1 StR 282/00 - 1. Strafsenat
Karar Dilini Çevir:
1 StR 282/00 - 1. Strafsenat
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 282/00 vom 19. Oktober 2000 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Oktober 2000 beschlo s - sen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landg e - richts Nürnberg -Fürth vom 3. März 2000 mit den Feststellungen aufgehoben a) im Schuldspruch in den Fällen B III 2 bis 5 der Urteilsgrü n - de; b) im gesamten Strafausspruch. Die weitergehende Revision wird verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Gründe: Der Angeklagte wurde wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren (Einzelstrafen jeweils vier Jahre) verurteilt. Seine auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützte Revision hat mit der Sachrüge überwiegend Erfolg. 1. Folgendes ist festgestellt: - 3 - Am 3. November 1998 lernte der Angeklagte bei einer Versammlung der PDS die 44 Jahre alte, geistig behinderte M. K. kennen. Er gab sich ihr gegenüber als "Polizist und Geheimagent" aus, was sie glaubte, insbesondere weil er ihr eine Spielzeugpistole zeigte. Nach der Versammlung nahm er sie mit in seine Wohnung, um mit ihr den Geschlechtsverkehr auszuüben. Sie folgte ihm, da sie sich von einem Polizisten beschützt fühlte. Seine wahren Absichten erkannte sie nicht. Sie ist an sexuellen Handlungen grundsätzlich nicht intere s - siert, weshalb es früher mit ihrem Freund immer wieder zu Auseinandersetzu n - gen gekommen war. Als Frau K. der Aufforderung zum Geschlechtsverkehr nicht freiwillig nachkam, schlug sie der Angeklagte, bedrohte sie mit der Spie l - zeugpistole, fesselte sie mit einem Gummispanngurt und mit Handschellen und führte dann gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr durch. Am nächsten Morgen brachte er sie zu der Behindertenwerkstatt, wo sie arbeitete, und schärfte ihr ein, die Sache müsse geheim bleiben, da er Geheimagent sei. Er bedrohte sie, erklärte, er "könne sie überall abhören" und forderte sie auf, ihn als ihren neuen Freund vorzustellen. Frau K. kam dieser Aufforderung nach. In den nächsten Tagen bestand enger Kontakt zwischen dem Ang e - klagten und Frau K. , die sich bis zum 8. November täglich in seiner Wo h - nung aufhielt. Am 4., 5., 7. und 8. November kam es jeweils zu einer weiteren Vergewaltigung, die in ihrem Ablauf mit dem Geschehen vom 3. November (Schläge, Bedrohung, Fesselung) nahezu identisch war. Ob es auch am 6. November zu einem gleichartigen Geschehen gekommen war, läßt die Stra f - kammer letztlich offen, weil insoweit keine Anklage erhoben ist. Am 9. November nahm der Angeklagte Frau K. das Geld, das sie von ihrer B e - treuerin für ihren wöchentlichen Bedarf erhalten hatte, gegen ihren Willen ab. Da "ein Polizist nicht stiehlt", erkannte Frau K. , daß sie "vom Angeklagten ausgenutzt worden war" und wandte sich an ihre Betreuerin, der sie zunächst - 4 - berichtete, der Angeklagte habe ihr das Geld abgenommen; im weiteren Ve r - lauf berichtete sie auch davon, vergewaltigt worden zu sein. An ihrem Körper befanden sich zahlreiche Hämatome, von denen die Strafkammer nach sac h - verständiger Beratung festgestellt hat, daß sie auf Gewaltanwendung zurüc k - gehen. 2. Die Angaben des Angeklagten haben häufig gewechselt und waren dem jeweiligen Ermittlungsstand angepaßt. Letztlich hat er Geschlechtsverkehr am 3. November 1998 eingeräumt; dieser sei jedoch einvernehmlich erfolgt. Zwar habe er an diesem Tag Frau K. auch mit einem Gummispanngurt und mit Handschellen gefesselt, dabei aber auf ihren Wunsch mit ihr "Polizei g e - spielt". An den anderen Tagen sei es nicht zu Geschlechtsverkehr gekommen. 