1. Senat - Teilnahme eines freigestellten Bezirkspersonalratsmitglieds an der Arbeitszeitregelung der Mittelbehörde - Zuordnung zur Mittelbehörde
Karar Dilini Çevir:
1. Senat - Teilnahme eines freigestellten Bezirkspersonalratsmitglieds an der Arbeitszeitregelung der Mittelbehörde - Zuordnung zur Mittelbehörde
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 1 AZR 433/10 11 Sa 1464/09 Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes! Verkündet am 13. Dezember 2011 URTEIL Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In Sachen beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsklagendes Land, pp. Kläger, Berufungskläger und Revisionsbeklagter, hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ver-handlung vom 13. Dezember 2011 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsge-richts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck und Prof. Dr. Koch sowie den ehrenamtlichen Richter Frischholz und die ehrenamtliche Richterin Seyboth für Recht erkannt: - 2 - 1 AZR 433/10 - 3 - 1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 29. April 2010 - 11 Sa 1464/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewie-sen, dass der Tenor wie folgt lautet: Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an der flexiblen Arbeitszeitreglung der General-staatsanwaltschaft Hamm entsprechend der Dienstver-einbarung zur flexiblen Arbeitszeit vom 19. Dezember 2007 teilzunehmen. 2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tra-gen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als freigestelltes Mitglied des Bezirkspersonalrats verpflichtet ist, die bei der Mittelbehörde geltende Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit zu beachten. Der Kläger ist Justizangestellter bei der Staatsanwaltschaft M und dort Mitglied des örtlichen Personalrats. Darüber hinaus ist er auch Mitglied des Bezirkspersonalrats bei der Generalstaatsanwaltschaft H und des beim Justiz-ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen in D gebildeten Hauptpersonal-rats. Aufgrund eines Beschlusses des Bezirkspersonalrats ist er zu 80 % und aufgrund eines Beschlusses des Hauptpersonalrats zu weiteren 20 % von der Arbeitsleistung freigestellt. Das ständige Büro des Bezirkspersonalrats befindet sich bei der Generalstaatsanwaltschaft H. In der Dienststelle der Generalstaatsanwaltschaft H gilt seit dem 1. Januar 2008 die mit dem örtlichen Personalrat abgeschlossene Dienstver-einbarung „Flexible Arbeitszeit“ (DV-FLAZ). Darin ist bestimmt: 1 2 3 - 3 - 1 AZR 433/10 - 4 - „II. Geltungsbereich 1. Die Dienstvereinbarung gilt für alle an die Einhaltung von Dienststunden gebundenen Kräfte des Beamten- und Tarifbereichs (im Folgenden: Beschäftigte). Aus-genommen sind lediglich die Beschäftigten im be-ruflichen Fahrdienst, deren Arbeitszeit sich nach einem besonderen Dienstplan richtet.“ Mit Schreiben vom 23. September 2008 teilte der Generalstaatsanwalt dem Kläger mit, er habe ab dem 1. Oktober 2008 die zwischen der General-staatsanwaltschaft und dem örtlichen Personalrat vereinbarten Dienstvereinba-rung über flexible Arbeitszeitregelung zu beachten. Zur Vermeidung arbeits-rechtlicher Konsequenzen kommt der Kläger dem seit dem 1. Januar 2009 unter Vorbehalt nach. Der Kläger hat geltend gemacht, die Generalstaatsanwaltschaft könne ihn nicht anweisen, die DV-FLAZ zu beachten. Diese gelte nur für Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft H. Er sei jedoch auch nach seiner Wahl in den Bezirkspersonalrat Beschäftigter der Staatsanwaltschaft M geblieben und nach wie vor bei der