1 StR 505/99 - 1. Strafsenat
Karar Dilini Çevir:
1 StR 505/99 - 1. Strafsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 505/99 vom 11. Januar 2000 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u. a. - 2 - Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sit zung vom 11. Januar 2000, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Maul, Dr. Granderath, Dr. Boetticher, Schluckebier, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten R. , Rechtsanwältin als Verteidigerin des Angeklagten C. , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Lan d - gerichts Stuttgart vom 6. Mai 1999 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten durch di e - se Revision entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. Von Rechts wegen Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren sowie den Angeklagten C. wegen ve r - suchter schwerer räuberischer Erpressung und wegen unterlassener Hilfele i - stung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die vom Angeklagten R. in Spanien erlittene Auslieferungshaft ist im Verhältnis eins zu eins auf die ve r - hängte Strafe angerechnet worden. Nach den Feststellungen waren die Ang e - klagten und zwei gesondert verfolgte Brüder des Angeklagten R. am 26. April 1998 übereingekommen, am Abend dieses Tages R. in dessen Haus zu überfallen und ihn zur Herausgabe von Bargeld und EC-Karte unter Preisgabe seiner Geheimzahl zu zwingen. Das Erpre s - sungsvorhaben scheiterte, weil der Geschädigte die Täter, die bereits in das Anwesen eingedrungen waren und sich zunächst versteckt hielten, entdeckte und sich unerwartet wehrhaft zeigte. Während sich der Angeklagte C. z u - - 4 - rückzog, kam es dazu, daß der Angeklagte R. zu seinem Messer griff und das Opfer mit zahlreichen Stichen tötete. Mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision erstrebt die Staatsa n - waltschaft die Verurteilung des Angeklagten R. wegen Mordes und eine schärfere Bestrafung des Angeklagten C. . Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg. I. Die Revision, die sich in vollem Umfang gegen die Verurteilung des Angeklagten R. richtet, ist unbegründet. An der Prüfung, ob die Tat des Angeklagten nicht nur Totschlag, wie in dem der spanischen Auslieferungsbewilligung zugrunde liegenden Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 8. Mai 1998 angenommen, sondern Mord da r - stelle, war das Landgericht nicht durch den auslieferungsrechtlichen Grundsatz der Spezialität gehindert. Dieser Grundsatz schließt eine Verurteilung des Ausgelieferten unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt nicht aus, s o - fern es sich um dieselbe Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO handelt und der weitere Straftatbestand ebenfalls auslieferungsfähig ist (vgl. Schomburg in Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 3. Aufl. § 72 Rdn. 20). So verhält es sich im vorliegenden Fall, in dem die Auslieferungsb e - willigung hinsichtlich des dem Angeklagten R. zur Last gelegten Sachve r - halts keine Einschränkung enthält. 1. Die Strafkammer hat ihre Auffassung, es liege kein Mordmerkmal i. S. v. § 211 Abs. 2 StGB vor, rechtsfehlerfrei begründet. a) Was ein mögliches Handeln in der Absicht, eine andere Straftat zu verdecken, angeht, hält sie es zu Recht für nicht erweislich, der Angeklagte habe durch die Tötung des Geschädigten verhindern wollen, daß dieser eine - 5 - Anzeige wegen des unbefugten Eindringens in sein Haus in räuberischer A b - sicht erstatte. Das Gericht berücksichtigt dabei, daß der Angeklagte und seine Begleiter ihn ohnehin unmaskiert überfallen wollten und offenbar auf die schamhafte Verschwiegenheit des homosexuell veranlagten Opfers vertrauten. b) Entgegen der Meinung der Revision halten auch die Erwägungen, mit denen die Strafkammer im übrigen ein Handeln aus niedrigen Beweggründen verneint, der Nachprüfung stand. Ob ein Beweggrund niedrig ist, also nach allgemeiner Wertung auf tie f - ster Stufe steht, ist auf Grund einer Gesamtwürdigung zu beurteilen, welche die Umstände der Tat und ihre Vorgeschichte sowie die Persönlichkeit des Täters und seine seelische Situation einbezieht (BGH MDR 1981, 509, 510; StV 1981, 399; 1981, 400). Zwar kommt dem krassen Mißverhältnis zwischen Tatanlaß und Tötung, wie es hier außer Frage steht, maßgebliche Bedeutung zu. Die Feststellung eines solchen Mißverhältnisses allein genügt aber nicht für die Annahme eines niedrigen Beweggrundes. Faßte der Täter den Tötungs- entschluß ohne Plan und Vorbereitung "spontan" aus der Situation heraus, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob er sich bei der Tat der Umstände bewußt war, die seine Beweggründe als niedrig erscheinen lassen (BGH StV 1982, 566 = NStZ 1983, 19; StV 1984, 72; 1984, 465; Urt. vom 25. Mai 1983 - 3 StR 112/83). Nach diesen Grundsätzen ist das Landgericht verfahren. Unzutreffend ist die Darstellung der Revision, das Gericht habe seine Entscheidung letztlich nur damit begründet, daß sich der Angeklagte spontan zur Tötung des Opfers entschlossen habe. Vielmehr hat sich die Strafkammer mit allen hier in Betracht kommenden Motiven des Angeklagten auseinande r - gesetzt. So hat sie neben dem Ermöglichen