1. Senat - Einigungsstelle - Anfechtung - Feststellungsantrag
Karar Dilini Çevir:
1. Senat - Einigungsstelle - Anfechtung - Feststellungsantrag
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 1 ABR 24/12 20 TaBV 1084/11 Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 17. September 2013 BESCHLUSS Metze , Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten 1. Antragsteller, Beschwerdeführer und Rechtsbeschwerdeführer, 2. hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Anhörung vom 17. September 2013 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bun desarbeitsgericht Dr. Linck und Prof. Dr. Koch sowie die e h- renamtlichen Richter Berg und Fasbender für Recht erkannt: - 2 - 1 ABR 24/12 - 3 - Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin - Brandenburg vom 26. Oktober 2011 - 20 TaBV 108 4/11 - wird zurüc k- gewiesen. Von Rechts wegen! Gründe A . Die Beteiligten streiten über de n Regelungsauftrag einer Einigungsste l- le. Die Arbeitgeberin betreibt ein Sicherheitsunternehmen. Antragsteller ist der für de n Betrieb United States Embassy (USE) gebildete Betriebsrat. Bei der Arbeitgeberin besteht seit April 2007 eine Einigungsstelle zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit (Einigungsstelle Arbeitsschutz) . Diese Einigungsstelle is t auch mit der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen nach § 5 ArbSchG befasst. Das Einigungsstellenverfahren ist gegenwärtig noch nicht abgeschlo s- sen. Im Betrieb USE galt seit dem 10. März 2009 eine Betriebsvereinbarung zum Schutz vor Diskriminierung und Ungleichbehandlung sowie zur Förderung respektvollen Zusammenarbeitens und partnerschaftlichen Verhaltens am A r- beitsplatz und im Betrieb. Diese Betriebsvereinbarung kündigte der Betriebsrat mit Schreiben vom 1. April 2009 und verlangte von der Arbeitge berin den A b- schluss einer Folge v ereinbarung . Nach seiner Vorstellung sollten i n dieser auch konkret benannte Verfahren zur Erfassung psychosozialer Gefährdungsfaktoren am Arbeitsplatz geregelt werden. Die Betriebsparteien verständigten sich auf die Bildung einer weiteren Einigungsstelle (Einigungsstelle Verhaltensgrundsä t- ze) . Diese verneinte mit Zwischenb eschluss vom 13. September 2010 wegen 1 2 3 4 - 3 - 1 ABR 24/12 - 4 - des der Einigungsstelle Arbeitsschutz übertragenen Regelungsauftrags ein e Zuständigkeit für die vo m Betriebsrat begeh rte Gefährdungs analyse . D er Betriebsrat hat die Unwirksamkeit des Einigungsstelle nbeschlusses vom 13. September 2010 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Durchführung psychosozialer Gefährdungsanalysen sei bereits deshalb Gege n- stand der E inigungsstelle Verhaltensgrundsätze , weil die Arbeitgeberin der Ei n- setzung der Einigungsstelle zu diesem Thema zugestimmt habe. Im Übrigen gehe die Zuständigkeit der Einigungsstelle Verhaltensgrundsätze dem Reg e- lungsauftrag der Einigungsstelle Arbeitsschut z im Wege der Spezialität vor. Der Betriebsrat hat beantragt festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 13. e- triebsvereinbarung zum Schutz vo r Ungleichbehandlu n- gen, Diskriminierung und Mobbing sowie zur Förderung respektvollen Zusammenarbeitens und partnerschaftlichen Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt. Der Antrag ist in b eide n Vorinstanzen erfolglos geblieben . Mit der Re chtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Feststellungsbegehren weiter. B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Feststellungsantrag des Betriebsrats zu Recht abgewiesen. Sein Antrag erfüllt auch nach der gebotenen Auslegung nicht die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO. I . Nach seinem Wortlaut ist d er Antrag ausschließlich auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle vom 13. September 2010 gerichtet. Mit diesem Inhalt wäre er