2 BvR 9/02 - Zur Versagung einer Auslagenerstattung nach StPO § 467 Abs 4 bei Verfahrenseinstellung
Karar Dilini Çevir:





 



BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 9/02 -




In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde




 



des Herrn C. ,




 



- Bevollmächtigte:


Rechtsanwälte Dieter Fuisting und Koll.,

Berliner Promenade 12, 66111 Saarbrücken -





 





gegen

den Beschluss des
Amtsgerichts Andernach vom 28. November 2001 - 2040 Js
36618/00.2 Ds -






 



hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts durch

die Richterin Präsidentin Limbach

und die Richter Hassemer,

Mellinghoff




 



gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a
BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993
(BGBl I S. 1473) am 7. Februar 2002 einstimmig
beschlossen:




 



Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur
Entscheidung angenommen.




 


Gründe:




1



Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur
Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg
hat. Sie ist unbegründet.




2



Gemäß § 467 Abs. 4 StPO steht die
Zubilligung einer Auslagenerstattung im Falle einer
Verfahrenseinstellung im Ermessen des Gerichts. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 82, 106
; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 1995 - 2 BvR 2588/93
-; in Juris veröffentlicht) stellt die Versagung des
Auslagenersatzes keine Strafe oder strafähnliche Sanktion
dar. Sie widerspricht auch nicht der verfassungsrechtlichen
Unschuldsvermutung, solange sich die Entscheidung über die
Auslagenerstattung auf Erwägungen zum Tatverdacht stützt und
ihre Begründung - wie hier - keine gerichtliche
Schuldfeststellung oder -zuweisung enthält (BVerfGE 82, 106
). Ferner ist es von Verfassungs wegen
nicht geboten, einem nicht verurteilten Beschuldigten unter
allen Umständen sämtliche Auslagen zu erstatten (vgl.
Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 1995 - 2 BvR 2588/93
- sowie Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte vom 25. August 1987 - Nr. 9/1986/107/155 -,
NJW 1988, S. 3257, 3258 zu Art. 6 II MRK). Ein
Erstattungsanspruch besteht vielmehr nur nach Maßgabe der
gesetzlichen Regelung, die unter anderem das
Veranlasserprinzip - verfassungsrechtlich unbedenklich -
verwirklicht (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats
des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 1995 - 2 BvR
2588/93 -).




3



Dass das Amtsgericht das ihm gemäß § 467
Abs. 4 StPO eingeräumte Ermessen willkürlich ausgeübt habe,
ist weder vom Beschwerdeführer vorgetragen worden noch sonst
ersichtlich. Insbesondere war dieses Ermessen - entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers - nicht auf Grund
vorangegangener Fairnessverstöße des Amtsgerichts reduziert.
Ein etwaiger Gehörsverstoß wurde durch das Nachverfahren
geheilt, in dem ein anderer als der vom Beschwerdeführer
wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnte Richter
entschieden hat (vgl. § 27 Abs. 3 Satz 2 StPO). Dass das
Amtsgericht zum ersten Hauptverhandlungstermin aus
Zweckmäßigkeitserwägungen (Anregung einer
Verfahrenseinstellung gemäß § 153 a StPO) noch keine
Zeugen geladen hatte und der vom Beschwerdeführer
nachbenannte Entlastungszeuge zum dritten
Hauptverhandlungstermin nicht erschien, ist unter
Fairnessgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Selbst wenn
eine Ladung dieses Zeugen zum zweiten Hauptverhandlungstermin
versehentlich unterblieben sein sollte, stellte dies keinen
schwer wiegenden, eine Auslagenerstattung zwingend
gebietenden, Fairnessverstoß dar.




4



Diese Entscheidung ist unanfechtbar.




 




Limbach
Hassemer
Mellinghoff







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