2 BvR 697/02 - Zum Besitzrecht eines Strafgefangenen bzgl eines EDV-Geräts gem StVollzG § 70
Karar Dilini Çevir:





 



BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 697/02 -




In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde




 



des Herrn B...




 





gegen
a)

den Beschluss des
Oberlandesgerichts Koblenz vom 2. April 2002 - 2 Ws
188/02 -,



b)

den Beschluss des
Landgerichts Koblenz vom 27. Dezember 2001 - 7 StVK
1971/01 -,



c)

den Bescheid der
Justizvollzugsanstalt Diez vom 6 November 2001 - Gbnr.:
53/87-6 -






 



hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts durch

die Richter Jentsch,

Broß

und die Richterin Lübbe-Wolff




 



gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a
BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am
12. Juni 2002 einstimmig beschlossen:




 



Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur
Entscheidung angenommen.




 


Gründe:




1



Die Voraussetzungen, unter denen eine
Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen ist, liegen
nicht vor. Weder kommt der Verfassungsbeschwerde
grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist
ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder
grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt
(§ 93a Abs. 2 BVerfGG).




2



Das Recht des Gefangenen, in angemessenem
Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur
Freizeitbeschäftigung zu besitzen (§ 70 Abs. 1 StVollzG)
unterliegt gesetzlichen Einschränkungen. Nach § 70 Abs.
2 Nr. 2 StVollzG besteht dieses Recht unter anderem dann
nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung
des Gegenstands die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt
gefährden würde. Das Vorliegen einer solchen Gefahr kann, wie
das Bundesverfassungsgericht bereits in mehreren
Entscheidungen dargelegt hat, ohne Verfassungsverstoß allein
aufgrund der grundsätzlich gegebenen Eignung eines
Gegenstands für sicherheits- oder ordnungsgefährdende
Verwendungen bejaht werden, sofern konkrete derartige
Verwendungen nur mit einem von der Anstalt nicht erwartbaren
Kontrollaufwand ausgeschlossen werden könnten (s. Beschlüsse
der 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1994 - 2
BvR 2731/93 -, NStZ 1994, S. 453 und vom 24. März 1996 -
2 BvR 222/96 -, NStZ-RR 1996, S. 252). Lässt sich der
erforderliche Kontrollaufwand durch technische Vorkehrungen
wie z. B. eine Verplombung auf ein leistbares Maß
reduzieren, so dass dem Gefangenen der Besitz des
betreffenden Gegenstands ohne Gefahr für Sicherheit oder
Ordnung der Anstalt ermöglicht werden kann, gebietet der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es, wie in den zitierten
Beschlüssen ausgeführt, diese Möglichkeit zu nutzen. Darüber
hinaus können besondere Gründe in der Person des Gefangenen
wie z. B. ein ernsthaft und nachhaltig verfolgtes
Interesse an Aus- oder Weiterbildung seinem Interesse am
Besitz eines bestimmtes Gegenstands ein erhöhtes Gewicht
verschaffen, das nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
etwa bei der Bestimmung des für die Anstalt zumutbaren
Kontrollaufwands zu berücksichtigen ist (vgl. Beschluss vom
28. Februar 1994 - 2 BvR 2731/93 -,
NStZ 1994, 453).




3



Es ist nicht erkennbar, dass die angegriffenen
Entscheidungen diese verfassungsrechtlichen Maßstäbe verfehlt
hätten. Mit der Frage, ob die Unbedenklichkeit des
beantragten Besitzes eines EDV-Geräts durch Verplombung
gesichert werden kann, hat das Landgericht sich
auseinandergesetzt. Es hat diese Frage mit dem Hinweis
verneint, dass Gefahren für die Sicherheit und Ordnung der
Anstalt, die mit der unzureichenden Kontrollierbarkeit der in
einem EDV-Gerät gespeicherten Informationen zusammenhängen,
durch eine Verplombung nicht beseitigt werden können. Nach
den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien für
die Überprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen (vgl.
BVerfGE 18, 85 ) ist diese
fachgerichtliche Einschätzung nicht zu beanstanden.
Wesentliche Belange des Beschwerdeführers, die seinem
Interesse am Besitz eines EDV-Geräts ein herausgehobenes
rechtliches Gewicht verleihen könnten, sind ebenfalls nicht
ersichtlich. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür
gegeben, dass der Beschwerdeführer zu den Eingaben an
Behörden und Gerichte, für die er ein solches Gerät nutzen
will, ohne dieses Gerät nicht in der Lage oder in der
Wahrnehmung seiner diesbezüglichen Rechte in unzumutbarer
Weise behindert wäre. Der von ihm geltend gemachte Anspruch
auf "Waffengleichheit" besteht, was die EDV-Ausstattung
angeht, nicht.




4



Weshalb die angegriffene Prozessentscheidung
des Oberlandesgerichts Grundrechte verletzten soll, ist nicht
substantiiert dargetan.




5



Diese Entscheidung ist unanfechtbar.




 




Jentsch
Broß
Lübbe-Wolff







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