unzulässig. Für die be gehrte Feststellung fehlt e es an den Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO , da er kein festste l- lungsfähige s Rechtsverhältnis zum Gegenstand hat . Nach der ständigen S e- natsrechtsprechung wird durch Einigungsstellenbeschlüsse , mit de nen diese ihre Zuständigkei t bejaht oder verneint, kein Rechtsverhältnis zwischen den B e- triebsparteien begründet . Als Entscheidung über eine Rechtsfrage stellen sie 5 6 7 8 9 10 - 4 - 1 ABR 24/12 - 5 - keine die Einigung der Betriebsparteien ersetzende und diese bindende Reg e- lung iSd. § 87 Abs. 2 BetrVG dar . Die Zuständigkeit der Einigungsstelle ist a b- hängig vom Bestehen eines Mitbestimmungsrechts. Nur h ierüber können die Gerichte mit Bindungswirkung entscheiden (BAG 31. Mai 2005 - 1 ABR 22/04 - zu B II 1 a der Gründe , BAGE 115, 49) . Eine über das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses hinausgehende ( fristgebundene ) Rechts - und Ermessen s- kontrolle von Einigungsstellensprüchen ist nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG nur für solche Entscheidungen eröffnet , in denen die Einigungsstelle eine der Mi t- bestimmung des Betriebsrats u nterliegende Angelegenheit abschließend mat e- riell ausgestaltet hat. Auf andere Beschlüsse der Einigungsstelle findet die Vo r- schrift keine Anwendung. Aus diesem Grund müssen die gegen d eren Wir k- samkeit gerichteten Feststellungsanträge den Anforderungen des auch im B e- schlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO genügen. Dazu sind die A n- träge möglichst so auszulegen , dass sie die vom Antragsteller erstrebte Sac h- entscheidung zulassen (BAG 25. September 2012 - 1 ABR 45/11 - Rn. 12) . II. Trotz der gebotenen Auslegung liegen die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO nicht vor. 1. Das Lande s arbeitsgericht hat den Antrag dahingehend verstanden, dass der Betriebsrat die Feststellung begehrt, wonach sich die Betriebsparteien für die Einigungsst elle Verhaltens grundsätze auf einen Regelungsgegenstand verständigt haben, der auch die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen hi n- sichtlich psychosozialer Gefährdungsfaktoren miteinschließt. Hierüber streiten die Beteiligten in der Rechtsbeschwerdeinstanz jedoch nicht mehr. De r B e- triebsrat wendet sich nicht gegen die tatrichterliche Würdigung des Beschwe r- degerichts, wonach zwischen den Betriebsparteien keine Einigung über die E r- stellung von Gefähr d ungsbeurteilungen hinsichtlich psychosozialer Gefäh r- dungsfa ktoren sowie den Einsatz darauf bezogener Analyseinstrumente erzielt worden ist. 2. Dem Antrag fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Festste l- lungsinteresse, soweit mit ihm das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts g e- klärt werden soll. Zwischen den B eteiligten besteht kein Streit darüber, dass im 11 12 13 - 5 - 1 ABR 24/12 - 6 - Rahmen der Einigungsstelle Verhaltensgrundsätze Mitbestimmungstatbestände nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG zu beachten sein können. 3 . Auch das mögliche Antragsziel des Betriebsrats, dass die Einigun g s- stelle Verhaltensgrundsätze die von ihm benannten Analyseinstrumente bei i h- rer Entscheidung zu berücksichtigen hat , kann nicht Gegenstand eines Festste l- lungsantrags nach § 256 Abs. 1 ZPO sein. a) Ein so verstandener Antrag wäre nicht auf ein feststellu ngsfähiges Rechtsverhältnis gerichtet. a a) Ein Rechtsverhältnis ist jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Pe r- son zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Ein Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ga n- zes erstrecken. Er kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen und auf den Umfang einer Leistungspflicht b e- schränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand eines Festste l- lungsantrags sein. Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist (BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 93/09 - Rn. 12, BAGE 136, 334) . bb) Die mit einem solchen Antrag begehrte Feststellung über die Berüc k- sichtigung von bestimmten Analyseinstrumenten ist nur eine Vorfrage für de n der Einigungsstelle übertragenen Regelungsauftrag . Sie betrifft keine re chtl i- chen Beziehungen der Beteiligten , die sich aus einem konkreten Sachverhalt ergeben. Die begehrte Feststellung würde keine gegenwärtigen oder künftigen Rechtsfolgen zwischen den Beteiligten klären und die se entsprechend binden. b) Daneben bestünde kei n schutzwürdiges Interesse an de r begehrten Feststellung. aa) Der Gesetzgeber hat im Interesse einer vereinfachten Konfliktlösung bei einem Streit der Betriebsparteien in mitbestimmungsrechtlichen Regelung s- 14 15 16 17 18 19 - 6 - 1 ABR 24/12 - 7 - fragen von einer weitgehenden rechtsförmlichen Au sgestaltung des Einigung s- stellenverfahrens abgesehen. Anträge auf Errichtung einer Einigungsstelle w e- gen fehlender Zuständigkeit können nach § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nur z u- rückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Das Ge setz schreibt lediglich die mündliche Beratung, die Abstimmung durch den Spruchkörper, den Abstimmungsmodus, die schriftliche Niederlegung und die Zuleitung der Beschlüsse vor (§ 76 Abs. 3 BetrVG) . Weitere Einzelheiten können d ie Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung regeln (§ 76 Abs. 4 BetrVG) . Damit gewährt das Einigungsstellenverfahren der Einigungsstelle im Interesse einer effektiven Schlichtung einen weitgehenden Freiraum (BAG 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 100, 23 9) . bb ) Für eine gerichtliche Entscheidung darüber, ob eine Einigungsstelle gehalten ist, in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit einem bestim m- ten Regelungsverlangen einer Betriebspartei vollständig oder teilweise nachz u- kommen, fehlt es regelmäß ig an einem Feststellungsi nteresse. Die Einigung s- stelle ist bei der Erledigung ihres Regelungsauftrags nicht an inhaltliche Vorg a- ben der Betriebsparteien gebunden . Es ist daher zunächst Aufgabe der Ein i- gungsstelle, für die ihr zugewiesene betriebsverfassun gsrechtliche Angelege n- heit eine Entscheidung nach billigem Ermessen und unter angemessener B e- rücksichtigung der Belange des Betriebs sowie der betroffenen Arbeitnehmer zu treffen (§ 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG) . Allein diese Entscheidung kann von einer Betriebspartei der gerichtlichen Kontrolle zugeführt und von den Arbeitsgeric h- ten auf etwaige Rechts - oder Ermessensfehler hin überprüft werden. Hierfür ist unerheblich, ob die von der Einigungsstelle angenommenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu treffen d und ihre weiteren Überlegungen frei von Fe h- lern sind und eine erschöpfende Würdigung aller Umstände zum Inhalt haben (BAG 24. August 2004 - 1 ABR 23/03 - zu B III 2 b der Gründe, BAGE 111, 335) . cc) Danach hat die Einigungsstelle Verhaltensgrunds ätze zunächst in eig e- ner Zuständigkeit darüber zu befinden, auf welche Weise sie den ihr übertrag e- nen Regelungsauftrag erfüllt. Vor Abschluss des darauf gerichteten V erfahrens 20 21 - 7 - 1 ABR 24/12 kann der Betriebsrat keine gerichtliche Entscheidung darüber herbeiführen , ob di e Einigungsstelle zu Unrecht einem von ihm geäußerten Regelungsbegehren nicht entspricht . Ein so zu verstehender Antrag würde letztlich darauf hinausla u- fen , dem Betriebsrat im Sinne eines Rechtsgutachtens die Richtigkeit seiner Rechtsauffassung zu bestätig en . Ein solches Begehren ist kein zulässiges A n- tragsziel einer Feststellungsklage. Schmidt Linck Koch Fasbender Berg

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