Staatsanwaltschaft M aktiv und passiv wahlberechtigt. Der Kläger hat zuletzt beantragt festzustellen, dass die Weisung des beklagten Landes an den Kläger vom 22. Oktober 2008 rechtswidrig ist und der Kläger nicht verpflichtet ist, an der flexiblen Arbeitszeit der Generalstaatsanwaltschaft in H teilzunehmen. Das beklagte Land hat zur Begründung seines Klageabweisungsan-trags ausgeführt, der Kläger sei organisatorisch in die Dienststelle der General-staatsanwaltschaft H eingebunden und eingegliedert. Deshalb habe er die dort geltende Dienstvereinbarung zu beachten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klag-abweisungsantrag weiter. Entscheidungsgründe 4 5 6 7 8 - 4 - 1 AZR 433/10 - 5 - Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landes-arbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. I. Die Klage ist zulässig. 1. Die gebotene Auslegung des Klageantrags ergibt unter Berücksichti-gung des gesamten Parteivorbringens und den Klarstellungen in der mündli-chen Verhandlung vor dem Senat, dass der Kläger damit die Feststellung begehrt, die in der DV-FLAZ getroffene Arbeitszeitregelung nicht einhalten zu müssen. Dem liegt zugrunde, dass der Generalstaatsanwalt mit seinem Schrei-ben vom 22. Oktober 2008 den Kläger lediglich auf die seiner Auffassung nach bestehende Rechtslage hingewiesen hat und dem Schreiben darüber hinaus keine weitergehende Bedeutung zukommt. 2. Der so verstandene Klageantrag betrifft ein hinreichend bestimmt bezeichnetes Rechtsverhältnis (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1 ZPO). Es geht um die Feststellung des Nichtbestehens der Verpflichtung des Klägers, die Arbeitszeitregelung der DV-FLAZ zu beachten. Hierfür besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Das mit der Feststellungskla-ge angestrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstre-ckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen, weil in Bezug auf die Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeiten nur diese Frage zwischen ihnen umstritten ist. II. Die Klage ist begründet. Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Arbeitszeit-regelung der DV-FLAZ zu befolgen. 9 10 11 12 13 - 5 - 1 AZR 433/10 - 6 - 1. Der Kläger fällt nicht in den Geltungsbereich der DV-FLAZ. Diese gilt nach Nr. II 1 für alle an die Einhaltung von Dienststunden gebundenen Kräfte des Beamten- und Tarifbereichs. Ausgenommen sind lediglich die Beschäftig-ten im beruflichen Fahrdienst, deren Arbeitszeit sich nach einem besonderen Dienstplan richtet. Zwar mag der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag eine an die Einhaltung von Dienststunden gebundene Kraft iSd. DV-FLAZ sein. Deren Anwendung steht jedoch entgegen, dass der Kläger nicht Bediensteter der Dienststelle der Generalstaatsanwaltschaft H ist. Die Regelungskompetenz des örtlichen Personalrats dieser Dienststelle, der die DV-FLAZ mit dem General-staatsanwalt vereinbart hat, erstreckt sich nach allgemeinen Grundsätzen nur auf Beschäftigte dieser Dienststelle (dazu Weber in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht 3. Aufl. § 73 Rn. 26). Hierzu gehört der Kläger nicht. Er ist vielmehr auch nach seiner Wahl in den Bezirks- und Hauptpersonalrat Bediensteter der Staatsanwaltschaft M geblieben. 