3. Der auf die Annahme der Glaubhaftigkeit der Angaben von Frau K. gestützte Schuldspruch hinsichtlich des Geschehens vom 3. November 1998 (B III 1 der Urteilsgründe) hält rechtlicher Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision war die Strafkammer insoweit nicht verpflichtet, ein weiteres Gutachten zur speziellen Zeugentüchtigkeit von Frau K. einzuho- len. Es liegt ohnehin nicht nahe, daß Frau K. , wie die Revision meint, we- gen ihres geistigen Zustandes Unfreiwilligkeit von Fesselung und Geschlecht s - verkehr fabuliert oder halluziniert hat, obwohl sie in Wahrheit "Polizei spielen" wollte. Im übrigen hat der Sachverständige in Übereinstimmung mit einem schon früher im Rahmen eines Betreuungsverfahrens erstellten fachpsychiatr i - schen Gutachten keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer dahingehenden Auswirkung des geistigen Zustands von Frau K. festgestellt. Rechtlich ist der festgestellte Sachverhalt ebenfalls zutreffend gewü r - digt. - 5 - 4. Die dem Schuldspruch in den übrigen Fällen zu Grunde liegende B e - weiswürdigung hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Urteil s - gründe ergeben nicht, daß die Zeugin K. trotz ihrer Behinderung ein vielakt i - ges Geschehen in einer Weise schildern konnte, die ihre Aussage als hinre i - chend tragfähige Grundlage für eine Verurteilung in den weiteren Fällen e r - scheinen ließ. Frau K. konnte die weiteren Vorgänge "auf Grund ihrer gei- stigen Behinderung nicht zusammenhängend schildern", hat aber "auf Vorhalt ihrer früheren Aussagen die dargelegte Schilderung bestätigt". Da ihr geistiger Zustand in der Hauptverhandlung nicht anders war als bei ihren früheren Ve r - nehmungen, liegt die Annahme nahe, daß sie auch damals zu einer zusa m - menhängenden Schilderung nicht in der Lage war. Zumal, da die späteren G e - schehnisse als mit dem Geschehen vom 3. November 1998 nahezu völlig ide n - tisch geschildert sind, hätte sich die Strafkammer erkennbar mit dem konkreten Ablauf der früheren Vernehmungen und deren Inhalt im einzelnen auseina n - dersetzen müssen und sich nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, die früheren Angaben seien auf Vorhalt bestätigt worden. Die rechtsfehlerfrei g e - prüfte Frage, ob sich auf Grund ihres geistigen Zustands Zweifel an der Ric h - tigkeit ihrer Angabe ergeben können, sie sei vom Angeklagten geschlagen und vergewaltigt worden (vgl. oben 3.), bleibt hiervon unberührt. Die aufgezeigte Lücke in der Beweiswürdigung führt schon auf die Sac h - rüge zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen B III 2 bis 5 der Urteil s - gründe. Die Sache bedarf daher in diesem Umfang neuer Verhandlung und Entscheidung. Ob eine erneute Begutachtung und Vernehmung von Frau K. wegen ihres besonderen Zustands vertretbar ist, wird der Tatrichter zu prüfen haben. Auf die Verfahrensrüge, mit der die Revision unter Hinweis auf erhebl i - che Differenzen hinsichtlich der Zahl der Vergewaltigungen in den früheren Angaben von Frau K. auch in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit der - 6 - Einholung eines neuen Gutachtens geltend macht, kommt es nach alledem nicht an. 5. Der Senat hat den Strafausspruch insgesamt aufgehoben. Es ist nicht völlig auszuschließen, daß die Strafkammer im Fall B III 1 der Urteilsgründe eine mildere Strafe verhängt hätte, wenn nur eine Tat des Angeklagten nac h - weisbar gewesen wäre. 6. Die an den Senat gerichteten Anträge des Angeklagten auf "einstwe i - lige Verfügung" hinsichtlich der Neubestellung eines Verteidigers und Wiede r - einsetzung hinsichtlich der Revisionsbegründung können keinen Erfolg haben. Sie sind auf die Auffassung gestützt, die Revisionsbegründung durch den Ve r - teidiger sei unzulänglich. Für die Bestellung eines neuen Verteidigers ist, wie schon das Oberlandesgericht Nürnberg in seinem Beschluß vom 15. Juni 2000 - 7 - ausgeführt hat, kein Grund ersichtlich. Wiedereinsetzung wegen einer entg e - gen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht zulässig erhobenen Verfahrensrüge kommt regelmäßig nicht in Betracht. Im übrigen ist die Verfahrensrüge, soweit die R e - vision erfolglos geblieben ist, nicht unzulänglich vorgetragen, sondern der S a - che nach unbegründet. Schäfer Wahl Boetticher Schluckebier Hebenstreit

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