1. Senat - Unbestimmter Leistungsantrag im Beschlussverfahren - Beteiligung
Karar Dilini Çevir:
1. Senat - Unbestimmter Leistungsantrag im Beschlussverfahren - Beteiligung
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 1 ABR 17/12 5 TaBV 10/11 Landesarbeitsgericht Hamburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 9. Juli 2013 BESCHLUSS Radtke, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten 1. Antragsteller, 2. Beschwerdeführerin und Rechtsbeschwerdeführerin, hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Anhörung vom 9. Juli 2013 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgeric hts Schmidt, die Ric h- ter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck und Prof. Dr. Koch sowie den ehrenam t- - 2 - 1 ABR 17/12 - 3 - lichen Richter Dr. Hann und die ehrenamtliche Richterin Spoo für Recht e r- kannt: 1. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbei tsgerichts Hamburg vom 18. Januar 2012 - 5 TaBV 10/11 - aufgehoben, soweit die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den B e- schluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Mai 2011 - 26 BV 23/09 - zurückgewiesen worden ist. 2. Der vorgenannte Beschluss des Arbeitsg erichts Ha m- burg vom 2. Mai 2011 wird teilweise abgeändert, soweit den Anträgen des Gesamtbetr iebsrats entsprochen worden ist. Die Anträge werden insgesamt abgewiesen. Von Rechts wegen! Gründe A. Die Beteiligten streiten über Unterrichtungsansprüche im Bereich der Berufsbildung. Die Arbeitgeberin betreibt ein Einzelhandelsunternehmen. Sie beschä f- tigt in ca. 370 Filialen rd. 17.500 Mitarbeiter. In ihrem Unternehmen ist der a n- tragstellende Gesamtbetriebsrat gebildet. Die Arbeitgeberin führt unternehmensweit Berufsausbildungsmaßna h- men sowie weitere Berufsbildungsmaßnahmen durch. Zwischen den Beteiligten entstanden im Jahr 2009 Meinungsverschiedenheiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Ermittlung und Erörterung des Berufsbildungsbed arfs i h- rer Arbeitnehmer. Der Gesamtbetriebsrat hat die Auffassung vertreten, er sei für die Wahrnehmung der Rechte aus § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zuständig. Die der Arbeitgeberin nach dieser Vorschrift obliegende Verpflichtung, den Berufsbi l- dungsbedarf zu ermitteln, verlange die Durchführung einer Ist - Analyse, die E r- 1 2 3 4 - 3 - 1 ABR 17/12 - 4 - stellung eines Soll - Konzepts und die Ermittlung des betrieblichen Bildungsint e- resses der Arbeitnehmer. Der Gesamtbetriebsrat hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - zulet zt beantragt, 1. ihm nach Rechtskraft und nachfolgend spätestens zum 31. Januar eines jeden Kalenderjahres eine namentliche Liste aller beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der Auszubildenden zu übergeben, in der die auf die auszuübende Tätig keit bezogenen vorhandenen Qualifikationen jeweils bezogen auf die einzelnen Arbeitnehmer angegeben werden; 2. ihm zum 31. Januar jedes folgenden Kalenderjahres eine Liste zu übergeben, in der die durchgeführten Bildungsmaßnahmen des abgelaufenen Kalende rja h- res bezogen auf jeden einzelnen Arbeitnehmer mi t- geteilt werden; 3. ihn spätestens zum 31. Januar eines jeden Kalende r- jahres über die geplanten Maßnahmen der Beruf s- ausbildung und Maßnahmen der beruflichen Fortbi l- dung und beruflichen Umschulung für das jeweilige Kalenderjahr zu informieren; 4. ihn bis zum Beginn jedes Geschäftsjahres darüber zu informieren, ob Änderungen der Arbeitsabläufe, Arbeitsinhalte, Einführung neuer technischer Einric h- tungen oder andere Investitionen geplant sind, die Auswirkungen auf den Bildungsbedarf der beschä f- tigten Arbeitnehmer einschließlich der Auszubilde n- den haben. Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, bei einem Teil der betrieblichen Maßnahmen, für die der Gesamtbetriebs rat ein Beteiligungsrecht beanspruche, handele es sich um mitbestimmungsfreie Einweisungen iSv. § 81 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Die Vorinstanzen haben den Anträgen des Gesamtbetriebsrats en t- sprochen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Ab we i- sungsantrag weiter. B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. 5 6 7 8 9 - 4 - 1 ABR 17/12 - 5 - I. Der angefochtene Beschluss ist schon deshalb aufzuheben ( § 562 Abs. 1 ZPO) , weil das Beschwerdegericht nicht alle am Verfahren beteiligten Stellen als Verfahrensbeteiligte angehört hat. 1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem B e- triebsverfassungsgesetz im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten d es Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmi t- telbar betroffen ist ( vgl. BAG 25. September 2012 - 1 ABR 45/11 - Rn. 18) . Die ordnungsgemäße Anhörung der Verfahrensb eteiligten ist von Amts wegen noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu prüfen. Ist die Anhörung eines Beteiligten in den Tatsacheninstanzen unterblieben, stellt dies einen Verfahrensfehler dar, der zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Beschwerdegericht führen kann. 2. Das Landesarbeitsgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die bei der Arbeitgeberin errichteten Betriebsräte im Verfahren anzuhören. Die vom Gesamtbetriebsrat begehrte Entscheidung kann auch deren betriebsverfa s- sungsrechtliche Stellun g betreffen. Wird dessen Anträgen entsprochen, stünde fest, dass nur dieser und nicht die in den Betrieben errichteten Betriebsräte für die Ausübung des Beteiligungsrechts aus § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zuständig sind. Die Beteiligung der Betriebsräte musst e sich den Vorinstanzen auch de s- halb aufdrängen, weil die Arbeitgeberin während des gesamten Verfahrens die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Zweifel gezogen hat. II. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung bedarf es indes nicht, da der Senat eine eigene Sachentscheidung treffen kann ( § 563 Abs. 3 ZPO) . Die A n- träge des Gesamtbetriebsrats sind nicht hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und daher unzulässig. Auf die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Einzelbetriebsräte wirken sie daher nicht ein. 1. Im Beschlussverfahren muss ein Antrag ebenso bestimmt sein wie im Urteilsverfahren. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auf das Beschlussverfahren und 10 11 12 13 14 - 5 - 1 ABR 17/12 - 6 - die in ihm gestellten Anträge entsprechend anwendbar. Der jeweilige Streitg e- genstand muss so konkret umschrieben werden, dass der Umfang der Recht s- kraftwirkung für die Beteiligten nicht zweifelhaft ist. Der in Anspruch genomm e- ne Beteiligte muss bei einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung eindeutig erkennen können, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABR 11/11 - Rn. 15) . 2. Streiten die Beteiligten um das Bestehen und den Inhalt eines Beteil i- gungsrechts hinsichtlich eines betrieblichen Vorgangs, ist dieser so genau zu bezeichnen, dass mit der Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche betriebliche Maßnahme eine Handlungs - oder Unterlassungspflicht eines Bete i- ligten besteht. Enthält der Antrag Rechtsbegriffe, ist dies unter Bestimmtheit s- gesichtspunkten nur ausreichend, wenn sich aus dem Vorbringen der Beteili g- ten ergibt, welche tatsächlichen und in ihrer rechtlichen Beurteilung zwischen ihnen umstrittenen Sachverhalte von de m im Antrag verwandten Begriff umfasst sind (zum Begriff der Versetzung BAG 11. Dezember 2007 - 1 ABR 73/06 - Rn. 13) . Eine dem Antrag stattgebende Entscheidung, die lediglich den Gesetzestext wiederholt, ist regelmäßig nicht geeignet, einen bestimm ten Streit der Beteiligten mit Rechtskraftwirkung beizulegen (BAG 6. Dezember 1988 - 1 ABR 43/87 - zu B I 1 der Gründe; 29. Juni 1988 - 7 ABR 15/87 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 59, 120) . 3. Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die Anträge des G e- samt betriebsrats nicht. a) Mit dem Antrag zu 1. möchte der Gesamtbetriebsrat von der Arbeitg e- berin jährlich eine namentliche Aufstellung von sämtlichen in einem Arbeitsve r- hältnis stehenden Mitarbeitern erhalten. In d ieser soll sie deren vorhandene Qualifikati onen aufführen, soweit diese für die gegenwärtig ausgeübte Tätigkeit von Bedeutung sind. Nach dem Antragsverständnis des Gesamtbetriebsrats bezieht sich die Verpflichtung der Arbeitgeberin auf die Angabe von allen the o- retischen und praktischen Kenntnissen, sofern diese tätigkeitsrelevant sein 15 16 17 - 6 - 1 ABR 17/12 - 7 - können. Bei dieser Zuordnung muss die Arbeitgeberin beurteilen, ob die ihr b e- kannten Qualifikationen der Arbeitnehmer für die von ihnen auszuübenden T ä- tigkeiten von Bedeutung sind. Der Gesamtbetriebsrat hat aber weder schriftsä t- zlich noch in der Anhörung vor dem Senat verdeutlicht, nach welchen Kriterien sich die Beurteilung der Tätigkeitsrelevanz einer Qualifikation für die ausz u- übende Tätigkeit bestimmt. b) Die Anträge zu 2. u nd 3. genügen nicht dem Bestimmtheitserfo rdernis, weil nicht hinreichend deutlich ist, über welche Maßnahmen die Arbeitgeberin den Gesamtbetriebsrat vergangenheits - und zukunftsbezogen unterrichten soll. Der Gesamtbetriebsrat hat in der Anhörung vor dem Senat klargestellt, dass der in dieser Form in den Einzelvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes nicht § 1 Abs. 1 BBiG bezeichn e- ten Maßnahmen zur Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung und beruflicher Umschulung erfassen soll. Damit ist die m it den Anträgen erstrebte Verpflic h- tung der Arbeitgeberin jedoch nicht hinreichend beschrieben, sondern es wird nur der Gesetzeswortlaut wiederholt. Dies war vorliegend nicht ausreichend. Zwischen den Beteiligten bestehen unterschiedliche Auffassungen darü ber, welche Maßnahmen von der Erörterungspflicht des § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erfasst werden oder von der Arbeitgeberin nach § 81 Abs. 1 BetrVG ohne Bete i- ligung der Betriebsräte durchgeführt werden können. Es wäre daher Aufgabe des antragstellenden Gesamt betriebsrats gewesen, die Maßnahmen, für die er ein Beteiligungsrecht nach § 96 Abs. 1 BetrVG beansprucht, abstrahierend zu bezeichnen (BAG 23. April 1991 - 1 ABR 49/90 - zu B II 1 der Gründe) . Nur so kann die Arbeitgeberin erkennen, welche Verpflichtungen sie bei einer stattg e- benden Entscheidung erfüllen muss. c) Unbestimmt ist auch der Antrag zu 4. Es ist weder offen kundig noch vom Gesamtbetriebsrat näher ausgeführt, welchen Inhalt die im Antrag ve r- l- chen Klarstellung hätte es insbesondere deshalb bedurft, weil die Beteiligten vorprozessual und in den Vorinstanzen darüber gestritten haben, ob bestimmte 18 19 - 7 - 1 ABR 17/12 betriebliche Veränderungen eine Änderung der Arbeitsmethode oder des A r- beitsablaufs darstellen. Es bleibt zudem offen, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer haben. Aus dem Vor bringen des Gesamtbetriebsrats wird nicht erkennbar, nach welchen Kriterien die Arbeitgeberin diese Beurteilung vornehmen soll. 4. Einer Anhörung der Einzelbetriebsräte im Rechtsbeschwerdeverfahren bedurfte es demnach nicht mehr. Die Anträge des Gesamtbet riebsrats werden durch diese Entscheidung aufgrund ihrer fehlenden Bestimmtheit als unzulässig abgewiesen. Hierdurch erwächst weder eine Rechtskraft - noch eine Bindung s- wirkung in Bezug auf die Zuständigkeit für das Beteiligungsrecht aus § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Damit steht fest, dass die Einzelbetriebsräte durch eine Entscheidung in diesem Verfahren nicht in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung betroffen werden. Schmidt Linck Koch Sibylle Spoo Hann 20

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