2. Die erfolgte teilweise Freistellung für die Tätigkeit im Bezirkspersonalrat führt nicht zur Eingliederung in die Dienststelle der Generalstaatsanwaltschaft H. Daran ändert auch die zum Betriebsverfassungsgesetz ergangene Recht-sprechung des Bundesarbeitsgerichts nichts, wonach bei einer Freistellung von Betriebsratsmitgliedern nach § 38 BetrVG im Einzelfall bei einem Betrieb mit mehreren Filialen eine Änderung des Arbeitsorts sowie der Lage der Arbeitszeit eintreten kann (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 7 ABR 62/06 - Rn. 14, AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 31 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 13). Dem steht entgegen, dass die Stufenvertretungen nach § 50 LPVG NRW „bei“ den jeweiligen Mittelbehör-den bzw. den obersten Landesbehörden gebildet werden. Sie werden diesen nur angegliedert, ohne dass die Mitglieder der jeweiligen Stufenvertretungen zu Beschäftigten dieser Behörden werden, weil sie nicht mit Aufgaben der Behörde der Mittelstufe oder der obersten Dienstbehörde befasst werden (vgl. BVerwG 20. November 1979 - 6 P 12.79 - PersV 1981, 285). Dies kommt in § 13 Abs. 2 Satz 2 BPersVG klarstellend zum Ausdruck, wonach der in Satz 1 dieser Bestimmung geregelte Verlust der Wahlberechtigung bei einer länger als drei Monate andauernden Abordnung nicht für Beschäftigte gilt, die als Mitglieder 14 15 - 6 - 1 AZR 433/10 - 7 - einer Stufenvertretung freigestellt sind (vgl. Dörner in Richardi/Dörner/Weber Personalvertretungsrecht § 13 Rn. 30). Das Fehlen einer entsprechenden Regelung in § 10 Abs. 2 LPVG NRW führt allein dazu, dass der vom Bundes-verwaltungsgericht aufgestellte Grundsatz ohne hinzugefügte Klarstellung gilt (Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein Das Personalvertretungsrecht in Nord-rhein-Westfalen Stand Dezember 2011 § 10 Rn. 51). Deshalb ist der Kläger auch Mitglied in drei Arbeitnehmervertretungen, dem örtlichen Personalrat der Staatsanwaltschaft M sowie des Bezirks- und Hauptpersonalrats. Fehlt es danach an einer Eingliederung in die Dienststelle der Generalstaatsanwalt-schaft H, ist auch die DV-FLAZ für den Kläger nicht verbindlich. 3. Der Zuordnung des Klägers zur Staatsanwaltschaft M entspricht auch, dass er weiterhin den Weisungen des Leiters dieser Staatsanwaltschaft unter-liegt. Die Beklagte kann sich zur Begründung eines Weisungsrechts des Gene-ralstaatsanwalts nicht auf §§ 14, 15 der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 (RGBl. I S. 403) berufen. Diese Verordnung ist durch Art. 21 des Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz (BGBl. I 2006 S. 866) gemäß Art. 210 Abs. 2 Nr. 1 dieses Gesetzes mit Wir-kung vom 24. April 2008 aufgehoben worden. Überdies sind nach I. der Allge-meinen Verfügung des Justizministeriums vom 5. November 2000 idF vom 6. November 2003 (JMBl. NRW S. 266) Personalangelegenheiten der Ange-stellten von den Beschäftigungsbehörden zu bearbeiten. Beschäftigungsbehör-de des Klägers ist die Staatsanwaltschaft M. Die Wahl in den Bezirkspersonal-rat hat daran nichts geändert, weil - wie ausgeführt - der Bezirkspersonalrat „bei“ der jeweiligen Mittelbehörde gebildet wird und die Mitglieder des Bezirks-personalrats ihren jeweiligen Dienststellen als Beschäftigte zugeordnet bleiben. Nichts anderes folgt aus dem seit dem 1. Januar 2011 geltenden § 8 Abs. 1 JustG NRW. Dessen Regelungsgegenstand ist die behördeninterne Dienstauf-sicht. Danach üben die Leitungen der Gerichte, Staatsanwaltschaften und sonstigen Behörden die Dienstaufsicht über ihre jeweilige Behörde aus und die Mittelbehörden über die jeweils nachgeordneten Behörden. Ein unmittelbares 16 - 7 - 1 AZR 433/10 Weisungsrecht des Generalstaatsanwalts gegenüber den Bediensteten der Staatsanwaltschaft M folgt daraus nicht. Schmidt Koch Linck Frischholz M. Seyboth

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