2 BvR 901/02 - Anhalten von Verteidigerpost im Strafvollzug - mangels tiefgreifenden Grundrechtseingriffs und bei fehlender Wiederholungsgefahr kein Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses nach Erledigung der Hauptsache
Karar Dilini Çevir:





 



BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 901/02 -




In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde




 



des S...




 





gegen

den Beschluss des
Landgerichts Hamburg vom 22. Mai 2002 - 609 Vollz 121/02
-









und

Antrag, im Wege der einstweiligen
Anordnung die Verwaltungsvorschrift zu § 29
StVollzG

außer Vollzug zu setzen.






 



hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts durch

die Richter Jentsch,

Broß

und die Richterin Lübbe-Wolff




 



gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a
BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993
(BGBl I S. 1473) am 1. Juli 2002 einstimmig beschlossen:




 



Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur
Entscheidung angenommen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung wird abgelehnt.




 


Gründe:




1



1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur
Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß
§ 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die
Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil infolge der
mittlerweile erfolgten Aushändigung der Verteidigerpost eine
Erledigung des Rechtsschutzbegehrens eingetreten und damit
das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers entfallen
ist. Zwar kann trotz Erledigung des ursprünglichen
Rechtsschutzziels ein Bedürfnis nach gerichtlicher
Entscheidung fortbestehen, dies jedoch nur dann, wenn das
Interesse an der Feststellung der Rechtslage in besonderer
Weise schutzwürdig ist, wie z. B. in Fällen tiefgreifender
Grundrechtseingriffe oder bei bestehender Wiederholungsgefahr
(vgl. BVerfG, InfAuslR 2002, 132 ff.). Diese
Voraussetzungen liegen nicht vor. Weder ist ein
tiefgreifender Grundrechtseingriff feststellbar, da die
zeitliche Verzögerung durch das Anhalten der Verteidigerpost
lediglich wenige Tage betrug und der Beschwerdeführer einen
dadurch eingetretenen besonderen Nachteil nicht dargetan hat,
noch ergeben sich aus dem Vortrag des Beschwerdeführers
Anhaltspunkte für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr.




2



2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung ist unzulässig. Verwaltungsvorschriften können
nicht im Wege der einstweiligen Anordnung zugunsten des
Beschwerdeführers "außer Vollzug" gesetzt werden, da sie
keinen eigenständigen Eingriff in Grundrechte darstellen. Nr.
1 der Verwaltungsvorschriften zu § 29 StVollzG enthält
im Übrigen auch keine Regelungen, deren Anwendung in
Widerspruch zu § 31 Abs. 4 in Verbindung mit § 29
Abs. 2 StVollzG in Grundrechte eingriffe.




3



Von einer weiteren Begründung wird abgesehen
(§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).




4



Diese Entscheidung ist unanfechtbar.




 




Jentsch
Broß
Lübbe-Wolff







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