1. Senat - Durchführung eines angefochtenen Einigungsstellenspruchs
Karar Dilini Çevir:
1. Senat - Durchführung eines angefochtenen Einigungsstellenspruchs
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 1 ABR 92/11 11 TaBV 89/10 Landesarbeitsgericht Niedersachsen Im Namen des Volkes! Verkündet am 22. Januar 2013 BESCHLUSS Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten 1. Antragsteller und Rechtsbeschwerdeführer, 2. Arbeitgeberin und Beschwerdeführerin, hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Anhörung vom 22. Januar 2013 durch die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts Schmidt, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck und Prof. Dr. Koch sowie den ehren-amtlichen Richter Dr. Benrath und die ehrenamtliche Richterin Spoo für Recht erkannt: 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 89/10 - aufgehoben. - 2 - 1 ABR 92/11 - 3 - 2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Be-schluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 22. Sep-tember 2010 - 2 BV 2/09 - wird mit der Maßgabe zu-rückgewiesen, dass die Beschlussformel wie folgt neu gefasst wird: Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen So-zialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung er-gebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen. Von Rechts wegen! Gründe A. Die Beteiligten streiten über die Durchführung eines Sozialplans, der durch einen Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist. Diesen hat die Arbeitgeberin wegen wirtschaftlicher Unvertretbarkeit fristgemäß angefochten und die Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs begehrt. Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe den So-zialplan durchzuführen und nach Maßgabe des Einigungsstellenspruchs die Abfindungen zu berechnen und an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen. Der Betriebsrat hat beantragt, der Arbeitgeberin aufzugeben, den Spruch der Einigungs-stelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsicht-lich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen. Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen, das Landesarbeitsge-richt hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Durchführungsanspruch 1 2 3 4 5 - 3 - 1 ABR 92/11 - 4 - weiter. Mit Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 ABR 85/11 - hat der Senat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin, mit der sich diese gegen die Abweisung ihres Antrags auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs durch die Vorinstanzen gewandt hatte, zurückgewiesen. B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das Landes-arbeitsgericht hat den Antrag zu Unrecht abgewiesen. I. Der Antrag bedarf der Auslegung. Dem Wortlaut nach kann sich die vom Betriebsrat begehrte Durchfüh-rung des Sozialplans sowohl auf die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussverfahrens, in dem die Arbeitgeberin die Feststellung der Unwirksam-keit des Sozialplans beantragt hat, beziehen als auch auf die Zeit danach. Gegen ein derart umfassendes Antragsverständnis spricht jedoch, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Beschlussverfahren die Zwangsvollstreckung grundsätzlich nur aus rechtskräftigen Beschlüssen stattfindet. Nur in vermö-gensrechtlichen Streitigkeiten sind Beschlüsse der Arbeitsgerichte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vorläufig vollstreckbar (vgl. GMP/Matthes ArbGG 7. Aufl. § 85 Rn. 5 f.). Mit seinem auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag geht es dem Betriebsrat jedoch nicht um die Verfolgung eigener vermögensrechtlicher Rechtspositionen, sondern um die Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Aufstellung von Sozialplänen. Wie er in den Vorinstanzen klargestellt hat, verfolgt er nicht als Prozessstandschafter Vermögensansprüche der Beschäftigten, sondern verlangt aus eigenem Recht die Durchführung des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans. Da somit eine Vollstreckung des Durchführungsantrags erst mit Rechtskraft der Entscheidung in dem parallel geführten Verfahren über die Anfechtung des Sozialplans möglich ist, kann der Antrag gesetzeskonform nur so verstanden werden, dass er allein auf Durchführung des Einigungsstellenspruchs nach rechtskräftiger Entscheidung über den auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag der Arbeitgeberin gerichtet ist. 6 7 8 - 4 - 1 ABR 92/11 II. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Berechnung der Abfindung nach Maßgabe der Sozialplanregelungen und deren Auszahlung an die berechtigten Arbeitnehmer. III. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Wie die Antragsauslegung ergeben hat, verfolgt er nicht die Individualinteressen einzelner Arbeitnehmer, er nimmt vielmehr für sich in Anspruch, aus eigenem Recht vom Arbeitgeber die Durch-führung des Einigungsstellenspruchs verlangen zu können. Ob der von ihm reklamierte Durchführungsanspruch besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 20/09 - Rn. 14, BAGE 135, 382). IV. Der ausgelegte Antrag ist begründet. Da durch Senatsbeschluss vom heutigen Tag in dem Verfahren - 1 ABR 85/11 - der auf Feststellung der Un-wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichtete Antrag der Arbeitgeberin im Ergebnis rechtskräftig abgewiesen wurde, kann der Betriebsrat von dieser gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dessen Durchführung verlangen (vgl. BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 16, BAGE 134, 249). Schmidt Koch Linck Benrath Sibylle Spoo 9 10 11

Full & Egal Universal Law Academy