mittels dieser Anweisungen
werden somit zum Zwecke einer einfacheren Erstellung von Testsequenzen die
ursprünglich gedanklichen Anweisungen und manuellen Tätigkeiten bei Erstellung
einer solchen lediglich in computergerechte Anweisungen überführt. Somit handelt
es sich bei diesen Merkmalen um ein reines Problem der Datenverarbeitung, und
zwar der Bereitstellung von Informationen und deren grafische Aufbereitung.
Technische Überlegungen werden hierfür nicht relevant.

c) Die Anweisungen in den Merkmalen M1.3.1, M1.3.2, M1.4, M1.5 und M1.6
sind somit aber nicht Teil der technischen Lösung, sondern gehören zu der dieser
vorgelagerten Auswahl einer für die Erstellung von Testsequenzen zweckmäßigen
grafischen Darstellung. Derartige Anweisungen sind bei der Prüfung auf erfinde-
rische Tätigkeit jedoch nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH Urteil vom 26. Okto-
ber 2010 – X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 39 – Wiedergabe topografischer In-
formationen; bestätigt in BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 – X ZR 37/13, BPatGE
54, 304 Rn. 34 – Bildstrom).

3.3 Die Druckschrift E2 (WO 99/30232 A1) betrifft ein Verfahren zur grafischen
Darstellung der Ergebnisse von Tests von Softwareprogrammen, wobei das zu
testende Softwareprogramm aus Modul-Bausteinen besteht und in Form eines
Ablauf-Graphen dargestellt werden kann (vgl. E2, S. 1, Z. 6 – 10). Zur einfacheren
Entwicklung der Softwareprogramme ist die Verwendung einer grafischen Ober-
fläche vorgesehen, welche den Datenfluss anhand eines Graphen darstellt. Eine
Anwendungsmöglichkeit ist die Entwicklung eines Dienstes für ein intelligentes
Netz (entspricht einem technischen System gemäß der vorliegenden Anmeldung),
wobei diese Dienste aus einzelnen standardisierten Software-Modulen einfach
zusammensetzbar sind (vgl. E2, S. 1, Z. 19 – 36; S. 6, Z. 3 – 10).

Mithin ist aus der Druckschrift E2 ein Verfahren zum Testen eines technischen
Systems bekannt (Merkmal M1), bei dem mit wenigstens einer Datenverarbei-
tungsanlage (vgl. E2, Figur, „SCP“ („Service Control Point“)) eine in einem Spei-
- 14 -
cher als Programm abgelegte Testsequenz ausgeführt wird (vgl. E2, S. 6, Z. 15
– 18; Merkmal M1.1). Dabei ist die Datenverarbeitungsanlage über wenigstens
eine Schnittstelle mit dem technischen System verbunden und mittels der ausge-
führten Testsequenz werden Daten an das technische System übertragen
und/oder von diesem gelesen (vgl. E2, Figur, Bezz. „FSL Test Data“, „FSL Test
Msg“; S. 6, Z. 15 – 16; Merkmal M1.2teilw). Bei dem aus der Druckschrift E2
bekannten Verfahren wird die Testsequenz zur Durchführung eines Tests bei ihrer
Erstellung auf der Anzeigevorrichtung grafisch dargestellt (vgl. E2, Figur, Bezz.
„FSL“) und hierbei die Testsequenz durch Datenobjekte und ausführbare
Programmblöcke grafisch zusammengesetzt (vgl. E2, S. 5, Z. 27 – S. 6, Z. 8;
Merkmal M1.2Rest). Die Zusammensetzung erfolgt bei dem bekannten Verfahren
mittels eines grafischen Entwicklungs-Werkzeuges („SD, Service Definition“; vgl.
E2, S. 5, Z. 28). Die Programmblöcke werden bei dem bekannten Verfahren auf
der Anzeigevorrichtung angeordnet (vgl. E2, S. 6, Z. 4 – 5; Figur; Bezz. „FSL“).

Aus seinem Fachwissen kennt der Fachmann verschiedene Möglichkeiten für die
grafische Anordnung von Programmblöcken. So ist ihm etwa aus der Druckschrift
E1 (VEE Pro User’s Guide [2000]) geläufig, Programmblöcke gleicher Hierarchie-
stufe vorzusehen, die gleichzeitig (vgl. E1, S. 72, Fig. 1-40: „Function Generator“
und „Noise Generator“) oder zeitlich aufeinander folgend (vgl. E1, S. 72, Fig. 1-10:
„Real64 Slider“, Noise Generator“, „A+B“, „Waveform (Time)“) ausgeführt werden.
Dies entspricht einer grafischen hierarchischen Anordnung von Programmblöcken
(Merkmal 1.3). Auch gemäß dem aus der Druckschrift E2 bekannten Verfahren
werden ausgehend von einer derartigen grafischen Darstellung (entspricht der
grafischen Darstellung der Testsequenz der Anmeldung) automatisch Programme
zur Durchführung von Tests generiert (vgl. E2, S. 6, Z. 10 – 11).

3.4 Da die Merkmale M1.3.1, M1.3.2, M1.4, M1.5 und M1.6 bei der Prüfung auf
erfinderische Tätigkeit aus o. g. Gründen nicht berücksichtigt werden können,
beruht weder das Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag noch das
- 15 -
Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag auf einer erfinderischen
Tätigkeit.

4. Nachdem sich der Gegenstand des jeweils geltenden Patentanspruchs 1
sowohl gemäß Hauptantrag als auch gemäß Hilfsantrag als nicht patentfähig
erweist, kann die beantragte Patenterteilung nicht erfolgen. Mit den vorstehend
genannten Patentansprüchen fallen auch alle anderen Ansprüche der jeweiligen
Anspruchsfassungen, da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt
ist (BGH, Beschluss vom 26. September 1996 – X ZB 18/95, GRUR 1997, 120
– elektrisches Speicherheizgerät, m. w. N.).

5. Im Ergebnis konnte somit dem Antrag der Anmelderin, den Zurückwei-
sungsbeschluss der Prüfungsstelle vom 18. Juli 2014 aufzuheben und in Folge ein
Patent auf Basis eines der von ihr gestellten Anträge zu erteilen, nicht stattge-
geben werden.


Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Beschluss des Beschwerdesenats steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten
die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1, § 101 Absatz 1 des Patentgesetzes).

Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg ab-
gelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
- 16 -
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vor-
schriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist

(§ 100 Absatz 3 des Patentgesetzes).

Die Rechtsbeschwerde ist beim Bundesgerichtshof einzulegen (§ 100 Absatz 1 des Patentgeset-
zes). Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe (§ 123 GVG).

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bun-
desgerichtshof schriftlich einzulegen (§ 102 Absatz 1 des Patentgesetzes). Die Postanschrift lautet:
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe.

Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentge-
setzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesge-
richtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130)). In
diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die
elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung
des Rechts beruht (§ 101 Absatz 2 des Patentgesetzes). Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen.
Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Rechtsbe-
schwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden (§ 102 Absatz 3 des Pa-
tentgesetzes). Die Begründung muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhe-
bung beantragt wird;
2. die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm;
3. insoweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das
Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben

(§ 102 Absatz 4 des Patentgesetzes).

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Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zu-
gelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 102 Absatz 5 des Patentgeset-
zes).


Dr. Mayer Dorn Albertshofer Dr. Wollny


Ko



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