oder dem Verdecken einer Straftat auch Wut oder Verärgerung über das Scheitern des Erpressungsplans, Haß - 6 - gegenüber Männern von der Art des Geschädigten sowie Imponiergehabe des Angeklagten als Beweggrund für die Tötung des Opfers in Erwägung gezogen und jeweils mit tragfähiger Begründung verworfen. Demgegenüber stellt das Gericht zur psychischen Lage des Angekla g - ten fest, daß dieser, nachdem er die ursprünglich geplante Erpressung "offe n - bar unbekümmert" angegangen war, "aufgrund einer unvorhergesehenen En t - wicklung des Geschehens durch das unerwartete Eintreffen des Geschädigten im Flur und den von Handgreiflichkeiten begleiteten Hausverweis in eine als bedrohlich empfundene Augenblickssituation geriet und in dieser - nicht zuletzt aufgrund seiner Persönlichkeitsmängel - angstvoll und völlig unangemessen reagierte". Dabei kennzeichnet die Strafkammer - sachverständig beraten - den Angeklagten als eine narzißtische Persönlichkeit mit emotional instabilen und asthenischen Zügen. Er weise eine erhebliche Selbstwertproblematik auf und sei "in hohem Maße stör- und irritierbar und wenig belastbar". Die Strafkammer hat eine Gesamtwürdigung vorgenommen, die Zweifel daran erweckt, daß den Angeklagten bei der Tat niedrige Beweggründe b e - stimmten. Ihre Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 2. Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler zugunsten des Ang e - klagten oder, was gemäß § 301 StPO zu prüfen war, zu seinen Lasten auf. Die Strafkammer hat straferschwerend berücksichtigt, daß der Ang e - klagte R. vor der Tat zusammen mit zwei Begleitern unbefugt, heimlich und in unlauterer Absicht in das Haus des ihm völlig unbekannten Opfers - und damit in dessen als Intimsphäre besonders geschützten Bereich - eingedru n - gen war. Die Ansicht seiner Verteidigerin, diese Erwägung sei unvereinbar mit dem auslieferungsrechtlichen Grundsatz der Spezialität (vgl. BGHSt 22, 318 - 7 - sowie BGH NStZ 1987, 417), trifft nicht zu. Wie bereits dargelegt, erfaßt die Auslieferungsbewilligung mangels näherer Beschränkung die gesamte Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO. Dazu gehört auch der gemeinschaftlich bega n - gene Versuch einer schweren räuberischen Erpressung. 3. Was den Vorwurf der versuchten schweren räuberischen Erpressung angeht, hat bereits das Landgericht diese Gesetzesverletzung gemäß § 154 a Abs. 2 StPO ausgeschieden. Für eine Einbeziehung wäre kein Raum, weil sie das Revisionsgericht daran hindern würde, die rechtsfehlerfrei erfolgte Veru r - teilung des Angeklagten wegen des erörterten Tötungsverbrechens zu bestät i - gen (vgl. BGHSt 21, 326 sowie BGH NJW 1984, 1365). Im übrigen hat der Senat - mit Beschluß vom 11. Januar 2000 - auch den Vorwurf eines tateinheitlich begangenen Verbrechens des versuchten Raubes mit Todesfolge (§§ 251, 22, 23 Abs. 1 StGB; vgl. BGH NStZ 1998, 511 f.) gemäß § 154 a Abs. 2 StPO ausgeschieden. II. Die zu Ungunsten des Angeklagten C. eingelegte Revision, die sich gegen den Rechtsfolgenausspruch richtet, bleibt ebenfalls erfolglos. 1. Vergeblich wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Höhe der verhängten Strafe, die sie als unvertretbar niedrig ansieht. Die Feststellung der beiden Einzelstrafen und die Bildung der Gesamtstrafe sind nicht zu beansta n - den. Die Strafkammer hat die wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte bedacht. Sie hat erschwerend herangezogen, daß der Geschädigte von vier Personen in seinem Privathaus überraschend überfallen werden sollte, wobei einer der Täter sein Vertrauen mißbrauchte, um in das Anwesen mitgenommen zu werden, und drei weitere in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken heimlich in seine Wohnung als geschützten B e - - 8 - reich eindrangen. Mit ihrem Vorbringen, bei seiner Entscheidung habe das G e - richt den strafschärfenden Umständen zu wenig Bedeutung beigemessen, zeigt die Revision keinen Rechtsfehler auf. 2. Die Einwände der Revision gegen die dem Angeklagten bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung greifen nicht durch. Die landgerichtliche En t - scheidung zur günstigen Kriminalprognose, zu den besonderen Umständen und zur Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 StGB) ist rechtsfehlerfrei b e - gründet. Bei der Gesamtwertung gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB durfte die Strafkammer den im Urteil dargelegten Milderungsgründen besonderes G e - wicht beimessen (der nur geringfügig vorbestrafte Angeklagte befand sich ca. elf Monate in Untersuchungs- und Strafhaft; in dieser Zeit mußte er sich einer Operation wegen eines Prostatakarzinoms unterziehen; in das Erpressung s - vorhaben ließ er sich in einer schwierigen finanziellen Situation durch Dritte - 9 - hineinziehen; der Versuch der schweren räuberischen Erpressung schlug b e - reits im Anfangsstadium fehl). Entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft ist nicht zu besorgen, hierbei seien die im Urteil aufgeführten Strafschärfung s - gründe außer Betracht geblieben. Herr RiBGH Dr. Maul ist wegen Erkrankung an der Unterschrift verhindert. Schäfer Schäfer Granderath Boetticher Schluckebier

Full & Egal Universal Law Academy